Burning Q Festival 2023 vom 28.07.2023 bis 29.07.2023 in Freißenbüttel, Osterholz-Scharmbeck

Schlamm und wechselhaftes Wetter tun der guten Stimmung kein Abbruch

Festivalname: Burning Q Festival 2023

Bands: 4 Oceans, Baest, Crone, Dust Bolt, Dödsrit, Hellripper, Monster, Night Demon, Nyktophobia, Phantom Corporation, Pripjat, Riot City, The Legion:Ghost, Thulcandra, Toadeater, Torturized, Tribulation, Unchained Horizon, Vansind, Vulture, We Are Riot, White Mantis

Ort: Freißenbüttel, Osterholz-Scharmbeck

Datum: 28.07.2023 – 29.07.2023

Kosten: Zwei-Tages-Ticket 60,00 € plus VVK-Gebühren
Tagesticket (nur online erhältlich) ab 35,00 € plus VVK-Gebühren

Genre: Metal, Death Metal, Heavy Metal, Thrash Metal

Besucher: ca. 1000 Besucher

Veranstalter: Burning Q Project e.V.

Link: https://www.burningq.de/

Freitag

Es regnet seit Tagen, das Wetter verschont auch das Burning Q nicht und erschwert für viele Besucher die Anreise. Nicht nur unbequemer und matschiger als gewünscht, müssen viele Fahrzeuge per Traktor auf den Campingplatz gezogen werden. Aufgrund des Naturschutzgebietes darf der Veranstalter die Oberfläche des Bodens nicht verändern, das bedeutet im Umkehrschluss keine Holzschnitzel oder Stroh. Das Infield hält jedoch dem Wochenende noch relativ gut stand und nur die beiden Hauptwege werden immer tiefer. Bei den Tagesparkplätzen werden die Nebenstraßen genutzt und die Anwohner sind unglaublich entspannt und heißen die rund 1000 Headbanger herzlich willkommen. Diese Entspanntheit der Anwohner und des ganzen Dorfes träg zusätzlich zu einem guten Feeling bei.

Unchained Horizon – Burning Q – 2023

Für unser Team ist es das erste Burning Q. Der Check-in ist super organisiert, das Infield gut aufgeteilt. Die Mainstage hat ein hohes Niveau und die Zeltstage verfügt über einen festen Boden, was bei dem Wetter wirklich angenehm ist und bei Regenschauer für einen trockenen Rückzugsort sorgt. Unchained Horizon bilden den Opener des Festivals und fangen gut 15 Minuten später als geplant an. Die Wilhelmshavener Heavy Metal Formation mit dem starken Sänger Sascha Heese zieht einen wunderbar schönen 80er old school Sound auf. Die Stimmung ist sofort gut und wird nach dem Intro mit den beiden Tracks Bridge und Beneath Ice schnell noch besser. Das Zelt füllt sich stetig, als Opener setzen Unchained Horizon die Messlatte sofort hoch. Mit dem Spirit von Iron Maiden im Blut, geben sie 35 Minuten Vollgas, ohne dabei einen individuellen Sound einzubüßen. Mit im Set Fallen Kingdom, der aktuelle Titeltrack des letzten Silberlings. Was Neues haben sie auch noch am Start und so erklingt Grim Reaper, bevor sie mit Beast Within wieder von der Bühne müssen und einen deutlichen Achtungserfolg feiern dürfen.

Monster eröffnen die Mainstage. Die Ostfriesen aus Aurich haben sich den Thrash Metal der alten Schule auf die Fahne geschrieben. Mit im Gepäck haben sie ihre aktuelle EP vom letzten Jahr Eat, Sleep, Mosh, Repeat. Sitzend und stehend wird der extreme Thrash Metal mit Death Einflüssen im Sonnenschein begutachtet. Sänger Alex Oberdieck hat sich vor dem Auftritt den Fuß gebrochen und ist heute auf der Bühne limitiert. Seine Vocals sitzend vorzutragen, kommt für ihn jedoch nicht infrage und so versucht er so aktiv wie möglich mit seinen vier Mitstreitern zu performen. Einen Song geben die Jungs aufgrund des späteren Festivalstartes ab, was der ebenfalls guten Stimmung keinen Abbruch tut. Auf dem noch recht grünen Bereich vor der Bühne finden sich die ersten Headbanger in der ersten Reihe ein. Der Rest baut Zelte auf oder versorgt sich mit dem ersten Gerstensaft. Chimp In Orbit und Where Heaven And Hell Collide knallen aus den Boxen und schließen dieses Kapitel mit einem lauten Knall.

