Interview mit AHAB am 20.11. beim Abschluss ihrer Tour im Helvete in Oberhausen

"Man darf auf keinen Fall was übers Knie brechen, sonst wird die Mucke kacke."

Artist: AHAB

Herkunft: Heidelberg, Deutschland

Genre: Funeral Doom, Nautic Doom

Link: www.ahab-doom.de

Bandmitglieder:

Bass – Stephan Wandernoth
Gitarre – Chris Hector
Gesang, Gitarre – Daniel Droste
Schlagzeug – Cornelius Althammer

AHAB Interview mit Big Simonski 2022

AHAB, die Heidelberger Nautic Doom Schiffer haben mal wieder die Segel gesetzt und sind auf Walfischfang. Ganze vier Häfen sind es vom 17.11. bis zum 20.11. in diesem Jahr.

Da müssen wir natürlich von Time For Metal auf den Walfischkutter aufspringen. Der für mich nächste Hafen ist das Helvete in Oberhausen. Ich darf mir nicht nur das Konzert anschauen (Bericht folgt in Kürze), sondern darf mit den Walfischfängern noch ein Interview machen. Das Interview führe ich mit Chris Hector und Cornelius Althammer. Es entwickelt sich ein langes, fast einstündiges Interview, in dem ich von den Musikern viel Interessantes über die Band erfahre.

Time For Metal / Jürgen S.
Hallo, vielen Dank an euch und Mona (All Noir Promotion) für die Einladung, heute hier zu sein und mit euch ein Interview führen zu dürfen. Fangen wir doch einmal mit eurem Bandnamen an: AHAB, da fällt einem doch gleich Kapitän AHAB aus dem Roman Moby Dick ein. Die Bestätigung wird ja gleich kommen, der Name kommt ja daher. Ich weiß nicht, habt ihr das Buch gelesen? In meiner Generation hat das wohl so jeder gelesen. Ihr seid ja doch eine Ecke jünger als ich.

AHAB / Chris Hector
Kommt drauf an, wie alt du bist.

Time For Metal / Jürgen S.
Ich bin 62 Jahre alt.

AHAB / Cornelius Althammer
Ja, da bist du ein bisschen was älter. Aber eine jugendliche Ausstrahlung hast du!

Time For Metal / Jürgen S.
Oh danke. (lacht)

AHAB / Chris Hector
Ja klar, gelesen natürlich. Daher kommt der Name. Ich glaube, ich hole noch etwas weiter aus …

Time For Metal / Jürgen S.
Ja, gerne!

AHAB / Chris Hector
Das Doom Shall Rise Festival ist dir vielleicht noch ein Begriff. Das war vor diesem ganzen Doom noch. Wir waren da einmal und sind dadurch etwas tiefer in die Underground Doom Szene gerutscht. Esoteric zum Beispiel oder Tyranny die finnische Doom Band, das ganze Extrem Doom Zeugs hat uns schon stark beeindruckt und weitere großartige Bands. Dadurch hatten wir dann auch Lust, Funeral Doom zu machen. Und Daniel hatte schon einen Song aufgenommen, wo er selbst auch Schlagzeug gespielt hat.

AHAB / Cornelius Althammer
Echt? Wusste ich gar nicht!

AHAB, Helvete Oberhausen 2022
Pic by Big Simonski

AHAB / Chris Hector
Ich hatte seinerzeit Moby Dick gelesen. Wir wollten eigentlich zwei Projekte machen. Er (Daniel Droste) seins und ich eins. Ich hatte da schon den Namen, er den Song. Da haben wir gesagt: Wir machen eh Musik zusammen, lass uns doch einfach eine Band starten. Daraus ist AHAB entstanden. Das erste Konzeptalbum ist eben auch über Moby Dick. Das zweite Album war dann noch die Originalgeschichte, die Moby Dick inspiriert hat. Der Untergang Der Essex nach Owen Chase. Das war so was wie die wahre Geschichte, die das Buch Moby Dick inspiriert hat.

