Interview mit Jan Radermacher und Pete Rode von der Kölner Thrash Metal Band Mortal Peril

„Wir sind natürlich alle frustriert und genervt von der Lage, genau wie alle anderen, die in der Branche zu tun haben.“

Artist: Mortal Peril

Herkunft: Köln, Deutschland

Genre: Thrash Metal, Heavy Metal, Heavy Thrash Metal

Label: FTWCTP Records

Link: https://mortal-peril.de/

Bandmitglieder:

Bass, Gesang – Jan Radermacher
Gitarre, Hintergrundgesang – Pete Rode
Gitarre – Lukas Haines
Schlagzeug – Jonas Linnertz

Nach meinem Review zum Re-Release des Albums Inferno von Asmodina (hier geht es zum Review), der ehemaligen Band von Angela Gossow, entstand ein toller Mailkontakt zu deren ex-Gitarristen Pete Rode (nun Mortal Peril), mit denen ich bereits vor zwei Jahren beim Field Invasion Festival in Urbach zusammenkam. Zunächst durfte ich ein Review zur Hammerplatte Digital Idol von Mortal Peril (hier geht es zum Review) machen und nun ein Interview mit Pete Rode (Gitarre, Hintergrundgesang) und Jan Radermacher (Bass und Gesang). Demnächst wird es weitergehen mit einer Story aus der Kölner Szene, als dessen Urgestein man Pete Rode durchaus bezeichnen darf.

Time For Metal / Juergen S.
Zunächst einmal zum Bandnamen Mortal Peril. Wie seid ihr zusammengekommen, wie kam die Idee zum Namen, wann ging es richtig los mit Mortal Peril?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Zusammengekommen sind wir 2010. Unser Drummer Jonas und ich (Vocals/Bass) haben die Band gegründet. Bis 2016 gab es ein wenig Hin und Her an den Gitarren, bis wir dann schließlich in der jetzigen Besetzung zusammengekommen sind.

Mortal Peril / Pete Rode
Der Name war Jonas Idee, aber wie er zu der Eingebung gekommen ist, ist nicht überliefert.

Time For Metal / Juergen S.
Kommen wir zum aktuellen Album. Digital Idol ist das dritte Album von Mortal Peril. Die ersten beiden Alben entstanden nach einer vorangegangenen EP recht schnell hintereinander. Walking On Hellish Trails 2015 und ein Jahr später war mit The Legacy Of War bereits der Nachfolger am Start. War das nicht etwas (zu) schnell zwischen den Alben? Torkjell Rød von Audrey Horne (zwischen deren Alben Youngblood und Pure Heavy war auch nur ein Jahr) hat mir vor drei Jahren im seeligen Kölner Club Jungle dazu gesagt: „Im Nachhinein haben wir uns gesagt, wir hätten uns mehr Zeit nehmen sollen, vor allem mit dem Songwriting.“ Wie steht ihr dazu?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Nachdem Ende 2014 Pete zur Band dazustieß und wir Anfang 2015 Walking On Hellish Trails rausbrachten, hatten wir einen ziemlichen kreativen Kick. Wir haben die Songs für The Legacy Of War sehr schnell geschrieben und waren dementsprechend bereits ein Jahr später im Studio. Die The Legacy Of War Songs sind etwas straighter und weniger komplex als die auf Digital Idol. Weniger Soli, Melodie Gitarren usw. Das macht The Legacy Of War nicht schlechter und Digital Idol auch nicht zu einem Prog Album, aber beide unterscheiden sich definitiv voneinander. Bei der The Legacy Of War liefen ein paar Sachen aber auch noch anders ab als später. Wir sind im Februar ins Studio gegangen, waren nach ca. einem Monat mit Aufnehmen, Mix und Master fertig und haben die CD in Eigenregie pressen lassen. Das ging relativ fix, sodass wir im Mai veröffentlichen konnten.

Für Digital Idol waren wir im März 2019 im Studio. Wir waren wieder schnell fertig, aber dieses Mal ließen wir die Platte als Vinyl über FTWCTP Records rausbringen. Da hat das Presswerk leider bis 2020 mit der Auslieferung gebraucht. Also für mindestens ein Jahr Wartezeit zwischen den Aufnahmen und der Veröffentlichung konnten wir nix!

