Russkaja am 07.12.2017 in der Markthalle, Hamburg

“Traktor, Traktor in der Markthalle. Keine Landwirtschaftsausstellung, sondern russischer Polka Ska Rock !“

Eventname: Kosmopolitour-2017

Headliner: Russkaja

Vorband: Ivan Ivanovitch &  The Kreml Krauts

Ort: Markthalle, Hamburg

Datum: 07.12.2017

Kosten: 23,70 € VVK,  26 € AK

Genre: Rock, Polka, Ska Alternative

Besucher: 900

Veranstalter: Markthalle Hamburg

Link: http://markthalle-hamburg.de/

https://www.russkaja.com/

http://www.kreml-krauts.de/

Setlisten:

  1. Na Voksale
  2. Deutsches Essen
  3. Popalis
  4. Etablissement
  5. Moskau, Berlin, Madrid
  6. Baba Yaga
  7. Emily
  8. Suka Bljad
  9. Reinsch
  10. Medley

  1. Intro
  2. Hello Japan
  3. Hej Road
  4. Alive
  5. Change
  6. Traktor
  7. La Musica
  8. Home Town
  9. Volle Kraft
  10. Energia
  11. Wake Me Up

Encore

  1. Still In Love
  2. Peace, Love & Rock’n‘Roll
  3. Barada
  4. God-Stop

Heute sind wir mal wieder in unserem zweiten Zuhause, der Hamburger Markthalle. Es geben sich Russkaja und als Support Ivan Ivanovitsch & Die Kreml Krauts die Ehre und wollen uns unbeschwerte Stunden bescheren. Bereits am Nachmittag hatten zwei von uns die Möglichkeit Georgij Alexandrowich Markazaria und Mia Nova mit einigen Fragen zu konfrontieren, das Interview ist hier nachzulesen. Der Zutritt war wie immer problemlos und diesmal gab es sogar einen AAA Pass. Der sorgt dann für tolle Bilder direkt auf und von der Bühne und nicht nur aus dem Graben.

Zunächst fängt Ivan Ivanovitch mit seiner Begleitband an. Auf der knapp bemessenen Bühne tummeln sich dann auch neun Gestalten, die bis auf den Sänger, unisono in weißen Unterhemden Jeans und mit Käppi bekleidet musizieren. Die Instrumentenauswahl reicht dabei von Minimalschlagzeug, Gitarre und Bass sowie Posaune, Schifferklavier, Saxofon und Horn. Damit erzeugen sie einen Klangteppich, der rhythmisch und rasant direkt in die Beine geht und für gute Laune sorgt. Die Mischung aus Polka, Punk und Wodka wird ergänzt durch Matrosenweisen und lockeren mit hartem, russischem Akzent gebrachten Sprüchen. So sind die Texte meist in Russisch gehalten, obwohl nur Ivan ein waschechter Russe ist. Seine von zu viel Zigaretten und Wodka angeraute Stimme bringt die russische Melancholie genauso gut rüber, wie den lautstarken Kasatschok. Somit sind Songs, wie Moskau-Berlin-Madrid oder Etablissement und Baba Yaga bestens geeignet, um die Stimmung für Russkaja anzuheizen. Dazu wird geblödelt, fetzige Ansagen gemacht und auf Zwischenrufe des Publikums direkt reagiert. Auch darf ein Crowd Surfer sich auf die Bühne wagen und legt nach einem halbherzigen Strip einen Sprung vom Absperrgitter ins Publikum hin. Das fängt also schon mal gut an und die gut gefüllte Markthalle ist bereit für den Hauptact.

Nach der recht kurzen Umbaupause legt dieser sofort mit Hallo Japan von Kosmopoliturbo, der letzten Scheibe der Wahlwiener los. Georgij hat die gut 900 Zuschauer direkt auf seiner Seite und reißt förmlich alles mit und das trotz Heiserkeit und Erkältung. Er lässt sich nichts anmerken und seine Begleiter unterstützen an vielen Stellen mehr als sonst. Die Bläserfraktion, bestehend aus dem Trompeter Rainer Gutternigg und Ersatzposaunist Hermann Mayr gibt den Ska, Balkan-Beats, Polka, Folklore und Funk-Sounds den richtigen Drive. Der russisch, wienerische Mix fällt mit seiner Multikulti Melange aus Ländern, Sprachen und Kulturen auf fruchtbaren Boden und gedeiht hier prächtig. Seit über zehn Jahren sind sie im Geschäft und das außerordentlich erfolgreich. Ausgedehnte Touren und auch der diesjährige fulminante Auftritt in Wacken lassen die Fans in allen Städten der Republik jubeln. „Wir bringen euch Liebe und Kosmopoliturbo für eure Gesundheit“, nach diesem Motto geht es weiter mit Hey Road und Alive. Nicht ganz unschuldig an der guten Performance ist auch Mia Nova an der E-Geige, die der ungestümen Truppe zu Glanz und Gloria verhilft. Sie setzt durch ihre Virtuosität Akzente und ist auch noch sehr hübsch anzuschauen.

