Ritchie Blackmores‘ Rainbow, Waiting For A Sign Tour 2018, Berlin Velodrom, am 18.04.2018

“Einziges Deutschland Konzert von Rainbow mit Höhen und Tiefen!“

Eventname: Waiting For A Sign Tour

Headliner: Ritchie Blackmore’s Rainbow

Vorband: The Lords

Ort: Velodrom, Berlin

Datum: 18.04.2018

Kosten:  ab 63,50 € VVK,  ab 75,00 € AK

Genre: Hard Rock

Besucher:  ca. 6000

Veranstalter: Concert Concept

Link: www.concert-concept.de

http://www.ritchieblackmore.info/

Setlisten:

  1. Poor Boy
  2. Another Life
  3. John Browns Body
  4. Bye Bye Johnny

  1. Intro: Over The Rainbow
  2. Spotlight Kid
  3. I Surrender
  4. Mistreated
  5. Since You Been Gone
  6. Man On The Silver Mountain/Woman From Tokyo
  7. Perfect Strangers
  8. Soldier Of Fortune
  9. Difficult To Cure
  10. Black Night
  11. All Night Long
  12. Child In Time
  13. Stargazer
  14. Long Live Rock’n’Roll
  15. Smoke On The Water

Encore:
16. Burn

Heute darf ich das einzige Deutschland Konzert von Ritchie Blackmore‘s Rainbow besuchen. Dafür finde ich mich relativ zeitig im Berliner Velodrom ein. Zunächst ist unklar, wo der Pressezugang ist. Nach einigem Hin und Her wird der Eingang für Gäste und VIP auch für die Presse freigegeben und die notwendigen Formalitäten werden erledigt. Taschenkontrolle, dann wird jeder persönlich zum Kassenhäuschen begleitet, ich könnte ja unerlaubt in die Halle rennen… Da es noch gut eine halbe Stunde dauert, bis der offizielle Einlass ist, schau ich mich etwas um. Hier finden also ansonsten die Sechstagerennen der Radrennfahrer statt. Jetzt ist die Bahn gut abgedeckt und somit hätten gute 11000 Zuschauer Platz. Nach Info der Veranstalter hätten gut und gern einige Tausend Karten mehr verkauft werden können. Aber die neue Truppe um den 73 jährigen Ritchie Blackmore kann wohl nicht mehr so viele nach Berlin locken. Nachdem noch 2015 das erste Lebenszeichen der neu reformierten Band nach 17 Jahren Inaktivität für Aufsehen sorgte, hat sich die Euphorie schnell gelegt. Immerhin hat der Altmeister ausschließlich auf neue Mitstreiter gesetzt, was nicht immer für positive Resonanz sorgte. Nun also, nach den letztjährigen Deutschlandauftritten auf der Loreley und in Bietigheim-Bissingen (Stuttgart), das einzige Konzert in Deutschland.

Im Vorprogramm sind die noch älteren The Lords. Die sollen wohl dafür sorgen, dass Ritchie jünger wirkt. Diese Beat- und Rockband existiert seit 1959 und ist also dienstälter als die Stones. Bei näherem Überlegen fällt mir nur ein Song von ihnen ein: Poor Boy von 1966. Aber das war es auch schon. Was die Herren auf der Bühne abliefern, ist eher mäßig, aber die Instrumente können sie noch ganz gut bedienen. Da wird schon noch mal die rockige Seite hervorgekramt. Und jetzt wird es kurios. Der offizielle Beginn soll um 19:00 Uhr sein, aber die Lords stehen bereits eine halbe Stunde früher auf der Bühne. Grund: Der Meister der Gitarre möchte gern schon um halb neun beginnen, deshalb die Vorverlegung des Konzertbeginns – nur informiert war darüber keiner. Also entfallen Fotos von den Lords außer die, die aus der Halle gemacht werden dürfen. Somit möchte Ritchie um 20.30 Uhr auftreten, hat sich dann aber doch kurzfristig nochmals umentschieden, sodass es nun doch erst um 21.00 Uhr losgeht. Das bedeutet lange Wartezeit. Die weitere Neuigkeit ist, Fotos dürfen nur die ersten zwei Songs gemacht werden. Also schnell sein. Da wir nun so lange warten müssen, entwickeln sich nette Gespräche mit lokalen und national agierenden Fotografen. Einer von ihnen, früher beim Rock Hard Magzin, erzählt die eine oder andere Anekdoten von früheren Interviews mit Größen wie Lemmy, Blackmore oder auch deutschen Bands. Spannend.