AHAB / Cornelius Althammer
Da gibt es auch einen unglaublich schlechten Film dazu. So eine unglaublich blöde amerikanische Produktion. Ich habe mich nur geärgert, den ganzen Film über, wie man so eine geile Geschichte so verhunzen kann.

Time For Metal / Jürgen S.
Ist ja eigentlich selten, so eine gute Buchverfilmung.

AHAB / Cornelius Althammer
Moby Dick mit Gregory Peck ist so großartig, ein obergeiler Film, wenn man sich mal überlegt, wann der entstanden ist. Die ganzen Effekte, der Wal sieht echt aus. Was die damals für Kulissen gehabt haben müssen, welche Kulissen die benötigten, diesen Film zu drehen. Jahrzehnte später kommt der Film über die Essex, wo es Computertechnik gibt und der ist dann total scheiße!

AHAB / Chris Hector
Selbst den Film mit dem Patrick Steward fand ich schwierig. Ich liebe Patrick Steward als Schauspieler, den AHAB hat er aber überspielt.

Time For Metal / Jürgen S.
Wieso habt ihr analog des Romans keine Pseudo/Künstlernamen? Wäre das nicht eine Option gewesen?

AHAB / Chris Hector
Naja, tatsächlich war das am Anfang ja ein wenig mystisch, als wir das Demo zusammen gemacht haben. Eigentlich wollten wir überhaupt nicht live spielen, also eigentlich wollte ich nicht live spielen. Das sollte so ein obskures Projekt bleiben. Wir hatten dann aber recht schnell ein Angebot vom Doom Shall Rise. Da haben wir gesagt, natürlich spielen wir auf dem Doom Shall Rise. Mein erster Künstlername damals war Al Arab Ahab und Daniel hatte (glaube ich) Queequeg oder so was. Das war aber nur so eine Spielerei.

AHAB / Cornelius Althammer
Nicht Fedallah?

AHAB / Chris Hector
Genau Fedallah war es, nicht Queequeg. Das ist der andere Harpunier. Aber das war nur eine Spielerei, das haben wir nie weiterverfolgt. Diese ganze Black Metal Ästhetik mit Künstlernamen ist einfach nicht so unseres.

AHAB / Cornelius Althammer
Das wurde relativ schnell, nachdem wir live aufgetreten sind, zu einer Rock bzw. Rock ’n‘ Roll Band. Da gibt es so was nicht. Uns hat auch schon mal jemand gefragt, ob wir auf der Bühne nicht irgendwelche Uniformen/Kostüme anziehen wollen, damit wir nautisch aussehen. Aber das ist einfach nicht unser Ding. Wir machen zwar künstlerische Musik, spinnen uns irgendwelche verrückten „Hirnfürze“ zusammen, aber unterm Strich sind wir eine Rockband.

Time For Metal / Jürgen S.
Ja, ich wollte gerade sagen, ihr definiert euch über die Musik. Manche Sachen /Bands funktionieren eben auch nur in der Kombi Musik/Kostüme. Bei euch ist es aber die Musik.

AHAB / Chris Hector
Man könnte das wohl auch so aufziehen, aber das sind einfach nicht wir dann. Die Musik, die wir machen, ist authentisch. Die kommt aus uns raus. Alles, was dann so an Kostümen und so dann wäre, wäre einfach nur aufgesetzt, einfach nicht wir.

Time For Metal / Jürgen S.
Das Genre, welches ihr mit eurer Musik bedient, ist Doom. Außenstehende würden es wohl am ehesten in Funeral oder partiell auch Death Doom einfügen. Ihr selbst nennt es Nautic Doom. Da kann ich euch echt beipflichten, wenn ich ein Album von euch auflege, dann unterscheidet es sich schon ein Stück weit von den anderen Sachen, die man im Funeral Doom ansonsten so hört.