Mortal Peril / Pete Rode
2014 mein eigenes Projekt All We Hate, das sich irgendwie tot gelaufen hatte, aufzugeben und bei Mortal Peril einzusteigen, war eine meiner besseren Entscheidungen. Ich hatte mich von dem Anspruch befreit, mit jedem Song das Rad neu zu erfinden, und ich glaube, diese Einstellung hatten wir alle. Es sollten einfach nur ein paar coole neue Lieder werden und sie mussten nur uns selber gefallen. Wir hatten überhaupt keinen Druck, schnell ein neues Album abzuliefern, weil Walking On Hellish Trails ja gerade erst raus war, und vielleicht ging es gerade deshalb so fix mit der Legacy Of War.

Time For Metal / Juergen S.
Nun hat es vier Jahre gedauert, bis Digital Idol erschienen ist. Also wesentlich mehr Zeit habt ihr euch da für das Album genommen. Ich glaube, das merkt man bei Digital Idol, oder!?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Bevor wir anfingen, Digital Idol zu schreiben, kam Lukas in die Band. Wir hatten wieder einen kreativen Kick. Der ging aber, wie schon gesagt, eher in Richtung etwas anderer Songs. Mit den Möglichkeiten, die wir dank Lukas haben und unserer natürlichen Entwicklung als Band, kamen mehr klassische Metal Melodien, weiter ausarrangierte Songstrukturen (Richtung Maiden u. ä.) und eine zweite Leadgitarre in die Band. Die Songideen standen wieder sehr schnell, aber wir haben mehr Zeit damit verbracht, sie gemeinsam im Proberaum auszuarbeiten.

Mortal Peril / Pete Rode
So richtig angefangen mit Digital Idol haben wir erst Anfang 2017, nachdem Lukas sich unser Repertoire draufgeschafft hatte. Tatsächlich haben wir uns für jeden Song mehr Zeit genommen, alleine schon deshalb, weil wir erst mal rausfinden mussten, wie wir unsere neuen Möglichkeiten mit einer zweiten Leadgitarre sinnvoll und harmonisch in den Songs nutzen. Wenn man außerdem bedenkt, dass wir einige Gigs mehr gespielt haben als in vorangegangenen Jahren, haben wir nicht vier Jahre gebraucht, sondern nur zwei für die eigentliche Arbeit an den Liedern. Warum es vier Jahre geworden sind, die zwischen der Legacy Of War und Digital Idol liegen, hatte noch ein paar andere Gründe. Der Titelsong Digital Idol war der letzte Song, den wir vor dem Studiotermin fertiggestellt hatten und darauf basiert die Idee für das Cover. Gemalt hat das der großartige Andreas Nagel, der schon für das Legacy Of War Cover verantwortlich war, in Öl auf Leinwand und das braucht schon ein paar Tage von der ersten Skizze bis zum fertigen Gemälde. Wir haben uns zusammen überlegt, wie man den Titel ungefähr umsetzen könnte und das habe ich ihm in einem Telefonat versucht zu erklären. Das war die einzige Grundlage für das Motiv und die Bildaufteilung. Muss man auch erst mal hinbekommen, aus unserem wirren Gerede schlau zu werden und dann das Kunststück fertig bringen, es so gut auf den Punkt zu bringen, was wir haben wollten. Schaut mal auf seiner Webseite vorbei. Im Sommer 2019 haben wir dann das fertige Master mitsamt Cover im Presswerk abgegeben und ein halbes Jahr Lieferzeit ist für eine kleine Vinylauflage nicht außergewöhnlich.

Time For Metal / Juergen S.
Wie ist bei euch so ein Entstehungsprozess von neuen Songs, einem neuen Album. Wie wird da rangegangen?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Pete, Lukas und Jan bringen Songideen mit in den Proberaum. Die arbeiten wir als Band gemeinsam aus, bis alle den Song für Top befinden. Das machen wir so neun bis zehn Mal und dann hat man ein Album.

Mortal Peril / Pete Rode
Die Songs fangen wir gemeinsam in sehr unterschiedlichen Stadien an. Manche sind schon fast fertig, haben bereits einen Text und brauchen nur etwas Feinschliff, wenn sie vom Ideengeber angeschleppt werden, manchmal haben wir nur eine Folge von 2-3 Riffs als Grundlage und eine Idee für den Text ergibt sich erst aus der Musik. Ziel ist es immer, das Potenzial einer Idee so gründlich auszuquetschen, dass wir am Ende gemeinsam zu dem Schluss kommen, dass wir alles rausgeholt haben, was in der Idee steckte und der Song nicht mehr besser wird, wenn wir noch länger dran arbeiten.

