Interview mit Lorenz Kandolf, dem Bassisten von Traitor zum neuen CD-Box-Set und der (EP) Decade Of Revival

Bereits jetzt schon knietief im neuen Jahrzehnt

Artist: Traitor

Herkunft: Balingen, Baden-Württemberg, Deutschland

Genre: Thrash Metal

Release: 13.12.2019

Label: Violent Creek, Soulfood Musik

Link: https://www.facebook.com/traitorthrash/
https://www.traitor-band.de/
https://www.instagram.com/traitorthrash/
https://twitter.com/traitorthrash

Album: Decade Of Revival

Bandmitglieder:

Gesang, Schlagzeug – Andreas Mozer
Gitarre, Gesang– Gerd Hery
Gitarre, Gesang – Matthias Koch
Bassgitarre, Gesang – Lorenz Kandolf

So, jetzt haben wir Ende März 2020. Wir befinden uns gegenwärtig in einer schier unglaublichen Situation. Das Coronavirus hat quasi die ganze Welt zum Stillstand gebracht. Das hat sich auf sämtliche Veranstaltungen und mittlerweile natürlich auch auf die Gigs von Traitor ausgewirkt. Wie ihr wisst, sind wir Redakteure bei Time For Metal alle ehrenamtlich beschäftigt und stehen allesamt noch beruflich mitten im Leben. Für mich bedeutet mein beruflicher Alltag, dass mich die jüngsten Ereignisse zu COVID-19 zeitlich massiv beansprucht haben und gegenwärtig immer noch tun, sodass dieses Interview, in Ermangelung der Zeit, nun leider knapp drei Monate zur Bearbeitung in Anspruch genommen hat. Sorry, aber die Prioritäten lagen da auf der Hand. Hinzu kommt, dass ich mit Lorenz ein Interview führen durfte, dass nicht nur sehr intensiv und informativ war, sondern die 90 Minuten, die ich auf Audio aufnahm, entsprechend nachbearbeitet werden mussten. Ich erinnere mich noch zu gut an die Worte meines Chefredakteurs Kai auf dem Summer Breeze vergangenes Jahr: „Ein „Face to Face“ Interview sollte eigentlich nicht wesentlich länger als 15 Minuten andauern, sonst schreibst du dir danach die Finger wund“. Und so ist es jetzt auch gekommen. Ich habe glatt den Faktor sechs als Multiplikator draufgesetzt, die Finger sind wund, aber ich habe das wirklich total gerne gemacht, denn Lorenz hatte jede Menge zu erzählen und ging beinahe auf jedes Detail ein. Doch lest selbst.

Das Jahr 2020 ist noch jung, ich selbst wohne in Rottweil und liege mit knappen 25 km Entfernung somit in greifbarer Nähe zu Traitor und deren Heimatstadt Balingen. Deshalb lag es nahe, den Traitor Bassisten Lorenz kurzerhand mittels Facebook-Messenger für ein Interview anzufragen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und wir konnten uns für den 06.01.2020 auf 15:00 Uhr im Gasthaus Bären in Balingen terminieren. Was die Thrasher Traitor in ihrem Jubiläumsjahr des zehnjährigen Bestehens so vorhaben und was die Herren bei der Entstehung des neuen Albums im Schilde führten, über all das und vieles mehr haben Lorenz, meine Frau Katrin und ich über kurzweilige 90 Minuten hinweg gesprochen. Und im Anschluss daran noch mal weitere 90 Minuten ganz freundschaftlich bei ein paar Bierchen miteinander verbracht. War ein toller Nachmittag mit Lorenz.

Time For Metal / Peter:
Hallo Lorenz, sehr cool, dass wir uns am hochheiligen „Heilige Drei Könige“ Feiertag und zudem einen Tag nach Deinem Geburtstag hier im Gasthaus Bären in eurer Heimatstadt Balingen treffen können, wenngleich Du ja in Tübingen wohnst. Vermutlich ist Dir der 06.01. alljährlich mindestens so heilig wie mir. Das letzte Interview mit Time For Metal führtest Du Ende 2015 mit unserem Chefredakteur René. Seither ist jede Menge bei Traitor passiert, Knee Deep In The Dead erschien am 27. April 2018 und pünktlich zum zehnjährigen Bestehen der Band habt ihr am 13.12.2019 nun Decade Of Revival, zudem in einem edlen Box-Set, auf die Fangemeinde losgelassen.

Lorenz, ich fürchte, viele, u. a. auch meine Fragen sind durch einige meiner Kollegen anderer Magazine bereits gestellt und auch schon hinreichend beantwortet worden. Dennoch, was mich persönlich und sicher auch die Leser interessiert, euer Jahr 2019, spätestens aber ab dem Release von Knee Deep In The Dead im April 2018, haben Traitor einen wesentlichen Schub an berechtigter Aufmerksamkeit erhalten. Ihr habt gefühlt auf beinahe jedem größeren und renommierten Festival einen Slot erhalten und habt im weiten Rund ausschließlich positive Resonanzen und Anerkennung dafür erhalten. Auftritte beim Rock Hard Festival oder auch auf Wacken haben sicherlich auch bei euch Spuren hinterlassen.

Nun zu meiner Frage: Ich gehe davon aus, die Musiker von Traitor würden gerne, können aber von ihrem Hobby, ihrer Passion Musik zu machen, nicht leben bzw. den Lebensunterhalt gänzlich davon bestreiten. Angenommen, ihr geht noch soliden beruflichen Tätigkeiten nach, der eine oder andere hat vielleicht auch schon Familie, wie schafft ihr es, dieses Pensum an Gigs in euer alltägliches normales Leben zu integrieren? Managet ihr euch überwiegend noch selbst oder habt ihr in Burkhard Schmitt die externe Hilfe, die mittlerweile zwingend notwendig ist?