Bis auf wenige Minuten sind wir mit Toadeater im Zeitplan. Gut besucht stimmen die Deutschen früh Conquering The Throne an. D. Möhring am Mikrofon und an der Gitarre hat sich ordentlich weiterentwickelt. Das letzte Werk Bexadde hat die Truppe hörbar beflügelt. Der Auftritt beim Hellseatic Open Air letztes Jahr ist als positiv im Kopf geblieben und das wird ohne Abstriche bestätigt. Der dreckige Doom Sound mit fiesen Extreme Metal Einflüssen scheppert und Toadeater nehmen keine Gefangenen. Die Osnabrücker brauchen keine Regeln und spielen beim 40-Minuten-Set lange Werke wie Molten Gold und Let The Darkness Swallow You. D. Möhring rauscht nach dem letzten Takt direkt hinter die Stage ab. Konsequent, kompromisslos und dennoch empfehlenswert diese Newcomer.

4 Oceans – Burning Q – 2023

4 Oceans, die Metalcore Band aus Berlin, hat bislang das Nachsehen. Die modernen Beats funktionieren nur bedingt auf dem Burning Q. Everything Has Pain liefert Überzeugungsarbeit. Der Funke will jedoch nicht überspringen. Nur wenige Besucher zieht es direkt an die schwingenden Bretter von 4 Oceans. Der Song Lost steht da sinnbildlich für die Performance der Musiker. Für das neue Line-Up trotzdem eine gute Chance, sich einzuspielen. In den ersten zwei Reihen zucken die Nacken und sorgen für Beteiligung, während die giftigen Vocals in die Ohren dringen. Wenigstens hält das Wetter und aktuell sieht es nicht nach Regen aus. Sonnenstrahlen huschen aus den Wolken. Fiese Screams drücken im Gesicht, die rosa Hello Kitty Gitarre ist ein Blickfang und der Sound kann als ansprechend abgestempelt werden.

Phantom Corporation kommen mit dem neuen Album Fallout in den Norden. Mein Kollege hat die Platte mit neun von zehn Punkten bewertet (Review hier). Die Erwartung an Leif Jensen, den im Nordwesten geliebten Allzeit-Deather, ist hoch. Phantom Corporation bringt der Frontmann in die Region von Dew Scented, denen noch viele nachweinen. Wer einen Ersatz dafür benötigt, ist hier genau an der richtigen Adresse. Voll auf die Zwölf lassen die Musiker nichts anbrennen. Dead Inside, der Opener von Fallout, kommt schnell zum Tragen. Leif ist in guter Stimmung und mit seiner gewohnt harten Gesangsfarbe rüttelt er alle wach. Da bleibt kein Stein auf dem anderen. Die beiden Gitarristen Arne Berents und Philipp Schulte schmieden heiße Eisen und gehen dabei äußerst kompromisslos zu Werke. Die Growls pflügen durchs Zelt. Der Sound ist bissig und die kleine Bühne macht auch optisch was her. Habt ihr Bock zu moschen?  Eigentlich eine blöde Frage. Da fliegen schon die Fäuste und Haare durch die Luft. Ein kleiner Circle Pit zieht seine Kreise, während Shock Wave die Zeltplane hebt. Bei Alongside Hell schön den Einsatz verkackt, muss Leif herzlich lachen und stellt erst mal seine Truppe vor. Authentisch, sympathisch und mit den Messern zwischen den Zähnen liefern Phantom Corporation einen mehr als gelungenen Auftritt.

Die Schotten Hellripper aus Aberdeen sind aufs europäische Festland gesegelt, um ihren bösen Trieben nachzugehen. Mittlerweile ist die Verzögerung komplett eingeholt, ohne große Abstriche dafür machen zu müssen. Der Höllen Rock aus den Händen von James McBain versteht keinen Spaß und zur Ausübung seiner Kunst hat er ein schlagkräftiges Live-Line-Up aufgestellt. Der Black Metal angehauchte Speed Metal geht ordentlich steil. Erstmals füllt es sich beachtlich vor der Mainstage. Der Sound ist roh und holzig. Den Schwung von Phantom Corporation können die vier Musiker direkt mit unter freien Himmel nehmen. Der Sprung vom Zelt zur Mainstage sorgt für kleine Wanderungen, die jedes Mal durch die tiefe Schlammspur führt. Es gibt durch den wechselnden Spielplan permanent, wenn man denn möchte, was auf die Ohren. Die Umsetzung  mit zwei Bühnen gefällt mir persönlich sehr gut. Stücke wie Nunfucking Armageddon 666 oder All Hail The Goat werden lautstark gefeiert.

