Amorphis + Eluveitie auf Co-Headliner-Tour 2022, am 17.12.2022 in der Großen Freiheit 36, Hamburg

Tourabschluss einer außerordentlich erfolgreichen Tour

Event: Amorphis + Eluveitie – Co-Headliner-Tour 2022

Headliner: Amorphis, Eluveitie

Support: Nailed To Obscurity, Dark Tranquillity

Ort: Große Freiheit 36, Hamburg (verlegt von der Zeltphilharmonie)

Datum: 17.12.2022

Kosten: 45,00 € VVK, 47,00 € AK (Sold Out)

Genres: Melodic Death Doom Metal, Melodic Death Metal, Folk Metal, Celtic Metal, Progressive Metal

Besucher: ca. 1.500 Besucher

Veranstalter: Hamburg Konzerte

Setlisten:

  1. Black Frost
  2. Protean
  3. Liquid Mourning
  4. Clouded Frame
  5. Desolate Ruin

  1. Identical To None
  2. Terminus (Where Death Is Most Alive)
  3. What Only You Know
  4. Atoma
  5. Nothing To No One
  6. Cathode Ray Sunshine
  7. Hours Past In Exile
  8. Phantom Days
  9. Misery’s Crown

  1. Northwards
  2. On The Dark Waters
  3. Death Of A King
  4. Silver Bride
  5. Into Hiding
  6. Wrong Direction
  7. The Moon
  8. Seven Roads Come Together
  9. Black Winter Day
  10. My Kantele
  11. The Bee
  12. House Of Sleep

  1. Exile Of The Goats
  2. Nil (Reloaded)
  3. Deathwalker
  4. Epona (Metal Version)
  5. Anu
  6. A Rose Of Epona
  7. Thousandfold (Reloaded)
  8. Ambiramus
  9. King
  10. Breathe
  11. De Ruef Vo De Bärge / The Call Of The Mountain

Zugabe:

  1. Aidus
  2. Ategnatos
  3. Inis Mona

Endlich ist es so weit. Das langerwartete Konzert von Amorphis, Eluveitie, Nailed To Obscurity und Dark Tranquillity steht an. Seit Wochen freu ich mich auf den Tag, denn immerhin zwei der auftretenden Bands gehören zu meinen Favoriten. Dabei sind die Finnen in den vergangenen Wochen zu einer meiner Lieblingsbands aufgestiegen und leider habe ich sie seit 2019 beim Metal Hammer Paradise noch nicht wiedersehen können. Da ich zusätzlich ein VIP-Ticket erstanden habe, sind wir schon gegen 16:00 Uhr vor der Großen Freiheit 36, denn vor den musikalischen Highlights soll das Meet & Greet stattfinden. Das Konzert, übrigens gleichzeitig letzte Show der Tour, wurde hierher verlegt, da die zunächst vorgesehene Zeltphilharmonie ihren Betrieb bereits wieder eingestellt hat (angespannte Situation im Konzertbusiness), sodass nach einer Alternative gesucht werden musste. Das ist also die ehrwürdige Große Freiheit in der Nähe der Reeperbahn geworden. Kenner der Szene wissen, dass an einem Samstagabend ein Konzert auf die Partymeile zu legen, herausfordernd sein kann. Vor allem, so erfahre ich nach meinem nicht ganz glücklichen Meet & Greet, ist hier ab 23:00 Uhr XXL Party und der Laden muss bis dahin geräumt sein. Nicht nur die Gäste, nein, auch Bands, Equipment und all das, was so vier Kapellen dabeihaben, muss raus sein. Somit beginnen Nailed To Obscurity bereits um 17:10 Uhr und trotz der frühen Anfangszeit stehen viele passend angezogene Fans vor der Location und warten auf den Einlass.

NTO, Hamburg, 17.12.2022, Pic by Kay L.

