Interview mit Andi The Wicked (Steelpreacher, ex-Wolfen) zu seinem neuen Soloalbum „Sexually Transmitted Mojo“

Mit dreizehn Jahren habe ich dann zur Gitarre gegriffen, (...) Also so kurz vor der Pubertät, wo dann Frauen und Heavy Metal interessant wurden.

Artist: Andi The Wicked

Herkunft: Deutschland

Genre: Instrumental Gitarren Metal

Link: https://www.facebook.com/andithewicked

Bandmitglieder:

Gitarre – Andi „The Wicked“ Dötsch
Schlagzeug (Recording) – Jan Hinz

Bereits Ende Januar trafen Andi The Wicked und ich uns, um uns ausführlich über sein neues Soloalbum zu unterhalten, welches am 11.03.2022 über ACFM Records veröffentlicht wird. Wie immer eine tolle Unterhaltung mit ihm und dem standesgemäßen Bier zum Plaudern!

Time For Metal / Jürgen S.
Hi Andi, wie schön, endlich mal wieder ein Interview mit dir machen zu können. 😉 Da stellt sich zwischen uns beiden ja mittlerweile eine Art Erfahrung ein und wir sind eingeübt. Das letzte Interview war ja das zum neuen Steelpreacher-Album Back From Hell im letzten Jahr (Interview hier). Das ist noch kein Jahr her. Also mich freut es echt sehr, dich mal wieder hier sitzen zu haben.

Andi The Wicked
Ja, freut mich auch, wir hatten ja schon öfter ein Interview.

Time For Metal / Jürgen S.
Eine der Hauptaussagen beim letzten Interview zur Steelpreacher Scheibe war: Steelpreacher haben wesentlich mehr zu bieten als diese drei Akkorde auf Rock ’n‘ Roll. Nun bist du Solo Back From Hell, da direkt meine Frage hinterher: Hat Andi Dötsch im Soloprojekt auch mehr als diese drei Akkorde auf Rock ’n‘ Roll? Und was hat er uns solo zu bieten?

Andi The Wicked
Also, wo fangen wir an? Das neue Album wird heißen: Sexually Transmitted Mojo. Das ist der Nachfolger des Albums Freak On Frets. Freak On Frets kam 2016 und das war so ein reines Gefrickel-Album, was ursprünglich dafür gedacht war, den Leuten auf der Musikmesse zu zeigen: Hier, tolle Gitarre und Verstärker, das musst du unbedingt kaufen, weil es geil ist. Ich bin dann öfter mal genötigt worden, mach mal eine EP oder ein Album daraus. Das habe ich dann gemacht und das war eigentlich schon großartig. In den letzten Jahren war ich sehr oft mit Bands unterwegs. Mit Steelpreacher, da gab es die Back From Hell, das Masters Of The Underground Live DVD Recording, mit Wolfen war ich unterwegs und habe mit denen ein Album aufgenommen. Ich habe viele Konzerte gespielt. Gerade jetzt zu Corona habe ich mir gedacht, es wäre ein optimaler Zeitpunkt, solo noch mal nachzulegen, da hatte ich richtig Bock drauf. Ich habe mir gesagt, jetzt machst du noch mal ein Soloalbum. Zu deiner Frage, was die drei Akkorde betrifft: Grundsätzlich nein, man muss gerade in dem Bereich, dem Instrumental Heavy Metal Bereich, da muss man schon etwas zu bieten haben. Es gibt großartige Arrangements, es gibt lange Songs, kurze Songs. Ich wollte wirklich noch mal ein Album machen, was ohne Sänger auskommt und funktioniert, was nicht langweilig wird. Geschichten zu erzählen, ohne etwas dabei (mündlich) zu sagen, einfach nur die Gitarre sprechen lassen. Es sind insgesamt acht Songs geworden. Dazu gibt es einen Bonustrack von der Masters Of The Underground DVD, der ist noch als neunter Track mit drauf.

Time For Metal / Jürgen S.
Sexually Transmitted Mojo ist nach Freak On Frets (2016) das zweite instrumentale Album unter der Trademark Andi The Wicked. Ist der Andi auf seinen Soloalben wirklich so böse? Was unterscheidet Sexually Transmitted Mojo vom Vorgänger?

Andi The Wicked
Grundsätzlich habe ich das Gefrickel deutlich runtergefahren. Ich habe mehr diffuse Arrangements hineingebracht, so will ich es mal nennen. Ich bin weg von diesem Look At Me Scheiß. Beim ersten Mal war es noch so, dass ich dachte, ich muss jetzt hier noch maximal Technik reinhängen, ich muss noch Arrangements machen, die bombastisch sind. Davon wollte ich beim neuen Album weg. Es ist einfacher geworden. Es ist hörbarer geworden. Ich habe mehr Wert drauf gelegt, dieses Mal mehr Drama reinzubringen. Es ist aber immer noch grundsätzlich die Andi The Wicked Trademark, allerdings sind die Arrangements etwas schöner geworden.