We Are Riot, die Female Fronted Rock Band aus Bremen und Berlin, spielt einen Roots Rock mit modernen Einschlägen. Die Vocals von Jenny sind warm und erzeugen einen deutlichen Kontrast zu den bereits gespielten Acts. Technisch gut aufgestellt, ist die Resonanz am Anfang verhalten. Dann tauen Band und Publikum immer weiter auf. Die Gitarrenriffs von Kim und Yannik erzeugen Hardrock Klänge, die bis in den Blues Rock ragen. Johanna am Bass zieht nicht nur Blicke, sondern kann auch den nötigen Druck in die Songs bringen. In den gut 45 Minuten wird die ganze Session immer aktiver, für einen ganz großen Abriss ist das Publikum bei den seichteren Klängen nicht bereit.

Thulcandra – Burning Q – 2023

Thulcandra bilden den ersten Co-Headliner beim Burning Q. Für die vier Musiker ist es der zweite Auftritt auf dem Open Air. Im März hat die Band aus Bayern ihre US-Tour erfolgreich beendet, um in diesem Sommer noch ein paar Shows in Deutschland zu spielen. So haben sie bereits das Chronical Moshers Festival zerlegt, über das wir im Juni berichtet haben (hier nachzulesen). Passender kann Spirit Of The Night nicht eingesetzt werden, beim Erklingen der Riffs macht die Sonne langsam Feierabend und das schummrige Abendlicht setzt ein. Die Reihen stehen trotz des weichen Bodens dicht vor der Bühne. Der Backdrop rundet das gelungene Bühnenbild ab. Dynamisch, hungrig und mächtig aktiv lassen es die drei Hexer an den Saiten zu keiner Sekunde ruhig angehen. Carsten Schorn, der seit 2021 am Bass dabei ist, kann man eh nur schwer einfangen. Atmosphärisch und düster versprüht Gründer und Mastermind Steffen Kummerer seine teuflischen Gedanken. An der Gitarre bekommt er Unterstützung von M. Delastik. Ohne Dissection Cover geht’s nicht von den Brettern und dieses wird mit offenen Armen aufgenommen. The Somberlain geht einfach immer – ob im Original oder als exzellentes Cover von Thulcandra.

The Legion:Ghost konnten in diesem Sommer auf dem Rockharz spielen und auf dem Planemo Festival ihr Können unter Beweis stellen. Das zeigt auf, dass man die Jungs ruhig schon mal auf dem Zettel haben sollte. Die modernen Beats drücken im Magen. Rotes und gelbes Licht flackert durchs Zelt. Ohne The Price geht es für The Legion:Ghost nicht. Als aktuelle Single kann man ihn seit einigen Tagen als Akustikversion aufrufen. Das Zelt füllt sich nach dem ersten Song stetig, die ersten Reihen bleiben aber noch frei. Das ändert sich mit der klaren Ansage vom Sänger. Aktuell arbeitet die Band mit Daniel Haniß (Electric Callboy) an neuem Material. Das Gespür für erfrischenden Metalcore haben die Männer aus NRW und kommen mit den tanzbaren Melodien immer besser an. Guilty (Far From Perfect) darf im Set nicht fehlen. Harte Screams, wohlklingende Clean Gesänge und derbe Breaks – alles bekommen The Legion:Ghost unter einen Hut.

