Photo by Kyrhian Balmelli

Interview mit Fella und Luca der Band Dreamshade

Offene Worte aus der verschneiten Schweiz

Artist: Dreamshade

Herkunft: Lugano, Schweiz

Genre: Modern Metal, Melodic Metalcore

Links: https://dreamshade.ch

Bandmitglieder:

Gesang – Kevin Cali
Gitarre – Fernando „Fella“ Di Cicco
Gitarre – Rocco Ghielmini
Bass – Gian-Andrea Costa
Schlagzeug – Francesco “Fry” Ferrini

Photo by Kyrhian Balmelli

Time For Metal / Kai R.:
Hey Jungs,
ich möchte mich erst mal dafür bedanken, dass ihr euch die Zeit nehmt für dieses Interview. Aber erst mal – wie geht es euch eigentlich?

Dreamshade / Luca:
Hey ja danke, dass wir die Möglichkeit bekommen haben. Uns geht es soweit gut. Es war ein hartes Jahr, doch wir sind gesund geblieben und haben die Zeit genutzt, um uns zusammen auf die Zukunft der Band fokussieren.

Time For Metal / Kai R.:
Ich möchte mit einer echt schweren Frage starten. Was ist aus eurem Blickwinkel das beste Release des Jahres 2020?

Dreamshade / Luca:

Dreamshade / Fella:
Meine Top 3 Alben 2020 waren definitiv die folgenden, jedoch kann ich mich nicht entscheiden, welches davon die beste Platte ist:

  • Eminem – Music To Be Murdered By
  • Biffy Clyro – A Celebration Of Endings
  • Bring Me The Horizon – Post Human – Survival Horror

Time For Metal / Kai R.:
Nach der Gründung 2006 habe ich euch als die Metalcore- & Melodic Death Metal-Pioniere der Schweiz wahrgenommen. Wer oder was ist eure Quelle der Inspiration?

Dreamshade / Fella:
Melodien sind seit der Gründung des Projekts immer unser Hauptaugenmerk gewesen. Wir tun unser Bestes, um am Ende anders zu klingen als andere Metalbands aus den von dir erwähnten Subgenres. Ich habe seit meiner Kindheit zu der Band Queen aufgeschaut. Ich bewundere die Fähigkeit, unkonventionelle Songs mit majestätischen Melodien und unglaublichem Groove zu kreieren, und die allgemeine Epik ist für mich einfach etwas total Inspirierendes. Ich schätze, dass ich immer versuche, diesen Ansatz umzusetzen und in unserem eher modernen Metal zu übersetzen.

Dreamshade / Luca:
Ich lasse mich häufig von Synthesizer-Sounds, aber auch Soundtracks von Filmen inspirieren. Zusätzlich lässt sich sagen, dass wir uns von unseren Fans haben inspirieren lassen. Generell versuchen wir unser Bestes zu geben, damit unsere Musik als positiver Einfluss auf den Hörer wirkt. Jeder kann das nutzen, um einen besseren Tag zu haben oder um Licht in eine dunkle Zeit zu bringen.

Time For Metal / Kai R.:
Mit dem Song Lightbringers habt ihr jüngst die erste Single zu eurem kommenden Album A Pale Blue Dot veröffentlicht. Bei dem Lied habt ihr (wie üblich) eine ordentliche Balance zwischen Hart und Soft gewählt. Wie schreibt ihr solche Songs? Braucht ihr dazu ein spezielles Set-up, um auf diese Weise kreativ zu sein?

Dreamshade / Fella:
Als Set-up ist bei uns der freie Geist. Zuallererst muss man gute Riffs auf Lager haben, um diese Art von Liedern zu kreieren. Dann darf man sich nicht davor sträuben, Teile davon wegzuschneiden, bei denen man sich nicht ganz sicher ist. Wir glauben, dass jeder Abschnitt eines Liedes soweit optimiert werden muss, bis er sein vollstes Potenzial entfaltet. Wir wollen aber auch immer sicher sein, dass wir den Zuhörer irgendwo überraschen. Ich glaube, man muss sich darauf konzentrieren, was einen guten Song ausmacht und nicht darauf, was das Publikum von einem erwartet. Außerdem verbringen wir viel Zeit an den Texten und den Gesangsmelodien, Mustern und Stilen.