Die aus Ostfriesland stammenden NTO beginnen nach einem kurzen instrumentalen Intro mit Black Frost. Zunächst ist nur Jan Hillrichs aktiv und trommelt das Stück an. Dann trudeln so langsam die anderen Bandmitglieder ein. Volker Dieken und Jan-Ole Lamberti an den Sechssaitigen und Carsten Schorn am Bass stehen in ein freundliches Dunkelblau gehüllt auf der doch recht knapp bemessenen Bühne. Zum Schluss kommt Frontmann Raimund Ennenga dazu und beginnt zunächst mit Klargesang und dann mit den markanten Growls. Das beherrscht der Sänger inzwischen in Perfektion. Der relativ langsame Takt verleitet unwillkürlich zum Mitnicken. Das wird ausgiebig demonstriert und das Vor- und Zurückwerfen der langen Haare geht in die Crowd über. Direkt, ohne Übergang, geht es mit Protean von der LP King Delusion weiter. Die atmosphärisch dichten Klangteppiche werden geschickt von Volker und Jan-Ole gewoben und nur ab und zu sucht sich ein einprägsames Solo seinen Weg durch den Teppich. Das kommt gut an und auch wenn der Saal noch nicht so voll ist, gibt es deutlichen enthusiastischen Beifall. Die Ostfriesen haben sich in den vergangene Jahren einen Namen gemacht und auch heute gewinnen sie auf der ganzen Linie. Die nächsten beiden Tracks sind neu und geben einen Vorgeschmack auf das Anfang kommenden Jahres erscheinende neue Werk von NTO. Liquid Mourning und Clouded Frame heißen die Songs und machen Lust auf die Platte. Bemerkenswert ist die stetige Entwicklung, die sich im Songwriting, im Gesang von Raimund und in der musikalischen Ausrichtung, die nur den Weg nach oben kennt. Das macht Spaß und freut uns, denn inzwischen haben wir Nailed To Obscurity oft bewundern dürfen und „stalken“ sie mit wachsender Begeisterung. Leider ist das Licht für richtig gute Bilder ein klein wenig zu dunkel, sodass der Fotograf immer auf einen lichten Moment hofft. Egal, ein oder zwei werden schon was geworden sein. Dann kündigt Raimund noch die anderen Bands an, was bei jedem Namen mit lautem Beifall quittiert wird. Anschließend verabschieden sich Nailed To Obscurity mit Desolate Ruin, dem letzten Song „am letzten Abend einer affengeilen Tour“.  Die halbe Stunde Spielzeit, inklusive ein paar Minuten überziehen, wird mit viel Beifall belohnt und macht einfach Lust, auch mal ein längeres Konzert dieser sympathischen Melodic Doom Metal Band zu erleben.

Dark Tranquillity, Hamburg, 17.12.2022, Pic by Kay L.

Ratzfatz wird umgebaut, denn wir haben doch keine Zeit. Bereits um 18:00 Uhr geht es mit Dark Tranquillity weiter. Ich muss gestehen, dass ich da nicht so viel Erwartungen dran geknüpft habe. Ich hatte sie Anfang des Jahres in der Markthalle als Co-Headliner mit Ensiferum und na, und wem, ja genau Nailed To Obscurity gesehen und es hat mich nicht so wirklich geflashed. Death Metal, auch wenn er melodisch ist, kommt bei mir nicht so gut an (Ausnahme die doomige Variante), aber ich bin nun mal hier, berichte und fotografiere und somit gehe ich da mal professionell mit um. Tja und was soll ich jetzt sagen? Das war mal richtig geil. Die Band versteht es ab der ersten Minute zu fesseln. Nicht nur die inzwischen stark angewachsene Menge vor der Bühne und auf den Rängen, nein auch mich. Sänger Mikael Stanne fängt an, als wenn er die ebenfalls nur guten 30 Minuten mit möglichst vielen Songs füllen möchte. Identical To None und Terminus lassen kaum Zeit zum Atmen, denn sie fegen durch die Reihen wie ein Sturm. Es wird mit geballten Fäusten und gereckten Armen der schnelle Takt mitgegangen und die vielen nackenbrechenden Bangs sorgen für Bewegung. „Hey, hey, hey“ Rufe hallen durch das ehrwürdige Gemäuer und weiter geht der wilde Ritt. Nach What Only You Know wird ein Song von Atoma angekündigt und unter viel Gejubel ertönt dann auch der Titeltrack des Albums. Mit Cathode Ray Sunshine und Hours Past In Exile kommen zwei Songs von Damage Done, wobei der Erstere das erste Mal ever nach 20 Jahren live performt wird. Mikael ist schwer begeistert ob der Reaktionen des Publikums und sein „Holy Shit, is great to be in Hamburg“ nimmt man ihm ab. Mit Mesery’s Crown und dem Versprechen wiederzukommen, verlassen Dark Tranquillity ebenfalls etwas verspätet die Bühne. Sie hinterlassen einen glücklichen und bereits recht gut warmgespielten Saal, und dass sie hier eigentlich nur Support sind, ist nicht zu merken. Das haben sie klasse gemacht und auch ich kann mich dem nicht entziehen. Das hat mir gefallen. Nun heißt es weiter warten auf meine Helden, aber erst sollen ja noch Eluveitie ran. Pustekuchen …

Amorphis, Hamburg, 17.12.2022, Pic by Kay L.