Tribulation – Burning Q – 2023

Tribulation, der erster Headliner, ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Zehn Minuten später als angekündigt, stürmen die Schweden auf die Bretter und haben eine neue EP mit dem Titel Hamartia im Schlepptau. Helles, blaues Licht und dunkle Klänge fungieren als Intro. Begonnen wird klassisch mit Melancholia – einen der größten Hits als Opener zu servieren, ist absolut mutig, schließlich kann da am schnellsten was schiefgehen. Das scheint Johannes Andersson egal zu sein und muss dann mit der Konsequenz leben, dass beim ersten Track das Mikrofon versagt und nach wenigen Sekunden ausgetauscht werden muss. Weihrauchstäbchen an den Bühnenseiten versprühen ein mystisches Feeling. Die bedeckten, gar progressiven Klänge sorgen für eine emotionale Tiefe, von der Tribulation getragen werden. Die gedämmten Lichter ziehen die Skandinavier in den Höllenschlund. Das breite Set aus allen Epochen hält viele Überraschungen bereit. Hart, melodisch und stets einfühlsam bringt das Quartett die kalte Hand an die pulsierende Kehle. Hour Of The Wolf geht runter wie Öl. Nach der Hälfte des Auftritts gönnen sie sich eine instrumentelle Pause. Durch verlieren sie im ersten Augenblick unnötig Dynamik. Schwarz wie die Nacht gleiten die Riffs aus den Boxen, um dann mit Nightbound den tödlichen Dolchstoß zu setzen. Wer noch nicht genug hat, kann beim Party.San Open Air den Donnerstagabend fett im Kalender markieren.

Last But Not Least steigen Iron Priest mit Coversongs in den Ring. Während wir die Stiefel vom Matsch reinigen, dringt The Number Of The Beast aus dem Zelt. Für uns geht es ins Hotel, um Kraft für den nächsten Tag zu tanken. Wer noch nicht genug hat, darf feuchtfröhlich zu Klassikern aus den Händen von Iron Priest headbangen, als würde es kein Morgen mehr geben.

Samstag

Pünktlich zu Goat Explosion steigen wir in den zweiten Tag des Burning Q Festivals ein. Sehr agil langt Christian Seitz hinter der Schießbude beherzt zu. Die vier Musiker agieren ansonsten noch relativ statisch, haben für ihre noch junge Karriere mit zwei Studioalben trotzdem den Mut, ihren Stoner Doom Metal zu zelebrieren, auch wenn sie auf deutliche Bewegungsmuster bei der Performance verzichten. Vor allem Sänger und Gitarrist Basti lässt seine Kollegen lieber aktiv werden und konzentriert sich lieber aufs Wesentliche. Kurze Ansagen sprängen den Kosmos des schmutziger Doom Stoner Metal. Voll im Gefecht zieht Christian Seitz an den Fellen die Blicke, während der Bass aus der Anlage donnert. Das Zelt ist dabei ähnlich voll wie beim gestrigen Opener Unchained Horizon. Was bei der Stimmung den Unterschied macht, ist die mäßige gesangliche Livedarbietung von Basti, der auf Konserve deutlich besser klingt. Quasi ausverkauft mit ca. 1000 Besucher ist der Samstag noch besser reflektiert als der Freitag. Nur noch wenige Tagesgäste kann das Burning Q Festival um die Mittagszeit aufnehmen.

Nyktophobia – Burning Q – 2023

Letztes Jahr auf dem Party.San vor die Linse bekommen, geht es nach fast einem Jahr Konzertpause für Nyktophobia auf norddeutsche Bohlen. Die fünf Musiker um Sänger Tomasz Wisniewski treiben seit 2015 ihr Unwesen. Tomasz dürften viele kennen, schließlich hat er jahrelang Dawn Of Disease ein Gesicht gegeben und zieht die Fäden beim deutschen Label Apostasy Records, die mit Torturized noch eine Band auf die Freißenbütteler Bretter schicken. Flight Of The Phönix braucht nicht lange, um auf dem leicht verbesserten Boden zu zünden. Kein Regen und gut temperiert stehen die ersten Death Metal Jünger vor den Boxen. Für die frühe Stunde kann man ohne Probleme von einer regen Beteiligung sprechen. Einige Headbanger schalten den Propeller an. Das aktuelle Album What Lasts Forever spielt genauso eine Rolle wie der abschließende Winter Assault der Night in Gales / Nyktophobia Split CD.

White Mantis laufen mit dem Titeltrack der aktuellen EP The Iron Curse warm. Aus München angereist, haben die vier Musiker um Matthias Pletz schon ein paar Kilometer in den Knochen. Der weiße Backdrop springt sofort in die Augen. Der Sound ist sehr old school, macht aber Spaß und lässt die 80er-Jahre Black Thrash Herzen höherschlagen. Agil und willig ziehen sie wie ein Orkan durchs Zelt. Der Bereich vor der Bühne ist dabei gut gefüllt und sorgt für Interaktion in den ersten Reihen. Der neue Divide And Kill darf da ebenfalls nicht fehlen, nach 30 Minuten ist dann für White Mantis Feierabend.

