“An Evening With Spoiwo – Spoiwo & Support am 22.09.2017 in der Baracke, Münster“
Eventname: An Evening With Spoiwo
Headliner: Spoiwo
Vorbands: Soonago, MMTH
Ort: Baracke, Münster
Datum: 22.09.2017 (Einlass: 19:30 Uhr, Beginn: 20:30 Uhr)
Kosten: 8,00€ AK
Genre: Post Rock, Post Metal, Instrumental Rock, Cinematic Rock
Veranstalter: Tortuga Booking (https://www.facebook.com/TortugaBooking/)
Link: https://www.facebook.com/events/278623069212204/
Setlisten:
- Chronos
- Kytos
- Gona
- Kairos
- Untitled (new song)
- Paternoster
- Big Mouth
- Souvenirs
- Tango
- Träumen Wale vom Fliegen Pt. II
- A Thousand Years
- FLN (only performed live)
- Flare
- Call Me Home
- Skin
- Tribe (only performed live)
- No Kingdom
- Yos
Encore: - Untitled (new song)
An einem Freitagnachmittag zur Hauptreisezeit aus dem Ruhrgebiet nach Münster zu fahren, kann einen auf eine harte Geduldsprobe stellen. Heute geht aber erstaunlicherweise alles glatt, und so treffe ich gerade an der Baracke ein, als die Bielefelder Jungs von Soonago mit ihrem Soundcheck starten. Ich kenne weder Soonago noch die beiden anderen Bands MMTH und Spoiwo, aber da ich weiß, dass Tortuga Booking immer sehr feine Post Rock-Bands am Start hat, bin ich der Einladung gern gefolgt. Sehr witzig ist es, dass im nebenan liegenden Gebäude der Aula am Aasee genau heute auch eine Veranstaltung stattfindet, die man grob mit „The Voice Of Münster“ bezeichnen könnte. Das sorgt für einige lustige Begegnungen, aber dazu später mehr. Zunächst mal entspinnen sich vor der Baracke sehr lustige Gespräche mit den Bands, und so vergeht die Zeit bis zur Show wie im Flug.
Dann ist es aber so weit, und nachdem David – aus fototechnischer Sicht gesprochen: leider – mal wieder ausgiebigst die Nebelmaschine zum Einsatz gebracht hat, legen die Jungs von Soonago los. Ich neige ja normalerweise eher dazu, auch deutsche Worte eher englisch auszusprechen, bei Soonago hatte ich es umgekehrt gemacht. Aber der Bandname wird nicht „Soo-na-go“ ausgesprochen sondern tatsächlich englisch „Soon-ago“. Nicht ganz so verwirrend wie diese Wortkreation ist die Musik, die es jetzt auf die Ohren gibt. Post Rock ist ja eine weite Landschaft, in der jede Band so ihren Platz findet. Soonago wandeln mit ihren Songs zwischen verschiedenen Welten. Dabei laden sie mit ausgiebigen Passagen zum konzentrierten Zuhören und Abtauchen ein, reißen einen dann aber auch gern mal aus der Tiefenentspannung und bitten zum Headbanging. Bassist Simon ist dabei so etwas wie der Ruhepol, während die beiden Gitarristen Lukas und Niklas auch gern mal was aus sich rausgehen. Optisch in Szene gesetzt wird das Ganze dann noch durch die Lichtshow, die David dem Pult entlocken kann, und so ist schon die Show von Soonago sowohl ein Ohren- als auch ein Augenschmaus. Dabei sollte man sich nicht von der nur aus fünf Songs bestehenden Setliste täuschen lassen, Fans des Genres wissen, dass Post Rock-Songs auch gern mal was länger sind 😉
Aus Aurich bzw. Emden kommen die Jungs von MMTH (mammoth). Mit denen war ich bereits vor dieser Show in Kontakt gekommen und konnte mir auch schon einen akustischen Eindruck vom anstehenden Album Paternoster verschaffen. Das Review folgt noch, heute darf ich mich erst einmal davon überzeugen, dass die Jungs das, was sie im Studio in diversen Sessions eingespielt haben, natürlich auch live beherrschen. Da sollte man sich nicht davon täuschen lassen, dass es die Band erst seit ungefähr einem Jahr gibt, denn mit der „norddeutschen Gemütlichkeit“ haben es die Jungs, zumindest was den Zeitplan der Band betrifft, eher nicht so. Schon kurz nach der Gründung waren die ersten Sachen im bandeigenen Studio eingespielt, und zwischen den einzelnen Studioterminen hatte man auch immer wieder Zeit für Liveauftritte. So kann man die Jungs wahrscheinlich mitten in der Nacht wecken, ihnen ihre Instrumente in die Hand drücken, und sie legen genau so gekonnt los, wie heute. Dabei gibt es sowohl den Titeltrack vom anstehenden Album Paternoster als auch meinen Lieblingssong Souvenirs. Allein diese beiden Songs könnten unterschiedlicher nicht sein. Während der sehr melodische und eingängige, einen wunderbaren Spannungsbogen aufbauende Song Souvenirs eher an Bands wie Magma Waves (die alten Sachen) oder Tides From Nebula denken lässt, beackern MMTH mit den anderen Tracks vom Album viele Felder. Sie streifen dabei teilweise auch den Art Rock, zeigen eine große Kreativität, verlangen dem Zuhörer aber keine Schwerstarbeit ab. Man kann den Songs immer wunderbar folgen, seien sie nun nur ca. 4 Minuten lang, wie eben zum Beispiel Souvenirs, oder auch um die 10 Minuten, wie der Track Träumen Wale vom Fliegen? Wenn man, wie ich, gern auch mal die französische Band Gojira hört, geht bei diesem Songtitel sicherlich sofort das Kopfkino an, aber auch der Song selbst lässt viele Bilder vor dem geistigen Auge entstehen. Auch wenn das Album Paternoster erst am 29.09. veröffentlicht wird, haben es sich MMTH nicht nehmen lassen, schon heute einige CDs mitzubringen. Es wird aber auch noch eine Special Edition in Form einer Cassette geben. Ich denke mal, nach diesem tollen Auftritt werden sich einige der Besucher dann auch zum Merch-Stand aufgemacht haben.
