Arjen Lucassen’s Star One – Revel In Time

Filmabend mit dem alten Hippie und einer ordentlichen Portion Metal

Artist: Arjen Lucassen’s Star One

Herkunft: Niederlande, International

Album: Revel In Time

Spiellänge: 66:42 Minuten

Genre: Progressive Metal, Power Metal

Release: 18.02.2022

Label: InsideOut Music

Link: https://www.arjenlucassen.com

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre, Bass und Keyboard – Arjen Lucassen
Backgroundgesang – Marcela Bovio
Backgroundgesang – Irene Jansen
Solina Strings – Erik van Ittersum
Schlagzeug – Ed Warby

Tracklist:

  1. Fate Of Man
  2. 28 Days (Till The End Of Time)
  3. Prescient
  4. Back From The Past
  5. Revel In Time
  6. The Year Of ’41
  7. Bridge Of Life
  8. Today Is Yesterday
  9. A Hand On The Clock
  10. Beyond The Edge Of It All
  11. Lost Children Of The Universe

The old hippie is back! Nachdem der holländische Mastermind Arjen Lucassen mit seinem Hauptprojekt Ayreon im Jahr 2020 sein zehntes, eher als Musical aufgebautes Album Transitus veröffentlichte, widmet er sich mit dem neuesten Werk mal wieder dem Metal. Neben anderen Sideprojects wie Ambeon, Stream Of Passion, Guilt Machine und The Gentle Storm, die teilweise gemäßigtere Klänge umfassten, ist nach 12 Jahren wieder Metal in Form von Star One an der Reihe. Das neue Album nennt sich Revel In Time und ist mit Stars der Metal- und Rockszene gespickt. Nach Space Metal (2002) und Victims Of The Modern Age (2010) handelt es sich also um den dritten Streich von Mister Arjen Anthony Lucassen. Neben der bereits erwähnten illustren Schar an Sängern und Musikern, wie man sie auch von Ayreon kennt, hat Arjen auch alte Bekannte um sich versammelt. Da wäre zum einen Drummer Ed Warby, der neben diversen Ayreon-Alben auch die ersten Outputs von Star One eintrommelte und auf der anderen Seite die Wunderstimmen von Irene Jansen und Marcela Bovio. Das Talent der Mexikanerin Marcela Bovio ist vor Jahren durch einen Aufruf von Arjen entdeckt worden, was beweist, dass er nicht nur mit etablierten Künstlern der Szene arbeiten kann.

Die elf Songs auf Revel In Time handeln von den Lieblingsfilmen des Tausendsassas zum Thema „Manipulation der Zeit“. Schon auf den ersten beiden Star OneAlben befasste er sich mit Sci-Fi bzw. dystopischen Filmen. Der Titel setzt sich aus „Travel in Time“ und dem Blade Runner-Zitat „Revel in your time“ zusammen. Das Cover stammt, wie fast zu erwarten war, von Jef Bertels, dem langjährigen Weggefährten Arjens. Im Gegensatz zu Ayreon kommt pro Titel ein Hauptsänger bzw. eine Sängerin zum Zuge. Das Konzept schreit förmlich nach einem Track by Track, bei dem ihr auch gleich die Künstler und Filme des Albums erfahrt. Auf die wunderbaren Gastmusiker gehe ich selbstredend auch ein. Auch spannend ist die zweite CD, auf der dieselben Stücke mit anderen Sängern eingespielt wurden. Let’s do this!

Fate Of Man – (Brittney Slayes, Unleash The Archers)

Mit dem Opener Fate Of Man beweist Arjen gleich mal, dass er es mit der „Metal-Seite“ ernst meint. Amtliches Brett, bei dem die Stimme von Brittney Slayes für die nötige Energie sorgt. Die Frontfrau der kanadischen Power-Metal-Band Unleash The Archers haut hier zu Beginn richtig was raus. Die Keyboards sind typisch in Arjens Multiversum, obwohl sein Partner in Crime Joost van den Broek dieses Mal nicht so viel Anteil daran hat. Das Feeling zum titelgebenden Film Terminator bekomme ich nicht, stattdessen fühle ich mich zum Space Metal-Opener Set Your Controls zurückversetzt. So oder so, ein perfekter Einstand zur Rückkehr von Star One.

28 Days (Till The End Of Time) – (Russell Allen, Symphony X)

Passend zu Richard Kellys „Weirdo Mindfuck Movie“ Donnie Darko aus dem Jahr 2001 wird es in 28 Days deutlich düsterer. Der Protagonist ist Russell Allen, der bisher auf allen Star One-Alben zu hören war. Seine garstige Stimme ergänzt perfekt die tiefergelegten Riffs und untermalt das unheilvolle Szenario. Zwischendurch serviert Arjen lässige Bassläufe auf dem Silbertablett. Was kann der Mann eigentlich nicht?

Prescient – (Michael Mills, Toehider und Ross Jennings, Haken)

Ich kann mir nicht helfen, aber da die hohe Stimme von Haken-Frontmann Ross Jennings zu hören ist, muss ich auch gleich an seinen Hauptarbeitgeber denken. Der Low-Budget-Film Primer präsentiert die Bühne für einen irgendwie verrückten Song. Sind die Sci-Fi-Synthesizer zu Beginn noch sehr vertraut, schlägt die Stimmung ab der Hälfte um. Schlecht in Worte zu fassen, was da passiert, mir gefällt es auf jeden Fall. Die ruhigen Passagen sorgen gekonnt für Abwechslung.