AHAB / Chris Hector
Wir sagen ja auch schon lange nicht mehr, dass wir Funeral Doom spielen. Wir spielen faktisch ja auch eigentlich keinen Funeral Doom. Wir haben Anleihen aus dieser Musikrichtung. Ganz am Anfang, selbst da, wenn ich es mir heute anhöre, da waren schon sehr viele Death Doom Einflüsse. Aber damals, als Doom Neulinge, war das unsere Interpretation von Funeral Doom. Dieses Nautic Funeral Doom habe ich mal erfunden, als Gag …

AHAB / Cornelius Althammer
Ich glaub, das war eher ich! (lachen) … auf dem Doom Shall Rise

Time For Metal / Jürgen S.
Oh, jetzt geht es aber ans Eingemachte 😉

AHAB / Cornelius Althammer
Nautic mag man jetzt als Bezeichnung von einem Stil wahrnehmen, aber das ist ja auch wieder Quatsch. Das ist ja nur ein Wort, das cool klingt. Und es ist halt naheliegend, weil wir textlich in dieser Welt zu Hause sind. Und mein persönliches Empfinden ist, dass viele Melodien, die Daniel spielt, bei mir tatsächlich so ein Gefühl der See insgesamt hervorrufen. Von daher ist es ein halber Witz das Nautic, ich finde aber, es passt durchaus.

AHAB / Chris Hector
Letztendlich kam Nautic Funeral Doom dann so zustande, ich hatte wirklich keine Lust, dass uns jemand in irgendwelche Schubladen steckt. Da habe ich mir gedacht, ich mache eine eigene Schublade auf. Wer hätte das gedacht, aber es funktioniert.

AHAB, Helvete Oberhausen 2022
Pic by Big Simonski

Time For Metal / Jürgen S.
Eure Alben sind Konzeptalben und haben eine (literarische) Vorgabe. Wie ist der Entstehungsprozess / die Entstehungsgeschichte solch eines Albums für euch. Taucht ihr in die Vorlage ein, macht ihr das gemeinsam oder ist da einer von euch federführend.

AHAB / Chris Hector
Das kann man so gar nicht sagen. Die Texte schreibe ja alle ich. Daniel macht viel mit der Musik, wir steuern alle natürlich auch noch bei. 75 Prozent gehen schon auf Daniels Hirnreise zurück. Und klar, wir machen uns zuerst einmal Gedanken. Stephan (Wandernoth) sammelt da auch gerne mal irgendwelche literarische Vorlagen. Sei es, was ihm über den Weg läuft oder auch irgendwelche Facebook-Vorschläge von Fans. Wir haben natürlich auch persönliche Vorlieben. Ich persönlich liebe 2000 Meilen Unter Dem Meer seitdem ich ein kleines Kind bin. Wenn wir die Sachen gelesen haben, gibt es mitunter auch schon Musik in Teilen. Wenn wir uns dann alle einig sind, dass das der Roman ist, den wir vertonen, dann geht es ans Eingemachte. Es kommt neue Musik dazu, mitunter wird auch mal ein altes Riff verworfen.

AHAB / Cornelius Althammer
Wir haben auch schon mal einen kompletten Song in die Tonne geworfen, mit dem wir angefangen hatten für die neue Platte. Wir hatten zwar nur geile Ideen drin, die hatten aber überhaupt nicht zueinander gepasst. Da haben wir es einfach fallen lassen und von vorne angefangen. Wie Chris schon sagt, die meiste Musik kommt zwar von Daniel, aber schlussendlich entsteht das alles als Band. Manchmal geht es ganz schnell, manchmal brauchen wir ewig, um einen Song fertigzumachen. Alles ist möglich. Es kann sein, dass wir uns einmal treffen und gehen mit zwei Songs nach Hause. Es kann aber auch sein, dass wir uns viermal treffen und mit keinem Song nach Hause gehen.

AHAB / Chris Hector
Es kann auch mal sein, dass wir sieben Jahre einfach kein Album rausbringen. (lacht)

Time For Metal / Jürgen S.
Ja, da kommen wir gleich noch zu.