“I changed my Vodka for the Whisky that’s why I got this voice. I changed my Olga for the Britney because I have no choice”. Mit diesen Zeilen fängt Change an und lässt Georgijs russische Vergangenheit vergessen machen, auch wenn die englische Sprache einen deutlichen Akzent hat. Bassist Dimitij Miller und Schlagzeuger Mario Stübler liefern auch bei diesem Song den fetten Rhythmus, auf dem sich Engel Mayr auf der Gitarre austoben darf. So ergeben alle diese Musiker eine Einheit, die sich in den Songs widerspiegelt. Die Anwesenden nehmen diese Energie auf und wandeln sie in Tanz, Pogo, Mitsingen und Crowd Surfer um. Obligatorisch darf dann auch der Psycho Traktor nicht fehlen, und nachdem sich eine hübsche Mitte mit entsprechendem Pappschild auf den Schultern eines kräftigen Untermannes findet, fordert Georgij die Anwesenden zum Rennen im Kreis um diese Mitte auf. Dabei ist Sicherheit oberste Pflicht und der Frontmann fordert zur schnellen Hilfe im Falle eines Sturzes auf. Das wird auch gleich erfolgreich getestet. Die in rot-schwarzen, Dschingis Khan ähnliche Kostüme gekleideten Musiker bringen dadurch die sowieso schon aufgeheizte Halle zum Kochen und Schwitzen. Sie selbst bleiben davon auch nicht verschont und so ist das Oberteil von Georgij nach kurzer Zeit bereits klatschnass und klebt am kräftigen Oberkörper.

Dass die Texte nicht nur in Russisch oder Englisch gehalten sind, wird in La Musica bewiesen. Hier wird der spanischen Sprache gehuldigt, wobei natürlich auch der spanische Rhythmus zum Zuge kommt. So legt sich die Band sprachlich nicht fest und es kann passieren, dass in einem Song mehrere Sprachen zum Einsatz kommen. Es folgt der bisher einzige deutsche Titel in der Russkaja Geschichte. Volle Kraft besticht durch seinen leichten, maritimen Touch und die Menge singt lautstark den einfachen Lalalalala Refrain mit. Dieses erzeugt, wie an andern Stellen auch, ein kollektives Zusammengehörigkeitsgefühl, denn Singen verbindet nun mal. Die metallische Seele wird dann in Energia gefordert. Die Headbanger sollen ihre Nackenmuskulatur lockern und die Schultern rollen, damit sie entsprechend mitmachen können. Frontmann Georgij lässt seinen tiefen Bariton entsprechend ertönen und macht es eindrucksvoll vor. Engel Mayr glänzt mit einem passenden Gitarrensolo. Wake Me Up, im Original von Avicci, beendet den regulären Teil. Nach frenetischen Beifallsstürmen kommen sie aber schnell zurück. Still In Love With You, eine echte Schunkelnummer wird schnell durch Peace, Love and Rock’N‘Roll abgelöst. Den Zuschauern wird, genau wie der Band, nochmals alles abgefordert. Das von Georgij mehrfach angestimmte kräftige Russka wird durch ein hundertfaches Ja der Menge zum Namen der Band vervollständigt.

Nun kommt noch der Moment, in dem sich alle von ihren Problemen befreien sollen. Dafür gibt es eine russische Methode. Tief Luft holen, den Bauch zum Boden drücken, je mehr Bauch desto besser, und ein lautes „Ja“ gen Himmel schreien. Das lässt die Probleme schwinden. Sollten keine Probleme da sein, auch keine Hürde, einfach eins ausdenken. Der Erfolg ist der Gleiche. Ganz zufällig wird dabei eine junge Frau identifiziert, bei der es nicht wirklich funktioniert, aber das Kollektiv hilft ihr stimmgewaltig, um auch sie zu befreien. Das treibt den Spaßfaktor noch mal richtig in die Höhe. Jetzt gibt es noch etwas Russischunterricht inklusive Choreinsatz der Meute. Barada lädt geradezu dazu ein, die letzte Silbe stark zu betonen und das klappt unheimlich gut. Alle werden noch mal angetrieben durch die rasante Spielweise. Nun kommt aber der definitiv letzte Song. Bei Good Stop drehen sich alle Musiker, wie Planeten um die Sonne Georgij, der mit der Sirene aus der Flüstertüte das Ende einläutet. Mit Placiba, Merci und Goodbye verabschieden sich die erschöpften Künstler und entlassen glückliche Menschen in die Nacht.

Trotz der späten Stunde kommen die frisch geduschten Russkajas noch mal raus und stellen sich den vielen wartenden Fans. Auch das gehört dazu und trotz fehlender Stimme geben der Frontmann und alle anderen brav Autogramme oder stehen für gemeinsame Bilder zur Verfügung. Auch das macht sie so sympathisch. Klar ist auch Ivan Ivanowitch mit zumindest 80% der Truppe da.

 

Fazit: Wie immer gelungen und jede Minute wert da gewesen zu sein. Ich kann nur jedem empfehlen, sich das einmal anzutun. Wer natürlich mit dieser Art der Musik nichts anfangen kann, der bleibe weg.