Karg – Traktat

Ein Traktat, welches Nebenwirkungen erzeugen könnte

Artist: Karg

Herkunft: Sankt Johann im Pongau, Österreich

Album: Traktat

Spiellänge: 76:20 Minuten

Genre: Atmospheric Black Metal, Post Rock, Grunge, Shoegaze, Post Punk

Release: 07.02.2020

Label: AOP Records

Links: https://www.facebook.com/kargband
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https://www.facebook.com/aoprecs

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre, Bass und weitere Instrumente – J.J.
Schlagzeug – Paul Färber

Tracklist:

  1. Irgendjemand Wartet Immer
  2. Jahr Ohne Sommer
  3. Stolperkenotaphe
  4. Alaska
  5. Abgrunddialektik
  6. Alles Was Wir Geben Mussten
  7. Grabcholerik
  8. Tod, Wo Bleibt Dein Frieden?
  9. Nichts Als Schatten (Bonus Track // Bonnie Prince Billy Cover)

Karg wurde bereits im Sommer 2006 als Ein-Mann-Projekt vom Harakiri For The Sky Sänger J.J. gegründet. Karg bietet eine wütende und originelle Mischung aus Atmospheric Black Metal, Post Rock, Grunge, Shoegaze und Post Punk. Die Einflüsse weiterer Genres zum Black Metal entwickelten sich in den letzten Jahren mehr und mehr. Textlich ging es bei Karg immer um die melancholische Seite des Lebens, wie zerbrochene Beziehungen, verlorene Liebe, Entfremdung, Drogenmissbrauch, Verlust oder Selbstmordgedanken und Depression. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands sind die Texte von Karg genauso wichtig wie die Musik.

Das neue Album von Österreichs Karg ist eine Fortsetzung der 2018er Werks Dornenvögel. Mastermind J.J. kommentiert das neue Album: „Als ich anfing Traktat zu schreiben, wollte ich explodieren. Die Dinge begannen zu fallen. Abgesehen vom Anfang des Jahres, was mich bis zum Ende des Sommers abgelenkt und ängstlich machte. Und wenn die Ärzte dir sagen, dass eine depressive Episode wie diese ungefähr oder länger als sechs Monate ohne Behandlung anhält, dann muss ich hier zustimmen. Sie haben vollkommen recht. Daher bin ich dieses Jahr viel gereist, um vor einer Staupe Erkrankung davonzulaufen. Ich konnte nicht mehr kontrollieren. Das macht Traktat zu einem sehr persönlichen Album, musikalisch wie lyrisch. Ich habe viel Zeit auf der Straße verbracht. Ich würde nicht sagen, dass die vorherigen Karg-Veröffentlichungen weniger persönlich waren, aber diese hat einen besonderen Stellenwert in meinem Herzen. Es ist auch der letzte Teil einer Trilogie, die vor fast vier Jahren mit Weltenasche begann und mit Dornenvögel im Sommer 2018 fortgesetzt wurde. Traktat ist für mich eine Art manische Depression, die ihre Höhen und Tiefen hat, laut und gleichzeitig ruhig und mit einem Kontrollverlust jede zweite Minute. Sehr viel zu ertragen, und voller Emotionen, ich bin verzweifelt, da ich sowieso explodiere.

Was für eine Beschreibung als Einstieg zu einem Werk. Viel düsterer und melancholischer geht es ja fast nicht mehr. Hören wir also mal in den Opener rein. Der hat schon mal eine Laufzeit von mehr als zehn Minuten und heißt Irgendjemand Wartet Immer. Musikalisch könnte der Track auch als Post Rock durchlaufen. Die Schreiattacken hauen einen fast aus dem Sessel. Irgendwo harte, aber interessante Kost. Auch über zehn Minuten etwas zum Zuhören und dranbleiben. Jahr Ohne Sommer knallt sofort mit dem Schreigesang von J.J. los und jagt dem Zuhörer einen Moment des Erschreckens ein. Ansonsten gilt hier das gleiche Fazit. Es gibt Verschnaufpausen, dann haut J.J. wieder los. Stolperkenotaphe startet deutlich entspannter. Mid-Tempo, sogar Geige ist zu hören. Der Schreigesang durchbricht die andächtige Musik. Die Mischung mit Geige, Schreigesang und ruhiger, bedächtiger Gitarrenarbeit, verschiedene Spannungsbögen mit Sprechgesang und tempoverstärkte Gitarren machen auch diesen Track interessant und alles andere als langweilig. Gewöhnungsbedürftig ist die Musik allerdings definitiv und wird nicht in jeden Gehörgang passen. Alaska startet mit einem Schrei und geht dann deutlich schneller voran, als sein Vorgänger. Etwas mehr als elf Minuten schreit J.J. mit verschiedenen melancholischen Breaks. Leicht verdaulich ist etwas anderes. Abgrunddialektik kommt zum Start ruhiger um die Ecke. Mit J.J.s Schreien wird das Tempo angezogen. Auch hier rennt der Track mehr als elf Minuten. Ich sag jetzt mal sarkastisch – wenn man noch nicht depressiv ist, könnte man es bei längerem Genuss des Tracks werden. Brutal düstere Stimmung wird verbreitet. Alles Was Wir Geben Mussten, Grabcholerik und der Rausschmeißer Tod, Wo Bleibt Dein Frieden? (Der Bonus Track liegt uns nicht vor) sind schon fast Kurzfassungen mit sieben bis acht Minuten. Ansonsten reihen sich die Titel in das bereits erwähnte ein.

Das Album ist als Stream frei verfügbar. Klick

Karg – Traktat
Fazit
Ein Gesamtwerk mit einer Laufzeit von mehr als 75 Minuten! Eins steht fest - Mainstream ist die Musik auf jeden Fall nicht. Die andere Frage, die mich bewegt, ist: Wer schafft wirklich die gesamte Spielzeit? Irgendwann wird das ganze Werk einfach zu lang und man ist froh, dass es ein Ende findet. Zweifelsohne alles andere als ein uninteressantes Album. Aber dann doch hier und dort etwas zu sehr in die Länge gezogen. Ich denke, das ist etwas - überspitzt ausgedrückt - was man liebt oder hasst. Für Genreanhänger in Richtung Atmospheric Black Metal und Shoegaze evtl. ein Top Album. Technisch auf jeden Fall stark und gut gemacht.

Anspieltipps: Jahr Ohne Sommer, der läuft knapp 10 Minuten
Jürgen F.
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