AHAB / Cornelius Althammer
Man darf auf keinen Fall was übers Knie brechen, sonst wird die Mucke kacke. Das muss von alleine fließen. Du musst die Lust bekommen, in diese Songgerüste reinzukommen. Einfach mal jammen, auszuprobieren, darüber zu reden. Das ist mit einer der Gründe, wieso wir so lange gebraucht haben. Erst einmal kam nichts von uns. Keiner hat gesagt: Boah, ich habe jetzt da eine voll geile Idee.

Time For Metal / Jürgen S.
Ihr hattet vor, in den Jahren 2020 und 2021 auf einen Walfänger zu gehen und eure Fans mit einer (kleinen) Tour mit Nautic Doom zu erfreuen. Das Unterfangen musste aus bekannten Gründen 2 x abgesagt werden. Umso mehr freue ich mich natürlich, dass es dieses Jahr mit euch klappt (ihr ja wohl auch). Wie seid ihr insgesamt durch das Corona-Meer gesegelt?

AHAB / Chris Hector
Ganz verschieden, würde ich sagen.

AHAB / Cornelius Althammer
Das Krasseste war wohl, wir haben uns tatsächlich ein Jahr nicht gesehen. Das war dann total emotional, als wir wieder alle im Proberaum waren. Dass wir uns ein Jahr nicht sehen, das habe ich auch nicht erwartet. Jeder hat die Zeit natürlich anders genutzt. Ich habe nicht Nichts gemacht, ich habe jeden Tag fünf Stunden Schlagzeug gespielt. Ich habe in der Zeit fünf Alben aufgenommen (Anmerkung: mit/für andere Bands).

AHAB / Chris Hector
Für die Band war das echt schon traurig. Wir sind nicht nur eine Band, wir sind wirklich auch enge Freunde. Das war schon seltsam. Sonst trifft man sich auch ab und zu mit den Familien. Das ging damals halt alles nicht. Für mich persönlich war es in der Hinsicht angenehm, da ich im Homeoffice war und viel Zeit für die Kinder hatte. Meine Frau war gerade in der Elternzeit. Für dich (Cornelius Althammer) war es halt furchtbar. Du liebst es ja, auf Tour zu sein, du liebst es ja, Konzerte zu machen.

AHAB / Cornelius Althammer
Ja, deshalb habe ich mich zweieinhalb Jahre im Proberaum eingeschlossen, damit ich ein bisschen Rock ’n‘ Roll habe. Ich habe jeden Tag geballert wie ein Wahnsinniger, nur Death Metal gespielt die ganze Zeit, um da irgendwie im D-Zug Modus durchzukommen. Das war schon schwierig für mich, so lange keine Mucke zu machen. Gut, dass wir hier jetzt mal vier Tage am Stück spielen. Wir hatten ja im letzten Jahr schon wieder angefangen, Shows zu machen und auch dieses Jahr haben wir einige geile Shows gespielt. Ich habe da dieses Mal immer so ein neues komisches Gefühl vor den Konzerten gehabt, so was kannte ich dahin überhaupt nicht. Ein ganz seltsamer Gemütszustand, wo ich denke, ich habe da eine kleine Klatsche von Corona davongetragen. So komische Gefühle wie Verlustangst oder sonst wie, fast Richtung Panik. Wo ich mir denke: Ich habe doch keine Angst vor der Bühne, ganz im Gegenteil: Ich würde am liebsten eine Bühne heiraten oder so ungefähr. Echt krass, aber gestern war es nicht mehr so, die ersten beiden Termine schon. Sehr strange diese Geschichte …

AHAB, Helvete Oberhausen 2022
Pic by Big Simonski

Time For Metal / Jürgen S.
Ich hatte ja schon angesprochen, dass eure Alben Konzeptalben sind. Da braucht es ja auch immer etwas länger für ein neues Album. Euer letztes Werk ist immerhin schon von 2015 (2020 habt ihr mit Live Prey ein Livealbum veröffentlicht). Das nächste Album wird Anfang 2023 erscheinen. Warum hat es dieses Mal so lange gedauert. Inwieweit hat da auch Corona hineingespielt?

AHAB / Chris Hector
Man kann vielleicht sagen, dass wir viel live gespielt haben. Dann hatten wir alle nicht so viel Zeit und wir wohnen alle recht weit auseinander.

