Wolfsfest am 19.10.2018 in Z7-Pratteln

„Die Wölfe sind zurück …“

Eventname: Wolfsfest 2018

Headliner: Varg, Eisregen

Vorbands: Ost+Front, Harpyie

Ort: Z7, Kraftwerkstr. 7, 4133 Pratteln, Schweiz

Datum: 19.10.2018

Kosten: 45,-  CHF AK (incl. 5,- CHF für Ärzte ohne Grenzen)

Genre: Pagan Metal, Neue Deutsche Härte, Melodic Death, Folk Metal, Mittelalter Rock, Modern Metal, Dark Metal

Besucher: ca. 400

Veranstalter: Konzertfabrik Z7 Pratteln    http://www.z-7.ch

Links: https://www.facebook.com/events/1768602599893762/   http://www.wolfsfest.de

Die Wolfsfest Tour geht in die nächste Runde und wie schon in den letzten Jahren überzeugt das Line-Up wieder mit einem abwechslungsreichen Stilmix und einem facettenreichen Bandpaket. Natürlich steht alles unter dem Motto „Die Wölfe sind zurück“, doch Varg kommen nicht alleine. Wie schon vor zwei Jahren haben sie mit Eisregen den Tod aus Thüringen mit im Gepäck, aber auch Ost+Front und Harpyie werden mit ihnen um die Wette heulen. Start der Tour ist heute im Z7 im schweizerischen Pratteln und für die Wolfshorde von Varg wird es eines der wenigen Konzerte des Jahres sein, denn außer einem Benefizfestival wird das Rudel nur die neun Konzerte ihrer Wolfsfest Tour spielen.

