Das Interview mit Simon und Marco von Andsolis zum Debütalbum Vigil

Artist: Andsolis

Herkunft: Heidelberg, Deutschland

Genre: Progressive Death Metal, Progressive Rock

Label: Quality Steel Records

Link: https://www.facebook.com/Andsolis

Bandmitglieder:

Gesang – Manuel Siewert
Gesang – Oliver Kilthau
Gitarre – Stefan Rosenmayer
Gitarre – Simon Abele
Bassgitarre – Bryan Zwiers
Keyboard – Martin Pohl
Schlagzeug – Marco Tecza

Andsolis - Vigil

Time For Metal / Heike L.:

Hallo zusammen,

erst einmal herzlichen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt. Euer Debütalbum Vigil ist ja bei mir und auch bei vielen Rezensenten eingeschlagen wie eine Bombe. Jetzt möchte ich die Gelegenheit nutzen, euch mal die Fragen zu stellen, die mir beim Hören und auch noch lange danach in den Sinn gekommen sind.

Andsolis / Simon:

Hallo Heike, zunächst erst einmal vielen lieben Dank an Dich und Time For Metal für den Support!!! Das bedeutet uns wirklich sehr viel.

Time For Metal / Heike L.:

Woher kommt der Name Andsolis? Hat der eine spezielle Bedeutung?

Andsolis / Simon:

Der Name stammt ursprünglich aus dem Altnordischen und bedeutet so viel wie „in Opposition zur Sonne“, oder „gegen die Sonne“. Das Wort schreibt sich im Original „andsoelis“, und war ein Begriff, der bei unseren Vorfahren bei bestimmten spirituellen Handlungen, manchmal auch zur Herstellung bestimmter Heiltränke, oder zur Darstellung übernatürlicher, gespenstischer Ereignisse verwendet wurde. Ich bin nicht vertraut mit der Sprachgeschichte in Skandinavistik und Germanistik, habe aber nach meinen Recherchen den Eindruck, dass dieser Begriff früher recht gebräuchlich und beim Volk durchaus bekannt war. Vielleicht liest das Intie hier ja ein Linguist der o.g. genannten Disziplinen und hilft mir bei der Aufklärung!

Time For Metal / Heike L.:

In meinem Review habe ich die Geschichte von Andsolis relativ knapp dargestellt. War es denn wirklich so einfach für Simon Abele, die Band zu komplettieren? Ich könnte mir vorstellen, dass vielleicht der ein oder andere zusammengezuckt ist als er die Komplexität der Songs gesehen hat.

Andsolis / Simon:

Also aus meiner Perspektive hatte ich eigentlich alle recht schnell an Bord – ich wusste ja schon so ungefähr, in welche Richtung das stilistisch gehen würde, so dass ich mir auch wirklich vor der Kontaktaufnahme überlegt hab, ob der jeweilige auch was mit der Musik würde anfangen können.

Andsolis / Marco:

Also mich hattest Du wirklich schnell mit an Bord…Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass Simon mich schon knapp ein Jahr vor der Geburtsstunde von Andsolis auf einem Festival mit einer anderen Band gesehen hatte. Sebastian von „Into Darkness“ – vielen Dank an dieser Stelle an ihn – hat uns dann einander vorgestellt und so kamen wir ins Gespräch. Wir kannten uns also schon ein bisschen und er wusste, wie ich spiele… Wie dem auch sei- nach diesem Treffen hörte ich nichts mehr von Simon, bis er eben eines Tages auf die Suche nach neuen Musikern für eine neue Band ging. Simon hat mir nicht gleich alle Ideen vorgespielt, sondern nur eine Demoversion eines Songs, der später mal Stand Vigil heißen sollte. Na ja, und nach dem ersten Erklingen des Mainriffs und des epischen, ruhigen Mittelparts wusste ich, dass ich der Drummer dieser Band sein wollte. Witzigerweise hörte ich an diesem ersten Tag die meisten Drumgrooves in meinem Ohr, welche dann auch genau so auch aufgenommen wurden. Ein paar Tage später spielte ich Bryan (Bass) die Demo vor und er war auch sofort Feuer und Flamme. Erst danach hat Simon die Demos zu den anderen Songs des Albums rausgerückt.

Time For Metal / Heike L.:

Obwohl ich über sehr gute Englischkenntnisse verfüge, habe ich die Texte zugegebenermaßen überhaupt nicht verstanden. Wie kam Simon Abele auf diesen Sprachstil und gab es hier Vorbilder, z. B. Schriftsteller o.ä.?