AHAB / Cornelius Althammer
Na ja, das ist vielleicht was über dramatisiert. Wir wohnen schon recht nah beieinander …

AHAB / Chris Hector
Ok, wir haben keine neuen Songs geschrieben, wir haben lieber live gespielt. Dann musst du halt auch proben für die Livegigs, dann war halt ein Jahr um und dann hast du wieder irgendwelche coolen Anfragen bekommen und dann hast du wieder live gespielt. Wir hatten ja tatsächlich zwei Ansätze, ein neues Album herauszubringen, aber dann wurde es doch nichts. Dann kam noch Corona dazwischen.

AHAB / Cornelius Althammer
Pünktlich zu Corona, glaube ich, hatten wir mal gesagt, jetzt machen wir mal weiter. Dann kam Corona, da haben wir gesagt, dann schreiben wir wohl keine Sachen. Wäre Corona nicht gewesen, hätten wir wohl nicht so eine lange Zeit für ein neues Album benötigt, aber wohl auch nur zwei Jahre weniger. Das war halt so. Wie Chris gesagt hat, wir haben live gespielt und es kamen jetzt keine megageilen Riffs. Das ist halt nicht passiert … und dann passiert es auch nicht. Keine Ahnung, wann das nächste Album nach dem Jetzigen rauskommt. Also, ich bin ja heilfroh, dass es im Januar endlich so weit ist. Keine Ahnung, wie lange wir dann brauchen, vielleicht nur zwei Jahre, eventuell auch wieder ewig.

Time For Metal / Jürgen S.
Ihr steht ja auch nicht unter Zwang, unbedingt ein Album herauszubringen.

AHAB / Cornelius Althammer
Das ist der Punkt. Wir stehen nicht unter Zwang, ein Album herauszubringen. Und dann machen wir das auch nicht. Das ist schon im höchsten Maße Selbstbefriedigung, was wir da mit unserer Musik machen, dann muss es auch geil sein.

AHAB / Chris Hector
Ich bin ja ein Freund von Deadlines. Meine Erfahrung mit AHAB ist immer, sobald wir eine Deadline haben, dann klappt es auch.

AHAB / Cornelius Althammer
Du setzt dir halt auch keine Deadline, wenn kein einziges Riff geschrieben ist. So ist es nun auch nicht. Erst das Ei und dann das Huhn, also erst das Riff und dann kommt noch eins und dann setzen wir uns eine Deadline. Es muss erst mal fließen.

Time For Metal / Jürgen S.
Kommen wir zum neuen Album The Coral Tombs. Ich gehe mal davon aus, dass AHAB erneut in eine konzeptionelle Funeral Doom See stechen werden. Irgendwo habe ich gelesen, dass da ein gewisser Jules Verne dahintersteckt!?

AHAB / Cornelius Althammer
Ja, das macht er, tatsächlich. Er hat aber kein Riff geschrieben.

Time For Metal / Jürgen S.
Echt? Hat er kein Riff geschrieben?

AHAB / Cornelius Althammer
Wenn er noch leben würde, vielleicht!

Time For Metal / Jürgen S.
Welche Romanvorlage speziell?

AHAB / Chris Hector
20000 Meilen Unter Dem Meer.

Time For Metal / Jürgen S.
Ja, das hattest du ja schon erzählt. Ist das so ein Traum gewesen für dich?

AHAB / Chris Hector
Wie gesagt, es ist eine Geschichte, die ich als Kind geliebt habe. Was ich immer geliebt habe, ist das Ganze, also Marine, Biologie etc. Professor Aronnax ist mein Lieblingscharakter im Buch. Jetzt, wo man erwachsen ist und das Buch noch mal liest, da sind da noch viele, viele Metaebenen drin. Politisch, ethisch. Nemo eben, der ausgestoßene Charakter, der keine Lust mehr hat auf diese Gesellschaft, weil er Böses und Schlimmes erfahren hat. Ich habe zu diesem ganzen Abenteuer noch einmal eine Ebene hinzugesetzt, ähnlich wie bei Moby Dick. Das fanden wir ganz spannend, da kann man gut mit arbeiten. Das ist dann eben nicht nur diese „flache“ Fantasy-Ebene, sondern halt auch Fundiertes, worüber man schreiben kann, Eigenes mit reinfließen lassen kann.