Traitor / Lorenz:
Erst mal Danke für die Interviewanfrage, die ich natürlich sehr gerne wahrnehme. Lass mich Deine Eingangsworte noch kurz korrigieren bzw. ergänzen. Zu Deiner Frage: Traitor übernehmen den Großteil des Managements eigentlich selbst. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass, je mehr Personen hier involviert wären, dass man diese auch bezahlen muss. Jeder mag was vom Kuchen abhaben. Und zu oft kursieren auch unrealistische Vorstellungen im Raum, dass wir Gagen in Höhe von 5.000 € oder mehr einkassieren. Dem ist natürlich nicht so. Die Gagen, die wir kriegen, werden unter uns vier aufgeteilt, dann gehen noch Steuern ab und die Reisen zu den Veranstaltungsorten finanzieren sich auch nicht von selbst.

Ein Beispiel: Angenommen, wir haben eine Show in Berlin für 800 €, dann fahren wir dort hin und natürlich auch wieder zurück. Dann sind wir inklusive der Show ca. 18 Stunden, quasi als Arbeitszeit, unterwegs. Spritkosten kommen noch oben drauf und rechnet man das dann auf einen Stundenlohn runter, dann sieht man sehr schnell, dass man das Wesentliche des Managements besser selbst macht. Allerdings betrachten wir das nicht so, denn sonst würden wir allesamt bereits graue Haare haben, so darf man nicht rechnen. Das Schöne bei uns ist, dass wir in dieser Hinsicht, ein bisschen zumindest, finanziell unabhängig sind, da wir alle zum Teil nebenher noch Bandprojekte am Start haben und natürlich beruflich im Leben stehen.

Ich selbst bin zudem noch im Musikbusiness unterwegs, habe diverse Managementaufgaben für Bands übernommen und spiele auch noch bei anderen Bands, da generiere ich für mich noch zusätzlich ein wenig Geld. Ohne diese weiteren Standbeine jedoch, also nur mit einer Band das Ganze zu betreiben und das Leben davon zu bestreiten, da kommst du mit einigen wenigen Gigs im Jahr nicht weit. Mit CDs selbst ist leider kein Geld mehr verdient, im Bereich des Merchandise ist noch eine überschaubare Gewinnmarge da. Aber nur Konzerte spielen, das ist nicht mehr rentabel. Und es gibt zwischenzeitlich so viele Festivals und Konzerte, dann solltest du bestenfalls auf allen Konzerten gleichzeitig spielen. Na, und das geht einfach nicht. Du siehst, um Kosten zu sparen, übernehmen wir den Löwenanteil des Managements selbst.

Zu Burkhard Schmitt ist zu sagen, dass er uns als Manager/Berater noch zur Verfügung steht, aber wir als Traitor haben über die vergangenen zehn Jahre einiges an Wissen in und über die Szene erworben, sodass wir durchaus in der Lage sind, hier operativ selbst einzugreifen. Ich selbst mache seit gut 15 Jahren Musik und habe darüber hinaus bei der IHK auch den Musikmanagement-Lehrgang belegt. Das Geschäft funktioniert in der Regel immer auf die gleiche Weise, vieles wird durch verschiedene Blumen hindurch allerdings immer anders erzählt. Aber, es ist wichtig, Menschen wie Burkhard Schmitt zum Beispiel zu kennen, denen man auch vertrauen kann. Und dem Metal wird leider immer noch nur der Spaßfaktor nachgesagt. So nach dem Motto: „Metal und Bier trinken, Party, Party“. Nein, willst Du in diesem Geschäft professionell arbeiten und bestehen, dann kommt erst die Arbeit und Disziplin, danach der Spaß. Deshalb ist es nicht selten auch schwierig, Personen kennenzulernen, bei denen nicht nur der Spaß im Vordergrund steht. Wir haben uns in der Band dahingehend sehr gut aufgestellt, die Aufgaben sind unter uns aufgeteilt und bei allem steht primär die Ernsthaftigkeit im Vordergrund und am Ende sicher auch der Spaß. Wir ziehen in der Band da aber alle an einem Strang.

Time For Metal / Peter:
Zum Thema Gigs. Schaut ihr selbst noch gezielt nach Auftrittsmöglichkeiten oder werdet ihr überwiegend angefragt? Stichwort Rock Hard Festival und Wacken.

Traitor / Lorenz:
Also wir schauen da sicher auch selbst noch nach Auftrittsmöglichkeiten und geben auch Bewerbungen ab, aber wir werden auch sehr häufig direkt angefragt. Wir waren auch bei einer Booking-Agency drin, nur haben wir festgestellt, dass wir das auch selbst machen können, ohne dafür 20 % der Gage abgeben zu müssen. Wir sind bei verschiedenen Booking-Agenturen inoffiziell hinterlegt, und sollte da etwas angefragt werden, so schießt man uns das zu. In unserer Szene lebt vieles von Vitamin B. Insgesamt gesehen wird es aber nicht einfacher mit den Gigs, obgleich wir glücklicherweise auf eine recht hohe Nachfrage stolz sein dürfen. Nur, wie bereits gesagt, es kommt bei den Gigs dann aber leider monetär zu wenig rüber. Professionalität kostet nun mal Geld und die Relation zwischen Aufwand und dem, was zurückkommt, muss stimmen.

Traitor ist eine Firma und man darf nicht vergessen, dass wir auch einen recht hohen Dokumentationsaufwand betreiben müssen. Am Ende ist das dann gar nicht mehr so viel Rock ’n‘ Roll. Aber, es macht Spaß und ich wollte das auch nicht missen wollen. Zum Rock Hard Festival und Wacken, da wurden wir direkt von den Veranstaltern angefragt. Das waren schon sehr großartige Auftritte und gut für die Publicity. Es gab unzählig viele witzige Begebenheiten, vor allem in Wacken. Gespielt haben wir in Wacken auf der Wasteland Stage und die DVD wurde dort auch aufgenommen. Aber das ist eine andere Geschichte. (Lacht) Beide Festivals waren sehr geil, vom Feeling her jedoch war das Amphitheater in Gelsenkirchen ein Stückchen geiler, du spielst direkt am Wasser und das Festival selbst ist nicht so groß und deshalb weniger anonym.