Andsolis / Marco:

Sehr gute Frage. So erging es mir am Anfang auch! Sobald man sie allerdings für sich erschlossen hat, bieten sie wirklich ein Fundus an schönen, aber auch traurigen Motiven und Gedanken.

Andsolis / Simon:

Meine Hauptinspiration für die Texte auf Vigil war die Lyrik der englischsprachigen Romantik (Blake, M. Shelley, Coleridge, Poe). Diese Autoren arbeiteten oft mit einer reichhaltigen Bildsprache, sie gebrauchten Naturbilder wie auch Unheimliches und eine große Emotionalität, um Geschichten zu erzählen, die im Kern oft vom Menschsein, von unseren Kämpfen, unserer Trauer, unseren Leiden und unseren Hoffnungen handelten. Für das Hauptmotiv des Albums, Verlust, empfand ich diese Art der Sprache und diese Art des metaphorischen Geschichtenerzählens als sehr erfüllend. Zudem unterstützt das Bildhafte die sehnsüchtige, erdige und melancholische Atmosphäre, die ich als Gesamtkonzept für alle Songs übergeordnet sehe.

Time For Metal / Heike L.:

Gibt es ein durchgängiges Konzept für Vigil bzw. könnt ihr zu den einzelnen Songs etwas sagen?

Andsolis / Simon:

Man kann sicher nicht von einem richtigen Konzeptalbum sprechen, aber dieses Album behandelt, wie erwähnt, lyrisch und atmosphärisch das zentrale Thema des Verlustes und die aus einem Verlust resultierende unstillbare Sehnsucht nach dem Verlorenen. Im ersten Stück, Stand Vigil, trauert ein Mann um seine verstorbene Liebste. In Kingdoms Without Shape geht es um den Verlust der geistigen Gesundheit im Angesicht einer sich ausbreitenden Depression. In Silent Confidence behandelt den Tod eines Menschen durch Suizid, aus der Perspektive der Eltern, die versuchen, damit ihren Frieden zu machen. The Mystic beschreibt das Verlieren von Wahrheit in der Beziehung und Kommunikation zwischen zwei Menschen. Days of Receding Light versucht vom Verlieren von Liebe zu erzählen, und Meridian Smiles vom Verschwinden einer geliebten Person aus dem eigenen Leben. The Laughter Echoes schließlich beschreibt, wie ein Mensch sich nach verlorenen schönen Zeiten in guter Gesellschaft sehnt.

Andsolis / Marco:

Stimmt, ein Konzeptalbum ist es nicht- allerdings kann man, rein musikalisch gesehen, schon von einer emotionalen wie geistigen Reise sprechen, die mit Stand Vigil beginnt, bei Meridian Smiles ihr Ende findet und dann von The Laughter Echoes nochmals rekapituliert wird und den Hörer wieder in diese Welt zurückholt. Also das Augenöffnen nach dem Schlaf.

Time For Metal / Heike L.:

Ich habe den Stil der Songs auf Vigil mit dem letzten Album von Extol verglichen, andere Magazine haben Referenzbands wie Opeth, Borknagar oder Bathory genannt. Sind solche Vergleiche bzw. auch Kategorisierungen eher Fluch oder Segen? Mir helfen Kategorisierungen ja, um im Player bestimmte Playlisten erstellen zu können…

Andsolis / Simon:

Als Metalfan bin ich GANZ groß im Kategorisieren anderer Bands, die mir gefallen. Und zwar aus denselben Gründen wie Du, nur dass ich solche Schubladen zusätzlich auch oft benutze, um meinen Kumpels ne neue Platte einer neuen Band schmackhaft zu machen – so a la „MUSST Du anhören, klingt wie xxx meets yyy!!!“ 😉 Als Musiker, der ein neues Album raus hat, ist es allerdings ungleich problematischer: Es kann natürlich helfen, dass bestimmte Leute auf Dein Album aufmerksam werden, die die im Labelinfo oder den Kritiken genannten Referenzbands mögen – es kann aber auch ne falsche Erwartungshaltung + anschließender Enttäuschung auslösen, wenn man dann halt NICHT wie Referenzband xyz klingt. Deinen Extol-Vergleich fand ich allerdings vor allem deshalb klasse, weil ich diese Band so LIEBE und mich so etwas natürlich zutiefst ehrt. Aber wie schwer sich die Leute in unserem Fall tun, uns einzusortieren, sieht man ja auch an den teilweise stilistisch extrem weit auseinander liegenden genannten Referenzbands.