Time For Metal / Jürgen S.
Wer zeichnet sich für das tolle Cover Artwork verantwortlich? Wonach sucht ihr die jeweiligen Cover aus? Für mich persönlich ist das Artwork eine tolle visuelle Umsetzung eurer Musik.

AHAB / Chris Hector
Im Normalfall „hirnen“ wir so ein bisschen. Stephan schickt dann auch gerne mal ein paar Bilder aus dem Netz, in welche Richtung es geht. Ich spreche meistens dann mit dem Sebastian Jerke (Künstler aus Münster). Einer meiner Lieblingskünstler ist Otto Dix. Wir hatten zuerst mal überlegt, ob wir in diese Richtung gehen, das hat dann aber nicht so richtig gepasst. Die Grundkonzeption mit diesem Taucher, der jetzt da auf dem Cover ist, die kam von uns. Beim Cover sprechen wir ein bisschen mit und lassen dann machen. Für mich ist immer wichtig, dass ein Cover plakativ ist. Du schaust es an und dir springt was ins Gesicht. Sebastian Jerke arbeitet dann ein paar Skizzen aus, dann geht es hin und her.

Time For Metal / Jürgen S.
Veröffentlichungstermin für The Coral Tombs wird der 13.01.2023 über euer Label Napalm Records sein. Am 14.01. wird die Releaseshow in der Jugendkirche in Braunschweig sein. Die Locations spielen ja auch immer eine Rolle, außergewöhnliche Locations für Metalkonzerte habe ich auch schon gehabt. Mir fallen da die Balver Höhle und das Kurhaus Wiesbaden ein. Beeindruckt hat mich auch die Show von Bell Witch in der bis zu 3500 Leuten fassenden Halle in Wiesbaden, wo für 120 Leute bestuhlt war. Eine Show in einer Kirche hat schon etwas. Ich wollte eigentlich fragen, ob in eurem Fall nicht ein Konzert im Bauch eines Schiffes die beste Location wäre? Ihr seid ja tatsächlich gestern in Hamburg auf der MS Stubniz gewesen … (Chris Hector zeigt mir auf seinem Handy ein paar Bilder vom Schiff gestern Abend). Ich dachte mir, das muss doch das Geilste überhaupt sein. Ich wollte euch eigentlich fragen, wieso macht ihr da nicht eure Albumpräsentation?

AHAB / Cornelius Althammer
Da hast du natürlich völlig recht, die Frage ist berechtigt. Hat sich halt so ergeben, dass uns diese Dame aus Braunschweig angeschrieben hat wegen der Releasegeschichte. Doom in der Kirche passt ja auch irgendwie. Du hast aber voll recht, wieso machen wir die Releaseparty nicht auf der MS Stubniz? Hm, gute Frage. Ist berechtigt.

AHAB / Stephan Wandernoth (hat sich mittlerweile auch zu uns gesetzt)
Naja, auch weil es seit zwei Jahren schon so geplant war.

AHAB / Cornelius Althammer
Ach ja, stimmt. Ist nun schon so passiert. Auf der MS Stubniz, das wär es natürlich. Das schließe ich nicht aus, dass wir da noch öfter spielen. Das war da so cool. Die Leute, die dort arbeiten, sind megaprofessionell und total nett. War wirklich eine super Stimmung gestern. Würde mich wundern, wenn wir da nicht wieder spielen.

AHAB, Helvete Oberhausen 2022
Pic by Big Simonski

Time For Metal / Jürgen S.
Bleibt es im nächsten Jahr nur bei der Releaseshow oder sind weitere Events in Planung (Tour oder Festivals)?

