The Devil’s Trade, Lili Refrain und Forndom am 16.04.2022 im Blue Shell, Köln

Drei extravagante Solokünstler an einem Abend

Bands: The Devil’s Trade, Lili Refrain, Forndom

Ort: Blue Shell, Luxemburger Str. 32, 50674 Köln

Datum: 16.04.2022

Kosten: 17 € VK, 23 € AK

Genre: Avantgarde, Ambient, Dark Folk, Dark Doom Folk, Nordic Ritual Folk

Besucher: ca. 100 Besucher

Veranstalter: Blue Shell, Sinospirit

Link: https://www.facebook.com/events/243002870476003/

Kurzfristig haben wir mitbekommen, dass The Devil’s Trade auf Tour ist. Das kann ich mir nicht entgehen lassen, zumal ich ihn das letzte Mal mit Der Weg Einer Freiheit gesehen und ein Review zu seiner letzten Platte gemacht habe. Und toll auch, dass Lili Refrain dabei ist, zu eines deren Werke ich auch bereits ein Review gemacht habe. Forndom gibt es bei der Tour noch obendrauf.

Also ab nach Köln. Früh genug bekomme ich mit, dass ein Wechsel der Location ansteht. Ursprünglich sollte die Veranstaltung im Club Subway stattfinden, man ist jedoch in das Blue Shell ausgewichen.

Wie immer gibt es in Köln natürlich Parkplatzprobleme. 15 Minuten für einen Euro sind echt happig. Ein paar Mal rundfahren und wir (meine Frau Heike ist mit dabei) erwischen dann doch tatsächlich noch einen kostenfreien Parkplatz (hält man in Köln kaum für möglich) in der Nähe des Blue Shell.

Im Blue Shell ist alles in diesem schönen blauen Mermaid-Dämmerlicht gehalten. Das trägt dem Ambiente schön zu, macht es fürs Fotografieren jedoch schwer, denn auch bei den Gigs gleich wird es vom Licht her nicht anders.

Pünktlich erscheint Lili Refrain und geht nach draußen, um dort noch zu verweilende Fans in den Innenraum zu holen. Das macht sie mit einem Glöckchen, damit es auch jeder mitbekommt. Das wirkt und das Blue Shell füllt sich recht schnell.

Mir gefallen kreative Musiker/innen, die die Weiten des musikalischen Universums versuchen auszutesten. Eine dieser Musikerinnen ist Lili Refrain aus Rom. Lili Refrain ist ein Soloprojekt. Die Italienerin ist seit 2007 in diesem Metier erfolgreich tätig. Sie verwendet bei ihren Aufnahmen/Performances E-Gitarre, Gesang und Loops in Echtzeit. So entstehen Songs mit überlappenden Klängen, die minimalistische Wiederholungen mit Folk, Psychedelia, Blues, Rock, Metal oder auch lyrischer Oper verbinden. Somit stößt sie mit ihrem Sound über die Grenzen der Genres hinweg. Von Lili Refrain und ihrem Schaffen bin ich begeistert, seitdem ich zu ihrer EP Ulu ein Review machen durfte.

Jetzt also endlich darf ich einer Live-Performance von ihr beiwohnen. Die quirlige junge Dame da vorne auf der Bühne begeistert nicht nur mich. Es wirkt schon recht avantgardistisch, was Lili Refrain hier macht. Sie arbeitet mit ihrer Stimme, einer Trommel und auch die Gitarre ist griffbereit. Mit ihrem minimalistischen Sound und den immer wiederkehrenden Loops erschafft sie Großes. Es entstehen experimentelle Klanglandschaften, denen eine unheimliche Mystik innewohnt. Klanglandschaften voller Poesie, Komplexität, Unheimlichkeit und ganz wichtig: unendlicher Schönheit. Eine tolle Performance der Künstlerin, die nicht nur mich begeistert. Am Merchstand unterhalte ich mich nach dem Gig noch mit ihr und sie bedankt sich für den Support.

Lili Refrain ist bei dieser Tour als Ersatz für Darkher eingesprungen, zu deren letzten Album ich ebenfalls ein Review gemacht habe. Die hätte ich natürlich auch gerne gesehen. Aber man kann nicht alles haben, das werde ich irgendwann nachholen. Zunächst bin ich einfach nur happy, dass ich endlich Lili Refrain live gesehen habe.

Nach kurzer Pause folgt dann The Devil’s Trade. Es ist für mich nicht das erste Mal, dass ich The Devil’s Trade sehe. The Devil’s Trade ist das Soloprojekt des Ungarn Dávid Makó. Zu dessen letzter Platte The Call Of The Iron Peak durfte ich ebenfalls ein Review machen.