Dann ist es aber so weit, mit der polnischen Band Spoiwo steht der heutige Headliner auf der Bühne. Jetzt holt David noch mal alles aus Lichtpult und Nebelmaschine raus, was geht, und auch die vier Männer und ein Mädel von Spoiwo geben definitiv alles. Dass diese Show die drittletzte der Tour 2017 ist, merkt man den Fünfen überhaupt und gar nicht an. Ich hatte mir ja vorher einige Songs auf YouTube angehört, um ansatzweise zu ahnen, was jetzt kommt, aber das toppen Spoiwo lässig. Die Liste der Hashtags, mit der man diese Band versehen könnte, ist ziemlich lang und reicht von Post Rock über Progressive Rock, streift den Post Metal und fühlt sich insbesondere auch im (Breitband-)Cinematic Rock pudelwohl. Allein die beiden Keyboards verändern dabei vieles, und sie tragen ungemein zum Sound von Spoiwo bei. Oft wabern sie bedrohlich im Hintergrund, bauen sich zu hohen Soundwänden auf, dann aber öffnen sie ungeahnte Dimensionen und legen einen ungehinderten Blick in die unendliche Weite des Weltalls frei, wo unzählige Sterne aufblitzen und man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. So geht es mir mit den Songs, bei denen ich hin- und hergerissen bin zwischen dem fantastischen Spiel von Piotr an der Gitarre oder der Leistung von Simona und Krzysztof an den Keyboards und Pawel am Bass. Die drei vollführen dann auch noch problemlos einen Positionswechsel, wobei Simona zum anderen Keyboard wechselt, Pawel den Bass an Krzysztof abgibt und sich dann selbst ans Keyboard setzt. Hier schließt sich dann auch der Kreis zum eingangs erwähnten „The Voice Of Münster“, denn neben den vielen Danksagungen, die Piotr immer wieder ausspricht, erzählt er auch eine kleine Anekdote. Spoiwo hatten nach der Ankunft einige Mühe, die Baracke zu finden – ist mir beim ersten Mal auch so ergangen – und waren zunächst vor dem nebenan liegenden Gebäude der Aula am Aasee gestrandet. Dort wurden sie dann auch vom Veranstalter der dortigen Show angesprochen, ob sie die Band für „The Voice Of Münster“ wären. Das haben Spoiwo natürlich verneint, wurden danach aber auf den richtigen Weg geschickt und spielen, so Piotr mit einem Grinsen, heute also hier in der Baracke „voiceless songs“. Gesang vermisst man natürlich bei den grandiosen Werken von Spoiwo auch genau so wenig, wie bei den beiden anderen Bands des heutigen Abends. Und da wir jetzt nach hinten auch ein wenig Luft haben, können wir alle den sehr sympathischen Polen noch eine Zugabe entlocken, die uns noch einmal für kurze Zeit in andere Welten beamt. Den Song spielen nur die vier Jungs, Simona hat die Bühne verlassen. Dass dieser neue Track, der noch keinen Namen hat, ohne Bass auskommt, hört man nicht, zwei Keyboards legen einen breiten Soundteppich, und Piotr versinkt noch einmal in seinem wunderbaren Gitarrenspiel. Bislang noch gar nicht erwähnt habe ich Krzysiek an den Drums, das sei hiermit nachgeholt. Wie auch bei Soonago und MMTH sind die Drummer manchmal durch den Bühnennebel und wegen der von ihnen auf der kleinen Bühne sehr eng nebeneinander stehenden anderen Bandmitglieder nur schwer auszumachen, aber alle drei sind natürlich mit ihrem Spiel mega-präsent.
Wie schon geschrieben, kannte ich, als die Einladung von Tortuga Booking kam, keine der angesetzten Bands. Da ich aber zum einen immer sehr neugierig bin, welche Künstler da nach wie vor mit sehr viel Herzblut den Underground am Leben halten, und zum anderen sowieso den Post Rock für mich entdeckt habe, bin ich wieder mal sehr gern nach Münster gefahren. Und wieder einmal hat Tortuga Booking bewiesen, dass man ein gutes Näschen für feine Bands hat. Darum freue ich mich schon auf die Show, die bei mir im November dick und fett im Kalender eingetragen ist. Aber es lohnt sich für alle Post Rock-Fans auch so, den Veranstaltungshinweisen von Tortuga Booking zu folgen, da ist eigentlich immer ein Leckerbissen dabei. Abgesehen davon gibt es einen tollen Hashtag, mit dem ich diesen Bericht gern abschließe, nämlich #gehtmehraufkonzerte 🙂