AHAB / Chris Hector
Ja mit Tour ist jetzt noch nichts geplant. Wir wollen nächstes Jahr verstärkt Festivals spielen. Unser Booker hat uns schon jetzt ein größeres Festival beschert. Ich glaube, das dürfen wir aber noch nicht verkünden.

Time For Metal / Jürgen S.
Dann lieber nicht! Ich möchte noch einmal etwas in die Vergangenheit zurück. AHAB segeln ja bereits seit 2004 unter der Nautic Doom Flagge. Wie seid ihr zusammengekommen? Da ist es ja nicht mehr lange hin, bis ihr das 20-Jährige feiert. Ist da was Großes geplant?

AHAB / Chris Hector
Ich glaube, mit Daniel hatte ich jetzt letzten Oktober 25-jähriges Bühnenjubiläum.

Time For Metal / Jürgen S.
Ihr seid früher zusammen bei Midnattsol gewesen …

AHAB / Chris Hector
Davor, also noch früher, waren wir beide zusammen bei Penetralia, das war so ne Gothic / Black Metal Band. Ich habe mir die Mucke letztes Jahr noch mal zusammen mit dem Daniel reingezogen. Aber das funktioniert nicht mehr. Ist nicht gut gealtert, sage ich mal. Für die Zeit war es völlig ok. Wie gesagt, Daniel und ich machen schon ewig zusammen Musik und die anderen beiden Jungs bei AHAB kennen wir auch schon ewig über die Band Legacy damals. Das war eine Band bei uns aus der Umgebung. Eine Death Metal Band, so kannte man sich halt. Mit unserem ersten Bassisten bei AHAB hatte es damals überhaupt nicht geklappt. Cornelius hatte ja die erste Platte noch als Sessiondrummer damals eingespielt. In Oslo haben wir dann damals gefragt, ob er einsteigen möchte. Da war dann der Weg zu Stephan nicht weit. Eigentlich ist er Gitarrist gewesen und jetzt spielt er nur noch Bass.

AHAB / Cornelius Althammer
Ja, der war halt total scharf auf die Band. Die beiden haben mich gefragt: Kennst du einen Bassisten? Ja, da habe ich gesagt, der Stephan von Legacy. Ich habe einfach gesagt, das ist der Neue, weil mir absolut klar war, der will das. Da habe ich ihn angerufen und gesagt: Hey, willst du bei uns Bass spielen? Sein erster Gig war dann auf dem Summer Breeze und der zweite Gig in Calgary/Kanada. Der hat dann so die „Freese“ aufgerissen: oh toll!!!

AHAB / Chris Hector
Ja, das war geil und passt ja offensichtlich wie Arsch auf Eimer.

AHAB / Cornelius Althammer
Das betone ich gerne, das ist das Beste, was AHAB jemals gemacht haben! Bin gespannt, was noch passiert. Aber das war der Höhepunkt bisher.

AHAB / Chris Hector
Ja, er hat einfach einen lustigen Charakter. Die Mischung macht es halt.

Time For Metal / Jürgen S.
Ihr habt jetzt aber nichts zum 20-Jährigen geplant? Eine Box mit allen Alben zum Beispiel?

AHAB / Chris Hector
Wir haben natürlich schon mal ein bisschen “rumgehirnt“. Ein paar Ideen, wie zum Beispiel eine EP rausbringen, oder doch vlt. ein Box-Set. Aber ein Box-Set bringt doch irgendwie jeder raus. Und so viele Alben haben wir jetzt auch nicht. Stephan, wie stehst du zu einem Box-Set?

AHAB / Stephan Wandernoth
Alle Alben sind noch ganz normal verfügbar. Da braucht man die nicht unbedingt alle in einer Box, man kann sie ja noch einzeln kaufen.

AHAB / Cornelius Althammer
Wir könnten ja eine leere Box verkaufen, wo alle Alben reinpassen (lacht).

Time For Metal / Jürgen S.
Ihr hattet doch zuletzt mal eine Tape-Box!

AHAB / Cornelius Althammer
Ja, Tapes von den Alben gab es ja nicht. Die ist richtig schick geworden. Richtig geil, gefällt mir richtig gut.