Dreamshade / Luca:
Wir schreiben einfach, was wir für interessant halten, gehen mit dem Fluss und reichern das Endergebnis mit Details an. Die Schreibsession für den Track verlief eigentlich sehr reibungslos. Als wir beschlossen, ein neues Album zu schreiben und zu veröffentlichen, schrieben Fella und ich jede Woche einen Song von Grund auf neu. Lightbringers war einer der Letzteren. Ich erinnere mich, dass Fella mir sagte, er wolle etwas machen, was mehr „proggy“ ist, aber schwer und voller Melodien bleibt! Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir schlussendlich alles noch mal von hinten aufgerollt. Da wir den Schlussteil bereits vor einer Weile geschrieben hatten, doch nicht sicher waren, ob er es so auf die Platte geschafft hätte. Abschließend wurde daraus der perfekte Schlusspart für diese Art von Track.

Time For Metal / Kai R.:
A Pale Blue Dot soll planmäßig am 5. März 2021 erscheinen – was darf ein Fan von diesem Album erwarten?

Dreamshade / Fella:
Für dieses Album haben wir aus jeder Ära der Band etwas mitgenommen. Fans, die uns bereits seit Jahren hören, können bekannte Sounds erwarten. Solche, die sie vielleicht von einem der älteren Alben von uns kennen. Doch haben wir auch komplett neue Styles ausprobiert und diese in den Dreamshade-Sound gebracht. Wir fühlten uns sehr frei, alles so zu schreiben, was für uns auf viele verschiedene Arten nach Dreamshade klang. Das Publikum erkennt unseren Sound unabhängig von Songstruktur und Musikstil. Ich glaube an die Kraft des Songschreibens und habe das Gefühl, dass unsere einen sehr guten Wiedererkennungswert haben. Außerdem war für mich persönlich die Arbeit an A Pale Blue Dot viel angenehmer, als an jeder unserer früheren Platten.

Dreamshade / Luca:
Ich denke, dass, wenn man The Gift Of Life mochte, der wird A Pale Blue Dot lieben. Es fühlte sich so an, als wäre das eine Vorlage für das neue Album gewesen. Doch diesmal haben wir alles mit ein wenig Abstand betrachtet und moderne Einflüsse mit eingearbeitet. Das sorgte am Ende dafür, dass die Produktion schön und hart zugleich wurde. Fans dürfen also „Heaviness“, tonnenweise Melodien, wirklich sehr coole Schlagzeugpassagen und reichlich tiefsinnige Texte erwarten.

Time For Metal / Kai R.:
Mit dem Coversong zu Lost In The Echo habt ihr die Band Linkin Park und insbesondere Chester Bennington geehrt. Eure Version gefällt mir sehr gut, aber warum habt ihr euch gerade für Lost In The Echo entschieden? Gibt es eine besondere Verbindung zwischen euch und diesem Lied?

Dreamshade / Fella:
Oh ja absolut! Es existiert eine starke Verbindung zu dem Song und der Band selbst. Linkin Park war eine meiner ersten Rockbands überhabt. Die Empfehlung kam von meiner Schwester, die in meiner Jugend mein persönlicher „Musical Guide“ für mich war. Ihr Talent ist einfach unbestreitbar für Fans jeder Musikrichtung, und es war von Anfang an eine meiner größten Inspirationen als Künstler. Wir covern im Allgemeinen keine Songs, und dies war für mich das erste Mal, dass ich ins Studio ging und die Texte von jemand anderem sang.

2017 war das härteste Jahr meines Lebens: Ich verlor meine Mutter durch eine schreckliche Krankheit, besuchte mit meiner Schwester eine der letzten Shows von Linkin Park in Mailand und dann starb Chester Bennington. Dies alles geschah innerhalb eines Monats. Eines Tages wurde Lost In The Echo zufällig auf meinem Spotify gespielt, und zum ersten Mal hörte ich diesen Text aus einer anderen Perspektive. Ich rannte allein ins Studio, schloss mich ein und weinte mir die verdammten Augen aus. Es war ein überwältigender Moment, das Lied kam buchstäblich zu mir und ließ mich erkennen, dass ich mich entweder in Depressionen verlieren oder stark bleiben und versuchen konnte, weiterzumachen. Ich nahm alle Verszeilen nur zu dem Zweck auf, diese Botschaft aus meinem System herauszubekommen, ohne daran zu denken, das Lied jemals zu veröffentlichen.

