In Extremo am 29.07.2018 auf dem Zelt-Musik-Festival in Freiburg im Breisgau

„Mit den Mittelalterrockern in der Sauna“

Eventname: Zelt-Musik-Festival

Band: In Extremo

Ort: Mundenhof 15, 79111 Freiburg im Breisgau

Datum: 29.07.2018

Kosten: 47,- €

Genre: Mittelalter Rock

Besucher: ca. 600

Veranstalter: Zelt-Musik-Festival GmbH

Links: https://www.facebook.com/zmf.freiburg/
http://zmf.de

Das Freiburger Zelt-Musik-Festival geht in die 36. Spielsaison und mit dabei sind u.a. die Mittelalterrocker von In Extremo. Nachdem die Berliner schon im Jahr 2012 das ZMF beehrt haben, treten sie natürlich auch in diesem Jahr wieder im großen Zirkuszelt auf. Als ich mich um 17:00 Uhr auf den Weg nach Freiburg mache, bin ich nicht besonders motiviert, denn das Thermometer zeigt satte 38 Grad an. Da ist ein kühler Baggersee wesentlich begehrenswerter, als ein Konzert in einem Zirkuszelt, auf das den ganzen Tag die Sonne knallte. Auf dem Tierpark-Gelände Mundenhof angekommen, herrscht dort schon ordentlich Betrieb, denn neben den abendlichen Konzerten, gibt es schon nachmittags allerhand Programm rundum. Auf einer Open Air Bühne spielt gerade irgendeine austauschbare Hip Hop Band, Familien mit Kindern erkunden das Gelände, doch die allermeisten Besucher haben sich irgendwo ein schattiges Plätzchen gesucht, um gemütlich ein Eis oder eine Gerstenkaltschale zu genießen. Überall dazwischen die ersten In Extremo Fans, die einfach an Bandshirts, Kutte, oder auch am Kilt zu erkennen sind. Einige wenige sind sogar, trotz der Hitze, in kompletter mittelalterlicher Gewandung erschienen. Noch ist das Gelände ziemlich bunt, aber bis zum Einlass ins Zelt um 18:00 Uhr wandelt sich die vorwiegende Farbe mehr und mehr zum Schwarz. Der Einlass beginnt pünktlich, doch bei den Temperaturen ist der Andrang nicht besonders groß. Wer hier unbedingt in die erste Reihe will, der schafft das problemlos, denn im Zelt herrschen immer noch Temperaturen um die 45 Grad, und die allermeisten Besucher halten sich zunächst weiter draußen auf. Erst kurz vor Beginn füllt sich langsam die Sauna, … äh, ich meine natürlich das Zelt.

Die Bühnenkulisse erinnert an einen Mix aus einem Weinkeller und einem Saloon, trinken macht bei dem Wetter ja durchaus Sinn. Nach einem kurzen Intro beginnen die Berliner pünktlich um 20:00 Uhr ihre Show mit dem Song Feuertaufe vom Album Kunstraub. Eine Vorband zum Einheizen brauchen In Extremo schon lange nicht mehr, das übernehmen sie lieber selbst, doch bei den Temperaturen ist hier wahrscheinlich sowieso jedem warm. Die Anzahl der Besucher ist überschaubar und das Zirkuszelt gerade mal zur Hälfte gefüllt. Auffällig ist auch, dass nur Erwachsene gekommen sind, die Brut hat man bei den Temperaturen vorsorglich doch lieber zu Hause gelassen. Obwohl einige Fotografen vor Ort sind, ist der Graben einsam und verlassen und Fotos werden aus zweiter Reihe gemacht. Da die Mittelalterrocker um Frontmann Michael Robert Rhein, alias Das letzte Einhorn, ihre komplette Pyro-Show aufgefahren haben, darf der Fotograben erst nach etwa 45 Minuten für drei Songs genutzt werden. Fronter Micha fragt, ob die Musik zu laut ist und die Antwort kommt prompt: „Zu leise!“ Wahrscheinlich war die Frage nicht ganz ernst gemeint, aber auch als langjähriger, erfahrener Musiker muss man sich ja nicht zwangsläufig mit der Akustik in Zirkuszelten auskennen. Der Sound ist jedenfalls perfekt abgestimmt, einzig die Pyros lassen das Publikum vor Schreck zusammenfahren. Schon beim zweiten Song, Zigeunerskat, sind die Fans auf Betriebstemperatur und grölen kräftig mit. Das macht sich vor allem beim nächsten Song bemerkbar, als Andrè Strugala, alias Dr. Pymonte, Vollmond anstimmt. Dass vom Publikum ein Gitarrensolo mitgesungen wird, passiert ja ab und an, aber bei einem Harfensolo … ?!? Mittlerweile wird auch klar, warum noch niemand in den Fotograben darf, denn mit Pyros wird hier heute nicht gespart. Schon nach wenigen Minuten riecht es im Zelt wie an Sylvester um kurz nach Mitternacht. Auch die Temperatur im Zelt steigt gleich noch einmal um ein paar Grad, was dazu führt, dass sich die Musiker möglichst wenig bewegen. Auch die ersten „Ausziehen …, Ausziehen“ – Rufe lassen nicht lange auf sich warten, was Das letzte Einhorn mit Humor nimmt und knapp kontert, dass das niemand sehen und riechen möchte. Nun ja, wo er recht hat, hat er recht. Es folgen Störtebeker, Gaukler, Unsichtbar und das Tourmotto Quid Pro Quo, bei dem das Publikum wunderbar mit einbezogen wird. Die Setlist ist gut ausgewählt und bietet altes und neues Songmaterial und die Fans können wirklich jeden Song mitsingen. Stücke zum headbangen sind ebenso vertreten wie auch Songs zum Schunkeln und Tanzen. Nach Mein Rasend Herz wird dann endlich auch der Fotograben freigegeben, deshalb an dieser Stelle auch einen Gruß an den rücksichtslosen Kollegen, mit ein bisschen gegenseitiger Rücksicht klappt es für uns alle besser, auch ohne drängeln und rempeln. Herr Mannelig wird auch ohne großartige Pyroeffekte gnadenlos gefeiert, bevor es dann bei Belladonna wieder knallt, sprüht, brennt und wärmt. Gleich gehen auch wieder die „Ausziehen …“ – Rufe los, was im Laufe des Gigs zum Running Gag wird. Die Security zeigt zwar kein Mitleid mit den schwitzenden Musikern, aber mit dem Publikum und verteilt kostenloses Wasser. Nach dem Sängerkrieg folgt Sternhagelvoll und passend findet die Band einen Grund für etwas Flüssiges. Zwei Crewmitglieder im Hintergrund haben Geburtstag und werden auf ein Tröpfchen nach vorn auf die Bühne geholt. Ein Happy Birthday aus Hunderten von Kehlen ist ihnen sicher. Mit Moonshiner geht das offizielle Set zu Ende, doch kann ein In Extremo-Konzert ohne den Spielmannsfluch zu Ende gehen? Es kann, denn es folgen noch Himmel & Hölle, Liam und Pikse Palve, bevor die Musiker endgültig von der Bildfläche verschwinden, jedoch nicht, ohne das Versprechen wiederzukommen. Kein Spielmannsfluch, kein Erdbeermund, keine Merseburger Zaubersprüche, keine Raue See und auch kein This Corrosion Cover und dennoch haben die Freiburger ein grandioses Konzert erlebt. Wieder einmal beweist sich Einsteins Theorie, dass die Zeit relativ ist, denn dieses Konzert ging nach knapp zwei Stunden relativ schnell vorbei.