Time For Metal / Peter:
Wie steht es im Verhältnis eures sicher auch monetär geleisteten Inputs gegenüber dem, was finanziell wieder zu euch zurückkommt? Von außen betrachtet, steht ihr auf zahlreichen Bühnen und zockt einen Abriss nach dem anderen ab, wie zuletzt am 21.12.2019 beim Adventssingen in Balingen.

Traitor / Lorenz:
Wir kriegen in der Tat zum Glück mehr raus, gegenüber dem, was wir investieren. Aber nehmen wir das aktuelle Box-Set als Beispiel, kostete die Geschichte insgesamt runde 15.000 €. Nur, die ganzen Cover zum Beispiel kreiere ich selbst und suche mir danach einen Künstler, der das entsprechend kostenpflichtig umsetzt. Bei Decade Of Revival ist es ein Doppelcover und kostet deshalb folglich mehr. Uns ist das aber sehr wichtig und wir nehmen die Kosten auf uns. Hinzu kommen die Shirts, Patches, das Merch insgesamt usw. und auch die DVD-Produktion mit acht Kameras gab es schlussendlich nicht umsonst. Die Studiokosten für die Aufnahmen nicht zu vergessen. Das ganze Drumherum wird leider nicht gesehen. Ganz wichtig auch, dass unser Label nicht auf uns zukam und sagte: „Hey Jungs, zehnjähriges Jubiläum, lasst uns doch ein Box-Set machen“. Der Input mit der Idee kam zunächst von uns und erst danach wurde das mit dem Label abgestimmt. Alles muss wirtschaftlich miteinander abgewogen werden. Vor allem die Organisation des Vertriebs kostet Zeit und nicht zuletzt auch Geld. Mit Violent Creek als Label und nicht zuletzt auch Soulfood in der Distribution haben wir da aber kompetente Leute am Start. Vieles ist möglich, letztlich muss man aber immer aufmerksam sein.

Time For Metal / Peter:
Zeit, ein ganz wesentlicher Faktor, der sich vor allem dann negativ auf die Kreativität auswirkt, wenn diese zu knapp vorhanden oder gar gänzlich abhandenkommt. Du selbst bist bzw. warst ja u. a. noch bei Wulfpäck gebunden, bedauerlicherweise habt ihr dieses Projekt aufgrund der Vakanz auf der Drummer-Position auf Eis legen müssen. Finden Traitor denn weiterhin ausreichend Zeit, miteinander zu proben, oder reicht es nicht mal mehr aus, das Setup bis zum nächsten Gig im Proberaum wieder aufzubauen? Nutzt ihr womöglich deshalb auch technische Hilfsmittel wie z. B. CuBase o. Ä., um euch musikalisch gegenseitig zu inspirieren und eure Ideen individuell festzuhalten?

Traitor / Lorenz:
Also wir proben weiterhin einmal die Woche, je nach Auftrittslage natürlich. Die Zeiten jedoch haben sich gewandelt. Früher hatten wir die Songs noch alle miteinander im Proberaum geschrieben, aufgrund des von Dir angesprochenen Zeitaspekts hat sich der Prozess des Songwritings allerdings grundlegend verändert. Mittlerweile kommen Matze, Gerd und ich zusammen, haben die Ideen in unseren Homestudios bereits digitalisiert, nehmen die Grundstrukturen der Songs dann zusammen auf und geben das Andi als Vorlage für die Drums und Vocals weiter. Wenn es cool ist, geht es weiter. Die Muse kannst du eh nicht zwingen, wenn es nicht läuft, läuft es halt nicht. Letztlich aber ist diese Art wesentlich effektiver, da Andi sich so besser und in Ruhe reinhören kann. Zumal er ja auch die Vocals noch beisteuert. Das hat sich zwischenzeitlich bewährt. In der Probe selbst basteln wir die Dinge dann eigentlich nur noch zusammen, bis es passt. Aber du hast recht, das Thema Zeit spielt immer eine Rolle.

Andi hat eine Frau, zwischenzeitlich auch ein Kind. Gerd und Matze stehen ebenfalls in Beziehungen. Ich bin Single im Moment, hab demnach keine Verpflichtungen und kann machen, was ich möchte. Das ist zwar irgendwie cool, nur gibt es im Gegenzug manchmal einen erhöhten Absprachebedarf mit den anderen. Der Lebensstil, den ich führe, der passt nicht immer unbedingt in das organisierte Familien- und Beziehungsleben der Bandkollegen. Aber wir kriegen das ganz anständig und freundschaftlich hin und ich nehme mich da auch zurück. Dennoch, unser Anspruch ist, die Sache auch quasi als Job zu betrachten und professionell zu sein. Klar, Spaß muss da sein, aber unsere Fans haben den Anspruch an uns, dass wir keine halben Sachen machen. Unser Output sollte dem entsprechen, was wir selbst wollen. Es muss hochwertig, nicht halbherzig sein. Das Box-Set wird gegenwärtig auf Amazon für, glaube ich, 32 € vertickt. Klar, viel Geld, aber sie ist ihren Preis vom Inhalt her gesehen auch wert. Aber das Timing für all diese Dinge muss schon da sein. Vor allem Andi ist beruflich gut eingespannt, arbeitet jedes zweite Wochenende. Das Arrangement mit all diesen Befindlichkeiten muss deshalb gegeben sein. Mich persönlich stört es nicht, dass wir mit Traitor zwischenzeitlich zwischen 20 und 30 Gigs pro Jahr spielen. Mit einem neuen Album muss man dann auch auf Tour. Wie gesagt, der Zeitaspekt ist schwierig, die Technik aber erleichtert vieles. Und wir sind im Laufe der Zeit auch gut aufeinander eingetrimmt, kennen uns gut und können uns aufeinander verlassen, trotz des manchmal engen Zeitkorsetts. Es ist beinahe so, dass wir uns blind aufeinander verlassen können, die Aufgaben sind verteilt. Es ist eine funktionierende Maschinerie.