Time For Metal / Juergen S.
Trennt ihr da zwischen Musik und Text? Was ist zuerst da? Wer zeigt sich da (Haupt)verantwortlich, oder wer ist da bei euch überhaupt der Antreiber?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Die Texte schreiben Pete und ich. Ich habe die Lyrics zu seinen Songs meist schon im Hinterkopf, wenn er sie der Band präsentiert. Für gewöhnlich kommt aber erst die Musik und dann die Texte.

Mortal Peril / Pete Rode
Ich kann gar nicht an einem eigenen Lied arbeiten, wenn ich keine Idee habe, worum es thematisch gehen soll. Bei mir entwickeln sich im besten Fall Text und Musik parallel. Das bedeutet, ich kann den Song im Kopf schon hören, wenn ich an den Lyrics arbeite, noch bevor ich überhaupt zum ersten Mal die Gitarre dazu in die Hand nehme. Der Lukas geht rein musikalisch dran. Seine lyrische Seite, wenn er eine hat, hat er noch nicht entdeckt. Die Arrangements machen wir in der Regel  gemeinsam und da ist dann jeder voll dabei. Da lehnt sich keiner zurück und wartet, bis die anderen zu Potte kommen. Auch wenn der Jonas selber keine Songs und Texte schreibt, so prägt er mit seinen Ideen und seinem Stil dennoch unsere Musik.

Time For Metal / Juergen S.
Die Veröffentlichung von Digital Idol erfolgte zu Beginn der Coronapandemie im März 2020. Da habt ihr bei den Aufnahmen sicherlich nicht dran gedacht. Ich gehe man davon aus, dass Release Party und Folgekonzerte geplant waren!

Mortal Peril / Pete Rode
Das Release-Konzert stand natürlich schon fest und es war nicht der einzige Gig. Am 16. Mai hätte das Bergisch Metal Festival im Ufo Bergisch Gladbach starten sollen. Ich hatte so ein geiles Line-Up gebucht und auf die Party freue ich mich jedes Jahr. Da hat mir echt das Herz geblutet, als ich es canceln musste. Zu der Zeit hat das allerdings niemanden mehr überrascht, weil gerade ausnahmslos alle Konzerte abgesagt wurden. Ende Januar hatte ich aber schon ein dickes Fragezeichen hinter den Termin gesetzt. Spätestens nachdem China Wuhan abgeriegelt hatte, war mir klar, dass es nach einigen Pandemie-Fehlalarmen in den letzten Jahren, dieses Mal nicht so harmlos im Sande verlaufen würde. Letztes Jahr haben wir nur den Gig am 29. Februar in Amsterdam gespielt und das war es dann. Es ist deprimierend.

Time For Metal / Juergen S.
Bei Digital Idol fällt auch der sehr gut abgemischte Sound auf. Der ist sehr geil und wirkt unheimlich professionell. Hinzu kommt, dass da nichts kaputtgemischt wurde und das Ding absolut authentisch wirkt. Das ist gerade im Thrash Bereich nicht immer so. Ich denke da zum Beispiel an die neueren Veröffentlichungen von Flotsam And Jetsam. Da ist von dieser geilen Liveband, die ihr ja auch seid und was euch auszeichnet, auf den Aufnahmen nichts mehr übrig. In eurem Fall ist das wirklich anders. Wie habt ihr das hinbekommen. In welchem Studio ward ihr. Welchen Einfluss hat der Mann/die Frau an den Reglern?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Wie für Legacy Of War waren wir im Stonehenge Studio in Siegburg bei Oliver Weißkopf und Tim Philipp. Die Legacy Of War haben wir dort analog auf Band aufgenommen. Für Digital Idol wollten wir ein paar Spuren mehr nutzen und haben deswegen ein digitales Aufnahmemedium gewählt. Trotzdem ist jeder Ton auch hier von einem echten Menschen auf einem echten Instrument gespielt, das mit einem Mikrofon abgenommen wurde. Alle Effekte, Kompressoren und sonstiges Aufnahmegedöns lief durch echte analoge Geräte und wurde im Nachhinein nicht totproduziert. Das war uns schon immer wichtig und dafür ist das Stongehenge Studio in Siegburg einfach perfekt.