Pripjat – Burning Q – 2023

Mit White Mantis bricht das Thrash Metal Zeitalter an. Pripjat aus Köln springen in selbige Kerbe. Die Sons of Tschernobyl ziehen das Nuklearvisier herunter. Prypjat ist eine Geisterstadt im Rajon Wyschhorod in der Ukraine. In den letzten Jahren seit Corona ist es ruhiger um die vier Protagonisten geworden. Verlernt haben die beiden Gitarristen Eugen „Dude“ Lyubavskyy und Kirill „Kay“ Gromada jedoch nichts. Als eingeschweißtes Team legen sie ein Thrash Metal Feuerwerk aufs Parkett. Kirill „Kay“ Gromada greift dazu zum Mikrofon, um einen bösen Kreater Vocal Cocktail aus den Boxen zu drücken. Mit dem Blick auf die aktuelle Geschichte sind Pripjat wieder voll im Geschehen. Material um neues Tschernobyl Liedgut dürfte nicht ausgehen, umso gespannter darf man auf die nächste Platte sein.

Die Magdeburger Torturized bekommen ihren Sänger überhaupt nicht an die Ketten gelegt. Ab Inversion geht er steil und lässt sich von den Backvocals mit tragen. Im Nebel verhangen, legt sich ein Schleier um die Band, der bei Asylum und Dissolution immer dichter wird. Die Handschrift ist modern und auch wenn man es beim optischen Bild der Combo nicht vermuten würde, das Songwriting springt in abartige böse Extreme Metal Regionen, die auf fiese Deep Beats und kernige Melodienwände setzt. Ecocide bringt erneut Bewegung in die Session. Vor der Bühne kreisen die Hände dem Frontmann gleichgemacht durch die Lüfte. Diesen hält es beim letzten Track Dehumanization nicht mehr auf die Bühne und springt in die Menge, um einen kleinen Circle Pit anzuführen.

Vor zwölf Jahren gegründet und gerade einmal zwei Alben erschaffen, setzen Riot City als Newcomer dieser Tage trotzdem ein großes Ausrufezeichen. Können die fünf Musiker dem jedoch gerecht werden? Nächstes Wochenende geht es zumindest zum Wacken und auch das letzte Album von 2022, Electric Elite, hat nur positives Feedback erhalten. Der US Speed Metal wird in Kanada geformt, besser gesagt in Calgary. Mit gutem Sound und einem hohen Zuspruch, blasen sie jeden Zweifel direkt weg. Sänger Jordan Jacobs ist eine Granate. Voller Old School Power geht er steil und kommt immer wieder an die Absperrung. Der direkte Kontakt zum Publikum ist definitiv ein Schlüssel zum Erfolg. Ebenfalls die zwei starke Gitarren, die bei Burn The Night richtig zum Tragen kommen. Die gelben Spots ziehen ihre Leuchtkegel in die hungrigen Headbanger Gesichter. Leicht bedeckt kann man aus sich herauskommen, ohne dem Hitzetod zu erliegen. Das einzige Schlagzeugsolo des Festivals serviert Chad Vallier. Ein weiterer Höhepunkt ist die Ballade Ghost Of Reality.

Vansind – Burning Q – 2023

Das nächste Kontrastprogramm wartet mit den Heiden von Vansind. Die Dänen tragen den Pagan Metal im Herzen. Die Asen und Wanen wären stolz auf die Skandinavier, die musikalisch in die Richtung von Svartsot, Heidevolk oder auch Tyr gehen. Harte Passagen werden von lieblichen Gesängen unterbrochen. Für die sieben Musiker reicht die kleine Zeltstage beinahe gar nicht aus. Mit vielen mittelalterlichen Einflüssen gespickt, bringen sie ihre Werke den interessierten Festivalgängern als Team näher. Grib Til Varben bringt Vansind schnell in eine gute Position. Das liegt zweifelsohne auch mit am harmonischen Duett von J. Asgaard und Linie Burglin. Den Forste Fejde und Habet Er Sort bringen die frische Pagan Metal Formation in ihren sicheren Hafen – für mich eine positive Überraschung!