Time For Metal / Peter:
Gibt es bei Traitor den musikalischen Mastermind, gibt es denjenigen, der die Band, das Projekt antreibt und anpeitscht? Wo siehst Du dich in dieser Frage?

Traitor / Lorenz:
Also ich bin eher so das Mädchen für alles. Vom musikalischen Können her gesehen würde ich niemals behaupten, ein guter Musiker zu sein. Ich habe viele Ideen, aber ob ich die alle gut umsetzen und auch spielen kann, ist eine andere Frage. Da gehen wir als Band aber gut Hand in Hand. Matze, Gerd und ich machen die Songs zu 90 % fertig und legen es Andi vor. Er macht sich Zuhause seine Gedanken dazu und in der Probe geht das dann alles zusammen. Das ist unsere Arbeitsweise, quasi unser Arbeitsethos. Wir üben in der Probe nicht, wir proben. Üben kann man Zuhause, ist vielmehr Freizeitspaß. Ansonsten muss man eben liefern. Klar ist, wir müssen Songs produzieren und das sollte dann bestenfalls kein halbgarer Scheiß sein. Das Projekt Traitor, die Firma, muss vorangetrieben werden. Andere Shows besuchen und präsent sein, Leute kennenlernen. Auch das muss man tun. All das mach ich gerne. Und wer eben die meiste Zeit hat, tut das. Im Moment habe ich den nine-to-five-Job nicht und deshalb bietet es sich an, dass ich das mache. Aber bei uns sticht da nicht einer ganz speziell oder krass heraus. Die Aufgabenverteilung, wie bereits erwähnt, ist da.

Time For Metal / Peter:
Ihr steht nach wie vor bei Violent Creek und Soulfood Musik im Deal. Wenn Du die Zeit seit Anfang dieser Zusammenarbeit mit Bauke de Groot und Burkhard Schmitt bis heute zusammenfassen müsstest, was hat sich in dieser Zeit, wenn überhaupt, signifikant verändert und was macht diese Verbindung Deiner Meinung nach so fruchtbar? Ich meine gelesen zu haben, dass vor allem der gegenseitige Respekt und die generelle künstlerische Freiheit, die euch das Label grundsätzlich gewähren, sehr von euch geschätzt werden.

Traitor / Lorenz:
Seit 2014/2015 arbeiten wir mit Violent Creek zusammen. Aktuell allerdings befindet sich in diesem Bereich einiges im Umbruch. Das Label Believe hat in jüngster Vergangenheit so einige Firmen aufgekauft und das bringt nicht nur Positives mit sich. Die Wege sind länger und auch die Abstimmungen zu diversen Themen sind aufwendiger geworden. Die Zusammenarbeit zu Violent Creek jedoch war und ist positiv, wir haben eine freundschaftliche Beziehung zueinander. Dass Traitor den gegenwärtigen Stellenwert haben, ist auch Bauke de Groot zu verdanken. Die Jungs sind cool und wenn es sich ergibt, werden wir in Zukunft wieder ein Album mit den Jungs rausbringen. An uns scheitert es in jedem Falle mal nicht.

Time For Metal / Peter:
Lorenz, ich schere geschwind aus. Mal ganz ehrlich, jeder angehende Musiker träumt von dem, was Traitor gegenwärtig erleben. Wie ist das für Dich ganz persönlich und wie gehst Du damit um? Nimmst Du aufgrund dieser zunehmenden Beachtung auch Veränderungen im persönlichen Umfeld wahr, begegnen Dir die Menschen und Musikerkollegen irgendwie anders?

Traitor / Lorenz:
Nun, ich bin nicht Justin-Bieber-like unterwegs, aber es ist schon so, dass es auch mir schon beim Einkaufen passiert ist, dass einer nach einem Foto mit mir gefragt hat. Das hatte schon mit meiner Traitor Aktivität zu tun. Schön ist, dass du heute mit Bands wie zum Beispiel Sodom und Kreator abhängen kannst, die du früher selbst vergöttert und abgefeiert hast und heute noch voll geil findest. Das sind schließlich ganz normale Menschen. Ich würde aber nicht sagen, dass wir uns großartig verändert haben. Was ich gemerkt habe, je erfolgreicher du wirst, desto mehr Leute wollen mitreden und noch mehr Freunde hat man plötzlich. Man verspricht dir dann das Blaue vom Himmel und am Ende kommt nichts dabei raus. Ich bin auch vorsichtiger geworden, mit dem, was ich in Interviews sage. Da gibt es eine nette Anekdote zu einem Rock Hard Telefoninterview, in dem ich gefragt wurde, ob ich auch andere Musik, außer Thrash Metal, höre. Ich antwortete damals mehr oder weniger lapidar: „Hey, ich hör doch nicht nur Thrash Metal, da bin ich ja dumm im Kopf“, das hatte ich allerdings nur so dahingesagt, klar höre ich auch andere Musik. Was dann am Ende aber dabei herauskam, war die Überschrift des Interviews: „Hä, ich höre doch nicht nur Thrash Metal, da werde ich ja dumm“. Prompt kam das Label danach auf mich zu und fragte, was hast du denn da von dir gegeben. Letztlich war das doch nur ein Nebensatz des Interviews. Nun ja, war dennoch witzig irgendwie.

Egal, ich selbst höre alles und über alle Genres hinweg. Und man sollte sich auch nicht zu schnell der Vorstellung hingeben, dass im Musikbusiness alles easy ist. Das Business ist hart und es geht nur um Kohle. Von außen betrachtet, scheint das alles immer so leicht und ohne Mühe zu bewerkstelligen sein.