Mortal Peril / Pete Rode
Das Mastering von Sebastian Levermann (Greenman Studios) hat daran auch einen wichtigen Anteil. Er hat viel Wert darauf gelegt, dass uns die Dynamik nicht verloren geht und sich nicht alle Instrumente gleichzeitig in den Vordergrund drängeln.

Time For Metal / Juergen S.
Erzählt doch bitte einmal, wie der Aufnahme-/ Studioprozess für Digital Idol so ablief.

Mortal Peril / Jan Radermacher
Wir sind gut eingespielt ins Studio gegangen. Bei den Gitarren gab es zwischendurch ein wenig Durcheinander, aber alles in allem haben wir alles schnell und unkompliziert einspielen und mixen können. Die Atmosphäre im Stonehenge ist sehr entspannt. Wir hatten Bier, Spaß und gute Laune.

Mortal Peril / Pete Rode
Wir haben mittags angefangen und nie viel länger als acht Stunden im Studio gearbeitet. Länger macht keinen Sinn. Die Fehlerquote steigt und die Ohren sind irgendwann dicht. Die Gitarren waren tatsächlich etwas schwierig. Lukas und ich haben uns vorher getroffen, um ein paar spielerische Details zu klären, aber es gab einige Stellen mehr, die wir übersehen hatten. Da muss ja nur einer einen Anschlag mehr oder weniger machen als der andere und schon klingt es auf der Aufnahme matschig, wenn die Gitarren nicht präzise die gleichen Anschläge spielen. Im Proberaum und auf der Bühne fällt das nicht groß auf. Dann hatten wir entschieden, drei Rhythmusgitarren aufzunehmen und das haben wir noch nie so gemacht. Wir mussten also jedes Mal erst rausfinden, wer am besten die Gitarren links/rechts spielt und wer die in der Mitte des Stereobildes macht. Danach mussten noch die Soli drauf, von denen der Lukas alle wild improvisiert hat und ich hatte mir auch nur die Hälfte der Soli vorher zusammengebastelt. Ansonsten lief es ziemlich reibungslos. Der Jonas hat nur einen Tag für den Soundcheck und zwei für das Einkloppen der Lieder gebraucht. Danach sind wir an die Gitarren gegangen, was aus oben erwähnten Gründen die meiste Zeit verschlungen hat. Bass und Vocals waren an einem Wochenende im Kasten.

Time For Metal / Juergen S.
Ich gehe mal davon aus, dass ihr mit dem Ergebnis sehr zufrieden seid. Also ich bin es auf jeden Fall und ich denke, die Fans können es auch sein. Oder gibt es das eine oder andere Detail, was vielleicht zur Selbstkritik berechtigen würde?

Mortal Peril / Pete Rode
Auch mit einem Jahr Abstand sind wir immer noch sehr glücklich mit den Songs und dem Sound. Besser kann man es immer machen aber das sind Details, die den Gesamteindruck nicht kaputtmachen.

Time For Metal / Juergen S.
Ich hatte ja bereits gesagt, dass ihr eine authentische Liveband seid. Da bringt man nach den CDs bei den Vorgängern nun endlich eine Vinyl heraus und dann kommt diese scheiß Pandemie. Was bewirkt das bei einem?

Mortal Peril / Pete Rode
Wir sind natürlich alle frustriert und genervt von der Lage, genau wie alle anderen, die in der Branche zu tun haben. Ich habe mich letztes Jahr zum ersten Mal gefreut, dass ich das nicht beruflich mache. Wir verdienen zwar nicht unseren Lebensunterhalt mit der Musik, aber viele andere, mit denen wir zu tun haben, tun das: die Betreiber der Locations und deren Mitarbeiterinnen, die Tontechniker, Roadies, Caterer, Fotografen, Security-Leute. Das Folgende ist meine private Meinung und ich erhebe nicht den Anspruch, damit für die Band zu sprechen. Das Schlimmste ist, dass überhaupt kein Ende in Sicht ist und dass alle Hilfen für die Branche sich letztendlich als Mogelpackungen entpuppen. Altmaier und Scholz hauen die Milliarden nur verbal raus, damit die Menschen, die ihr Geld woanders verdienen, denken, der Kulturbranche wird geholfen, aber das ist fast reine PR. Im Hintergrund arbeitet das Bürokratiemonster daran, dass finanzielle Unterstützung nur in homöopathischen Dosen bei den Betroffenen ankommt. Richtiges Geld fließt woanders, aber nicht für die Kultur. Die Initiative Alarmstufe Rot sollte noch mal über ihre These nachdenken, dass man sie ernst nehmen würde, wenn sie nur nach Vorschrift protestieren. Wann hat Protest nach Vorschrift mal funktioniert? Um deine Frage, was das bei einem bewirkt, zu beantworten: Ich bin stinksauer!

