Accept – Too Mean To Die

Unkraut vergeht nicht

Artist: Accept

Herkunft: Deutschland

Album: Too Mean To Die

Spiellänge: 52:11 Minuten

Genre: Heavy Metal, Power Metal

Release: 15.01.2021

Label: Nuclear Blast

Link: http://acceptworldwide.com/

Bandmitglieder:

Gitarre – Wolf Hoffmann
Gesang – Mark Tornillo
Gitarre – Uwe Lulis
Gitarre – Philip Shouse
Bass – Martin Motnik
Schlagzeug – Christopher Williams

Tracklist:

  1. Zombie Apocalypse
  2. Too Mean To Die
  3. Overnight Sensation
  4. No One Master
  5. The Undertaker
  6. Sucks To Be You
  7. Symphony Of Pain
  8. The Best Is Yet To Come
  9. How Do We Sleep
  10. Not My Problem
  11. Samson And Delilah

Mit Spannung habe ich die neue Platte von Accept erwartet. Leicht angefixt wurde ich bereits an einem schönen Septembertag, als im Hamburger Hard Rock Café ein Medientag mit dem extra aus den Staaten eingeflogenen Wolf Hoffmann einen Vorgeschmack auf die neue Accept Scheibe lieferte. Wolf stand dann natürlich auch der Presse Rede und Antwort und ließ keine Zweifel daran, dass es eine typische Accept Scheibe werden würde. Zu lesen gibt es das Interview hier. Zur Einstimmung gab es bereits einen Auszug aus der Platte, sodass ein erstes Hörvergnügen Großes verhieß. Mein Favorit war da schnell The Undertaker, der dann ja auch im Oktober als erste Single veröffentlicht wurde. Zum Anfüttern wurde dieses als haptische Version veröffentlicht und in drei unterschiedlichen Farbvarianten für den Jäger und Sammler angeboten. Das Cover der im Januar erscheinenden Platte wurde zunächst noch geheim gehalten, aber als Marketingstrategie sollte beim Erreichen der 500.000 Stream-Marke von The Undertaker das Geheimnis langsam gelüftet werden. Zusätzlich gab es eine Verlosung mit einem virtuellen Meet & Greet und weiteren Goodies, die für den Fan die neue Platte schmackhaft machen sollte. Die Profis von Nuclear Blast haben schon so einiges in die Wege geleitet, um das neue Album professionell zu promoten und damit die Zeit bis zum 15. Januar spannend zu machen. Aufgenommen wurde Too Mean To Die erneut in Nashville und Andy Sneap hat wieder, wie bei den letzten fünf Alben für den typischen, fetten Accept Sound gesorgt. Spannend ist auch die Hinzunahme des dritten Gitarristen Philipp Shouza, der neben Neuzugang am Bass Martin Motnik für frischen Wind und neue Möglichkeiten sorgt.

Dann schauen wir doch mal, was die elf Songs auf dem Silberling oder den unterschiedlichen Vinyl-Varianten zu bieten haben. Los geht es mit Zombie Apocalypse. Das erste Riff lässt noch keinen Rückschluss auf das, was kommt, zu. Erst als die gesamte Gitarrenphalanx zum Einsatz kommt und sich Marl Tornillo hören lässt, ist das Accept Herz glücklich. Das ist genau so, wie ein Accept Fan der Neuzeit (also seit 2009) es mag. Gute Geschwindigkeit, guter Chorus, dazu eine feine Tonfolge in der Melodie, die sich erst im zweiten Durchlauf so richtig festsetzt. Schon mal recht ordentlich als Opener. Geht das so weiter, dann verspricht die Platte ein Knaller zu werden. Nächster Track ist der Titel Song Too Mean To Die, der als zweite Singleauskopplung im November erschien. Frei übersetzt heißt der Titel „Unkraut vergeht nicht“, wobei hier kein Unkraut auszumachen ist, sondern eher eine dauerblühende Zierpflanze. Etwas schneller als sein Vorgänger sind hier natürlich auch wieder die Gitarreros im Vordergrund zu hören und beweisen, dass Heavy Metal noch immer gitarrenorientiert ist. Die Rhythmusfraktion mit Drummer Christopher Williams und dem Neuzugang am Viersaiter Martin Malik leisten Basisarbeit vom Allerfeinsten, auf der Mark sich stimmlich austoben darf. Dabei wird er nur unterbrochen von Wolf und Uwe Lulis, die sich bereits hier ein Battle auf den Sixstrings liefern. Das dürfte auf der Bühne noch viel geiler rüberkommen. Leider wurde die Tour verschoben.

Dann wird etwas Fahrt rausgenommen, ohne dass es wirklich langsam wirkt. Overnight Sensation kann wieder mit einem guten Chorus punkten und ist eben ein typischer Accept Song, der das tut, was er soll: gefallen. Dann wird Gas gegeben. Das fühlt sich nach Autobahn, linke Spur und freie Strecke an. Keine Verkehrsbeschränkungen behindern die Fahrt. Allerding überrascht die Melodieführung immer wieder, die wie eine Kurve hinter einer Kuppe die sonst gerade Strecke unterbricht. Es folgt The Undertaker, der auch weiterhin mein Lieblingssong ist. Der Anfang erzeugt gleich ein wohliges Gefühl. Dann kommen treibende Basssequenzen, auf den Punkt gespielte Drums und ein Mark Tornillo, der mit einer tiefen Stimmfarbe für eine Überraschung sorgt. Dazu gesellt sich ein großer Chorus, der den Refrain gekonnt untermalt. Genial. Da hat Wolf mit Mark mal einen Jahrzehntsong geschrieben, der sich bereits jetzt in die Reihe der großen Accept Klassiker einreihen darf. Der Text stammt von Mark und sollte eigentlich als Gedicht herhalten. Gut, dass es als Basis für diesen Ausnahmetrack genommen wurde. Im Mittelteil kommen noch sich abwechselnde Gitarrenparts, in denen jeder der drei Axemen sein exklusives Scherflein beitragen darf. Das ist großes Kino.