Nun ist es fünf nach neun, und nachdem das obligatorische Intro Over The Rainbow erklingt, betreten also die Herren Blackmore, Ronnie Romero, Bob Nouveau, David Keith und Jens Johansson die aufgeräumte Bühne. Als Erstes wird Spotlight Kid gespielt. Ritchie kniet sich gleich an den Bühnenrand und blickt in seiner typischen Art ins Publikum aber wirkt nicht mehr so unnahbar wie früher. Ronnie Romero am Mikro, mit rotem Tuch um den Oberschenkel gebunden, ist gut bei Stimme und so klingt der Track auch nach Rainbow. Dank SetList FM ist die Songreihenfolge bekannt und die ist fast identisch mit der auf dem Livealbum Memories In Rock II, das diese Tage erschienen ist. I Surrender schließt sich an und danach müssen die Fotografen alle erst mal die Halle verlassen, um dann erneut reingehen zu dürfen. Viele bleiben nicht, aber ich lass mir das natürlich nicht entgehen. Dadurch komme ich noch in den Genuss, den Rest von Mistreated zu hören. Für jeden Sänger eine Herausforderung, die Ronnie aber super meistert und Dio oder Gillan in fast nichts nachsteht. Der Altmeister an seiner Fender Stratocaster greift gewohnt lässig die Saiten auf seinem Griffbrett und dann kommt das durch, was ihn so einzigartig macht. Aus dem Handgelenk die typischen charakteristischen Blues-Licks, die ins Publikum gefeuert werden. Das wollen wir alle sehen und vor allem hören und dafür gibt es Szeneapplaus. Leider fehlt es ihm etwas an der Virtuosität der früheren Jahre. Er hat vor Kurzem den 73. Geburtstag gefeiert und da sind die Finger eben nicht mehr so schnell. Since You Been Gone schließt sich an. Im Hintergrund, auf der riesigen Leinwand, ist der LED Regenbogen zu bewundern oder auch die großen, hellen, überdimensionalen Augen, die von der Straight Between The Eyes CD bekannt sein dürften. Ansonsten wird bildtechnisch auf unterschiedlichste Regenbogen Variationen, Textfragmente oder an Windows Bildschirmschoner ähnelnde Projektionen gesetzt.

Man On The Silver Mountain, inklusive Abstecher zu Woman Fron Tokyo, ist das nächste Lied. Das Dio Paradestück meistert der Chilene Ronnie Romero ohne Makel und ist auf der Bühne die sich bewegende Instanz. Alle anderen sind eher statisch und auch der Gitarrengott bewegt sich nur selten viel. Da sind nur seine Finger agil und entlocken der Fender die Töne, die alle wollen. Das nun folgende Orgelintro erkennt jeder und was folgt, ist die Deep Purple Halbballade Perfect Strangers. Sieht man sich an dieser Stelle die Setlist genauer an, wird dem aufmerksamen Leser und Kenner der Purple/Rainbow Songs auffallen, dass viele Deep Purple Songs gespielt werden. Um genau zu sein, die Hälfte. Aber egal. Hier geht es ja um den Gitarristen, der hier wieder in einem freundlichen Schwarz auftritt, aber die bequemen Stiefeletten trägt. Ritchie wechselt zur akustischen Gitarre. Oh nein, nicht etwa ein Blackmore‘s Night Song? Immerhin steht Candice im Background Chor. Nein, es ist Soldier Of Fortune. Dazu stehen nur Blackmore und Romero in trauter Zweisamkeit auf dunkler Bühne und das soll Stimmung erzeugen, allerdings fällt das arg müde aus. Auch der Versuch die Menge zum Mitsingen zu bewegen schlägt mehr als nur fehl. Das ist das zweite Mal, wo es trotz Animation nicht klappt.