Time For Metal / Peter:
Trotz eurer beachtlichen Fortentwicklung, würdest Du Traitor nach wie vor dem Underground zuordnen und wenn ja, ist Dir, ist euch, das auch wichtig? Versuche, unseren Lesern doch bitte zu erläutern, warum das Thema Underground in der Szene und für euch generell so wichtig ist.

Traitor / Lorenz:
Der Underground lebt in jedem Falle. Durch die technischen Möglichkeiten heutzutage kann beinahe jeder eigene Sachen produzieren, aufnehmen und auch im Internet über YouTube veröffentlichen. Es gibt Tausende Musiker und Genres, die krass gut sind, aber was am Ende hängen bleibt, wird immer weniger. Traitor jetzt als Underground zu bezeichnen? Ich glaube, viele würden sagen, nein, Traitor sind nicht mehr Underground. Ich persönlich denke, ja, wir sind nach wie vor gut im Underground verwurzelt, weil wir eben auch kleinere Gigs spielen wollen, weil wir Bock draufhaben, Traitor sind eine Liveband und haben Spaß dran.

Dennoch scheinen uns viele Leute deshalb nicht mehr im Underground verortet zu sehen, weil wir einen Plattenvertrag haben, in den Magazinen stehen und auf Wacken gespielt haben. Wir wären doch blöd, Wacken auszuschlagen, denke an die Publicity. Jeder, der behauptet, er würde das Wacken Festival nicht spielen, weil es untrve ist, der labert. Jeder, der Musik macht und erfolgreicher wird, auf großen Bühnen spielt, der wäre der Letzte, der dort nicht spielen würde, alles Geschwätz. Vermutlich entheben wir uns langsam dem Underground, aber nicht gewollt. Im Underground sind noch mehr Musikperlen vorhanden. Die großen Sachen, was du alles so im Radio hörst, da sind hin und wieder gute Sachen dabei, aber es bockt mich nicht mehr so. Trotzdem, Traitor sind noch im Underground.

Time For Metal / Peter:
Neben den vielen Shows 2018 und 2019 habt ihr dann dennoch die Zeit gefunden, neue Songs zu komponieren. Auf Decade Of Revival dürfen wir nun vier dieser Songs zur Kenntnis nehmen und ich persönlich finde diese Nummern insgesamt sehr gereift und professionell, zudem zementieren die neuen Tracks quasi zunehmend euren Traitor-Stil. Hinzu kommt, dass ihr mit Kai Stahlenberg und dem Kohlekeller Studio einen neuen Weg eingeschlagen habt. Viele werden sich vermutlich fragen, warum nur vier Songs? Und, wie war die Zusammenarbeit mit Kai im neuen Studio aus eurer Sicht? Was war der Anlass zum Wechsel?

Traitor / Lorenz:
Wir sind eigentlich deshalb auf das Kohlekeller Studio und auf Kai Stahlenberg ausgewichen, weil unser Stammproduzent Vagelis Maranis nach Italien ausgewandert ist. Er hat uns noch für vier Wochen zu sich nach Italien eingeladen, um dort kreativ sein zu können und auch aufzunehmen. Das wäre sicher auch geil gewesen, so direkt am Strand, zusätzlich eine Woche Urlaub mit der ganzen Band, aber auch hier kam uns das Thema Zeit, Familie und vieles weitere in die Quere, sodass dies schlussendlich keine wirkliche Option für uns war. Hinzu kam, dass wir bereits im Mai 2018 mit den Aufnahmen für Decade Of Revival angefangen hatten, zudem war das Livealbum längst produziert und das Cover-Artwork hatte ich auch schon fertig. Es war schon so, dass wir zwar mehr als vier neue Songs gehabt hätten, nur haben wir das aktuelle Box-Set damals im Ganzen betrachtet. Deshalb waren es neben den Liveaufnahmen, der Bonus DVD eben nur diese vier Songs. Insgesamt kommen wir hier auf über 100 Minuten Material, das gemastert und auch geschnitten werden muss. Allein das kostet unheimlich viel Zeit und Energie.

Tja, und dann mussten die vier Songs eben noch aufgenommen werden. Und so hatte ich mit Kai Stahlenberg hier eigentlich ganz klare Worte gesprochen. Wir brauchten einen Produzenten, der zum einen ein besserer Musiker ist als wir und zum anderen einen Partner, der uns ordentlich in den Hintern tritt. Das war die Prämisse. Denn aufnehmen hätten wir auch selbst können und denen dann die Files schicken, da hätten wir aber letztlich nichts davon gehabt. Unser Fokus lag ganz klar in der Produktion, wir wollten, dass uns jemand sagt: „Das war scheiße eben, mach noch mal“, der auch seine Ideen hineinbringt und uns voranbringt. Wir wollten bewusst Input von einem Produzenten. Denn jemanden zu bezahlen, der nur die Leertaste drückt, das brauchten wir nicht. Das war dann auch die Grundidee, im Kohlekeller Studio die vier neuen Songs aufzunehmen und zu schauen, wie das miteinander harmoniert und ob die Wellenlänge auch da ist. Man muss sich auch mögen, das ist für die Kreativität und ein konstruktives Arbeiten wesentlich.

Im Vergleich zu unserem alten Studio war das mit Kai im Kohlekeller Studio dann schon so eine Art Wellness-Urlaub. Vagelis Maranis ist so ein Typ, mal im Sinne von Zuckerbrot und Peitsche gesprochen… bei Vagelis Maranis war das dann schon mehr Peitsche als Zuckerbrot. Das erste Album nahmen wir, glaube ich, 2010 oder 2011 bei Vagelis Maranis auf. Und ehrlich, ich habe gelitten damals. Vagelis ist ein sehr netter Typ mit griechisch-südländischer Mentalität und Temperament. Er hörte sich die Takes an, nahm es stets wohlwollend zur Kenntnis, meinte dann allerdings nicht selten: „Okay, ja cool, hmm, spiel es noch mal“. Und das dann wieder und wieder und wieder. Vagelis Maranis hat uns schon massiv gefordert, keine Minute locker gelassen und seine eigene musikalische Erfahrung als klaren Anspruch formuliert und auch an uns gestellt. Vor allem Andi hat gesanglich in technischer Hinsicht sehr von Vagelis profitiert. Insofern ist die Erfahrung bei Vagelis Maranis eine gute, aber auch harte Schule für uns gewesen. Die sieben Jahre der Zusammenarbeit haben uns wirklich gutgetan.