Time For Metal / Jürgen S.
Wie nimmst du so eine Soloplatte auf? Wer hat noch mitgewirkt? Wer hat zum Beispiel das Schlagzeug eingespielt?

Andi The Wicked
Als Schlagzeuger war dabei der Jan Hinz, der kommt aus dem Westerwald. Er spielt unter anderem bei Apothic und bei Skelfir. Wir kennen uns seit Ewigkeiten und sind Freunde. Er ist ein äußerst kreativer Schlagzeuger und hat was drauf. Es war eine großartige Zusammenarbeit mit Jan Hinz, er hat auch nochmals neue Ideen reingebracht. Sonst habe ich grundsätzlich alles selbst gemacht. In Neuwied bei den MerlinSound Studios, beim Peter Dümmler habe ich es professionell mischen lassen. Er ist selbst Gitarrist, wenn einer wissen muss, wie es klingen muss, dann er.

Time For Metal / Jürgen S.
Also ich persönlich mag ja diese Gitarren Soloalben. Ganz oben bei mir stehen natürlich solche Guitarheros wie Joe Satriani, Steve Vai oder auch der Meister selbst: Frank Zappa. Alle haben super Solosachen herausgebracht. Zappa hat es einmal bereits mit einem Albumtitel gesagt: Shut Up And Play Yer Guitar. Also so viel, wie „halt die Klappe und spiele Gitarre“. Hast du deine Klampfe dabei? Kannst du jetzt die Klappe halten und Gitarre spielen? 😉 Nee im Ernst, wie stehst du selbst zu solchen Künstlern und ihren Sachen/Aufnahmen?

Andi The Wicked
Nee, grad keine Gitarre dabei (lacht). Satriani höre ich selbst sehr gerne. Das kann ich mir sehr gut anhören. Einfach mal zurücklehnen und dann die Platte genießen. Mit Steve Vai komme ich persönlich weniger klar. Malmsteen gebe ich mir selbst noch sehr gerne, weil er diesen klassischen Einfluss hat.

Time For Metal / Jürgen S.
Ich glaube, Frank Zappa war vor deiner Zeit!? Er ist für mich persönlich ja selbst das/der Größte, weil er alle Genres bedienen kann.

Andi The Wicked
Ja, tatsächlich etwas vor meiner Zeit. Großartiger Musiker, keine Frage.

Time For Metal / Jürgen S.
Es ist erst zwei Wochen her, wo ich ein Review zum neuen Soloalbum Quamtum Leap von Gus G. machen durfte (hier). Das hat mich richtig begeistert. Der Mann ist ja durch seine Band Firewind zudem recht bekannt. Einen besonderen Kick im Bekanntheitsgrad dürfte ihm wohl sein Dazutun als Ozzy Gitarrist gegeben haben. Was meinst du, ist dein neues Soloalbum auch solch ein Quantensprung und hat Ozzy bei dir bereits angefragt?

Andi The Wicked
Ja, mit Ozzy habe ich ihn damals 2011 live gesehen. Ich bezweifele, dass Ozzy meine Nummer hat (lacht). Einen Quantensprung will ich jetzt nicht sagen, denn es gibt eine Menge Gitarristen, wenn man sich mal so durch die sozialen Netzwerke klickt. Was mir bei den meisten von denen fehlt, ist, dass da keine richtigen Songs dahinter sind. Also nur das eben bereits erwähnte Look At Me, wie geil! Ich habe dieses Mal versucht, es auch für den Nichtmusiker, den Hörer, interessant zu machen. Ich denke, das ist mir gelungen.

Time For Metal / Jürgen S.
Woher stammen die Ideen zu Sexually Transmitted Mojo? Wie lange hast du für das Album gebraucht?

Andi The Wicked
Da ist ein Song drauf, der ist tatsächlich schon fünfzehn Jahre alt. Den habe ich nochmals neu aufgenommen. Dabei handelt es sich um den Song Classical Part Act 2. Wie lange habe ich dran geschrieben? Kann man echt schlecht sagen, vielleicht so ein bis zwei Jahre. Dann habe ich mich noch mal mit dem Jan Hinz drangesetzt und habe weiter dran gearbeitet und das Recording gemacht. Das war dann noch mal ein Jahr. Ich war ja noch mit den Bands unterwegs und deswegen habe ich das jetzt nicht unter zeitlichem Druck gemacht. Es sollte anständig werden. Corona hat mir da dann doch einiges an Zeit verschafft.

