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Streaming: Spotify, AppleMusic, Deezer und Co

Ein Segen für die Musiker?

„… Und unser Album könnt ihr auch auf Spotify hören“.

Na? Diesen Halbsatz schon mal gehört?

Bestimmt.

Der Zugang zu Online-Plattformen ist seit spätestens Myspace (na, wer kennt es noch?) oder Bandcamp für Bands extrem einfach geworden. Die Vorteile, online mitzumischen, liegen auf der Hand: Kostengünstig die eigene Musik veröffentlichen und quasi die ganze Welt mit einem Klick erreichen.

Und tatsächlich ist dies mittlerweile auch ein gewisser Standard geworden. Zwar gibt es noch einige Exoten, die ihre Musik nicht über Streaming-Dienste anbieten, aber das ist eher die Ausnahme. Man kann versuchen, sich dagegen zu wehren, aber irgendjemand wird schon die Musik von Band XY auf einem dubiosen YouTube-Account hochgeladen haben (Funfact: Das ist massiv illegal und gilt als Urheberrechtsverletzung).

Die ganze Musik der Welt auf deinem Smartphone.
Schon ziemlich praktisch, wenn man ehrlich ist. Und für schon 9,99 € gibt es Spotify Individual.
Dabei sind zehn Euro im Monat für Musikfanatiker, wie Metalheads es nun mal sind, keine große Summe. Also eigentlich eine Win-win-Situation. Oder?

Na ja, eher nicht, wenn diese Frage schon so provokant gestellt wird. Denn wie bei vielen anderen Sachen, profitieren leider nur einige wenige von den Streamingdiensten, während der Großteil einfach nur doof in die Röhre guckt. Aber warum denn eigentlich? Theoretisch ist das System doch total fair, da man pro gehörtem Stream bezahlt wird. Dieses System wird auch „Pro Rata“ bezeichnet und bedeutet, dass (um es einfach zu erklären) die ganze Kohle, die vom Streamingdienst eingenommen wird, unter den Künstlern aufgeteilt wird. Und zwar so, dass jeder einen festen Betrag, pro Stream, bekommt. Das wiederum bedeutet, dass die Künstler mit mehr Streams auch mehr Geld bekommen. So weit, so einfach.

Jetzt kann man sich aber als User*in die Frage stellen: „Wenn das Geld, welches ich bezahle, nicht (oder zu einem Promillebereich) bei den Künstlern ankommt, welche ich höre, was finanziere ich denn dann?“ Und das ist auch der große Haken beim Pro Rata System, denn wir bezahlen als Metalheads auch für die K-Pop-Bands mit. Das mag vielleicht nicht sonderlich schlimm sein, aber es gibt ein System, welches die Musiker und Künstler deutlich fairer bezahlt: das User Centric Payment System (UCPS) oder zu Deutsch, Hörzentriertes Bezahlsystem. Der große Kniff hierbei ist, dass der bezahlte Beitrag des Users unter den gehörten Künstlern aufgeteilt wird. Gerade bei diesem System profitieren unpopuläre Interpreten, da diese direkt von ihren Fans finanziert werden können. Man kann sich aber vorstellen, dass es hier einige „große“ gibt, die von dieser Idee nicht sonderlich angetan wären.

Aber reden wir mal konkret über Geld: Wie schon erwähnt, ist die Bezahlung pro Stream weit unter einem Cent. Das sind unsere 100 %, von denen wir ausgehen. Hiervon gehen dann erst mal 19 % an Mehrwertsteuer runter und die restlichen 81 % gehen dann an die Musiker/Künstler. Halt, Stopp, das stimmt ja gar nicht! Denn davon gehen 30 % an die Streamingdienste, 42 % wollen die Labels haben und 6 % gehen an den Verlag. Wenn man sich jetzt nicht verrechnet hat, kommt man auf 22 %, die dann bei den Künstlern landen.

22 % …

Von 81 % …

Und das muss dann noch unter der Band aufgeteilt werden, die die Kosten für die Aufnahmen hatte, Arbeitszeit für die Songs, Proberaummiete, Kosten für Equipment (Gitarrensaiten, Kabel, Boxen, Schlagzeugfelle und und und).

Also die, die das Produkt (den Song) produzieren, verdienen am wenigsten daran. Das ist schon ziemlich bitter, wenn man ehrlich.

