Der Musiker und Fotograf Sven Zimmermann reiste während des ersten Corona-Lockdowns 2020 quer durch Schleswig-Holstein und besuchte Personen, die im Bereich Kunst und Kultur tätig sind. Personen, die besonders vom Lockdown betroffen waren. Herausgekommen ist ein Bildband, in dem die Gemütszustände der Personen zum Zeitpunkt des Gesprächs mit einem Porträtfoto und einem persönlichen Zitat festgehalten wurden.
Sven Zimmermann ist selbst ein Betroffener. Musiker in mehreren Bands, Leiter einer Rockschule in Kiel und Dokumentarfotograf und wie viele andere der Szene plötzlich ohne Einkommen. Er führte intensive Gespräche über diese für alle Künstlerinnen und Kulturschaffenden besondere Situation des Lockdowns und die damit verbundenen Herausforderungen. Diese Gespräche hat er in einem hervorragenden Bildband zusammengefasst. Am Beginn des Lockdowns überwogen Zorn, Verzweiflung, Nachdenklichkeit, Angst und Trauer. In den Monaten danach traf er auf Hoffnung, Sorglosigkeit, Entschlossenheit, distanzierte Kritik und auch Freude.
Wer sind nun die Leute, mit denen sich der Kieler zusammengesetzt hat? Bereits das Vorwort von Björn Engholm, ehemaliger Bundesminister für Bildung und Wissenschaft sowie Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, lässt aufhorchen. Die Liste danach ist lang. Sehr lang. Und Vielfältig. Musiker*innen, Maler, Schauspieler*innen, Schriftsteller*innen und Veranstalter*innen kommen zu Wort. Und nicht irgendwer, sondern Prominente des öffentlichen Lebens.
Die Aktion „Ohne Kunst wird´s Still“ ist hinlänglich bekannt. Ähnlich äußerte sich Sänger und Schauspieler Jan Plewka, Frontmann der Hamburger Rockband Selig. „Ohne Künstler keine Kunst, ohne Kunst keine Kultur, ohne Kultur keine Gesellschaft.“ Moira Serfling aus Sylt meint, sie sei da, um Menschen glücklich zu machen. Damit kann sie jetzt nicht einfach aufhören. Andreas Waschkowski von der Opus Veranstaltungstechnik beschreibt die Corona-Situation mit zwei Sätzen, die die Lage treffend der gesamten Branche beschreibt. „Von sehr guter Auftragslage und Fachkräftemangel zu 100 % Stillstand in 14 Tagen. Eine erzwungene Vollbremsung mit anschließendem Berufsverbot.“ Die Lager sind voll, die Fuhrparks stehen still. Veranstaltungen aller Art finden nicht mehr statt.

Auch Björn Högsdahl, Autor, Poetry Slammer, Veranstalter und Agent, spricht mit zwei Sätzen aus, was Millionen Menschen denken und sich die Verantwortlichen auf den Zettel schreiben sollten. „Wer sich in der Normalität mit Kunst und Kultur schmückt, sollte sich in der Krise für sie stark machen. Dafür, dass niemand im Regen stehen gelassen werden sollte, steht erstaunlich vielen Menschen das Wasser bis zum Hals.“ Expeditionsleiter Arved Fuchs hingegen vertritt des Slogan „Never give up!“. Zuversicht strahlt André Gremmel, der Betreiber des Veranstaltungszentrums Die Räucherei aus Kiel aus. „Kultur ist kein Hobby. Die Zeiten sind sehr schwer und komisch, aber es wird schon werden.“ Aber wann?
Während Holger Hübner Richard von Weizsäcker zitiert, spricht Thomas Jensen von den W:O:A Gründern hingegen Klartext. „Long live Rock´n´Roll. Das ist das, was uns am Leben erhält, wofür wir leben, wovon wir leben.“.
Ich möchte hier nicht alles vorwegnehmen. Neben Björn Both, der Sänger der beliebten norddeutschen Band Santiano, Klaus Büchner, Gründungsmitglied und Sänger von Torfrock, der Schriftsteller Feridun Zaimoglu äußern sich weitere wichtige Personen des Kulturlebens Schleswig-Holsteins.
Sven Zimmermann schaffte es, ein über 140 Seiten umfassenden Zeitzeugnis zu schaffen. Seine hervorragenden Porträts spiegeln den Querschnitt der derzeitigen Künstler*innen und Kulturschaffender*innen des Landes wider.
Viele Fragen bleiben natürlich offen. Wie hat die Corona-Pandemie die Kunst- und Kulturszene beeinflusst? Wie ihre Arbeit? Wie ihre Leben? Das aber kann und soll ein Bildband auch nicht leisten.