Evanescence – The Bitter Truth

Kämpfen mit den Erwartungen und der eigenen Ausrichtung

Artist: Evanescence

Herkunft: Little Rock, USA

Album: The Bitter Truth

Spiellänge: 47:19 Minuten

Genre: Alternative Rock, Gothic Rock, Klassik

Release: 26.03.2021

Label: Columbia/Sony Music

Link: http://www.evanescence.com/

Bandmitglieder:

Gesang, Klavier, Keyboard, Harfe – Amy Lee
Gitarre und Backgroundgesang – Troy McLawhorn
Gitarre und Backgroundgesang – Jen
Bassgitarre – Tim McCord
Schlagzeug – Will Hunt

Tracklist:

  1. Artifact/The Turn
  2. Broken Pieces Shine
  3. The Game Is Over
  4. Yeah Right
  5. Feeding The Dark
  6. Wasted On You
  7. Better Without You
  8. Use My Voice
  9. Take Cover
  10. Far From Heaven
  11. Part Of Me
  12. Blind Belief

Ob man will oder nicht, der Name Evanescence ist im Rock und Metal einfach geläufig und dabei ist nicht die sinnbildliche Bedeutung des „Dahinschwindens“ gemeint, sondern die Formation um die begabte und von vielen geliebte Amy Lee. Immer wieder wird es nach Veröffentlichungen ruhiger um die Amerikaner. Das letzte Album Synthesis liegt bereits vier Jahre zurück und die letzten Shows mussten leider wegen der aktuellen, weltweiten Situation abgesagt werden. Im Dezember konnten wir bereits als Vorbote der neuen Platte über den Evanescence: A Live Session From Rock Falcon Studio am 05.12.2020 – Worldwide Livestream berichten (Hier!). Zwölf neue Nummern haben es auf den Silberling geschafft, die den Raum mit fast 50 Minuten Klangwerk und starken Gesangsleistungen füllen. Das Artwork fällt hingegen schlicht aus und setzt Amy in ein abgegrenztes Format, auf dem nur ein Teil ihres Gesichtes zu erkennen ist. Auf der Zunge eine Pille, die bereit zum Runterschlucken ist. Was möchten uns die Gothic Rocker damit sagen, die weiter in moderne Rock Klänge vordringen.

Langsam rollt Artifact/The Turn an. Der Opener des Studioalbums sammelt Klänge und fungiert als andächtiges Intro, um mystisch in die ersten Stücke zu gleiten. Wo findet man Evanescence im Jahr 2021 wieder? Fragen wir uns das nicht nach jedem Album, seit dem Debüt Fallen und dem zweiten Langeisen The Open Door? Das große Mainstreaminteresse ist längst verstrichen und die Gruppe muss ihre Fundamente immer wieder neu gießen. Ich bin ein Freund von Statistiken, aber dass Fallen 17 Millionen mal verkauft wurde und das letzte Werk Synthesis nur knapp über 30.000 Mal, ist sicher keine Bestätigung der jeweiligen Qualität. Trotzdem zeigt es auf, dass die ganz großen Tage wohl der Vergangenheit angehören. Klar lebt Amy Lee von der Vergangenheit, oft scheint diese aber wie eine schwere Metallplatte auf ihren Schultern zu lasten. Die ganz großen Power Momente und Symphonie Effekte bleiben aus. Ruhiger leben sie ihren modernen Rock und trotzdem machen sie Schritte in einen harmonischen Genresektor mit Alternative Pop Rock Elementen. Kann man als Evanescence nur noch verlieren? Die Frage dürfte nicht nur mich beschäftigen, sondern in der Formation nicht nur einmal Thema gewesen sein. Mutig ist es wirklich weiterzumachen und ihre Ideen in Rocksongs umzusetzen. Das Line-Up ist jetzt seit gut sechs Jahren konstant, ein wichtiger Faktor des Zusammenhalts. Broken Pieces Shine kratzt an alten Tugenden und möchte Gothic Charme versprühen. The Game Is Over schlägt einen ähnlichen Weg ein und lässt der Sängerin noch mal mehr Platz. Yeah Right versucht die bereits angesprochenen Elemente zu einem Klangbild zu formen. Leichte Melodien und Beats bringen eine lockere Stimmung mit – viel und oft liegt es an der Frontfrau, dass Evanescence punkten können. Da kommt die nächste Frage auf, will Amy diese Poleposition oder lässt die Formation die immer noch junge Frau als Fels in der Brandung hängen? Mittlerweile denke ich, dass Amy schon die Fäden führt und die dominante Stellung bewusst einnimmt. Ob das der richtige Weg ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Über vier Minuten kommt nicht eine Nummer, die Mainstream Handschrift eines erfolgreichen Songwritings wurde nicht abgelegt. Wohin wollen die Amerikaner und welches Fanlager soll angesprochen werden? Und genau da wird es immer schwerer. Im Mainstream sind sie out, in den meisten Metal-Landschaften unerwünscht und können nur noch auf offene Rocker mit einem Faible für einen modernen wie alternativen Gothic Anstrich setzen. Diese Situation reflektiert die Stücke wie Feeding In The Dark, Better Without You oder Take Over ganz gut wider. Kleine Höhepunkte greifen in die vielen kleinen Zahnräder und hinterlassen ein gutes Album, das kann man nicht wegdiskutieren.

Evanescence – The Bitter Truth
Fazit
Gut ist manchmal eben nicht gut genug. Dieses Handicap schleppen Evanescence nicht erst mit dem neuen Album The Bitter Truth mit sich herum. Technisch gut umgesetzt bleibt neben den instrumentellen Leistungen immer wieder Amy Lee über, die ebenfalls einen guten Job macht und grundsätzlich überzeugen kann. Nach ein paar Durchläufen kann man jedoch keinen Song wirklich hervorheben und das Gesamtgebilde lässt auch nur eine gute Leistung ausstellen. Wohin es für diese immer noch talentierte Gruppe noch geht, weiß wohl nur der Teufel.

Anspieltipps: Broken Pieces Shine und Better Without You
René W.
7.5
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