Ich will hier jetzt nicht gegen Labels wettern oder meinen Unmut über Streamingdienste äußern. Auch mögen die Zahlen im individuellen Fall (stark) schwanken. Doch die Grundproblematik bleibt gleich, und zwar, dass die Urheber eines Tracks meistens leer ausgehen …

Jetzt ist aber der Begriff Stream häufiger gefallen. Doch was ist das bzw. ab wann wird ein Stream als gehört gewertet? Dazu muss der Song mindestens 30 Sekunden lang gehört werden. (Einige Grindcorebands kriegen hier schon aufgrund der Songlänge Schwierigkeiten, höhö). Das hat zur Folge, dass kürzere Songs häufiger gehört werden als längere. Ist ja auch ganz logisch: Einen schmissigen Drei-Minuten-Song kann man dreimal hören, statt eines Neun-Minuten-Epos-Songs. Das hat zur Folge, dass sich das Songwriting in den letzten Jahren massiv geändert hat! Die Songs werden sowohl kürzer als auch die Strukturen der Tracks haben sich stark geändert. So ist es nun Sitte geworden, dass sich die Anzahl der Strophen reduziert hat (meist von drei auf zwei) und man als Band versucht, möglichst schnell in den Refrain zu kommen, um die Hörer zu fixieren. Somit soll der „Wieder-Hör-Wert“ des Songs gesteigert werden, was zur Folge hat, dass die Streaming-Rate auch nach oben geht.

Kommen wir mal zu einem weiteren Problem, welches durch die Streamingdienste entstanden ist.

Playlists.

Als Nutzer*in sind Playlists eine feine Sache, da hier von Labels die neuen Veröffentlichungen präsentiert werden können. Künstler haben also ein extrem großes Interesse, bei oft gehörten Playlists mit aufgeführt zu sein. Die potenzielle Hörerschaft und neues Publikum, sind genau hier zu finden. Doch ist es gar nicht so einfach, auf so eine Playlist zu kommen, da diese gerne von größeren Labels bedient werden. Die Chancengleichheit ist quasi nicht existent, da oft gehörte Songs im Algorithmus auch häufiger anderen Nutzern vorgeschlagen werden. Kleinere Bands, mit weniger Reichweite, die nicht auf solchen Listen landen, gehen dann einfach unter und bekommen kaum Beachtung.

Doch was soll man dann als Künstler machen? Einfach auf die Streamingdienste scheißen und sein eigenes Ding machen? Das wird höchstwahrscheinlich niemanden interessieren (wenn die kleine Band XY ihre Platten nicht im Streaming veröffentlicht). Dazu sind die Anbieter zu groß und zu mächtig geworden … und ja, das klingt nicht nur fatalistisch, sondern tatsächlich hat sich eine gewisse Ohnmacht auch in mir breitgemacht. Das System ist auch so träge geworden, dass wirklich nur noch große Erschütterungen hier was bewirken können.

Was wäre denn so was? Eine Idee wäre beispielsweise eine Streamingplattform, die sich nur dem Metal verschrieben hat. Ähnlich wie Netflix und Disney+, könnte sich auch hier eine neue Sparte eröffnen, die auch so ganz nebenbei ihr Produkt auch fair finanziert. Klar, jetzt kommt das legitime Argument: „Du glaubst doch wohl bitte nicht, dass ich mir jetzt noch einen zweiten Account bei einem anderen Streamingdienst zulege? Das wird auf Dauer ja ein bisschen teuer!“

Valider Punkt. Aber bei Filmen und Serien geht es doch auch? Warum dann nicht auch bei dieser Leidenschaft?

Aktuell könnt ihr aber weiterhin eure Lieblingsbands unterstützen, indem ihr physische Tonträger und Merchandise kauft. Das ist dann wenigstens Geld, was zum größten Teil bei den Künstler*innen landet.

Wen es interessiert, meine verwendeten Quellen sind eine Doku von Arte (unter folgendem Link nachzuschauen) und das GEMA Mitglieder Magazin Virtuos (3/2022).

https://youtu.be/Kqlc8LUEq00

https://www.youtube.com/watch?v=Kqlc8LUEq00&list=WL&index=58&t=686s“>https://www.youtube.com/watch?v=Kqlc8LUEq00&list=WL&index=58&t=686s