Vulture liefern Old School Thrash Metal der ersten Stunde ab. Hohe Vocals, kernige Riffs und ein dominantes Drumming drücken die Ohren frei. Im wahrsten Sinne des Wortes hauen die Mosher auf die Kacke, denn der weiche Schlamm spritzt bei der Intensität ordentlich unter den Stiefeln. Vulture, vom Publikum förmlich angefixt, gehen steil wie ein Junkie auf Entzug. Während die nächste Regenfront schon im Anmarsch ist, fliegt die Pommesgabel durch die Luft und der Circel Pit bringt den schwammigen Boden zum Beben.

Ob Ravager ohne den nächsten stärkeren Regenschauer ähnlich viele Besucher ins Zelt gelockt hätten, lässt sich nicht verlässlich klären. Was man jedoch sagen kann, ist, dass die Jungs aus Walsrode ihre Chance nutzen. Die Temperatur steigt, während sie den Titeltrack The Third Attack vom aktuellen Silberling anstimmen. Die Platte wurde vor zwei Jahren über Iron Shield Records veröffentlicht und bildet das Herzstück des Sets. Mit Pit Stop… Don’t Stop In The Pit! treten sie das Gaspedal durch. Ein amtlicher Abriss, der einen moschenden Pulk zur Folge hat. Neben dem neuen Stoff haben sie auch ältere Werke am Start. Die Funken fliegen und die Crew am Bierstand muss eine beachtliche Schlagzahl hinlegen. Schließlich soll keiner bei Ravager dehydrieren.

Baest darf man ohne zu zögern als Death Metal Perle Europas bezeichnen. Die letzte EP Justitia ist nicht nur ein Brett, sondern eine messerscharfe Guillotine, die jedes noch so starke Genick durchtrennt. Mir tat es wahnsinnig leid, dass sie auf ihrer Tour im Herbst die zwei Stationen in Deutschland absagen mussten. Davon haben sich die Dänen zum Glück nicht beeindrucken lassen und zocken neben dem Burning Q auf dem Tolminator, Wacken und Deathfest in Dortmund. Vier Festivalslots in nur sieben Tagen dürfte die Qualität der Newcomer unterstreichen. Live fungieren sie als Glätteisen, nach der Kür wird kein Facelifting mehr benötigt. Verspielt wie Death und walzend wie Bolt Thrower lassen Sänger Simon Olsen und seine Mannen keinen Stein auf dem anderen. Der Sound ist perfekt und einer der am besten abgemischtesten Truppen des ganzen Festivals. Die Reihen werden verdient immer voller. Sebastian Abildsten entpuppt sich auch live als Killer-Drummer. Ecclesia rauscht durch die Luft, während Genesis den Atem raubt. Wer als Genre Liebhaber das Quintett nach diesem Auftritt nicht auf dem Zettel hat, muss mir detailliert erklären, warum.

Crone – Burning Q – 2023

Crone treten das Erbe von Secrets Of The Moon an. Wobei diese Aussage nur halb richtig ist. Eher würde passen, der Secrets Of The Moon Phönix springt aus der Dark Rock Asche und formt mit seiner Kunst die wundervolle Atmosphäre von Crone. Altem soll man nicht immer nachtrauern und neuen Wegen eine Chance geben. Wer bereits Ghotta Light aufgedreht hat, wird wissen, was ich meine. Die düstere Stimmung der Scheibe trägt die Osnabrücker auf Händen ins Zelt. Der progressive wie melodische Metal reichert die Luft konzentriert an. Egal, ob man will oder nicht, der Kopf fängt an zu nicken und das Herz schlägt schneller. Mit vielen atmosphärischen Elementen und eingängigen Vocals wickelt Sänger Phil Jonas jeden einzelnen um den Finger. Klare Riffs, aber doch unvorhersehbarere Tiefen prägen das Bild.

Night Demon erwischen wie schon vorher Baest auf der Mainstage einen mächtigen Sound. Als Opener fungiert Outsider. Im Anschluss wirbelt das Trio mit Screams In The Night die müden Knochen wach. Die wilde Fahrt geht mit dem stampfenden Track Escape From Beyond weiter. Es folgt der erste Break mit der Ballade Mastermind, gefolgt von Are You Out There. Klatschend feiern die Fans ihre Night Demon in das nächste Riff. Jarvis Leatherby ist heute wortkarg. Ohne Ansagen laufen die Stücke wie an einer Perlenkette. Die Heavy Metal Fraktion ist voll da und das, obwohl mehr als eine Handvoll Hits auf der Liste fehlen. Jarvis Leatherby und Armand John Anthony springen von den Brettern in den Bühnengraben, um mächtig Staub, pardon Wasser, aufzuwirbeln. Mit dem Evergreen Night Demon ist nach etwas mehr als einer Stunde Schluss. Mit der Zugabe lässt Jarvis Leatherby dann doch das eine oder andere Wort fallen. Deutschland ist für ihn und seine Band wie eine zweite Heimat. Sie freuen sich auf die nächsten Shows. Eine gelungene Session auf dem Burning Q der drei Amerikaner, mit, für meinen Geschmack, einem etwas durchwachsenen Set.