Time For Metal / Heike L.:

Wie ist das Album überhaupt entstanden? Im Jahr 2012 ging es ja schon an Texte und Musik. Wann ging es ins Studio? Und warum wurde die Veröffentlichung jetzt verschoben?

Andsolis / Simon:

2012 habe ich mich an die ersten Demos gemacht, mit nichts als einem relativ klaren Konzept wie das dann werden sollte, meiner Gitarre und 2 Rechnern (den ersten habe ich während der Demorecordings versehentlich zerstört …). Im Studio waren wir dann zwischen Herbst und Winter 2013-2014. Mixing und Mastering für die CD und die Vinylversion folgten. Die anschließende Verschiebung hatte technische Gründe, manchmal hat man so was einfach nicht in der Hand.

Time For Metal / Heike L.:

In letzter Zeit hatte ich des Öfteren Reviews zu Bands geschrieben, die ihre Alben komplett in Eigenregie veröffentlicht haben. Ihr habt nun das Glück, eine Plattenfirma im Rücken zu haben. Wie ist diese Zusammenarbeit denn entstanden? Hat die Plattenfirma euch entdeckt?

Andsolis / Simon:

Das war völlig unspektakulär: als das Album dann im Kasten war, haben Manu und ich uns damit auf Labelsuche begeben. Es gab dann einige interessierte Plattenfirmen, die uns von der Größe, ihrem Roster und ihrer Struktur her sehr ansprachen – darunter auch Malte und Quality Steel Records. Tja, und dann hat man sich gegenseitig beschnuppert und für gut befunden! Bisher sind wir super glücklich mit der Zusammenarbeit und dem Vertrauen, das QSR in uns als völlig unbekannte Newcomerband gesetzt hat!

Time For Metal / Heike L.:

Ist für die Veröffentlichung eine besondere Veranstaltung geplant? Oder gegebenenfalls später eine Clubtour?

Andsolis / Simon:

Zunächst einmal findet zusammen mit den fantastischen Fragments Of Unbecoming, Lyfthrasyr, Zombieslut und Olphor am 17.04. unsere offizielle Releaseparty im Schwimmbadclub in Heidelberg statt, auf die wir uns sehr freuen! Weitere Bookings sind in Planung, sobald diese fix sind, werden wir sie auf unserer Homepage und unserer Facebookseite bekannt geben.

Time For Metal / Heike L.:

Ist irgendjemand von euch auch noch in anderen Bands oder Projekten involviert, vielleicht auch mit einer komplett anderen musikalischen Ausrichtung?

Andsolis / Marco:

Manuel spielt noch bei December Flower, Oliver bei Liquid Horizon. …aber wirklich stilübergreifend… da fällt mir nur Martin, unser Keyboarder, ein. Der spielt ja noch live mit den Irie Révoltés und hat dort auch richtig krasse Gigs am Start.

Andsolis / Simon: Außerdem hat Martin noch ne experimentelle Krautband namens Glaswald. Er ist wirklich der Nr.1-Über-den-Tellerrand-Gucker bei uns. Wobei die meisten von uns sich in ihrem Musikgeschmack nicht allein auf Metal beschränken.

Time For Metal / Heike L.:

Die Songs sind ja nicht einfach zu spielen und erfordern doch ein gewisses Level an technischen Fähigkeiten. Habt ihr irgendwelche musikalische Vorbildung, oder habt ihr euch das alles selbst beigebracht?

Andsolis / Simon:

Für einen geübten Gitarristen ist Vigil gar nicht soo schwer zu spielen. Es gibt Unmengen Bands da draußen, die ein viel höheres Niveau an den Gitarren fahren als wir. Das ist übrigens auch ein Grund, warum ich die Bezeichnung „Progressive“ für uns viel passender finde als den Terminus „Technical“ … Ich hatte aber lange einen echten Shredder als Gitarrenlehrer – den fabelhaften Damir Uzunovic (u.a. The Armada, ex-Stormwitch), der mir sehr viel beigebracht hat. Ich hab mich dann aber irgendwann entschieden, lieber Songwriter denn Shredder sein zu wollen. Vermutlich aus Faulheit. 😉

Andsolis / Marco:

Wir haben auch insgesamt auch darauf geachtet, nicht über unseren Fähigkeiten zu komponieren. Ich kann auch wirklich nicht beurteilen, ob die Songs schwer zu spielen sind, oder nicht. Komplexität war sicher nicht der motivierende Faktor für Andsolis, sondern Songs, deren einzelne Parts perfekt von allen Instrumenten unterstützt und getragen werden. Nimm zum Beispiel The Laughter Echoes– da habe ich „einfach“ mit den Händen auf den Toms rumgespielt (vielen Dank an meinen Lehrer Erik Albers für die Inspiration!) und gerade durch dieses dezente Untermauern passiert in dem Song sehr viel. Nicht nur von meiner Seite, klar, aber es zeigt doch die Herangehensweise…

Time For Metal / Heike L.:

Immer wieder lobend erwähnt wurde auch das Cover. Von wem stammt es, und habt ihr dem Künstler irgendwelche Vorgaben gemacht oder einfach gesagt „mach mal“?

Andsolis / Simon:

Das Cover stammt von Juanjo Castellano– ich habe ihm im Vorfeld alle Texte zukommen lassen, und versucht, ihm die naturverbundene, erdige und melancholische Atmosphäre zu beschreiben, mit der ich das lyrische Thema musikalisch untermalen wollte. Als ich das fertige Cover dann zum ersten Mal gesehen habe, war ich sprachlos. Juanjo ist so unglaublich talentiert, dass ich überzeugt bin, er wird der nächste Kristian ‚Necrolord’ Wåhlin. Das Cover ist so detailreich und drückt meiner Ansicht nach exakt aus, was wir mit der Musik vermitteln möchten.

Time For Metal / Heike L.:

Bislang habt ihr ja in den Reviews fast nur Höchstwertungen erreicht. Wie geht man denn damit bei einem Debütalbum um? Und habt ihr trotzdem noch ein wenig Bedenken, was die Fans und Hörer schlussendlich sagen werden?

Andsolis / Marco:

Ja, mittlerweile sind auch eine knappe Handvoll an eher negativen Kritiken bei uns eingegangen. Jedoch fallen diese nicht so ins Gewicht und zugegeben, lieber so, also ein ganze Liste mit mittelmäßigen Kritiken. Natürlich freuen wir uns über die ganzen Komplimente und Wertungen, schließlich, -und hiermit meine ich vor allem Simon- wirft man hier ein Stück Herzblut in die Welt hinaus. Zwei Jahre harte Arbeit plus Vorbereitung, die dann bewertet werden sollen. Aber alle Noten der Welt können uns nicht helfen, denn wir müssen uns auf der Bühne beweisen. Dort spielen wir für die Menschen, dort findet dann die ganze Magie statt. Bedenken habe ich persönlich keine. Ich stehe voll und ganz hinter unserer Musik, wie auch der Rest der Band. Wir haben das Album in dem Wissen aufgenommen, für uns gute Musik aufzunehmen. Und wenn wir dann auch noch Zuhörer finden, dann haben wir doch schon sehr viel erreicht, finde ich.

Time For Metal / Heike L.:

Habt ihr euch für die nähere oder ferne Zukunft schon irgendwelche weiteren Ziele gesetzt? Vielleicht mal ein Auftritt bei einem bestimmten Festival oder gemeinsam mit bestimmten Bands?

Andsolis / Marco:

Na klar, ein Video für einen weiteren Song muss noch gedreht werden und die Band muss nun auf die Bühne. Das sind unsere beiden primären Ziele. Nebenbei sind auch schon viele Ideen für Album Nummer 2 vorhanden. Wegen der Wunschfestivals und Bands. Hmmm, gute Frage… Bei den Festivals stehen Wacken, Summer Breeze, Bang Your Head und Metal Days ganz oben. Und bei den Bands.. das ist schon echt schwer. Ich nehme At The Gates, einfach, weil deren Drummer Adrian mich maßgeblich als Drummer beeinflusst hat. Vor allem, als er mit Cradle Of Filth unterwegs war, da ich viel zu deren Songs spielte und dabei auch meine ersten Schritte mit der Doublebass unternahm. Aber die Liste ist wirklich viel zu lang und ich würde sicher die eine oder andere Band vergessen, und das möchte ich nicht. Deswegen lasse ich es einfach hierbei haha.

Time For Metal / Heike L.:

Tja, und das war es auch schon. Noch einmal herzlichen Dank, und ich hoffe, euch früher oder später auch einmal live erleben zu können. Das werde ich mir definitiv nicht entgehen lassen. 😉

Andsolis / Marco:

Vielen Dank, Heike, für deine Zeit und die Fragen!