Foto: Lori Linstruth

Interview mit Arjen Lucassen von Star One und Ayreon

Der Mastermind sprach über das neue Star One-Album, großartige Sänger, Kindheitshelden und ein magisches Stück des "Regenbogens"

Artist: Arjen Lucassen’s Star One

Herkunft: Niederlande, International

Genre: Progressive Metal, Power Metal

Label: InsideOut Music

Link: https://www.arjenlucassen.com

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre, Bass und Keyboard – Arjen Lucassen
Backgroundgesang – Marcela Bovio
Backgroundgesang – Irene Jansen
Solina Strings – Erik van Ittersum
Schlagzeug – Ed Warby

Foto: Lori Linstruth

Deutsche Übersetzung. HIER geht es zum englischen Original-Interview.

Wir haben einen gut gelaunten Arjen Lucassen im Videochat erwischt, und er hat über die großartigen Sänger auf dem kürzlich erschienenen Star One-Album Revel In Time gesprochen. Auch seine anderen Projekte wie Ayreon oder The Gentle Storm werden nicht ausgelassen. Ebenso wie Dio, Blackmore und Dickinson.

Time For Metal / Florian W.:
Zunächst einmal ist es toll, ein Interview mit dir zu führen. Ich bin ein großer Fan. Du hast meine Rezension gelesen, das war schön zu sehen.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Ja, klasse. Das habe ich, und ich mag es, wenn jeder Song hervorgehoben wird. Es war sehr detailliert.

Time For Metal / Florian W.:
Es gibt eine liebe Kollegin bei Time For Metal, die alle Reviews etc. kontrolliert und ich schreibe immer zu viel, sagt sie. ?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
[lacht] Ich schreibe auch zu viel. Meine Alben sind auch zu lang.

Time For Metal / Florian W.:
Du bist der nächste Teil meiner „Sammlung“ von Interviews mit alten Hippies. Letztes Jahr hatte ich ein Interview mit Roine Stolt.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Ja, er ist auch ein alter Hippie und ein netter Kerl.

Time For Metal / Florian W.:
Gibt es einen Musiker, mit dem du schon immer mal zusammenarbeiten wolltest? Mit dem es zeitlich nicht geklappt hat oder der gar nicht mehr am Leben ist?

Star One / Arjen Lucassen:
Wie viele willst du denn, es sind Hunderte. [lacht] Ich kann dir die ersten fünf nennen. Nicht mehr am Leben, das wäre Dio. Ich habe ihn getroffen, er war interessiert und er kannte und mochte Ayreon. Ich bekam seine E-Mail-Adresse, diodude@aol.com (LOL ?). Aber leider ist es nie dazu gekommen. Robert Plant, Ian Gillan. Die großen Helden, mit denen ich aufgewachsen bin. Auch Paul McCartney. Gitarristen wie Ritchie Blackmore, Brian May, Steve Vai … oh warte mal, ich habe Steve Vai auf dem Album [lacht]. Die Liste ist endlos. Kate Bush, Ian Anderson, Geddy Lee usw. All die großen Helden.

Time For Metal / Florian W.:
Du hast mit so vielen großartigen Musikern zusammengearbeitet. Aber dieses Mal hast du Rockstar-Bingo gespielt. Steve Vai, Bumblefoot, Jeff Scott Soto, Joe Lynn Turner. Was hat dich dazu bewogen?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Meine Wurzeln liegen in der Rockmusik. Ich wurde 1960 geboren. In den 60er-Jahren wuchs ich mit den Beatles, den Kinks, T. Rex und all diesem Zeug auf. Dann kam die ganze Glam-Rock-Zeit mit The Sweet, Alice Cooper und David Bowie. Dann entdeckte ich Prog und Hard Rock. Ich spreche von UFO, Deep Purple, Uriah Heep und diesen Bands. Die Prog-Bands wie Pink Floyd, Jethro Tull, Emerson, Lake And Palmer. Dort liegen meine Wurzeln. Meine Musik ist eine Kombination aus meinen Hardrock-Wurzeln und meinem Gitarrensound, der ziemlich Metal-lastig ist. Er ist härter als der der Bands in den 70er-Jahren. Ich liebe es, diese beiden Welten zu kombinieren. Ich liebe das alte Hard Rock-Feeling mit Hammond, Synthesizern und melodischeren Sachen, kombiniert mit ziemlich schweren und aggressiven Gitarrensounds. Aber ich bin kein Fan von aggressiver Musik. Ich mag Aggressionen überhaupt nicht! (imitiert Growling und Shredding) Das ist nicht mein Ding. Wäre ich dreißig Jahre später geboren worden, hätte es mir vielleicht gefallen. Ich mag epische Musik. Ich mag Stargazer von Rainbow. Wenn ich nach Sängern suche, dann suche ich nach melodischen und epischen Sängern mit Power, nicht nach Aggression. Manchmal brauche ich Aggressionen, wie Devin Townsend, der sich die Seele aus dem Leib schreit. Vielleicht Mikael Åkerfeldt, der growlt, oder sogar auf dem letzten Album Dan Swanö, der growlt. Manchmal ist das gut, aber nicht für ein ganzes Album.