Der eigene Wolf ist schnell bei einer Bekannten untergebracht und so sind wir schon recht früh auf der A5 Richtung Basel unterwegs, um dem großen Feierabendverkehr zu entgehen. Am Z7 angekommen, bin ich dann doch etwas verblüfft, denn gerade mal so etwa zehn Headbanger haben sich bisher vor der Location versammelt und hören lautstark 1000 Tote Nutten von Eisregen. Als sich dann gegen 18:30 Uhr die Tore öffnen, hat sich das Bild noch nicht so ganz wesentlich geändert, ein paar Metaller haben sich noch eingefunden, doch mehr als 50-60 Leute dürften es wohl nicht sein. Okay, kein Problem, um so entspannter können wir erst einmal das Merch checken und uns mit etwas Flüssigem versorgen.
Den Anfang machen dann gegen 19:00 Uhr Harpyie, die ostwestfälischen Folk Metaller aus Bad Oeynhausen. Zum kurzen Intro stürmen die Harpyien, die Fabelwesen der griechischen Mythologie, auf die Bühne. Frontmann und Sänger Aello kommt entsprechend der Namensgebung mit einer Maske auf die Bühne, die offenbar das geflügelte Mischwesen aus der Mythologie darstellen soll, obwohl es für mich eher nach dem Greifvogel Harpyie aussieht. Ich kann mich da aber auch vertun, denn die Bühne ist relativ düster gehalten, sodass die einzelnen Musiker oft nur schemenhaft zu erkennen sind und nach dem ersten Song ist die Maske auch schon wieder verschwunden. Die Mittelalter / Folk Metal Combo fährt neben der üblichen Besetzung mit Mechthild Der Hexengeige auch eine Violistin auf. Obwohl ich dem Genre eigentlich recht offen gegenüberstehe und der Bekanntheitsgrad mittlerweile über Ostwestfalen-Lippe hinausgeht, ist die Band bisher an mir so ziemlich vorbeigegangen und ich sehe sie heute zum ersten Mal live. Auch wenn ich die Songs nicht kenne, so kann Aello Die Windböe zumindest mit kraftvollem Gesang überzeugen, auch wenn diese Inbrunst noch nicht so richtig auch die Besucher abfärbt. Auch Geigerin Mechthild tut alles, um die überwiegend männlichen Zuschauer aufzuheizen, doch Pratteln ist ganz offensichtlich keine Hochburg für die Sturmvögel. Zwar sind die ersten Reihen vor der Bühne mittlerweile gefüllt, doch die Ost+Front und Eisregen Shirts machen klar, für wen man sich den Platz in den vorderen Reihen gesichert hat. Opener haben es auf solchen Touren ja oftmals schwer, aber für meinen Geschmack liefern die Jungs plus Mädel eine gute Leistung ab und überhaupt geht es heute etwas metallastiger zur Sache, denn die typischen, mittelalterlichen Dudelsäcke bleiben eingetütet. Zu Sturmvögel kommt dann aber doch noch etwas Bewegung in die Zuschauer und nach gut 45 Minuten erklingen sogar einige Zugaberufe, die aber unerhört bleiben. Aello verkündet im Abgang noch, dass die Band im Anschluss beim Merch-Stand auftaucht. Er läuft mir dann auch noch draußen im Raucherbereich über den Weg, aber den Rest der Band sehe zumindest ich nicht mehr.
Auch wenn den Berlinern Ost+Front immer wieder vorgeworfen wird, nur eine billige Rammstein Kopie zu sein, so ist es ihnen durchaus gelungen, sich über die Jahre eine beachtliche Fanbase zu erspielen. So haben sich dann auch eine ganze Reihe mehr Fans vor der Bühne eingefunden, als Hermann Ostfront mit seiner Truppe auf die Bühne stürmt und mit Adrenalin gleich ordentlich Dampf macht. Nahtlos geht es weiter mit Fiesta De Sexo und Eva Edelweiß, natürlich stilecht mit Sombrero, tritt ins Rampenlicht. So ganz nebenbei führt Hermann den Schweizern vor, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bei den Neue Deutsche Härte Rockern durchaus eine Rolle spielt, denn ganz ungeniert greift er der Tastentussi an die unechten Titten. Bei Ost+Front funktioniert halt vieles über die Show, aber offenbar hat man heute nicht allzu viel Spielzeit, denn zu Fleisch bekam das Publikum von Eva sonst immer kleine Wursthäppchen gereicht, doch heute verzichtet man darauf. Dem Publikum ist es offenbar egal, denn die Stimmung ist auch ohne die Häppchen gut. Leider ist das Licht wieder mehr zu erahnen als zu sehen, aber so kennt man die Band ja. Das eigentlich obligatorische Feuerwasser und die damit verbundene hochprozentige Bluttransfusion aus dem Infusionsbeutel fallen sogar ganz aus dem Programm. Stattdessen folgen 10 Jahre Ostfront und das Denkelied wird zum Highlight, denn die Z7-Meute stimmt lauthals ein. Die Rüpel-Rocker lassen dem Publikum kaum Zeit zum Luftholen, denn nahtlos geht es weiter Freundschaft, Bruderherz, Ich Liebe Dich und mit Mensch geht der Auftritt auch schon fast zu Ende, denn der Frontmann verabschiedet sich. Jedoch verlässt man gar nicht erst die Bühne, denn die Zeit drängt und so holt man mit Heavy Metal zum