Threshold – Dividing Lines

Threshold und Prog Metal - eine Symbiose, die einfach funktioniert

Artist: Threshold

Herkunft: England

Album: Dividing Lines

Spiellänge: 64:47 Minuten

Genre: Progressive Metal

Release: 18.11.2022

Label: Nuclear Blast

Link: https://www.thresh.net/

Bandmitglieder:

Gesang – Glynn Morgan
Gitarre  – Karl Groom
Keyboards – Richard West
Bass – Steve Anderson
Schlagzeug – Johanne James

Tracklist:

  1. Haunted
  2. Hall Of Echoes
  3. Let It Burn
  4. Silenced
  5. The Domino Effect
  6. Complex
  7. King Of Nothing
  8. Lost Along The Way
  9. Run
  10. Defence Condition

Seit dem Ausstieg von Damian Wilson in Frühjahr 2017 bin ich etwas mucksch mit Threshold. Obwohl sie mit Glynn Morgan zwar einen klasse Sänger als Frontmann dabei haben, war Damien für mich die bessere Wahl, zumindest zur damaligen Zeit. Aber wir müssen uns ja mit den Gegebenheiten abfinden und so wollen wir das neuste Werk der Briten wohlwollend hören und nicht weiter schmollen. Schnell wird klar, dass sie es mal wieder geschafft haben, eine Platte aus einem Guss abzuliefern. Die Spielzeit übersteigt die 60-Minuten-Marke. Es befinden sich gleich zwei Songs mit über zehn Minuten Dauer dabei und bis auf zwei, ist keiner der Songs unter fünf Minuten lang. Das lässt Spielraum für Soloeinlagen von Karl Groom und auch Keyboarder Richard West wird ausgiebig bedacht. Dazu gesellen sich Johanne James und Steve Anderson – seit fast 20 Jahren eine feste Basis, auf der sich die teilweise verschachtelten Tracks ausgiebig ausleben können.

Bereits Haunted zeigt, was in den folgenden 60 Minuten aus den Kopfhörern oder den Boxen ertönen wird. Kräftiger Gesang, der sich über die Grundmelodie legt. Im Chorus erinnert der Track an frühere Threshold Scheiben, ich bin da bei dem 2012 erschienenem March Of Progress. Und wieder schaffen es Threshold von sich zu überzeugen. Mit Hall Of Echoes wird dem Bassisten gerecht. Man höre sich nur den treibenden Bass an. Dazu eine gnadenlos gute Melodie, die sich Herr Groom aus den Fingern gezaubert hat. Dass er nicht nur das kann, beweist er immer wieder mit eindrucksvollen Gitarrensoli. Let It Burn schlägt in die gleiche Kerbe, fetter Bass, dazu locker gespieltes Drum und dann gibt’s schon wieder so einen Moment, der die Qualitäten der Band zeigt. Die Gitarre ist das zunächst beherrschende Instrument, das aber von Keys und Gesang abgelöst wird, nur um sich dann das Zepter erneut zurückzuholen. Sehr schöner Track, dem man nicht anmerkt, dass er fast sieben Minuten lang ist. Zeitlos. Silenced ist etwas kürzer, zeigt aber, dass der Threshold-Kosmos auch komprimiert funktioniert. Schöne Melodie und ausdrucksstarker Glynn Morgan.

Mit The Domino Effect kommt ein Elf-Minuten-Epos daher, das so lange braucht, wie es Dominosteine brauchen, um gekonnt in Figuren zu fallen. Nach dem fast schon symphonischen Einstieg geht es mit akustischer Einlage und schöner Stimmlage weiter. Man weiß genau, auf was das hinausläuft. Die einsetzende Gesangsmelodie lässt den Track ganz weit nach oben rutschen und setzt die Tradition der Longtracks fort. Nach gut der Hälfte gibt es einen kleinen Break, der dazu dient, Groom mit Solo so richtig in Szene zu setzen. Der nutzt das ausgiebig, nur um dann den Staffelstab an Richard West weiterzugeben, der zeigt, dass er dem Gitarristen in nichts nachsteht. Dann kommt wieder die anfängliche Melodie und macht den Sack zu. So gehen lange Songs, ohne langweilig zu sein. Prog par excellence, auch wenn es hier etwas metallischer, härter zugeht. Complex ist ein Kracher, der live gut gehen dürfte und sich einen festen Platz auf der Setlist erobern dürfte. Ich sehe direkt Johanne hinter seinem Kit, der hier eine Glanzleistung abliefert, auch wenn das nicht vordergründig zu merken ist, aber man höre sich die Drums im Hintergrund genau an, mega.

Meine Skepsis ist wie weggeblasen. Bisher kein Ausfall und das setzt sich in den folgenden Songs fort. King Of Nothing, Lost Along The Way und Run lassen nichts mehr anbrennen. Super schöne Melodien, komplexe Songstrukturen und eine gewachsene Band, die, ich muss es einfach sagen, auch ohne Wilson einen geilen Job macht. Karl Groom und Richard West schaffen es immer wieder Songs zu kreieren, die es in sich haben und einfach gut funktionieren. Ich denke, dass ich auf jeden Fall zur nächsten Tour dabei sein werde, um mir neben Klassikern auch die neuen Stücke anzuhören. Defence Condition knackt als letzter Song noch mal die Zehn-Minuten-Marke. Noch mal wird aus dem kompositorischen Hut alles gezaubert, um dem Hörer ein Hörerlebnis zu bieten. Damit verabschieden sich Threshold nach guten 65 Minuten und hinterlassen ein gutes Gefühl und die Gewissheit, dass diese Platte ganz weit oben im persönlichen Jahresranking, neben Arenas The Theory Of Molecular Inheritance (Review hier) liegen wird.

Threshold – Dividing Lines
Fazit
Mit Dividing Lines haben Threshold ihren Anspruch auf megastarke Alben mit Suchtpotenzial zu kreieren gefestigt. Die neue Platte bietet alles, was Prog Metal braucht. Große Melodien, komplexe Songstrukturen ohne zu verschachtelt zu sein, virtuose Musiker, die sich in die Band einbringen, ohne selbstverliebt zu sein und eine den Songs dienliche Produktion mit genügend Tiefgang und Druck. Genreliebhaber können, nein müssen bedenkenlos zugreifen.

Anspieltipps: Haunted, Complex und The Domino Effect
Kay L.
9.5
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