Time For Metal / Juergen S.
Die Tonträger werden gerade bei Undergroundbands (und nicht nur da) bei Konzerten an die Frau/den Mann gebracht. Seit der Veröffentlichung von Digital Idol ist es nun fast ein Jahr her. Ihr hattet keine Möglichkeit, live aufzutreten. Zu der fehlenden Liveatmosphäre, die ja jede Band auch braucht, kommt hinzu, dass man die Vinyl nicht direkt auf den Konzerten verkaufen kann. Da liegen die Dinger zu Hause rum, die ja eigentlich in die Regale der Fans sollten. Was ist das für ein Gefühl. Wie geht man damit um?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Blödes Gefühl, wenn man endlich sein eigenes Album auf Vinyl hat und es kaum jemand mitbekommt. Wir werden unsere Alben und unser Merch zu 90 % bei Konzerten los. Zum Glück müssen wir nicht davon leben. Es bleiben aber immerhin ein paar Leute, die sich den Kram trotzdem holen, und das freut einen auch.

Mortal Peril / Pete Rode
Wie geht man damit um? Ganz pragmatisch. Wir haben die Produktion einer CD erst mal auf unbestimmte Zeit verschoben und vertreiben Digital Idol außer auf Vinyl erst mal nur digital. Ansonsten habe ich mir eine Einstellung verordnet, die die Option des Aufgebens ausschließt. Wenn es wieder live losgeht, werden wir da sein. Lange Durststrecken sind mir vertraut, auch wenn mir diese Erscheinungsform neu ist.

Time For Metal / Juergen S.
Ihr habt Digital Idol über das Label FTWCTP Records veröffentlich. Kann da Jörg Müller, der sich mit seinem Label in der Undergroundszene einen Namen gemacht hat, irgendwie helfen? Bzw. hilft es in diesem Fall, dass ihr das nicht in Eigenregie, sondern beim Label rausgebracht habt? Oder ist das grundsätzlich egal?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Durch Jörg und sein Label hat sich unsere Reichweite in den sozialen Medien auf jeden Fall verbessert. Außerdem hatten wir dadurch die Möglichkeit, unser Album auf Vinyl rauszubringen. Das hätten wir auch alleine machen können, aber so ist die finanzielle Last nicht so hoch und wir erreichen mehr Leute. Für uns ist FTWCTP Records deswegen durchaus ein Gewinn.

Mortal Peril / Pete Rode
Immerhin ist die halbe Auflage der 250 LPs bereits verkauft, wenn man unsere eigenen Verkäufe und die von FTWCTP Records zusammennimmt. Damit steht schon mal fest, dass der Jörg für die Veröffentlichung nicht draufzahlt. Für ein Jahr ohne Gigs ist das ein beachtlicher Erfolg und ohne Jörgs Label wäre das schlicht unmöglich gewesen.

Time For Metal / Juergen S.
Andere Bands nutzten die konzertfreie Zeit während Corona, um neue Songs zu schreiben, neue Alben herauszubringen. Wie sieht es bei euch aus, was habt ihr gemacht?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Neue Songs schreiben wir derzeit auch. Allerdings proben wir aufgrund der Situation natürlich nicht ganz so häufig. Die fehlenden Proben und Liveauftritte nehmen auch ein wenig den Drive aus dem Songwriting raus. Zudem haben wir seit einem Jahr ein Album am Start, das wir noch gar nicht bespielen konnten. Da macht man sich noch nicht so viele Gedanken, wann das Nächste kommen soll.

