Ophis – Spew Forth Odium

Dichte Nebelschleier umhüllen die Landungsbrücken und aus dem Nebelhorn erklingen traurig-schöne Melodien

Artist: Ophis

Herkunft: Deutschland

Album: Spew Forth Odium

Spiellänge: 63:03 Minuten

Genre: Doom/Death Metal

Release: 29.10.2021

Label: FDA Records

Link: https://ophis.bandcamp.com/

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – Philipp Kruppa
Gitarre – Floris
Bassgitarre – Oliver Kröplin
Schlagzeug – Ole Fink

Tracklist:

1. Default Empty
2. Of Stygian Descent
3. Conflagration Eternal
4. Temple Of Scourges
5. The Perennial Wound
6. The Stagnant Room

Die Hamburger Institution Ophis rund um das letzte Gründungsmitglied Philipp Kruppa feiert dieses Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum und dazu darf man natürlich gratulieren, auch wenn Philipp zwischenzeitlich mal als Alleinunterhalter unterwegs war. Seit 2008 ist immerhin schon Basser Oliver an seiner Seite. 2019 fand wieder ein Umbruch statt und Gitarrist Floris von Todtgelichter und mein Kollege Ole (Drums) von Gorezone und Sufferage kamen dazu. Ich konnte sie live in dieser Konstellation auch schon sehen und es klang sehr rund und eingespielt und man kann nur hoffen, dass es jetzt erst einmal so bleibt. Vier Jahre ist es nun auch schon her, dass die Band das gute Album The Dismal Circle auf die Menschheit losgelassen hat. Album Nummer fünf ist Ende Oktober erschienen und alles andere würde auch keinen Sinn machen. Ein Ophis Album im Sommer zu hören, bei 30 Grad im Schatten und kurzen Klamotten, ist zwar möglich, aber kaum denkbar.

Der Opener Default Empty unterstützt meine These. Musik für einen Feierabend im Herbst. Wer kennt das nicht? Man geht morgens im Dunklen aus dem Haus zur Arbeit, freut sich, nach Feierabend auf dem Balkon zu sitzen, Kaffee zu trinken und ein fetziges Album durchzuhören. Dann stellt man fest, es ist ja auch dunkel, wenn man nach Hause kommt, es ist nasskalt und irgendwie hat man nicht so die gute Laune. Moshender Thrash Metal würde jetzt nicht passen, aber eben Ophis. Die ersten Töne versetzen dich gleich in eine gewisse Stimmung bzw. passen dich dann der Umgebung an. Langsam geht man zu Werke. Eine melancholische Melodie verdunkelt die Seele und zieht einen ganz in ihren Bann. Die Drums geben das langsame Tempo an, ein fetter Part folgt und dann irgendwann setzen die tiefen Growls von Philipp ein. Spätestens jetzt kommt diese Herbststimmung auf. Die geile Melodie nimmt einen wieder mit auf die Reise in die Dunkelheit. Ein drückender Part mit Quietscher am Ende folgt, der Gesang variiert ein wenig und so setzt man die Fahrt fort. Düster und melancholisch und irgendwie genießt man jeden Ton. Kurz können die Burschen von Ophis eh nicht und so wundert es kaum, dass der Opener über neun Minuten lang geht. Die Veränderung der gesanglichen Stimmlage kommt gut rüber und das langsame Vorspiel der Gitarre passt. Man kriecht weiter durch das Hamburger Kellergewölbe und bleibt finster und atmosphärisch. Musik, auf die man sich einlassen muss. Hat man einen Zugang gefunden, können diese Töne einem echt viel geben. Nach sieben Minuten wartet man mit klaren Gitarrenklängen auf und selbst hier spürt man Verzweiflung und Trauer. Sehr intensiv und mitreißend und ein absolut würdiger Opener.

Bei dem Blick aus dem Fenster stellt man fest, dass es sehr trübe zugeht. Man kuschelt sich kurz ein und lässt die schmerzenden Ergüsse von Of Stygian Descent auf sich wirken. Funeral Doom par excellence. Der cleane Part mit dem dunklen, cleanen Gesang zieht dich absolut runter. Da man aber ja eh schon in solch einer Stimmung ist, passt es irgendwie und man empfindet es nicht als ganz so erdrückend. Das Tempo wird dann minimal angezogen und eine kleine Melodie mit eingefügt. Dann schleppt man sich noch mehr durch die Gegend. Dabei erklingen Growls und giftige Screams. Diese passen hervorragend zum Gesamtkonzept. Nach einem Break setzt man den eingeschlagenen Weg natürlich genauso fort. Die Melodie trägt einen und das langsame Drumming erschwert es einem, seine Fröhlichkeit wiederzugewinnen. Aber trotzdem wird man nicht runtergezogen, sondern man fühlt sich und die Stimmung, die man gerade innehat, verstanden. Eine Kunst, die man beherrschen muss. Diese Traurigkeit, die hier verbreitet wird, kann man nach empfinden, fühlt sich aber nicht von ihr niedergerungen. Es ist eher eine Wiedergabe dessen, was man empfindet. Interessant ist hier, dass Ole ab und zu mal die Doublebass durchlaufen lässt, man aber trotzdem nicht schneller wird bzw. härter klingt. Diese passt sich dem Geschehen an und verleiht der ganzen Atmosphäre mehr Druck.