Die zweite Hälfte beginnt mit Sucks To Be With You. Kein schlechter Song, aber er flacht die bisher hohe Leistung leicht ab. Das Stück ist nicht ganz so überzeugend und bis auf die Gitarrenparts eher unspektakulär. Symphony Of Pain lässt das schnell vergessen machen und bringt die Maschinerie wieder in Schwung. Deutlich schneller und riffgetrieben geht es voran. Die Machart orientiert sich an den bisherigen Tracks. Im Mittelteil dürfen einer oder auch mehrere der drei Gitarrenbeherrscher ran und der oder die (ich vermute die) zeigen ihre Virtuosität. Die unterschiedlichen Klangvariationen machen das Stück spannend und abwechslungsreich. Außerdem kommt noch Wolfs Passion für Klassik mit ins Spiel. Wer genau hinhört, wird die klassischen Elemente deutlich heraushören. Dezent, nicht aufdringlich, aber passen an dieser Stelle zum Titel.

Eine Ballade darf auch nicht fehlen. Mit The Best Is Yet To Come wird dem gefrönt. Eine akustische Gitarre leitet das ruhige Stück ein. Tornillo steigt ein und beweist erneut sein gesangliches Können. Im Refrain darf der Rest der Truppe unterstützen und erzeugt dadurch schon fast eine Abkehr von der Ballade. Dann geht es einen Schritt zurück. Die Anfangssequenz wird wieder aufgenommen und der gefühlvoll singende Mark Tornillo übernimmt wieder das Ruder. Natürlich darf gerade hier ein Solo nicht fehlen. Das gibt’s direkt nach der zweiten Strophe und zeigt die Klasse des Akteurs. How Do We Sleep läutet das letzte Drittel ein. Ein typischer Accept Song, der mal wieder mit einem fetten Männerchorus aufwartet. Ich möchte nicht in der Haut der Band stecken, wenn es um das Auswählen der Stücke für eine Tour geht. Bei der Menge an tollen Songs, gerade auf dieser Platte, müssen wohl viele andere weichen. Neben den Stücken aus der „Vor-MarkTornillo-Phase“ (die üblichen Verdächtigen wie Metal Heart oder Restless And Wild kommen bestimmt) bieten die letzten vier Alben genug klasse Material, um eine Setlist ohne Langeweile zu füllen. Das Erbe von frühen Accept Songs wird ja von Udo Dirkschneider ansonsten ausgiebig verwaltet und genutzt. Not My Problem ist dann noch mal einer der schnelleren Songs. Treibender Rhythmus, dazu eine anständige Melodie und ein schön mitsingbares „Not My Problem“ runden das ab. Mit Samson And Delilah wird das Album beendet. Das Instrumental wirkt durch seine fast schon hypnotische Rhythmussequenz. Darüber legt sich eine klassische Gitarrenarbeit, die sich immer mehr zu einem ausgewachsenen, für Begeisterung sorgenden Solo steigert. Das hätte gern noch etwas länger gehen können. Man kann sich dem schwer widersetzen. Sehr gutes Ende, das eine insgesamt mehr als nur überzeugende Leistung abrundet.

Accept – Too Mean To Die
Fazit
Accept liefern in schöner Regelmäßigkeit Alben ab, die einfach nur Spaß machen. Gute Songs, geile Gitarren, mit Mark Tornillo eine unverwechselbare Stimme und fertig ist ein seit zehn Jahren funktionierendes Gebilde, das vom Mastermind Wolf Hoffmann geschickt geführt wird. Dazu kommt mit Andy Sneap ein stetiger Produzent, der genau weiß, wie Accept klingen müssen. Somit wird hier alles richtig gemacht. Natürlich gibt es zig Fans, die sagen, Accept geht nur mit Dirkschneider und ansonsten ist das nichts. Das wäre ähnlich, als wenn AC/DC nur mit Bon Scott AC/DC sind. Accept haben sich in den vergangenen 40 Jahren weiterentwickelt und sind zu einer beständigen Band mit eindeutigem Wiedererkennungswert geworden. Für mich machen sie tolle Musik, die genau das macht, was sie soll: knallen, abgehen, unterhalten und einfach gefallen. Das ist erreicht. Wem es nicht gefällt, der hört sich eben was etwas anderes an. Mit Too Mean To Die wird im noch jungen 2021 eine Duftmarke gesetzt, die lange vorhalten wird. Die Messlatte ist sehr hoch aufgelegt und dürfte für folgende Produktionen wie von MSG oder weiteren Aspiranten schwer zu überspringen sein. Damit dürfte ein Einstieg in die vorderen Plätze der Charts sicher sein.

Anspieltipps: The Undertaker, Too Mean To Die, Samson And Delilah und The Best Is Yet To Come
Kay L.
9.5
Leser Bewertung25 Bewertungen
6.6
9.5
Punkte