Wir proben seit Mitte Dezember nicht mehr zusammen. Gelegentlich treffen wir uns per Webcam, um gemeinsam einen zu trinken. Der Jonas muss leider alleine im Proberaum trommeln, wenn ihm nicht die Knochen einrosten sollen. Mit Gitarre und Bass kann man natürlich zu Hause dafür sorgen, dass man die eigenen Songs nicht vergisst und ich mache das auch mehrmals die Woche. Ich habe schon dran gedacht, mal ein Playthrough-Video für das eine oder andere Lied zu machen. Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, mich für die Arbeit an neuen Liedern zu motivieren.

Time For Metal / Juergen S.
Macht es überhaupt Sinn, in diesem Jahr ein Album herauszubringen, wo es doch bestimmt jeder macht? Ich rechne in diesem Jahr persönlich mit einer Flut an Veröffentlichungen! (Scheiße, wieso läuft da im Hintergrund in meiner Birne immer der Witt/Heppner Song Die Flut …Wann kommt die Flut … in ein anderes großes Leben…/ irgendwie in dieser Zeit fast sinnbildlich. Witt habe ich im letzten Jahr natürlich auch verpasst und so wie es aussieht, wird das in diesem Jahr wieder so sein, denn ich glaube, dass bis zum Mai Konzerte in dieser Größenordnung nicht laufen werden). Solltet ihr ein neues Album herausbringen, würdet ihr es wieder auf Vinyl herausbringen?

Mortal Peril / Jan Radermacher
Wir würden alles gerne auf Vinyl rausbringen, wenn es geht. Vinyl ist top. Aber ich sehe für 2021 kein neues Album von uns. Erst mal wollen wir Digital Idol richtig bespielen und wann das möglich sein wird, kann man noch nicht wissen.

Time For Metal / Juergen S.
Stehen bei euch eigentlich schon geplante Gigs an, falls dann endlich wieder Konzerte und Festivals nach Corona stattfinden können? Also zum Beispiel gebuchte Sachen aus dem letzten Jahr, die verschoben worden sind. Postponed heißt das ja mittlerweile im Neudeutsch.

Mortal Peril / Pete Rode
Sobald es grünes Licht gibt, werde ich Termine für das Bergisch Metal Festival und das Metal Colonia Fest fix machen. Da bin ich ja selber der Veranstalter und dann habe ich auch keine Hemmungen, um ganz eigennützig meine eigene Band ins Line-Up zu setzen. Ich plane aber nicht einfach so ins Blaue hinein. Was andere Konzerte angeht, sieht es schlecht aus. Alle Veranstalter haben noch ihre Bands für die abgesagten Konzerte von 2020 auf dem Zettel und da wird es schwierig, ins Line-Up zu kommen, wenn wir nicht vorgesehen waren. Wir werden hoffen müssen, dass nicht alle Bands die verschobenen Termine spielen können und neue Bands irgendwie mit ins Line-Up rutschen.

Time For Metal / Juergen S.
Ich bedanke mich recht herzlich für das Interview und ihr habt hier natürlich jetzt noch die Möglichkeit, etwas loszulassen, was bisher nicht angesprochen wurde und euch bzw. für eure Fans wichtig wäre!

Mortal Peril / Jan Radermacher
Hört mehr Bathory und lasst Manowar weg.

Mortal Peril / Pete Rode
Lasst die Köpfe nicht hängen. Wir sehen uns hoffentlich bald wieder irgendwo da draußen.

Time For Metal / Juergen S.
Pete, ich freue mich demnächst auch etwas von dir über die Kölner Szene und dein Mitwirken bei anderen Bands, unter anderem bei Asmodina mit Angela Gossow zu hören. Durch deine Tätigkeiten, auch als Veranstalter, hast du zumindest in der Domstadt einen tieferen Einblick.

Mortal Peril / Pete Rode
Es hat sich allerdings eine Menge getan, seit den 80ern und 90ern. Da war die Zahl der Bands im Kölner Dunstkreis und die Fan-Szene insgesamt noch sehr übersichtlich. Seit Anfang der 2000er ist die Zahl der Bands stark gewachsen und ab 2010 hat es noch mal einen richtigen Schub gegeben. Langweilig wird es nie. Die Kölner Szene hat für wirklich jeden Geschmack eine Menge zu bieten.