Time For Metal / Jürgen S.
Ist es eigentlich einfacher, so eine Solosache zu machen, oder doch eher ein Album mit einer Band? Solo hat man doch wohl mehr „freie Hand“ das zu tun, was man mag, muss aber wohl dann auch das meiste, wenn nicht alles alleine tun. Du hast ja auch Erfahrungen mit Albumaufnahmen mit Steelpreacher und Wolfen, wobei das bei beiden Bands in Richtung von Teamwork wohl unterschiedlich gewesen sein dürfte?

Andi The Wicked
Es ist halt eine andere Arbeitsweise, ein ganz anderer Arbeitsablauf. In der Band diskutierst du mehr darüber, probierst irgendwas noch mal anders aus. Irgendwann heißt es am Schluss, das ist ja besser als meine ursprüngliche Idee. Das schätze ich gerade sehr hoch bei Steelpreacher, dass da so eine Platte wie Back From Hell nicht von heute auf Morgen herumgeschustert wird. Da war sehr viel Arbeit dran, da wurde sehr viel herumprobiert. Bei Steelpreacher muss jeder damit zufrieden sein. Ich habe schon in anderen Bands gespielt, wo das eher schneller ging, eher abgebügelt wurde … Man muss seinen eigenen Egoismus an den Nagel hängen, gerade Gitarristen neigen schon mal dazu.

Time For Metal / Jürgen S.
Das Release von Sexually Transmitted Mojo ist am 11. März 2022. Was wird bis dahin und danach noch so an Promo laufen? Dürfen die Fans auf einen Konzertabend mit Andi The Wicked Dötsch hoffen?

Andi The Wicked
Jetzt momentan ist das natürlich schwierig. Man muss auch Veranstalter finden, die so was buchen. Wenn Corona vorbei ist, es Anklang findet, wird das auf jeden Fall stattfinden. Ich würde auch sehr gerne noch mal auf der Musikmesse spielen. Da war damals auch eine großartige Zeit. Ich war mehrere Male für verschiedene Firmen auf der Messe in Frankfurt gewesen. Das hat immer Spaß gemacht. Das würde ich gerne noch mal tun.

Time For Metal / Jürgen S.
Wie kann man eigentlich solch eine Soloplatte live umsetzen?

Andi The Wicked
Also auf der Musikmesse ist das ja relativ einfach, man bringt seine Backing Tracks mit und präsentiert die Sachen, wofür man gebucht ist. Wenn man das im Rahmen eines normalen Konzertes / normalen Festivals macht, dann ist das natürlich noch mal anders, aber es funktioniert. 2011 habe ich Victor Smolski (Anm. der Redaktion: Almanac, ex-Rage) in Tschechien mal alleine auf der Bühne gesehen, das war großartig. 2017/2018 habe ich selbst ein paar Sachen so gemacht, das hat schon funktioniert. Da waren sicherlich auch ein paar fragende Gesichter im Publikum und haben sich gefragt: Playback? Was soll das denn jetzt! Aber ich habe auch kein Problem, mir meine Gastmusiker zusammenzusuchen und zu sagen, wir machen das jetzt, da muss halt der Veranstalter auch mitspielen. Grundsätzlich ist alles möglich, von so einer Halbplayback Show (wie auf der Musikmesse) bis hin zu einer kompletten Band. Ich selbst bringe da auch immer meine Bühnenshow mit, da gibt es Nebel, da sprühen Funken usw … möglich ist alles.

Time For Metal / Jürgen S.
Dein Labelchef Jan Müller (ACFM) hat mir die Scheibe bereits im Vorfeld geschickt. Ich muss sagen: ganz schön abwechslungsreich. Sogar ein Stück auf (akustischer) Konzertgitarre ist dabei, auch wenn es nur ein kurzes Zwischenspiel ist. Du hast das Stück bezeichnend The Wicked Interlude genannt. Direkt danach kommt mit Four Chapters eines meiner Lieblingsstücke auf dem Album. Und ein Heavy Blues Track ist auch dabei, so jedenfalls der Titel. Was hat dich zu solchen Tracks bewogen/animiert?

Andi The Wicked
Grundsätzlich kann man kein Album machen und eine Stunde auf einer Tonart dieselben Skalen rauf und runter spielen, das bringt nichts. Ich komme grundsätzlich aus dem Heavy Metal und im Grundsatz ist das Album Heavy Metal. Aber gerade diese Reminiszenzen zum Blues oder zur Klassik hin, die sorgen für Abwechslung. Four Chapters zum Beispiel ist dieses epische, lange Stück, vier Storys zusammengepackt. Dieses Interlude ist nur ein Vorspiel, was dieses Thema von Four Chapters etwas aufgreift.