Time For Metal / Jürgen S.
Und noch mal zurück zur Geschichte mit Midnattsol. Das ist ja die Band um Liv Kristines Schwester Carmen Elise Espenæs. Ist musikalisch eine ganz andere Sache, als ihr sonst macht. Passte das, passte das nicht? Würdet ihr das heute noch mal machen? Habt ihr aktuell noch andere Projekte am Start?

AHAB / Chris Hector
Ganz ehrlich, damals war das schon noch ok. Damals habe ich auch noch Folk gehört, solche Musik mochte ich schon. Wenn man ganz ehrlich ist, unser Herz hat eigentlich schon immer für Death Metal geschlagen. Für melancholische Musik sowieso. Midnattsol würde ich heute natürlich nicht noch mal gründen, ist nicht mehr meine Musik.

Time For Metal / Jürgen S.
Warst du Bandmitbegründer?

AHAB / Chris Hector
Ja, ich habe quasi über den Alex Krull damals oder sogar über die Liv (ich weiß es nicht mehr genau) mitbekommen, dass die Carmen nach Deutschland zieht. Damals hatten wir gerade Penetralia aufgelöst. Da hatte ich die Carmen gefragt, ob sie Lust hat zu singen. Sie war damals noch ganz unerfahren, sie war noch recht jung. Dann haben wir das Projekt gegründet. Für mich die erste Platte, die sich dann auch recht gut verkauft hat, ganz cool. Bei der zweiten Platte hat die Carmen dann die Stimme gewechselt, das hat mir dann nichts mehr gegeben. Zu der Zeit gab es dann auch schon AHAB und mir war dann klar, ich möchte eigentlich nur noch AHAB machen. Das mit AHAB das allererste Mal, dass es die Musik war, die ich machen wollte. Ich bin halt ein alter Death Metaller aus den Neunzigern. Von daher, Midnattsol ist kein Thema mehr für mich.

Time For Metal / Jürgen S.
Sonst noch andere Projekte?

AHAB / Chris Hector
Ich habe vor kurzem ein kleines Demo aufgenommen mit einer Sängerin. Das ist was mit Synthesizer und Gitarre. Cornelius hat unendlich viele Bands!

AHAB / Cornelius Althammer
Ja, ich habe eine Menge Bands. Ich wohne seit zehn Jahren in Jena, da habe ich eine Hardrock Band, die heißt Fisted Mister. Mit unserem Bassisten Stephan zusammen habe ich noch eine Death Metal Band. Das war früher Legacy, die wurde dann umbenannt in Dead Eyed Sleeper. Heute heißt sie noch anders. Wir haben gerade ein Album aufgenommen. In Köln habe ich eine Band, die heißt Raptvre, die macht progressiven Black Metal. Mit Freunden aus Schweden habe ich noch eine Band, die sich Svärd (auf Deutsch das Schwert) nennt. Die liegt allerdings gerade auf Eis. Ich kann mich nicht beschweren, ich mache genug.

Time For Metal / Jürgen S.
Ich danke euch, dass ihr euch Zeit für das Interview mit mir genommen habt. Jetzt habt ihr an dieser Stelle noch die Möglichkeit, etwas loszuwerden, was noch unbedingt angesprochen werden sollte oder einfach Grüße loswerden 😉

AHAB / Cornelius Althammer
Wir treffen auf unseren Konzerten immer viele nette Menschen. Nettes Publikum, mit dem man sich gerne unterhält. In allererster Linie möchte ich mich bei denen für die jahrelange Treue bedanken. Es ist immer wieder geil, diese wunderbaren Menschen zu treffen.

AHAB / Chris Hector
Was man wirklich auch sagen muss, wir haben jetzt sieben Jahre kein neues Album herausgebracht. Trotzdem sind diese treuen Fans noch da. Ich finde das sehr bemerkenswert. Da sind wir sehr dankbar dafür, dass die Fans bei uns so treu sind!

AHAB, Helvete Oberhausen 2022
Pic by Big Simonski