Die Zusammenarbeit mit Kai und dem Kohlekeller Studio war total entspannt, da er sich komplett auf uns eingelassen hat. Auch die Recordingsessions selbst waren tough durchstrukturiert. Man hat morgens irgendwann gegen 09:00 Uhr angefangen und uns standen dann acht Stunden intensive Arbeit bevor, die man auch effektiv nutzen musste. Weiter ging’s dann am kommenden Tag.

Bei Vagelis Maranis hatten wir da dann doch etwas mehr zeitlichen Spielraum. Er hatte sein Studio zuhause und die Aufnahmen gingen auch mal bis tief in die Nacht hinein. So konnte es auch mal sein, dass Vagelis Maranis morgens um 04:00 Uhr plötzlich ins Zimmer kam, mich weckte und sagte: „Lorenz, steh auf, du musst jetzt aufnehmen“. Wie, was, wo? Schlaftrunken dann aufgenommen und oft kamen echt geile Sachen dabei raus. 24/7 Bereitschaft quasi, echt witzig irgendwie.

Schlussendlich haben beide Arten und Weisen aber ihre Berechtigung, es gibt sicher pro und contra. Das Kohlekeller Studio selbst war klasse. Die Jungs echt cool, vor allem auch der Sound war überragend. Sehr entspannte Aufnahmen. Also für uns ist klar, dass dieses erste Miteinander uns vollkommen überzeugt hat, sodass wir für die Aufnahmen des nächsten Albums wieder ins Kohlekeller Studio gehen werden. Die Jungs dort wissen, was sie machen. Insgesamt klingen die vier neuen Songs etwas moderner vom Sound her, aber das darf auch ruhig so sein. Der Charakter der Songs blieb trotzdem erhalten.

Time For Metal / Peter:
Verfolgt ihr, ähnlich wie auf Knee Deep In The Dead, in den neuen Songs ein lyrisches Konzept? Wer ist für die Lyrics bei Traitor hauptverantwortlich?

Traitor / Lorenz:
Jein. Schau dir mal unser aktuelles Cover an. Wir haben auf jedem unserer Cover zu den Songs immer diverse Hinweise verpackt. Zum Beispiel bei Thrash Command, hier Raising Hell, der Commander ist auf jedem unserer Alben zu finden, ist quasi unser Maskottchen, er war von Hellraiser inspiriert mit den Cenobites, das findest du dann auch auf dem Cover. Und so setzt sich das bei allen unserer Alben fort. Und wenn du jetzt auf das Cover von Decade Of Revival schaust, dann siehst Du zum einen diesen Dude, der ist von unserem ersten Album Thrash Command, dann der von Duke Nukem von Knee Deep In The Dead. Weiter der Asiate, der auf der Venomizer drauf ist, links groß der Marquis de Sade vom Song Lords Of Lust von der Venomizer. Dieses Konzept geht durch alle Alben durch, wie ein roter Faden. Lyrisch hingegen ist das in dieser Art so nicht daran gehalten, das passiert einfach so. Unser Andi schreibt ja die Texte, er ist in dieser Hinsicht ein kleiner Nerd. Space Seed zum Beispiel, da hat er sich an Star Treck angelehnt, auch das Cover kam von ihm. Da hat Andi ein wirklich gutes Händchen bewiesen und ist vielseitig interessiert. Das gibt ihm jedwede Inspiration. Witzig auch, was die Fans da nicht alles rein interpretieren.

Time For Metal / Peter:
Was war euch bei diesen vier Songs als Band in musikalischer Hinsicht wichtig? Konntet ihr einen speziellen Spirit ausmachen und darüber hinaus feststellen, dass dies die Songs sind, die Traitor künftig ausmachen werden? Ist es nun das, mit dem ihr euch gänzlich identifizieren könnt oder fehlt im Songwriting eurer Meinung nach noch etwas?

Traitor / Lorenz:
Also nach oben ist immer Luft. Aber das, was wir im Moment machen, ist schon der Thrash Metal, der uns gefällt. Er ist schnell, aggressiv und hat trotzdem noch jede Menge Groove, ohne dass alles nur durchgeballert rüberkommt. Fremde Inspiration haben wir uns da eigentlich nicht geholt. Es gibt schon eine Entwicklung im Songwriting. Thrash Command zum Beispiel war noch sehr roh, Venomizer etwas poppiger und dies zusammengeführt führte dann als Zwischending zu Knee Deep In The Dead. Unsere Arrangements sind insgesamt sehr organisch, was auf Knee Deep In The Dead auch sehr gut nachvollziehbar ist. Unsere Songs müssen sich in der Entstehung schon gut anfühlen, dann werden diese im Endergebnis auch wirklich gut. Die vier Songs von Decade Of Revival sind demnach als Weiterentwicklung zu bezeichnen.

Time For Metal / Peter:
Ihr habt Decade Of Revival in einer exklusiven Box am 13.12.2019 veröffentlicht. In dieser befinden sich die Liveaufnahmen vom Rock Hard Festival 2018 auf CD sowie eine Live-DVD, die euren Auftritt auf dem Wacken Open Air 2018 dokumentieren. Ist es noch zu früh, etwas über die Resonanz und die Verkaufszahlen des aktuellen Werks zu sagen?

Traitor / Lorenz:
Das Ding war bereits vor dem offiziellen Release am 13.12.2019 ausverkauft. Hätten wir das vorher gewusst, wären sicher mehr produziert worden. Damit sind wir sehr zufrieden und selbst total überrascht.