Foto: Lori Linstruth

Time For Metal / Florian W.:
Das ist genau die Richtung, in die meine Frage geht. Du erwähnst immer, dass Star One die Metal-Seite von Ayreon ist, aber die Sänger sind eher die klassischen Hard Rock Typen. Aber sie haben einen tollen Job gemacht. Einer meiner Favoriten auf der Platte ist Jeff Scott Soto in Back From The Past.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Oh ja. Es ist so toll, endlich mit ihm zu arbeiten. Er stand schon seit Jahren auf meiner Liste, aber ich hatte nicht den richtigen Song. Dieses Mal habe ich ein Interview mit Jeff in einem griechischen Magazin gesehen und sie fragten ihn: „Kennst du Ayreon und warum warst du noch nie auf einer Platte?“. Er antwortete: „Coole Musik, aber er hat mich nie gefragt, ich weiß nicht, warum und wieso er so lange gebraucht hat.“ [lacht] Als ich das sah, rief ich sofort bei den griechischen Jungs an und fragte nach seiner Nummer. Als ich ihn kontaktierte, sagte er wieder: „Warum hast du so lange gebraucht?“ und „Klar bin ich dabei“. Er ist so ein netter Kerl. Ihm gefiel das ganze Album und das Artwork. Ein wirklich angenehmer Charakter.

Time For Metal / Florian W.:
Das ist schön zu hören. Wenn du eine Stimme für einen neuen Song im Kopf hast und denjenigen kontaktierst, ist das schlimmste, was passieren kann, eine Antwort wie: „Wer bist du und was willst du von mir?“

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Das ist furchtbar und es passiert. Wenn ich große Namen wie David Gilmour fragte, sagte er: „Wer bist du?“ Dann ist es schwer, sie zu überzeugen. Glücklicherweise bin ich im Laufe der Jahre etwas bekannter geworden (Anm. d. Verf.: Untertreibung des Jahrhunderts!) und die Leute lesen über mich in Magazinen oder so. Die meisten Leute in meinem Genre kennen mich. Wenn ich Leute außerhalb meines Genres suche, zum Beispiel den Sänger von Sparks, würde ich ihn nicht bekommen. Es ist schwer, die Leute zu überzeugen, wenn sie mich nicht kennen.

Time For Metal / Florian W.:
Umso schöner ist es, dass ein Typ wie Jeff Scott Soto Ayreon kennt und mit dir arbeiten wollte?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Die meisten dieser Leute haben von mir gehört. Diejenigen, die mich nicht kannten, wie Joe Lynn Turner haben mich gegoogelt. Und sie waren beeindruckt, dass ich mit Bruce Dickinson und James LaBrie gearbeitet habe. Das hilft, dass ich mit einigen der großen Namen arbeiten kann. Es ist eine Art Sucht, mit den Helden deiner Kindheit zu arbeiten. Als Number Of The Beast herauskam, dachte ich nur „Yes!“. Ich war schon ein Fan, als Bruce in Samson sang. Als ich ihn in MEINEM Studio hatte und er MEINEN Song sang, war das das ultimative Kompliment für mich.

Time For Metal / Florian W.:
Wenn wir über all die Stars auf dem neuen Album sprechen … meiner Meinung nach, wenn man die Filme und die meisten Musiker weglässt, hast du mit Revel In Time immer noch ein großartiges Metal-Album. Eine willkommene Abwechslung in deiner progressiven „Opernroutine“?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Es ist wie Dampf ablassen. Besonders nach dem letzten Ayreon-Album Transitus. Es war so kompliziert, mit so vielen Layern und so vielen verschiedenen Instrumenten. Die meisten Songs basieren nicht einmal auf der Gitarre, sondern auf Keyboard-Riffs oder seltsamen Melodien und Sounds. Es ist großartig, die Gitarre anzuschließen und einfach nur Riffs zu spielen, die einfach und unkompliziert sind. Ich bin damit aufgewachsen, als ich in den 70er-Jahren anfing, UFO-Cover zu spielen. Riff-orientierte Hard Rock Musik liegt mir im Blut. Es macht Spaß, das zu machen, aber ein Ayreon-Album macht genauso viel Spaß, weil es eine Herausforderung ist, und ich bin immer auf der Suche nach Herausforderungen.