Dávid Makó, versteht es, alleine mit Banjo oder auch Gitarre eine seltsam düstere und doomgeschwängerte Stimmung zu verbreiten. Er nennt diese minimalistische Musik, selbst Dark Doom Folk. Das erste Mal kennengelernt habe ich den sympathischen Musiker im April 2019 in Wiesbaden, als er die Black Metaller von Der Weg Einer Freiheit auf deren Tour supportete!

Vor sich hat er ein Board mit einer Menge an Pedalen und Effektgeräten liegen. Die Show beginnt zunächst mit einigen Soundscapes und dann eröffnet er den eigentlichen Gig mit Pusztinai Nagy Hegy Alatt. Er steht auf der Bühne und hat den Klangkörper eines Banjos vor Gesicht und Mund gehalten, dabei singt er den Song. Seine Stimme kommt dadurch etwas verfremdet rüber. Eine etwas seltsam anmutende Situation und auf jeden Fall ergreifend. The Devil’s Trade hat eine Menge Fans hier. Wer ihn einmal gesehen hat, vielleicht als Support mit anderen Liveacts, der kann sich seinem Bann natürlich nicht entziehen. Er begleitet seine tiefe, raue und melancholische Stimme mit elektrisch verstärkter Akustikgitarre oder auch mit dem Banjo. Irgendwie erscheint seine Musik wie ein unwirklicher Trip. Man muss sich auf jeden Fall darauf einlassen können, sonst geht sie komplett an einem vorbei. Die Songs liegen alle zwischen Intimität, Verzweiflung und Hoffnung. Wenn man sich auf diese Musik einlässt, hypnotisiert sie doch richtig. Zwischen den einzelnen Songs, die von seinen beiden bisherigen Alben What Happened To The Little Blind Crow und The Call Of The Iron Peak stammen, von dem auch das schaurig schöne Dead Sister ist, zeigt er sich heute mit seiner dunklen und kratzigen Stimme richtig gesprächig. Wir erleben eine tolle dunkle Performance, getreu seiner These: Happy Music Is Shit. Dávid Makó aka The Devil’s Trade hat mit seinen Fans hier einen teuflischen Handel gemacht und den muss man erfüllen. Man kommt aus dieser seltsam düsteren Stimmung nicht mehr heraus. The Devil’s Trade hält dich in dieser Stimmung bis zum Schluss regelrecht gefangen.

Nach dem Gig unterhalte ich mich noch ein wenig mit dem sehr sympathischen Dávid Makó und kann mir die beiden Alben signieren lassen.

Den Abend beschließt Forndom. Forndom ist natürlich auch ein Einmannprojekt. Hinter Forndom steckt Ludwig Swärd aus Schweden. Jener Ludwig Swärd präsentiert mit seinem Soloprojekt Nordic Ritual Folk. Ludwig Swärd erlangte zunächst mit Landschaftsfotografien Aufmerksamkeit. Unter der künstlerischen Vision, seinen Bildern einen Klang zu verleihen, entstand dann Forndom.

Fast hätte ich es überhaupt nicht mitbekommen, dass er schon auf der Bühne ist. Er sitzt mit einem tief ins Gesicht gezogenen Kapuzenmantel dort auf einem Stuhl im dunklen Licht. Dann betätigt er sein Handy und es geht los. Er sitzt dort und singt zu der Musik, die vom Band kommt. Er bietet skandinavischem Folk mit sphärisch begleitendem Ambiente. Auch benutzt er später die Talharpa, die schwedische Pferdeschwanzhaar-Harfe, die zu Beginn des Gigs vor seinen Füßen liegt. Die Musik wirkt zwar cineastisch, kommt aus meiner Sicht in diesem Rahmen jedoch etwas zu kurz. Auch er hat natürlich hier seine Fans, die ihn nach den einzelnen Songs mit Beifall bejubeln. Aus meiner Sicht ist es so, wie der Gig abläuft, etwas zu unspektakulär und ich komme im Gegensatz zu den vorherigen Acts nicht so ganz rein. Das ist echt schade, denn der Sound des Schweden hat schon was.

Fazit: Schöner avantgardistischer Abend mit drei Solokünstlern, die zudem in ihrer Performance recht unterschiedlich sind. Meinen Erwartungen im Besonderen entsprochen haben Lili Refrain und The Devil’s Trade. Schöne Atmosphäre im Blue Shell.