Time For Metal / Peter:
Wie sieht das mit den physischen Kopien generell aus, geht es auch bei euch mehr und mehr in den digitalen Bereich mit Spotify und Ähnlichem?

Traitor / Lorenz:
Ja, das ist so, der digitale Trend nimmt sicher an Bedeutung zu. Im Metalbereich allerdings werden solche Box-Sets eher selten gemacht, im Hip-Hop Bereich ist das gang und gäbe, das kann aber auch der Grund gewesen sein, warum die Teile so schnell weg waren. Es lohnt sich schon im digitalen Bereich, wobei Vinyl auch immer mehr kommt. Die Prognosen gehen klar in die Richtung, dass die Streams und Vinyl den Markt 2020 aufrollen und besetzen werden. Die Absätze werden steigen. Die Nostalgie hin zu Vinyl kommt wieder zurück und es ist doch schöner, etwas in der Hand zu haben. Ich selbst bin pro physisch, darf mich aber natürlich nicht dem digitalen Trend gegenüber verschließen. CDs wird es immer geben, auch wenn der Markt nicht mehr ganz so groß ist. Man sieht auch, dass die Kassetten wieder zurückkommen, echt cool.

Time For Metal / Peter:
Die Frage nach einem neuen Full-Length erübrigt sich zu diesem Zeitpunkt, denn ich bin mir sicher, es wird kommen. Gibt es dennoch schon einen Ausblick oder legt ihr die Priorität zunächst auf andere Dinge?

Traitor / Lorenz:
Decade Of Revival ist jetzt draußen und wir müssen die Sache nun auch bewerben, neues Merch ist geplant und wir gehen dann damit auf die Bühne. Ganz aktuell sind wir im Songwriting für ein neues Album, vier Songs sind schon mal im Gerüst fertig. 2021 werden wir wahrscheinlich das Studio wieder aufsuchen, machen uns da aber keinen Stress. Die Songs fertig zu schreiben kostet Zeit und das steht neben all dem anderen erst mal im Vordergrund. Wenn die Zeit gekommen ist, alle an Bord sind, auch die Finanzen stimmen, werden wir kreativ sein. Diverse Re-Releases stehen noch an, also jede Menge zu tun. Das neue Album wird kommen, aber da müsst ihr noch bis 2021 warten.

Time For Metal / Peter:
Traitor und das Thema Cover-Artwork. Da habt ihr in der Vergangenheit ein wirklich geniales Händchen bewiesen. Nebst euren eigenen Ideen konntet ihr mit Andrei Bouzikov sowie Ed Repka jeweils einen Volltreffer landen. Hinter jedem Cover steckt eine eigene Geschichte, wie Du ja bereits erläutert hast. Was verbirgt sich denn hinter Decade Of Revival?

Traitor / Lorenz:
Ja, wir haben echt krasse Cover. Andreas Marschall darf man hier nicht vergessen. Zu Andrei Bouzikov habe ich privat immer noch Kontakt. Er ist von San Francisco zwischenzeitlich nach Berlin gezogen. Mir persönlich ist das superwichtig, dass unsere Cover krass sind. Das ist das Erste, was du siehst, deshalb muss ein Cover Charakter und Persönlichkeit besitzen. Das freut mich jetzt echt, wenn das von außen auch so betrachtet wird, denn ich male die Cover auch immer erst mal vor. Und wenn das dann so eine positive Außenwirkung hat, freut mich das. Für das erste Album holten wir uns Andreas Marshall, der das echt gut umsetzte. Im Verlaufe der Zeit entwickelte sich die Sache dann weiter. Andrei kam dann hinzu, er macht gegenwärtig auch die Shirts. Bei Ed Repka ist es zurzeit so, dass er die Metalcover eigentlich gar nicht mehr so gerne macht und seine Qualität auch seinen Preis mit sich bringt. Ed muss man überzeugen, dann kommen da richtig geile Sachen raus.

Das Cover zu Decade Of Revival hat Pär Olofsson gemacht, ich verfolge ihn schon ewig, er hat ja unter anderem auch für Exodus und Suffocation gearbeitet. Er hat zudem viel im Death Metal Bereich getan. Er ist vollkommen cool drauf und sieht sich da auch persönlich herausgefordert. Mit ihm war auch das Miteinander recht entspannt und unkompliziert. Gemalt alles per Hand, danach digitalisiert und etwas nachbearbeitet. Das ist mir auch sehr wichtig, dass das nicht alles digital erstellt wird. Diese Cover können zwar gut sein, aber echt gemalt hat deutlich mehr Spirit. Das war damals ja auch die Idee dahinter, die Bühne stellt das Amphitheater in Gelsenkirchen dar. Das Kernkonzept und auch die Figuren hatte ich vorgezeichnet und hatte es von einem Künstler umsetzen lassen.

Schlussendlich aber ist das Business unter den Designern und Künstlern auch sehr unterschiedlich und immer von den handelnden Personen abhängig. Künstler eben.

Time For Metal / Peter:
Lorenz
, eine persönliche Frage aus Sicht eines Konzertbesuchers. Ich habe euch dieses Jahr u. a. auf dem Bang Your Head als auch auf dem Party.San Festival erleben dürfen. Als Zuschauer im Genre ist man es zu 99,9 % gewohnt, einen Frontmann, der meist auch Sänger ist, auf der Bühne zu sehen. Nicht so bei euch. Andi streichelt bei Traitor nicht nur das Schlagzeug, er brilliert zudem auch noch als sagenhafter Thrash Metal Sänger. Dennoch ist das Bild untypisch. Ich erinnere mich an Shows mit Dan Beehler von Exciter, der seines Zeichens auch singender Schlagzeuger war. Man muss sich als Zuschauer erst daran gewöhnen, hat schlussendlich natürlich nichts mit der Qualität der Musik zu tun. Wie ist das denn für euch drei direkt auf der Bühne, war das anfangs nicht auch ein wenig gewöhnungsbedürftig? Gerd, Matthias und Du habt ja nun die Pflicht, für eine energiegeladene Show auf der Bühne zu sorgen, wenngleich euch das ohne Zweifel auch gelingt. Andi ist hinter seinem Schlagzeug da leider etwas limitiert und manches Mal steht das Schlagzeug zu niedrig und zu weit hinten.

