Eventname: BD5M for S4tisf4ction – The Halloween Concert
Bands: Grausame Töchter
Ort: Catonium, Hamburg, Deutschland
Datum: 31.10.2024
Kosten: VVK 25,39 €
Genre: Electropunk
Zuschauer: ca. 150
Links: https://www.grausametoechter.de
Setliste:
- Glaube Liebe Hoffnung
- Annika Nimmt Drogen
- Schmerz
- Wie Eine Spinne
- Tor Zur Hölle
- Fickmaschine
- Fickstück
- Annika Wird Filmstar
- Meine Droge Heißt Sex
- Folterkeller
- Alles Kaputt!
- Arroganz Muss Man Sich Leisten Können
- Fette Katzen
- Goldener Reiter
- Annika Ist Tot
- S N O W
- Himmel Und Hölle
- Ich Darf Das!
Encore: - Fette Katzen
Halloween, ein Grund sich für das etwas andere Konzert zu entscheiden, aber warum die Grausamen Töchter? Als ich vor drei Jahren die Künstlerin und Sängerin Aranea Peel in Hamburg traf und von ihr die gerade erschienene CD Zyclus in die Hand gedrückt bekam, versprach ich ihr, über ein Konzert zu berichten. Dieses Versprechen löse ich hiermit ein.
Konzerte von den Töchtern gibt es nicht viele. Der heutige Gig ist bis zum 11. Januar 2025 im KitKatClub Berlin der Letzte. Also auf zum Catonium Hamburg Stellingen. Abseits, in einem Industriegebiet, liegt die Eventlocation, die sich in der Szene als Fetischclub einen Namen durch die einzigartigen Partys gemacht hat. Auch heute findet nach dem Konzert eine Halloween-Party statt, die unter dem selbst definierten Motto „Sein dürfen, wie man ist, feiern, wie man möchte“ steht.
So verwundert auch der günstige Eintrittspreis von knapp 25 Euro nicht. Für die Party gibt es sowohl Einzel- als auch Kombitickets. Die Bühne ist nicht sonderlich groß. Den maximal fünf Protagonistinnen langen die vier mal vier Meter allerdings aus. Die Grausamen Töchter sind eigentlich Sängerin Aranea Peel sowie wechselnde Musikerinnen und Darstellerinnen. Ein Gemisch aus Konzert und Performance, das mich neugierig gemacht hat.
Total unvorbereitet reise ich nach Hamburg, habe von der aktuellen siebten CD BDSM For Satisfaction, die bereits fast taggleich vor einem Jahr erschienen ist, keine Ahnung. Ich lasse mich von meiner Neugier treiben. Ihr Ruf eilt ihr voraus. Schockend, provozierend, verstörend sind die Attribute, die man am meisten über die Shows zu lesen bekommt. Auf Social Media werden die Töchter immer wieder gelöscht. Aber soll so nicht der Punk sein?
Punk steckt noch in den Texten, denn musikalisch liegen Aranea und ihre Freundinnen weit von den Stilrichtungen ihrer Kolleginnen von Genitortures, Pussy Riot, The Plasmatics, The Soapgirls oder Christian Death entfernt. Ihr Stil ist eine Melange aus EBM, Synth-Pop, Elektropunk und Dark Wave. Sie selbst nennen es Neo-Electro.
Gut, zimperlich sollte man also nicht sein, wenn man sich entscheidet, zu einem Konzert, oder besser Performance, der Damen zu gehen. Nur Gitarre und Gesang sind heute live. 18 Songs stehen auf der Setliste. Im Hintergrund laufen Filme zu den Darbietungen auf der Bühne, um sie zu unterstützen. Bereits zehn Minuten vor dem Beginn setzt Areanas Augenpaar wie im Tatort zum Countdown an. Eine Sklavin, nur mit Schminke und Stiefeln bekleidet, nordet die rund 150 Zuschauer mit selbst geschriebenen Papptafeln ein. Während die superschlanke Aranea leicht bekleidet ist, sind ihre weiteren Begleiterinnen stylisch zum Thema gedresst. Das Zusammenspiel zwischen meinem Gehirn und meinen Augen funktioniert noch nicht. Ich bin schlichtweg erst einmal mit der Situation überfordert. Der Opener Glaube Liebe Hoffnung vom gleichnamigen 2014er-Album läuft an mir vorbei, bevor sich meine Sinnesorgane sortiert haben. Es ist, wie versprochen.
Die Darbietungen sind künstlerisch, pervers, barbarisch, provokant, schockierend und verstörend. Die Sklavin wird mit (meinem) Bier bespuckt und ihre Zähne/Zunge mit einer Wasserrohrzange malträtiert, Peitschen knallen, das Botox spritzt aus riesigen Kanülen ins Publikum, das (Kunst-)Blut läuft Aranea aus dem Mund, da übergießt sie sich beim Joachim Witt Cover Goldener Reiter mit Benzin. Ob Körperbemalung, Zungenkuss oder Entkleidung. Es wird auf der Bühne nahezu kein Tabu ausgelassen. 90 Minuten, die trotz der für mich ungewöhnlichen Musik begeistern. Textlich geht es, ich zitiere hier mal Wikipedia, um Sado-Masochismus, Homosexualität, Soziopathen, Gewalt-Fantasien und gesellschaftliche Abgründe. Eindeutig ist da der Song Kaputt. Hier wird der Umgang mit unserer Erde angeprangert. Symbolisch zerfetzt die Sklavin eine aufblasbare Erdkugel. Bevor mein Hirn begreift, was es da alles zum Verarbeiten bekommen hat, ist die Show auch schon wieder vorbei. Als Zugabe performen die Mädels noch einmal den Track Fette Katzen, der eigentlich nicht vorgesehen ist. Die Partygäste stehen schließlich draußen im kalten Wind und warten geduldig auf Einlass.