Artist: Divide And Dissolve
Herkunft: USA / Australien
Album: Insatiable
Spiellänge: 34:14 Minuten
Genre: Doom Metal, Drone, Avantgarde
Release: 18.04.2025
Label: Invada Records
Produktion: Ruben Neilson
Bandmitglieder:
Multiinstrumentalistin – Takiaya Reed
Tracklist:
- Hegemonic
- Monolithic
- Withholding
- Loneliness
- Dichotomy
- Provenance
- Disintegrate
- Grief
- Holding Pattern
- Death Cult
Kaum eine Band verbindet Spiritualität, radikale Gesellschaftskritik und Doom-Metal so kompromisslos wie Divide And Dissolve. Das Projekt der in den USA geborenen und in Australien lebenden Takiaya Reed, einer Schwarzen und Cherokee-Komponistin, versteht Musik nicht nur als Kunstform, sondern als aktiven Beitrag zur Dekolonisierung. Ihr viertes Album Insatiable ist genau das: eine Meditation über Verlust, Heilung und Widerstand – fast vollständig instrumental und dennoch emotional kaum zu überhören. Der Titel Insatiable kam Reed in einem Traum – sinnbildlich für die spirituelle Tiefe des Albums. Es geht um Sehnsucht, um den Wunsch nach Liebe, aber auch um das unermüdliche Streben nach einem Leben jenseits kolonialer Gewalt. Die Songs arbeiten mit viel Repetition, schleppenden Gitarrenwänden, dissonantem Feedback und melancholischen Saxofonlinien, die wie Klagelieder wirken. Besonders Monolithic sticht heraus: Der Track beginnt fast zärtlich, bevor er sich in ein massives Riff-Gewitter stürzt – eine klangliche Reflexion der Idee, dass auch scheinbar „ewige“ Strukturen wie Kolonialismus und Rassismus nicht unerschütterlich sind. Reeds musikalisches Repertoire ist beeindruckend, keine Frage: Mit Gitarre, Bass, Saxophon und Synths erschafft sie ganze Welten aus Klang. Doch genau hier liegt auch ein Problem des Albums. Trotz seiner tiefen thematischen Verwurzelung wirken viele Stücke wie Variationen derselben Klangfläche. Tracks wie Withholding oder Holding Pattern verschwimmen in der Struktur, die sich kaum verändert: Dissonanz, Repetition, eruptive Ausbrüche – und wieder von vorn. Auch wenn das konzeptuell bewusst so gewählt ist, verliert das Album dadurch über die kurze Spielzeit hinweg an Zugkraft.
Loneliness und Grief markieren die emotional eindringlichsten Punkte. Auf Grief ist erstmals Reeds Stimme zu hören – verzerrt, verletzlich, fast geisterhaft. Die Zeile “I don’t know what I’m supposed to do / I’m so lonely without you” wird zur schmerzhaften Offenbarung in einem Album, das sich ansonsten stark auf instrumentale Ausdrucksformen verlässt. Und es wirkt. Diese wenigen gesungenen Worte geben dem Gesamtwerk plötzlich ein persönliches Gewicht, das viele andere Stücke trotz thematischer Tiefe nicht erreichen. Death Cult beendet das Album mit einem gewaltigen Statement gegen das koloniale Erbe, das marginalisierte Identitäten ständig mit Untergang gleichsetzt. Reed lehnt diese Perspektive ab und fordert radikal neue Realitäten – nicht nur Überleben, sondern ein gutes Leben.