Bei Difficult To Cure ist der erste längere Jam-Anteil zu hören. Beethovens Ode An Die Freude läutet dieses ein und das minutenlange Solo von Jens Johansson kommt leider nicht an die Genialität der bekannten ehemaligen Orgelkünstler wie Jon Lord oder Deep Purples Don Airey ran. Das vorangegangene Zwischenspiel mit Bassist Bob Nouveau ist noch ganz gut und erinnert an die Duelle der früheren Gitarre/Orgel Fraktion. Und dabei waren ausgiebige Jams ein Charakteristikum früherer Konzerte. Nun folgt Black Night und da passt es wieder. Hier sind die Zuschauer textsicher und auch in der Laune zu singen. Und jetzt wird so laut mitgegrölt, dass die Musiker die Bühne verlassen. Erster Gedanke, die machen nach einer Stunde Schluss – aber nach einer Minute kommen sie wieder und es wird überdeutlich, wer da auf der Bühne steht. Eine der prägendsten Gitarristen der Rockgeschichte. Diese unnachahmlichen Riffs haben den Mann bekannt gemacht. Allein dafür hat es sich schon gelohnt, hier zu sein. Leider wird hier der Gitarrenton so hoch eingestellt, dass weder Keyboard noch Sänger dagegen ankommen. Da meint es der Tontechniker gut mit Herrn Blackmore.

Zum Glück korrigiert er das und es folgt Child In Time, welches bei Deep Purple schon seit Jahren nicht mehr gespielt wird, das macht Ian Gillans Stimme einfach nicht mehr mit. Ronnie Romero hingegen brilliert hier und das darf der heutige Höhepunkt gewesen sein. Die Harmonie Vocals meistert er gerade im ersten Teil bravourös und bringt das gesamte Stück mühelos über die Lippen. Auch die hohen Stellen bekommt er ohne Mühe hin. Ritchie zeigt hier dann doch seine Virtuosität an der Sechssaitigen und so kann das druckvolle Feeling hier voll überzeugen. Insgesamt gesehen war er aber schon spritziger und ideenreicher. Es schließt sich Stargazer von der Rizing CD an. Nach Child in Time verblasst dieses Stück aber total. Bevor Smoke On The Water das obligatorische Ende einläutet, darf Long Live Rock’n’Roll nicht fehlen. Hier wird Ronnie Romero wieder von den Zuschauern ausgiebig unterstützt, denn das scheinen alle zu kennen und können auch den umfangreichen Refrain brüllen. Die meist doch gesetzteren Herren, von denen sich aber schon einige mit entsprechendem Berliner Bier in Stimmung gebracht haben, werden hier noch einmal jung. Es kommt, wie es kommen muss und einer der berühmtesten Riffs der Welt erklingt. Rauch auf dem Wasser, Feuer im Himmel, wer kennt es nicht. Das machen die Herren von Deep Purple aber wesentlich besser und auch der Zugabe Burn fehlt es an Feuer. Da wirkt Rainbow eher wie eine mittelmäßige Coverband mit Stargitarrist. Was ich leider vermisse, ist der einzige neue Song, nach dem auch die Tour benannt wurde. Waiting For A Sign wird nicht gespielt, vielleicht wird er aufbewahrt, bis es eine komplett neue CD gibt, inklusiv Tour.

Mein Fazit dieses Abends ist daher auch eher zwiegespalten. Zum einen brillant, zum Anderen eher so, naja. Die nicht optimale Organisation führte schon mal zu einem Misston. Auch die eher mittelmäßige Band um Ritchie Blackmore hinterlässt eine leichte Enttäuschung. Die Musik ist klasse und zeitlos und ohne Zweifel ist Ronnie Romero ein Gewinn und vielleicht sollte man sich auch mal seine Hauptband Lords Of Black zu Gemüte führen. Schön ist es aber, das Ritchie sich noch mal zur Elektrischen bekennt und nicht nur in Strumpfhose und akustisch mit Candice dem Mittelalter Folk frönt. Aber für Fans des Altmeisters war es ein Stück Nostalgie.