Als Kevin ins Studio kam und hörte, woran ich gerade arbeitete, war er von dem Feeling und der Stimmung, die ich dem Song gab, sehr beeindruckt. Er beschloss einzuspringen und alle melodischen Vocals zu covern. Meiner Meinung nach kommen diese unglaublich gut heraus. Es ist wahrscheinlich unnötig zu sagen, dass der Rest der Band sprachlos war.

Wer hätte gedacht, dass ein Tribute-Track ein so wichtiger Moment in der Bandgeschichte sein könnte?

Time For Metal / Kai R.:
Ja, das ist heftig – danke, dass du dich für uns und unsere Leser hier so öffnest! Im April 2020 habt ihr auf Spotify einen COVID-19 Supportlink eröffnet. Wie habt ihr bis heute die Krise überstanden?

Dreamshade / Luca:
Wir fühlen uns so geehrt über die Spenden der ganzen Fans. Das hat der Band stark geholfen und wir könnten nicht dankbarer sein. Das Fehlen der Konzerte dieses Jahr ist definitiv ein starker finanzieller Einschnitt. Doch zugleich haben wir die Zeit nutzen können, um das neue Album zu produzieren. Also kann man behaupten, dass das Anhalten der Welt uns half, unseren Fokus zu schärfen. Schlussendlich sind wir nun „back in business“ und wenn uns jemand aktiv unterstützen möchte, der kann sich mit unserem neuen Merch austoben oder das neue Album bereits vorbestellen.

Time For Metal / Kai R.:
Auf eurer Facebook-Seite habt ihr eure Fans bei einem „Fan Vocal Feature“ zum Song Save This um Beteiligung gebeten. Wie war die Resonanz eurer Fans?

Dreamshade / Fella:
Richtig. Der Abschlusssong beinhaltet eine spezielle Zusammenarbeit. Wir haben 517 Dreamshade-Fans aus 70 verschiedenen Ländern mobilisieren können, um zusammen „Gang Vocals“ auf diesem Track zu singen. Sie konnten ihre Aufnahme ganz einfach über unsere Band-Whatsapp-Nummer (+41 79 100 37 26) einsenden. Ein einmaliges Erlebnis und wir sind wirklich glücklich über das Ergebnis. Wir suchen aber eigentlich immer nach neuen Möglichkeiten, um eine Verbindung zu unseren Fans aufzubauen und zu intensivieren. Ach ja – alle sind somit mit auf dem Album mit vertreten!

Time For Metal / Kai R.:
Mit eurem neuen Album veröffentlicht ihr (hoffentlich) einen neuen Meilenstein in der Geschichte eurer Band. Was ist euer persönliches Highlight auf A Pale Blue Dot?

Dreamshade / Luca:
Ich war wirklich beeindruckt, wie schnell wir das Album fertig hatten. In nur fünf Monaten erarbeiteten wir sowohl den Schreibprozess, die Aufnahmen und alles so, dass wir wirklich zufrieden sind mit dem Endergebnis. Zusätzlich war es das wirklich erste Mal, dass ich persönlich aktiv im Songwriting-Prozess mit beteiligt war. Die größte Überraschung war jedoch das Mixen der Songs. Da wir aufgrund der Pandemie nicht verreisen durften, musste alles via Skype stattfinden. Da wir das Album von Jacob Hansen haben mixen lassen, war es nicht möglich, sich persönlich in Dänemark zu sehen.

Time For Metal / Kai R.:
Als letzte Frage – ich würde gerne von euch wissen, ob ihr irgendwas besonderes geplant habt für euer kommendes Release? Wie schaut es aus mit Livestreams, Minikonzert oder eine Tournee (Ende 2021)?

Dreamshade / Luca:
2021 ist noch immer ungewiss, doch wir haben bereits ein paar Ideen. Wir planen aber auf jeden Fall ein paar Shows und ganz oben auf der Liste ist aber aktuell eine Livestream Show, die 2021 stattfinden könnte. Wir schauen gerade nach, wie und was alles umsetzbar ist. Wir wollen mit unseren Fans so gut wie eben möglich in Verbindung treten.

Time For Metal / Kai R.:
Vielen Dank für die Zeit und für das Interview. Ich freue mich bereits auf das Album und hoffe, euch baldig wieder auf deutschen Bühnen antreffen zu können.

Dreamshade / Fella:
Ebenfalls vielen Dank! Wir können es kaum erwarten, wieder in Deutschland zu spielen.

Dreamshade / Luca:
Ciao 🙂