Wieder beweisen uns diese Hamburger Jungs, dass man auch mit einfachen Mittel sein Ziel erreichen kann. Im Grunde beschränkt man sich auf das Wesentliche und erzeugt mit den eigenen Emotionen und dem spielerischen Vermögen eine sehr düstere Atmosphäre.

Ob es nun Funeral Doom oder Doom/Death ist, sei man dahin gestellt und spielt ja auch keine Rolle. Solche Kategorien sind immer etwas schwierig, jeder zieht die Grenzen ja auch anders und ich bin in dem Bereich eh nicht so fit, um dieses beurteilen zu können. Deathige Anleihen sind aber die ganze Zeit zu hören, nicht nur durch den Gesang. Zum Beispiel bei Conflagration Eternal. Hier geht es ja mal richtig ab. Ein langer und fetter, im Midtempo vorgetragener Death Metal Part. Über zwei Minuten geht es mal ordentlich zur Sache. Erinnert mich ein wenig an Asphyx, ohne von denen etwas übernommen zu haben. Natürlich immer noch kein hohes Tempo und dieses würde auch nicht passen. Dann wechselt man wieder in einen herrlichen, traurigen Funeral Doom Part. Ah ja, das geht runter wie Öl. Ziemlich zerstörend, aber im positiven Sinne. Man lässt sich gerne drauf ein. Die Produktion passt auch einfach. Der Gesang wird an einigen Stellen gedoppelt. Kommt gut. Die melancholische Melodie, die langsam aus den Boxen gekrochen kommt, wird von den Drums unterstützt und so zieht man wieder im Vernichtungstempo um die Häuser, um dann eine richtig bösartige Melodie den Siegeszug antreten zu lassen. Zurückfallen lassen, Tee trinken und einfach das Gefühl mitnehmen. Irgendwie bewegt man sich gerade in einem eigenen Kosmos und man bekommt nicht mit, was draußen geschieht. In dieser eigenen Welt verschließt man sich und lässt den traurigen Sound einfach auf sich wirken. Am Ende holen sie hier auch noch einmal zum cleanen Vernichtungsschlag aus. Der Part gibt einem dann den Rest und ehe man sich versieht, sind elf Minuten herum.

Auch die nachfolgenden Werke Temple Of Scourges, The Perennial Wound und The Stagnant Room klingen wie eine musikalische Vertonung eines Gedichtes von Heinrich Heine mit dem Titel: Der scheidende Sommer.

Das gelbe Laub erzittert,
Es fallen die Blätter herab;
Ach, alles was hold und lieblich,
Verwelkt und sinkt ins Grab.

Die Gipfel des Waldes umflimmert
Ein schmerzlicher Sonnenschein;
Das mögen die letzten Küsse
des scheidenden Sommers sein.

Mir ist, als müßt ich weinen
Aus tiefstem Herzensgrund;
Dies Bild erinnert mich wieder
An unsere Abschiedsstund‘.

Ich mußte von dir scheiden,
Und wußte, du stürbest bald;
Ich war der scheidende Sommer,
Du warst der sterbende Wald.

Dichte Nebelschleier umhüllen die Landungsbrücken und dazu erklingen traurig-schöne Melodien. Ja, nee, so muss Doom/Death klingen. Musik fürs herbstliche Gemüt. Kaufen ist angesagt!

Ophis – Spew Forth Odium
Fazit
Ophis machen auch auf ihrem fünften Album das, was sie am besten können und ändern ihre Herangehensweise nicht. Warum auch, denn die Mischung aus Funeral Doom und Death Metal hat es in sich und versprüht gerade in der Herbstzeit eine positive Energie und erzeugt den einen oder anderen Gänsehauteffekt. Ich persönlich habe live mit dieser Art der Musik meine Probleme. Da habe ich es lieber, wenn Action ist. Aber im privaten Bereich, gerade zur jetzigen Zeit, höre ich es gerne, vor allem, wenn diese Mischung so vorgetragen wird und eine Trauermelodie der anderen folgt. Starkes Album!

Anspieltipps: Default Empty und Conflagration Eternal
Michael E.
9
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