Scorpions – Rock Believer

Bleiben wie selbstverständlich auf dem Rock-Thron sitzen

Artist: Scorpions

Herkunft: Hannover, Deutschland

Album: Rock Believer

Spiellänge: ca. 64 Minuten

Genre: Heavy Metal, Hard Rock

Release: 25.02.2022

Label: Vertigo Berlin

Link: https://www.facebook.com/Scorpions

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre – Klaus Meine
Gitarre, Gesang – Rudolf Schenker
Gitarre – Matthias Jabs
Bassgitarre – Pawel Maciwoda
Schlagzeug – Mikkey Dee

Tracklist:

  1. Gas In The Tank
  2. Roots In My Boots
  3. Knock ‚Em Dead
  4. Rock Believer
  5. Shining Of Your Soul
  6. Seventh Sun
  7. Hot And Cold
  8. When I Lay My Bones To Rest
  9. Peacemaker
  10. Call Of The Wild
  11. When You Know Where You Come From
  12. Shoot For Your Heart
  13. When Tomorrow Comes
  14. Unleash The Beast
  15. Crossing Borders
  16. When You Know Where You Come From (Acoustic)

Egal wo Schwergewichte auftauchen, immer wird es laut und das mediale Interesse ist riesig. Am 25.02.2022 war wieder so ein Tag – die deutschen Rocker von den Scorpions haben ihr 19. Studioalbum veröffentlicht. Nach sieben Jahren Abstinenz gibt es tatsächlich neues Material der Hannoveraner, die eigentlich schon 2006 aufgehört hatten, ihr angestrebtes Karriereende jedoch direkt wieder verworfen haben. Mit dem Abstand von fast einem Monat wollen wir einmal mit euch durch das Album springen und begutachten, was die Herren um Sänger Klaus Meine dieses Mal zustande gebracht haben. Das Artwork ist lebendig, macht Lust auf mehr und gehört zu einem der Besseren der Hard Rock Legende. Doch kann der Inhalt da mithalten? Die Deluxe Edition kommt auf 16 Tracks, die über eine Stunde lang freche Riffs und groovende Melodien zum Besten geben.

Nach dem bärenstarken Return To Forever hat es Rock Believer nicht leicht, an diesem erneuten Erfolg anzuknüpfen. Langsam auf der Zielgeraden der Schaffensphase, wollen die Scorpions die Messlatte für die Nachwelt noch mal höher hängen. Die Rock-Gläubiger, so die Übersetzung des Albumtitels, gehen also als Überzeugungstäter in den Ring. Für Platz 1 in den deutschen Albumcharts hat es zwar nicht ganz gereicht, das Interesse der Hörerschaft in den sozialen Medien war dennoch enorm. Doch kann Rock Believer auch nachhaltig punkten? Meiner Meinung nach ganz klar ja! Wie schon Return To Fever kann auch das neue Material mehr als nur zwei, drei Durchläufe begeistern. Wer jetzt mit dem Finger auf mich zeigt und mir absolute Fantreue unterstellt, den muss ich enttäuschen. Selbst 2006 auf dem Wacken bei der vermutlichen Abschiedstour bin ich zwischenzeitlich gegangen. Das Interesse an den Landsleuten war zu gering, auch wenn man solche Entscheidungen irgendwann bereut, muss man eben dazu stehen. Im nächsten Jahr gibt es dann hoffentlich die zweite Chance, die Musiker gemeinsam auf einer Bühne zu sehen.

Kommen wir zurück und starten mit Gas In The Tank und Roots In My Boots. Wuchtig, mit einem satten Achtziger-Jahre-Radio-Rock-Sound drehen die fünf Musiker direkt auf. Mikkey Dee, den man einfach lieben muss, ist weiterhin bei den Scorpions aktiv und gerbt anständig die Felle. Dabei gibt er nicht nur billig den Takt vor, sondern mischt auch aktiv am hochtrabenden Sound mit. Der exzellente Drummer ist nicht nur als Gast gekommen, sondern bringt eigene Gedanken mit in die Stücke. Bei Gas In The Tank schwingt sogar ganz vorsichtig der Rock ’n‘ Roll Spirit von Motörhead mit. Zurück zu den Wurzeln oder nur die Klischeekeule? Beides gilt für Roots In My Boots, der alles, aber nicht in die Kuschelrockschiene zielt, um mit Rosen statt Kanonen zu schießen. Technisch etwas limitierter, dafür mit 100 % Klaus Meine als Mentor am Mikrofon. Ausbrechende Soli beleben zudem das Geschäft. Knock ‚Em Dead greift weiter die klassische Attitüde auf und lebt von den Rock ’n‘ Roll Klängen. Irgendwo zwischen Rock und Roll liegt Rock Believer, der bewusst die Muskeln spielen lässt. Der erste Kracher der Platte ist und bleibt der Titelsong. Der super stimmiger Start in die Komposition fällt in den Balladenmodus, den sie immer noch brillant beherrschen, der Refrain macht richtig Laune und weckt die Frühlingsgefühle jedes Genre-Jüngers. Butterweich, vielleicht ein wenig zu weich, schwingt die Nummer durch den Raum und drängt dunkle Gedanken ganz weit aus dem völlig reizüberfluteten Schädel. Aus dieser Stimmung heraus entsteht Shining Of Your Soul, der mir wie bereits alle anderen angesprochenen Songs auch nach einem Monat und zig-mal hören noch gut gefällt. Rudolf Schenker und Matthias Jabs sollte man auch noch mal hervorheben, die unmittelbar am Erfolg beteiligt sind und nicht nur Shining Of Your Soul einen elektrisierenden Charakter verpassen. Mein persönlicher Lieblingstrack setzt auf das Duo Pawel Maciwoda am Bass und Mikkey Dee. Die Midtempo-Sequenz hat eine ergreifende düstere Eigendynamik, könnte die Rocknummer des Jahres werden. Im Mittelpart setzen die fünf Musiker auf Hot And Cold und When I Lay My Bones To Rest. Mit mehr Power und weniger düsteren Gedanken laufen die beiden Haudegen schnell warm. Filler findet man keine auf Rock Believer, welches dem Gesamtniveau extrem in die Karten spielt. Peacemaker kann man als situationsbedingt noch wertvoller bezeichnen. Als würden die Musiker zeitgeschichtliche Ereignisse vorab riechen können, treffen sie damit den Gedanken, den viele Rocker von uns gerade pflegen. Krieg ist und wird niemals eine Lösung sein! Call Of The Wild und When You Know Where You Come From schließen das Kapitel, viele neue dürften nicht mehr dazukommen. Ein kleines finden wir jedoch direkt in der Deluxe Edition, die mit fünf weiteren Titeln den Hörer aufpuscht. So befindet sich im Bonusmaterial Shoot For Your Heart sowie When Tomorrow Comes, als akustische Version darf When You Know Where You Come From ein zweites Mal glänzen.

Scorpions – Rock Believer
Fazit
Die anfängliche Frage lautete, zündet Rock Believer auch nachhaltig ein Feuerwerk? Die Antwort nach vier Wochen lautet: ganz klar ja. Die Stücke kann man nur schwer tothören - mit einem gesunden Abstand kann die Scheibe mehrfach in der Woche unter der Nadel tanzen, ohne an Spannung zu verlieren. Im Sommer ganz bestimmt eine Alternative für rockige Gartenpartys, intensive Barbecue-Sessions und den Ruhephasen nach einem langen Festivaltag. 

Anspieltipps: Rock Believer und Seventh Sun
René W.
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