Time For Metal / Jürgen S.
Das wäre dann ja eigentlich ein Prelude, die Einführung zum folgenden Song.

Andi The Wicked
Das hättest du mir mal vor der Produktion sagen können (lacht).

Time For Metal / Jürgen S.
Ändere es doch noch (lacht)

Andi The Wicked
Nein, jetzt ist es zu spät (lacht). Ist ja schon das Booklet gedruckt und im Presswerk.

Time For Metal / Jürgen S.
Dann mache es doch einfach händisch.

Andi The Wicked
Ja genau, ich streiche es mit Tipp-Ex durch und überschreibe es (lacht). Also zurück zur ursprünglichen Frage. Man muss schauen, dass man über so eine Albumdistanz halt abwechslungsreich bleibt. Deswegen habe ich mich dieser verschiedenen Stile bedient. Es geht los mit einer eher rockigen Nummer, dann kommt eine Powerballade, die sich zu einem harten Metalsong auswächst. Der Titelsong, das ist eine reine Metalnummer. Interlude (oder eben dein Prelude) und das besagte Four Chapters ist so der epische Bereich. Classical Part Act II ist der klassische Bereich, der abgedeckt wird. Dann der bluesige Part und das große Finale ist eine reine Metalnummer mit Einschlag zum Asiatischen. Der Drummer Jan Hinz hat es Pokemon Song genannt, weil es ihn daran erinnert hat. Der Bonussong ist eine Livenummer vom Masters Of Underground DVD Recording. Das war die Idee vom Jan Müller (Labelchef von ACFM Records), der es mit drauf haben wollte. Also die Vielfältigkeit ist auf jeden Fall gegeben. Die Platte wird bestimmt nicht langweilig.

Time For Metal / Jürgen S.
Als letzten Song hast du sogar mit Drunk And Dirty Guitar Solo Live noch ein Livesolo auf der Platte. Mitgeschnitten auf dem legendären Masters Of The Underground, an dem du mit Steelpreacher live vertreten warst. Überhaupt Steelpreacher, auch das letztjährige 20 Jahre Steelpreacher Festival dürfte in die Geschichte des Metal Underground in unserer Region eingehen. Was bedeutet es für dich, Teil dieser Band zu sein?

Andi The Wicked
Das 20 Jahre Steelpreacher Festival war der beste Abend des letzten Jahres!!! Eins der schönsten Konzerte, die ich je gespielt habe. Es ist großartig, Teil von Steelpreacher zu sein. Das hätte ich mir besser nicht vorstellen könne. Lange bevor ich als Bandmitglied eingestiegen bin, war ich bereits Fan von Steelpreacher. Ich mag deren Stil, diese sympathischen Jungs. Diesen rohen Rock ’n‘ Roll. Das ist ehrlich, nichts ist da aufgesetzt, die sind authentisch. Das Beste, was mir passiert ist, da mit reinzurutschen. Wir sind befreundet. Das Solo von mir war dann einfach nur als Verschnaufpause für die anderen drei gedacht, damit der Jens auch noch mal durchschnaufen konnte. Das haben wir seitdem auch nicht mehr so gemacht.

Time For Metal / Jürgen S.
Wie bist du persönlich zum Gitarrenspiel gekommen. Hast du klassischen Gitarrenunterricht gehabt?

Andi The Wicked
Ja, kurz. Angefangen habe ich im Alter von sieben Jahren mit dem Klavierspielen. Mit dreizehn Jahren habe ich dann zur Gitarre gegriffen, das kam über eine Schul-AG. Also so kurz vor der Pubertät, wo dann Frauen und Heavy Metal interessant wurden. So kam das dann. Ich habe ein paar Seminare besucht. Habe da großartigen Leuten auf die Finger schauen dürfen, habe auch von denen gelernt. Ursprünglich komme ich vom Klavier und der Tontechnik, von der Gitarre her eigentlich weniger. Bin dann aber auf der Gitarre hängen geblieben.

Time For Metal / Jürgen S.
Klavier kannst du noch? Hast du auch eins zu Hause?

Andi The Wicked
Ja, kann ich noch, man sollte aber auch dran bleiben und ja, ich habe eins zu Hause.

Time For Metal / Jürgen S.
Deine Stücke entstehen aber nicht am Klavier?

Andi The Wicked
Nein, das ist, glaube ich, schwierig, das auf Klavier zu bringen und umgekehrt. Ich müsste es aber mal ausprobieren, vlt. das nächste Mal.

Time For Metal / Jürgen S.
Lieben Dank, Andi, für dieses Interview und ich hoffe demnächst wieder auf der Bühne in nicht allzu langer Zeit!

Andi The Wicked
Jürgen, ich bedanke mich auch. Es ist immer wieder eine Freude.