Ich hatte Dödsrit nicht auf dem Zettel, ein fataler Fehler! Die Schweden verstehen alles, nur keinen Spaß. Die Show wird zur Crust Black Metal Show. Worte brauchen auch diese Künstler keine. Die Blackend Death Metal verworrenen, depressiven wie emotional verstrickten Dampfwalzen lassen keine Hoffnung zu. Die wunderbaren Blastbeats treiben den schwarzen Pfeil immer weiter in das ausblutende Herz. Die keifenden Vocals des Gitarristen Christoffer Öster treiben die Gänsehaut empor. Blaues, kaltes Licht und ein dichter Nebelteppich verhängen die Bühne. Böse bis in die Knochen, bringen Dödsrit viele Extreme Metal Faktoren zusammen, die sie in ihren eigenen Gedanken frei zur Entfaltung bringen. Im Gegensatz zu mir haben die Skandinavier wohl viele auf der Liste. Das Zelt ist brechend voll, raus kommt keiner und die Messe wird bis zum Ende gelesen. Wer Dödsrit live erleben kann, sollte dieses auch wahrnehmen – ihr werdet nicht enttäuscht!

Gaerea – Burning Q – 2023

Gaerea, eine der größten Enttäuschungen des letzten Party.San, erwischen einen nahezu perfekten Sound und gleichen den Klangbrei aus. Satte Riffs und ein Ruben Freitas als Sänger in Höchstform. Die Portugiesen mit ihren Kapuzenmasken in Schwarz mit goldenen Ornamenten schließen das Burning Q würdevoll ab. Immer wieder flackern im Nebel helle Lichter auf. Ruben bewegt sich theatralisch im Takt und tritt die Dekokisten an die Seite. Mit der gewonnenen Bewegungsfreiheit animiert er das Publikum zum Aufbäumen. Das gelingt so lange, bis es wieder zu regnen ansetzt, mit dem Unterschied, dass es zum Open Air Finale wie aus Eimern gießt. Die Feuershow nach Gaerea ziehen die Verantwortlichen dennoch tapfer durch.

Allen Widrigkeiten zum Trotz muss man vor dem norddeutschen Veranstalter den Hut ziehen. Ohne zu murren ziehen sie das Programm durch und haben dabei sogar noch ein Lächeln auf den Lippen. Diese positive Einstellung springt auf alle Anwesenden über und lässt trotz einer feuchten Auflage in diesem Jahr ein gutes Gefühl zurück. Während The Void’s Embrace dann auch im Zelt die Lichter ausmachen, kommen wir zum Fazit, dass die Ansammlung an europäischen Newcomern auf diesem hohen Niveau nicht an jeder Straßenecke zu finden ist und zu Recht den Burning Q Verantwortlichen ein volles Haus beschert.

Unser erstes Burning Q Festival hat viele Höhen und maximal matschige Tiefen. Das Line-Up beinhaltet viele Underground-Perlen und die Headliner Gaera, Night Demon und Tribulation konnten dem Anspruch gerecht werden. Organisatorisch macht der Burning Q Project e.V. vieles richtig. Das Infield ist liebevoll und gut durchdacht aufgestellt. Die Preise bei den verschiedenen warmen Speisen sind top. Cocktails günstig und Bier auf einem normalen Niveau. Mit 1000 Besuchern eine perfekte Größe. Das bunte Line-Up wirft keine Totalausfälle ab und bei allen Bands wird gefeiert. Wir kommen 2024 gerne wieder, dann hoffentlich ohne Regen und weichem Untergrund. Bestätigt fürs nächste Burning Q sind bislang die sechs Acts Seven Sisters, Schizophrenia, Revel In Flesh, Slaughterday, Intöxicated und Vomit Division.