Traitor / Lorenz:
Also der Andi will das eigentlich gar nicht. Es war ihm in der Vergangenheit schon beinahe unangenehm. Mittlerweile ist er aufgetaut, steht immer öfter hinter dem Schlagzeug mal auf und heizt die Meute auch an. Er kann es aktuell auch mehr genießen als früher, auch Autogramme zu geben. Klar könnte man Andi und das Schlagzeug mehr nach vorne nehmen, aber wir sind eine recht aktive Truppe auf der Bühne, rennen immer von A nach B. Ich glaube, dass unsere Bühnenperformance das wettmacht. Zudem gibt es viele weitere Bands mit singenden Drummer, da funktioniert das auch. Und dann sind wir das eine oder andere Mal auch durch die Bühnengröße recht limitiert. Na ja, man hört es schon manchmal, dass ein Frontmann bei uns cool wäre, aber so what, so ist das eben bei uns. Und wie sollte der ideale Frontmann denn sein?

Time For Metal / Peter:
Eine letzte Frage. Da würde mich Deine persönliche Einschätzung sehr interessieren. Ausgelöst nicht zuletzt durch die flammende Rede von Horst E. Franz auf dem 2018er Bang Your Head, übernehmen die großen Veranstalter immer mehr das Ruder und den kleineren Festivalveranstaltern ist es dann kaum mehr möglich, größere und zeitlich gesehen angesagtere Acts zu verpflichten. Die Auswirkungen sind recht vielfältig, allerdings selten positiv. Darin könnte für den Underground oder eben auch Bands wie Traitor eine Chance liegen. Dennoch, das Musikbusiness mitsamt der Live-Vermarktung hat zwischenzeitlich seine eigenen Regeln und wie so oft geht es nur noch ums große Geld. Wie siehst Du das? Chance oder eher Verderben?

Traitor / Lorenz:
Grundsätzlich kann ich das sehr gut verstehen. Die Kosten für ein Festival steigen stetig, gleichzeitig aber können wir zum Beispiel nicht für nur 500 € in Berlin spielen. Wir können wohl kaum draufzahlen müssen. Die Reisekosten machen das alles sehr teuer. Die Veranstalter investieren in ihre großen Bands, die dann auch die Leute ziehen. Für das Geld könnte man aber letztendlich auch viele kleinere Bands holen, die dann auch ihre Fanbase und neue Leute mitbringen. Dennoch hat man als weniger bekannte Band auch weniger Reputation und das zeigt sich leider zu oft in den Gagen. Die wirtschaftliche Vorsicht der Veranstalter ist spürbar, da die ja nie wissen, ob sich das Billing auch auszahlt. Letztlich hat der Horst schon recht, die großen Veranstalter treiben die Preise enorm in die Höhe. Schaut man allerdings auf das Bang Your Head Billing von 2019, was ein krasser Erfolg war, und auch, was man schon für 2020 sieht, da sind echt frische Bands dabei und das könnte sich vielleicht auch auszahlen. Horst wird sich auch eingestehen müssen, dass die alten Hasen langsam aber sicher ausgedient haben. Die Preise, die gegenwärtig für Mötley Crüe zum Beispiel aufgerufen werden, die sind schon jenseits von Gut und Böse. Klar ist aber auch, dass die Infrastruktur eines Festivals und die ganzen Auflagen, die zwischenzeitlich zu erfüllen sind, auch bezahlt werden müssen. Wir werden sehen, wo das insgesamt noch hinführt und wo sich die kleineren Bands darin wiederfinden können. Hoffen wir das Beste.

Time For Metal / Peter:
Lieber Lorenz, das soll es aus meiner Sicht gewesen sein. Ich bedanke mich sehr herzlich für deine Zeit, für die Offenheit, den gemeinsamen Blick hinter die Kulissen bei Traitor und wünsche euch für die Zukunft alles erdenklich Gute. Zu guter Letzt, liegt Dir noch etwas auf dem Herzen, was Du unseren Lesern gerne mit auf den Weg geben möchtest?

Traitor / Lorenz:
Danke für das angenehme Interview und die Zeit mit euch, hat mir echt viel Spaß gemacht. Und den Leuten da draußen: Hört Musik und unterstützt den Underground!

Die CD-Boxset Decade Of Revival ist hier zu erwerben.

Gigs im Jahr 2020

25.01.2020 – Stuttgart I Jugendhaus West
14.03.2020 – Marsberg I Schützenhalle I Metal Diver Festival (abgesagt)
28.03.2020 – Pforzheim I Sakrema I Metal Till Death Part 1 (Red) (abgesagt)
11.04.2020 – Oberndorf a. N. I Neckarhalle I Easter Cross Festival (abgesagt)
18.04.2020 – Bremen I Magazinkeller I Hansemosh (abgesagt)
25.07.2020 – Ottobeuren I Guggenberg I Schlichten Fest 2020
21.08.2020 – Gerstungen I Burgruine Brandenburg I Burgbrand Open Air
07.11.2020 – Jugendzentrum Schwelm I Eisenfest X

Alben

2012: Thrash Command (Eigenverlag)
2013: Thrash Command – US-Neuauflage (Stormspell Records)
2014: Thrash Command + Live Beyond The Command (Violent Creek Records/Soulfood)
2015: Venomizer (Violent Creek Records/Soulfood)
2018: Knee Deep In The Dead (Violent Creek Records/Soulfood)
2019: Decade Of Revival (Violent Creek Records/Soulfood)

Demos

2007: Premature Burial (noch als Premature Burial)
2008: M.A.I.K. (noch als Premature Burial)
2009: Thrash Metal Victory
2009: Inclination to Aggression (Live-Demo)
2010: Nuclear Combat