Da es sich um eine Co-Headliner-Tour handelt, wechseln sich Eluveitie und Amorphis als letzte Band des Abends ab und heute sind Amorphis vor den Schweizern dran. Na toll, ein Bekannter von uns ist nur für Amorphis gekommen und sitzt noch in einer Kneipe, da wir ja von deren Beginn erst um 20:45 Uhr ausgingen. Also schnell den jungen Mann informiert, der es auch gerade noch pünktlich zum Anfang von Northwards vom aktuellen Album schafft. Um 19:10 Uhr geht das Licht aus und dann sind sie auf der Bühne. Die finnische, progressive Metal Band, die als reine Death Metal Truppe 1990 anfing und durch viele Einflüsse aus der finnischen Mythologie und dem Folk zu einer des größten Bands ihres Landes wurde. Mit Halo haben sie im Februar ihr vierzehntes Album veröffentlicht (Review hier) und spätestens seit Under The Red Cloud von 2015 und Queen Of Time von 2018, sind sie zu absoluten Stars (nicht nur in Finnland) geworden. Das haben sie unter anderem einem ihrem charismatischen Sänger Tomi Joutzen zu verdanken, der seit 2005 dabei ist und Amorphis mit seinen unendlich tiefen Growls, aber auch eindringlichem Klargesang zum Erfolg verhilft. Privat ist er eher verhalten, schon fast schüchtern, aber auf der Bühne ist er die Frontsau schlechthin. Somit haben Esa Holopainen an der Gitarre und Tomi Koivusaari (diese kaum aussprechbaren Namen) damals alles richtig gemacht, als sie ihm den Job am Mikro gaben. Heute fangen Amorphis mit zwei Tracks des aktuellen Longplayers an. Northwards und On The Dark Waters verheißen eine rundum Bedienung, auch wenn gerade beim ersten Song der Sound noch etwas wischiwaschi ist und gerade die Vocals nicht ganz klar durchkommen. Das ist aber ab Song zwei vorbei und mit glasklarem Sound geht es weiter. Links auf der Bühne steht Esa, rechts agieren Tomi Koivussari, der bis 1996 ebenfalls als Sänger bei Amorphis agierte, und Olli-Pekka Leine am Bass. Die haben genügend Platz, da im Hintergrund die Drums mit Jan Rechberger und dem Keyboarder Santeri Kallio (Interview mit ihm hier) auf Podesten platziert wurden. Nach Death Of A King von vorletztem Album, inklusiv des ersten Mitsingteils durch das Publikum, ist meine Arbeit im Fotograben beendet und ich kann, aufgrund der Fülle in der Halle, nur noch von der Seite den Rest des Konzertes genießen. Bevor Silver Bride (Klassiker) kommt, wird noch kurz die Band vorgestellt. Tomi hat sich inzwischen seines Oberteils entledigt und zeigt neben einem muskulösen Oberkörper auch die darauf verewigten interessanten Tattoos. Die Halle ist hin und weg und so hat die Band leichtes Spiel.

Textsicher geht es durch den Skyforger Track. „A Queen of Gold I made, a Silver Bride I built from the Northern summer Night from the Winter Moon respondes not my Girl.“ Auch hier ist das Publikum textsicher. Die ab und an eingesetzten Growls mit der einprägsamen Melodie lassen trotz der Hitze im Saal Gänsehaut entstehen. Das wollen hier alle hören und wieder sind es eher die älteren Songs, die gut ankommen, auch wenn es ohne Zweifel sehr gute Stücke jüngeren Datums gibt. Dabei denke ich an The Bee oder Wrong Direction, die ebenfalls die typische Mischung aus Härte, megageiler Melodie und tollem Songwriting beinhalten. Doch zunächst geht es mit Into Hiding von Tales Of The Thousand Lakes, dem Album, das Amorphis von einer reinen Death Metal Band zu einer der erfolgreichsten Progressiven Metal Bands machte. Nächstes Highlight, nun kommt es, ist Wrong Direction und danach kommt The Moon vom aktuellen Album. Tomi, inzwischen klatschnass, die Haare kleben im Gesicht, hat alle im Griff und liefert eine gute Show. Leider sehe ich weder Jan Rechberger noch Santeri Kallio, aber zu hören sind sie hervorragend. Gerade letztgenannter steuert die melodiösen Klangkaskaden bei, die dem Sound von Amorphis so gut zu Gesicht stehen. Aber natürlich darf die Arbeit der Gitarristen Holopainen, mit einigen coolen Soli und Koivussaris nicht geschmälert werden. Nach einem weiteren neueren Stück kommen ältere Schmankerl wie My Kantele, Black Winter Day und nach dem Übersong House Of Sleep auch noch The Bee, welcher sich innerhalb kürzester Zeit durch seine Melodieführung im Refrain zum Must-have gemausert hat. Bei House Of Sleep ist wieder das Publikum gefordert und lautstark wird der Refrain „You don’t know, you don’t know nothimg yet about the dreams I have in einem „End Of Tour Style“ mitgesungen. Joutsen bedankt sich vorher noch für die tolle Arbeit der Crews auf dieser Tour, den Locations und natürlich dem Publikum, das nicht nur hier und heute so enthusiastisch die Finnen und die anderen Bands abfeiert. Leider, leider ist nach gut einer Stunde und zehn Minuten das Spektakel vorbei. Sehr schade und der Wunsch nach einer reinen Headlinertour mehrt sich. Nun muss die gesamte Bühne umgebaut werden, was dann auch gut 30 Minuten dauert.