Time For Metal / Florian W.:
Wenn wir zu Star One zurückkehren und du so viel Spaß daran hast, ein „Nicht-Prog-Oper-Ding“ zu machen. Das letzte Album ist ja schon 12 Jahre her. Warum hat das so lange gedauert?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Ich mag so viele Musikstile, nicht nur Prog, Hard Rock und Metal. Ich mag auch Folk, was ich mit The Gentle Storm und Anneke van Giersbergen (The Diary, 2015) gemacht habe. Das musste auch mal raus aus meinem System. Ich bin damit aufgewachsen, elektronische Musik wie Tangerine Dream, Kraftwerk und Klaus Schulze zu hören. Also musste auch das Ambeon-Projekt (Fate Of A Dreamer, 2001) aus meiner Schatzkiste befreit werden. Ich liebe die 60er-Jahre Beatles-Sachen, das hört man auch auf meinem Soloalbum (Lost In The New Real, 2012). Auf diesem Album konnte ich ganz andere Musik machen, nicht Prog oder Metal. Ayreon ist das Mutterschiff und vereint alle Musikstile. Ab und zu nehme ich einen dieser Stile heraus und das war’s. Star One ist das einzige Projekt, das ein paar Erfolge hatte. All die anderen Sachen, die ich gemacht habe, wie Guilt Machine, Gentle Storm, Ambeon und Stream Of Passion, hatten immer nur ein Album. Star One wird immer weitergeführt. Wenn ich noch zehn Jahre warte, bin ich 72 und ich bin mir nicht sicher, wie viel Headbanger ich dann noch bin ?.

Time For Metal / Florian W.:
Du hast mit der richtigen Wahl und Sängern wie Russell Allen damals auf dem ersten Star One-Album (Space Metal, 2002) angefangen.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Wie du vielleicht irgendwo gehört oder gelesen hast (Anm. d. Verf.: Nö!), sollte es ein Bruce Dickinson-Soloalbum werden, aber die Dinge liefen furchtbar schief. Wir haben zusammen daran gearbeitet, ich habe 12 Songs geschrieben und er hat angefangen, Texte zu schreiben. Dann habe ich angefangen, im Internet darüber zu reden. Es waren die ersten Tage des Internets und ich hatte keine Ahnung, wie schnell sich die Nachricht verbreiten würde. Aber das tat sie, und am nächsten Tag erfuhr sein Manager Rob Smallwood davon und sagte das ganze Projekt ab. Es war als Soloalbum mit Bruce geplant, ich hatte die Songs und fing an zu überlegen, was ich machen sollte. Es war zu hart für Ayreon und so wurde Star One geboren. Es begann damit, dass ich die besten Sänger fragte, die auch meine Freunde sind. Das brachte mich zu Russell Allen, Floor Jansen, Damian Wilson und Dan Swanö.

Time For Metal / Florian W.:
Ich finde es gut, so wie es herausgekommen ist. Obwohl ich nie einen Vergleich zu dem geplanten Album mit Bruce haben werde. Es gibt so viele Sänger, warum nur mit einem arbeiten?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Im Endeffekt ist es gut. Das ist wahr, und so kann ich die Ratespiele auf Facebook machen [lacht]. Je mehr Sänger ich habe, desto mehr Spaß macht es.

Time For Metal / Florian W.:
Nur um eines deiner Projekte hervorzuheben: Ich habe The Gentle Storm auf dem Rockharz Festival gesehen, das fast in meiner Nachbarschaft ist, und es hat so viel Spaß gemacht. Ich liebe Anneke und sie hat mir Freudentränen in die Augen getrieben.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Schön zu hören. Anneke ist die Beste. Sie hatten eine tolle Band zusammen.