nächsten Rundumschlag aus. Wieder wird aus allen Kehlen lauthals mitgebrüllt, was Hermann ganz offensichtlich gut gefällt. Eigentlich kann noch nicht Schluss sein, denn ich habe noch keine Show der Berliner gesehen, ohne dass die Hymne der Deutschen Demokratischen Republik ertönt, aber heute gibt es die DDR eben wirklich nicht mehr. Zu Bitte Schlag Mich bekommt Eva Edelweiß noch einmal den nackten Arsch versohlt, dann verschwinden die skandalträchtigen Rocker von der Bühne, tauchen aber schon Minuten später geschlossen am Merch-Stand wieder auf, stehen für unzählige Fotos zur Verfügung und schreiben Autogramme. Vermutlich konnte man die Ost+Front Fanbase heute um ein paar Schweizer vergrößern.
Mit dem Tod aus Thüringen wird es plötzlich rappelvoll vor der Bühne und es zeigt sich, dass wirklich viele nur für die Doppel-Headliner Eisregen und Varg gekommen sind. Urplötzlich stehen einige Hundert Leute vor der Bühne und geiern darauf, ein paar neue Eisregen Songs zu hören. Die Band aus Tambach hat ja im Vorfeld schon verkündet, dass man das neue Album Fegefeuer im Gepäck haben wird, welches am kommenden Freitag in den Regalen der örtlichen CD-Dealer stehen wird. Bevor es aber neues Material auf die Lauscher gibt, greifen die Dark Metaller erst einmal in die Mottenkiste. Den Beginn der Show verpasse ich sogar, da ich mich draußen im Raucherbereich mit Aello von Harpyie festquatsche. Passend zu Satan Liebt Dich und Onkel Fritze, zwei Songs der letzten EP, stoße ich zu der morbiden Truppe. In den ersten Reihen kocht die Stimmung richtig hoch, Fäuste werden gereckt und die Songs mitgegrölt, aber es werden auch immer wieder Rufe nach den immer gleichen alten Klassikern laut. Zunächst aber fordert Blutkehle Michael Roth die Fans auf, ihre Handys wegzupacken, denn es folgt mit Ich Mach Dich Bleich der erste Song vom kommenden Album. Der Song ist sicher kein Geniestreich, passt sich aber hervorragend in das alte Material ein. Vor allem der Text ist ziemlich zuschauerfreundlich und kann vom nahezu gesamten Z7 auf Anhieb mitgesungen werden. Die Meister des Makabren werden wieder einmal die Geister scheiden und entweder laute Jubelrufe auf der einen, und entsetztes Kopfschütteln auf der anderen Seite ernten. Ansonsten gibt es einen guten Mix durch die Bandgeschichte, bei dem auch die Klassiker nicht fehlen dürfen, Panzerschokolade, 1000 Tote Nutten, Mein Gott Ist Ein Panzer … Mit Alice Im Wundenland folgt natürlich noch ein weiterer neuer Song mit vielschichtigen, melodischen Arrangements, der aber trotzdem gut nach vorne geht. Die neuzeitlichen Markenzeichen bleiben weiterhin erhalten, aber dennoch geht man deutlich metallischer zur Sache. Am Ende kann natürlich nur noch ein Song kommen, Elektrohexe setzt bei den Fans noch einmal alle Energien frei. Bühnenshow ist natürlich bei den Thüringern weiterhin Fehlanzeige, aber die Blutkehle walzt sich routiniert durch das Set, sodass am Ende alle gut bedient sind.
Doch nun wird es Zeit für den eigentlichen Headliner und Namensgeber dieser ganzen Wolfsfest Tour. Nach dem Intro kann das Coburger Wolfsrudel Varg natürlich nur mit Wir Sind Die Wölfe auf das Publikum losgehen und so hat man das Z7 vom ersten Ton an voll im Griff. Dass das Publikum gleich den ersten Song lautstark mitsingt, erlebt man auch nicht unbedingt auf jedem Konzert. Leider gilt auch hier wieder, etwas mehr Licht hätte dem Treiben auf der Bühne gutgetan, aber das tut der durchweg guten Stimmung natürlich keinen Abbruch. Nun muss ich jedoch gestehen, ich bin nicht der große Varg Anhänger und werde es wohl auch heute nicht mehr werden. Für mich haben die Coburger mit Wir Sind Die Wölfe ihr Pulver schon fast verschossen, doch mit dieser Meinung stehe ich heute Abend wohl eher alleine da. Ich gebe zwar nicht viel auf die Rechtsextremismusvorwürfe gegen die Band, kann aber mit dem deutschsprachigen Pathos Pagan Metal der Oberfranken nicht allzuviel anfangen. Geschmackssache halt. Ohne lange Reden hauen die Coburger ihre Songs raus, Apokalypse, Rotkäppchen, Frei Wie Der Wind, Was Nicht Darf … Den Fans gefällt es, aber ich für meinen Teil hisse hier die weiße Flagge und mache mich auf den Heimweg.
Varg waren ganz sicher ein würdiger Headliner, wenn man sie mag. Für alle anderen haben die ersten drei Bands einen super Job gemacht, sodass sich die Anfahrt nach Pratteln allemal gelohnt hat. Aber das Z7 ist sowieso immer eine Reise wert, super Location, überwiegend super Konzerte, umgängliche Secrurity, fähiges Thekenpersonal …, einzig die Preise in der Schweiz sind für mich als Deutscher natürlich gewöhnungsbedürftig.