Back From The Past – (Jeff Scott Soto, Sons Of Apollo)

Hey McFly! Pass gefälligst auf, Zurück In Die Zukunft ist dran. Zugegeben, die Musik auf Revel In Time ist schon etwas für Geeks. Da nehme ich mich nicht aus. Wie ein Kumpel neulich sagte: „Man muss die Filme des Albums alle mal (wieder) anschauen.“ Back From The Past ist nach dem Opener der Song, der mich auf Anhieb abgeholt hat. Das liegt nicht zuletzt an der geilen Röhre von ex-Journey-Sänger Jeff Scott Soto. Sein Bandkollege bei Sons Of Apollo, Ron „Bumblefoot“ Thal, darf ein Gitarrensolo durch die dominierenden Keyboards drücken. Neben all dem Testosteron liefern allerdings die beiden bereits erwähnten Damen eine Meisterleistung für die Backingvocals ab und setzen dem musikalischen Wahnsinn die Krone auf.

Revel In Time – (Brandon Yeagley, Crobot)

Der Titelsong tritt mit dem fettesten Groove des neuen Albums auf den Plan. Dazu passt die Stimme der US-Hard-Rocker Crobot, Brandon Yeagley, hervorragend. Der Refrain fräst sich wunderbar durch die Schädeldecke und richtet sich demnächst gemütlich in meinem Langzeitgedächtnis ein.

Foto: Lori Linstruth

The Year Of ’41 – (Joe Lynn Turner, ex-Deep Purple, Rainbow)

Noch so eine Rocklegende. Da hat sich der alte Hippie Arjen wohl einen Jugendtraum erfüllt und spielt Kind im Süßwarenladen. Joe Lynn Turner deckt mit Rainbow, Purple und Yngwie J. Malmsteen’s Rising Force mal eben eine ganze Generation des Rock ab. Trotz seiner genialen Stimme zündet die Nummer zum Sci-Fi-Streifen Der Letzte Countdown bei mir am wenigsten auf Revel In Time. Vielleicht braucht er noch eine Weile.

Bridge Of Life – (Damian Wilson, ex-Threshold)

2019 konnte ich mir gleich zwei Musiknerd-Träume erfüllen. Zum einen durfte ich eines der seltenen Ayreon-Konzerte in den Niederlanden bestaunen, zum anderen versüßte mir kein Geringerer als Damian Wilson die Zeit in der Warteschlange – Foto inklusive. Sein Gesangsstil hat mich schon immer fasziniert und Arjen ist „schuld“, dass ich Wilson überhaupt so abfeiere. Diese Tatsache wird durch das atmosphärische Bridge Of Life noch untermauert.

Today Is Yesterday – (Dan Swanö, ex-Edge Of Sanity)

Produzenten-Legende Dan Swanö gehört wie Wilson und Allen schon zum Inventar von Star One. Passend zu Swanös Vergangenheit in härteren Gefilden des Metal, haut mir das Stück zu Bill Murrays Kultfilm ein paar satte Riffs um die Ohren. Mit Swanös Gesang werde ich in diesem Leben allerdings nicht mehr warm – Und täglich grüßt das Murmeltier ist halt unmissverständlich. Dagegen machen die abgefahrenen Moog-Einspieler von Lisa Bella Donna so viel her, dass ich gerne über den Gesang hinwegsehe.

A Hand On The Clock (Floor Jansen, Nightwish)

Es kann kein Zufall sein, dass meine drei Lieblingsstücke auf Revel In Time auch meine drei Lieblingsfilme der Platte thematisieren. Neben Terminator und Zurück In Die Zukunft ist es der etwas unterbewerte Film Source Code mit Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal aus dem Jahr 2011, der in A Hand On The Clock das Thema bildet. Wiedervereinigung par excellence: Die unvergleichliche Floor Jansen am Mikro und der nicht minder geniale Joost van den Broek an der Hammond-Orgel. Wie einst bei After Forever. Traumduo, Traumsong. Hört euch nur diesen Refrain oder Floors Schrei bei Minute 5:40 an.

Beyond The Edge Of It All – (John Jaycee Cuijpers, Praying Mantis)

Legenden-Alarm ist auch bei Beyond The Edge Of It All angesagt. John Jaycee Cuijpers singt seit einigen Jahren bei der NWOBHM-Band Praying Mantis und macht seinen Job hier ebenfalls hervorragend.

Lost Children Of The Universe – (Roy Khan, Conception, ex-Kamelot)

Nachdem sich alle Songs bis hierhin eher mit der Spielzeit zurückgehalten haben, gibt es zum Abschluss noch den obligatorischen Longtrack. Lost Children Of The Universe thematisiert mit Interstellar den aktuellsten Film auf Revel In Time. Intoniert wird er von Roy Khan, den ich bei Kamelot vermisse und dem Hellscore Choir, der u. a. schon auf Alben von Therion, Orphaned Land und auch auf Transitus zu hören war. Als wären die ganzen Superlative noch nicht genug, sorgt kein Geringerer als Steve Vai mit einem atemberaubenden Gitarrensolo für den Schlusspunkt.

Arjen Lucassen’s Star One – Revel In Time
Fazit
Für CD2 war leider kein Platz mehr in meiner Rezension, aber auch mit den regulären elf Songs auf Revel In Time hat Arjen mal wieder alles richtig gemacht. Die Sänger und Instrumentalisten spielen gekonnt nach Anleitung des Genies. Nachdem mich das letzte Ayreon-Album Transitus nicht so sehr begeistern konnte, holt mir das Raumschiff Star One wieder die Sterne vom Himmel.

Anspieltipps: Fate Of Man, Back From The Past und A Hand On The Clock
Florian W.
9
Leser Bewertung3 Bewertungen
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