Time For Metal / Florian W.:
Lass uns bei Konzerten bleiben: Im Jahr 2019 warst du Teil eines meiner besten Konzert-Roadtrips. Zuerst bin ich mit meinem Kumpel in die Hamburger St. Pauli-Gegend gefahren, um eine deutsche Band zu sehen. Dann haben wir sehr wenig geschlafen und viel gefeiert und sind am nächsten Tag nach Tilburg gefahren, um die Electric Castle Liveshow zu sehen. Das war unglaublich. Hast du jemals eine Konzertreise gemacht, die du nie vergessen wirst?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Ich bin sehr stolz auf die Liveshows zu Electric Castle. Für meine eigene Erfahrung gehe ich wieder zurück zu Rainbow mit Ritchie Blackmore, Ronnie James Dio und Cozy Powell. Diese Show werde ich nie vergessen. Es muss 1975 oder 1976 gewesen sein. Ritchie zerbrach seine Gitarre, wie er es immer tat, sie flog über meinen Kopf, denn er warf sie ins Publikum. Ein kleiner Kerl fing sie auf, und alle stürzten sich auf diesen Jungen und kämpften. Ich trug einen riesigen Pelzmantel und bekam ein großes Stück der Gitarre ab. Dann habe ich sie unter meinen Mantel gesteckt und niemand hat es gesehen. Wir waren fünf Jungs bei dem Konzert. Wir gingen zurück in den Bus und alle waren am Feiern. Einer sagte: „Ich glaube, ich habe einen Gitarrensplitter in meinem Finger.“ Dann öffnete ich meinen Mantel und sagte: „Also Leute, ich habe das hier.“ [lacht] Diesen Tag werde ich nie vergessen. Das Teil steht in meinem Schlafzimmer, ich kann es jede Nacht sehen.

Time For Metal / Florian W.:
Die Leser von Time For Metal haben kürzlich für das Album des Jahres 2021 gestimmt. Gab es im letzten Jahr ein Album, das dich begeistert hat?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Ich habe keine Ahnung. Es ist schrecklich und ich hatte immer Angst, dass ich nur Musik als Musiker hören könnte. In den 70er/80er Jahren habe ich Musik als Fan gehört. Heutzutage könnte ich Musik nicht mehr als Fan hören. Ich weiß zu viel darüber. Wenn ich eine Produktion höre, denke ich immer: „Oh, die Kickdrum klingt nicht gut oder der Gesang ist nicht richtig getroffen.“ Es ist schwer für mich, mir neue Sachen anzuhören. Ich höre mir fast alles an, ich schätze die Sachen, aber ich höre sie mir nicht öfter als ein- oder zweimal an. Jeden Tag versuche ich, neue Sachen zu entdecken, und wenn sie mir gefallen, nehme ich Kontakt zu den Sängern auf. Meistens sind es Sänger und Sängerinnen. Zum Beispiel Brittney Slayes von Unleash The Archers. Das ist eine tolle Band, aber das ist nicht das, was ich normalerweise höre. Aber ihre Stimme fasziniert mich. (Anm. d. Verf.: Sie hat einen verdammt guten Job in Fate Of Man gemacht).

Time For Metal / Florian W.:
Es ist irgendwie traurig, dass du den „Musikerknopf“ in deinem Kopf nicht abschalten kannst.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Ich kann es mit Musik machen, die nicht so nah an meiner ist. Ich kann Folk-Musik oder Singer-Songwriter genießen. Es ist unmöglich, wenn es in die Nähe meines Territoriums kommt.

Time For Metal / Florian W.:
Hörst du dir deine Musik an, wenn du sie nicht gerade produzierst? Genießt du deine eigene Musik?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Es klingt arrogant, aber das tue ich. [lacht] Wenn man auf YouTube ist, haben sie immer die Vorschläge auf der Seite und manchmal sind meine eigenen Sachen dabei. Dann schaue ich es mir an und schaue, ob es mir noch gefällt. Meistens bin ich stolz darauf. Wenn ich einen kleinen Teil der Show sehe, bei der du warst (Electric Castle) oder Ayreon Universe, dann bin ich ziemlich stolz darauf. Manchmal höre ich Sachen aus der Zeit vor Ayreon wie Vengeance (Anm. d. Verf.: Arjens Band aus den 80ern) und denke: „Oh mein Gott, vielleicht war es in den 80ern cool, aber es hat den Test der Zeit nicht überstanden.“ ?