Eluveitie, Hamburg, 17.12.2022, Pic by Kay L.

Beim Umschauen sieht man deutliche Lücken in den Reihen. Der Platz ist lichter geworden. Liegt es an der Getränkeversorgung oder einer Pipi- und Raucherpause? Mich düngt, dass viele nur wegen der ersten Bands und gerade Amorphis hier waren. Aber wir wollen das, was da noch kommt, nicht kleiner machen, als es ist. Eluveitie haben eine große Fangemeinde und eben diese lassen um 20:50 Uhr lauten Beifall aufbranden, als die Band die Bühne betritt. Immerhin stehen da neun Musiker auf der Bühne, welche durch geschickten Einsatz von Podesten gut verteilt werden. Exile Of The Gods heißt der Opener, nachdem die gesamte Band mit gereckten Fäusten ihren Platz eingenommen hat. In den Reihen sind gleich drei Frauen dabei, wobei Fabienne Erni beim ersten Song die Hauptvocals übernimmt. Dann sind da noch Annie Hurdy Gurdy und Violinistin Carmen Busch, die auf dieser Tour die sich in anderen Umständen befindliche Nicole Ansperger vertritt. Sänger Christian «Chrigel» Glanzmann steigt erst ab Song zwei ein und zeigt nach einer kurzen Begrüßung bei Nil und Deathwalker die härtere Seite der Band. Eingeleitet durch ein Drehorgelsolo von Annie zeigt dann Glanzmann, dass auch in der Schweiz tief gesungen werden kann und dass ein Sänger auch mal zur Flöte greifen darf. Somit zeigen Eluveitie ihr Potenzial als folkig angehauchte Metal Band. Recht schnell bildet sich, auch wohl wegen des gewonnenen Platzes, ein kleiner Circlepit, der sich über einen langen Zeitraum hält. Nach dem zur Metalnummer mutierten Eponea kommt ein weiterer neuer Song namens Anu, der ausschließlich von Fabienne und leichten Hintergrundharmonien durch den Saal geschickt wird. Dann kommt die Band zurück auf die Bühne und weiter geht die schweizerische musikalische Reise. Gitarrist Jonas Wolf bekommt seinen Moment und liefert allein im Rampenlicht ein Solo ab, das schon aus gutem Hause stammt. Es folgen Thousandfold und Ambiramus, bei dem das Publikum seine Hüpfqualitäten beweist. Nun darf auch der Drummer mal Solist sein und zeigt, dass es in der Schweiz auch gute Schlagwerker gibt. Vor den nächsten Songs verlassen wir die Halle, nicht ohne Rico und seiner Frau Kathie „Hallo“ zu sagen. Die beiden haben wir seit Jahren nicht gesehen und es ist immer wieder eine Freude, die beiden zu treffen, die wir auf dem Rockharz kennengelernt haben. Jetzt noch schnell zum Merch Stand, um das aktuelle Tour-Shirt von Amorphis zu holen. Tja, und da gibt’s eine Enttäuschung. Da die ja auch abbauen müssen, ist bereits die Verladung und Inventur im vollen Gange und kein Geschäft mehr zu machen. Schade. Das hätten wir eher sehen sollen, aber es hing wohl irgendwo ein Hinweis …

Jacke geholt und raus in die Nacht, in der sich jetzt bereits Hunderte in Partylaune tummelnde Menschen langschieben. Ob der relativ frühen Stunde treffen wir uns noch mit unserem neuen Bekannten Christian aus Hameln auf ein Bier, um den Gig von Amorphis zu feiern, und dann heißt es heimwärts. So früh sind wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr von einem Konzert zurückgefahren.