Time For Metal / Florian W.:
Ich muss diese Frage immer stellen, weil viele Musiker ihre alten Sachen nicht mehr hören können, wie zum Beispiel Tobias Sammet, der auch bei Ayreon war. Er kann die alten Edguy-Sachen nicht ausstehen.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Aber nicht Avantasia, denke ich (Anm. d. Verf.: Vermutlich nicht). Weißt du, warum? Wenn man in einer Band ist, muss man Zugeständnisse machen. Deshalb mag ich auch keine Musik bevor Ayreon. Bei Ayreon muss ich keine Zugeständnisse machen, das bin alles ich. Wenn man in einer Band ist, in der der Schlagzeuger Rush mag, der Sänger Bon Scott und der Gitarrist Judas Priest, dann versucht man, es den Bandmitgliedern und der Plattenfirma recht zu machen. Aber nicht sich selbst. Ich blicke auf meine Bandtage zurück, wie Tobias es tut. Wenn ich den Sänger höre: „I saw a beautiful blonde and a pretty brunette, I said hey come on girls, let’s get wet“ (VengeanceRock ’n Roll Shower) – was habe ich mir dabei gedacht? Aber es hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin.

Time For Metal / Florian W.:
Zurück zu Revel In Time: Wenn du ein Charakter aus einem Film oder einer Serie sein könntest, welcher wäre es und warum?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Die meisten Figuren auf dem Album haben kein gutes Leben. Ich würde nicht Jake Gyllenhaal in Donnie Darko sein wollen, denn das wäre ziemlich beschissen. Oder Bill Murray in Und Täglich Grüßt Das Murmeltier, im selben Tag festzustecken klingt ziemlich heftig. [lacht] Vielleicht möchte ich Matthew McConaughey in Interstellar sein, zu den Sternen reisen, das wäre mein Ding. [lacht]

Time For Metal / Florian W.:
Source Code war eine gute Wahl, weil ich denke, dass es ein unterschätzter Film ist.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Das stimmt. Ich habe ihn mir noch einmal angesehen und ich erinnere mich, dass wir zehn Filme vorbereitet hatten und ich dachte nicht, dass ich ihn mögen würde. Ich dachte, es wäre wieder so ein Hollywood-Blockbuster-Actionfilm, den ich nicht mag. Von diesen zehn Filmen hat er mir am besten gefallen. Als ich an der Sache mit der Zeit-Thematik gearbeitet habe, habe ich mir Source Code noch einmal angesehen und mochte ihn sogar noch mehr.

Time For Metal / Florian W.:
Meine Kumpels und ich müssen uns die Filme auch wieder ansehen. Primer vielleicht zum ersten Mal.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Primer? Ich habe versucht, ihn zu sehen und bin nicht bis zum Ende gekommen. Michael Mills hat den Text geschrieben, ich habe zweimal versucht, ihn zu sehen, aber er war so kompliziert und kryptisch, dass ich nicht wach bleiben konnte.

Foto: Lori Linstruth

Time For Metal / Florian W.:
Was bringt die Zukunft eurer Musik? Ist sie voll mit Ayreon oder einem weiteren Star One-Album oder gar einem ganz neuen Projekt?

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Normalerweise arbeite ich so, dass ich Ideen sammle, sie alle auf mein Handy speichere und zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung habe, was es werden soll. Wenn ich entscheide, dass es dieses oder jenes Projekt wird, würde ich mich selbst einschränken. Ich lasse die Ideen einfach fließen, und irgendwann habe ich etwa 50 kleine Ideen auf meinem Kassettenrekorder. Aber der Player ist kaputt, also muss ich mein Telefon benutzen, was beängstigend ist, da ich es verlieren könnte. Danach entwickelt sich langsam ein Konzept. Vielleicht für Ayreon, Star One oder ein Soloalbum. Zum jetzigen Zeitpunkt sammle ich nur Ideen und weiß noch nicht, was es werden wird.

Time For Metal / Florian W.:
Vielen Dank für die Beantwortung all meiner Fragen und für deine Zeit. Es ist mir eine Ehre, einen meiner Helden zu interviewen. Die Person, die man auf den Videos oder auf der Bühne sehen kann, ist definitiv Arjen. Du hast so sympathisch geantwortet, wie ich es von dir erwartet habe.

Star One und Ayreon / Arjen Lucassen:
Es ist gut, wenn man einfach man selbst sein kann. In den ersten 30 Jahren meines Lebens war ich nicht ich selbst. Ich habe zu viele Zugeständnisse gemacht und war anders als die anderen. Irgendwann wollte ich Musik machen, die mir gefällt, und unabhängig werden. Dann kann ich ich selbst sein und habe nichts zu verbergen. Das geschah im Alter von 35 Jahren. Davor war ich kein netter Kerl und ziemlich schwierig, wenn ich meinen Willen nicht durchsetzen konnte. [lacht] Danke für das Gespräch, Florian, es war mir ein Vergnügen.