Judas Priest & Megadeth am 19.06.2018 in der Sick Arena in Freiburg im Breisgau

„Judas Priest & Megadeth am 19.06.2018 in der Sick Arena in Freiburg im Breisgau“

 

Hauptact:  Judas Priest

Vorband: Megadeth

Ort: Sick Arena, Freiburg im Breisgau (Europaplatz 1, 79108 Freiburg im Breisgau)

Datum: 19.06.2018 (Einlass: 19:00 Uhr)

Kosten: 63,30 € (VVK)

Genre: Heavy Metal, Thrash Metal

Besucher: ca. 3500

Setlisten:

  1. Hangar 18
  2. Rattlehead
  3. The Threat Is Real
  4. Take No Prisoners
  5. The Conjuring
  6. Tornado Of Souls
  7. Dystopia
  8. Symphony Of Destruction
  9. Mechanix
  10. Peace Sells …
  11. Holy Wars … The Punishment Due By Megadeth

  1. War Pigs (Black Sabbath)
  2. Firepower (Intro)
  3. Firepower
  4. Grinder
  5. Sinner
  6. The Ripper
  7. Lightning Strike
  8. Bloodstone
  9. Saints In Hell
  10. Turbo Lover
  11. Prelude
  12. Tyrant
  13. Night Comes Down
  14. Freewheel Burning
  15. You`ve Got Another Thing Comin
  16. Hell Bent For Leather
  17. Painkiller
  18. Rising From Ruins
  19. Metal Gods
  20. Breaking The Law;-
  21. Living After Midnight

Es ist Dienstag Nachmittag, und es ist nur noch ein paar Stunden hin, bis der Metal God himself in der Freiburger Sick Arena auf der Bühne steht. Eine der ganz großen Metal-Legenden im Breisgau, ein Ereignis, auf das sich die hiesigen Metalheads schon seit Monaten freuen. Normalerweise machen die großen Bands Halt in Stuttgart oder im nahegelegenen Pratteln in der Schweiz, selten dagegen aber im Universitätsstädtchen an der Dreisam. In diesem Jahr ist alles anders, die alten Herren kommen alle nach Freiburg. Nächste Woche spielen Iron Maiden ihr Messe Open Air, und den Auftakt macht heute ein nicht weniger ruhmreiches Metal-Urgestein. Die Rede ist natürlich von Judas Priest, einer der einflussreichsten Bands des Metal-Genres überhaupt. 1969 als reine Blues-Band gegründet, ebneten sie in den 70`er Jahren in der legendären Besetzung mit Rob Halford, Kenneth Downing, Ian Hill, Glenn Tipton und Alan Moore den Weg für die Stilrichtung des New Wave of British Heavy Metal. Kult-Status erreichten sie spätestens 1980 mit dem legendären British Steel-Album, bei dem dann aber schon Dave Holland hinter der Schießbude saß. 1990 schlug man dann mit dem Schlagzeuger Scott Travis und dem sensationellen Painkiller-Album härtere Töne an. Danach ging es mit der Band bergab, es kam zur Auflösung, zur Wiedervereinigung, und es folgten einige durchwachsene Alben. Erst im Jahr 2018 und dem aktuellen Firepower-Album hat man so wirklich den Eindruck, dass Priest zurück sind. Doch nicht genug, im Vorprogramm spielen die nicht minder legendären US-Thrash-Metaller Megadeth. Man darf gespannt sein, was die alten Herren noch in der Lage sind, auf die Bretter zu bringen.

Schon am frühen Mittag posten die ersten Fans Fotos vom Messegelände in Facebook, früh da sein und die besten Plätze sichern, heißt offenbar das Motto. Da ich mir um Ticket und Platz in der 1. Reihe keine Gedanken machen muss, mache ich mich erst gegen 18:30 Uhr auf den Weg. Praktisch, wenn man zu solch einem Konzert ausnahmsweise mal nur 10 Minuten Anfahrt hat. Auf dem Messegelände angekommen, werden gleich mal 3,- € Parkgebühr fällig …, aus den Metalheads rauspressen, was nur geht. Vor der Halle haben sich im Laufe des Nachmittags schon einige Hundert Fans eingefunden und warten geduldig bei 30° in der prallen Sonne. Trotz der Hitze fließt das Bier schon in Strömen. Pünktlich um 19:00 Uhr beginnt der Einlass und ich kann auch an der Abendkasse mein Ticket und den Photopass abholen. Alles klappt problemlos, Respekt! In der Halle dann erst einmal das Merch checken …, 35,- Euronen für ein Shirt sind schon amtlich.

Megadeth beginnen pünktlich um 20:00 Uhr mit Hangar 18, und vom ersten Moment an kommt Bewegung in die ersten Reihen. Mit Dave Mustaine und seinen Mannen ist schließlich nicht irgendeine Support-Combo am Start, sondern eine Speed/Thrash-Institution, die auch schon seit 1983, seit Dave`s Ausstieg bei Metallica, sein Unwesen treibt. Mit 15 eigenen Studioalben als Background wirkt die Band als Vorgruppe etwas deplatziert, und es ist verwunderlich, dass man als Support unterwegs ist. Aber so wirklich viele Menschen kamen in der Vergangenheit nie zu ihren eigenen Shows, so dass sich Dave & Co auch nicht zu schade sind, um für die übergroßen Judas Priest zu eröffnen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass unter den Fans neben unzähligen Judas Priest– und Halford-T-Shirts, auch viele Megadeth-Shirts zu sehen sind. Eigentlich hatte ich die Band vor ein paar Jahren schon abgeschrieben, doch ich muss zugeben, mit dem starken Dystopia-Album aus 2016 und der aktuellen Besetzung mit Dave Mustaine, Kiko Loureiro, David Ellefson und Dirk Verbeuren ist man wieder voll in der Spur. Besonders der brasilianische Gitarrist Kiko Loureiro überzeugt mich von Beginn an, da er sich als echter Aktivposten auf der Bühne entpuppt. Mega Dave dagegen hält sich eisern an seinem Microständer fest und ist auch sehr wortkarg unterwegs. Seine mürrische Art ist ja nichts Unbekanntes mehr. Die wenigen Worte, die er an seine Fans richtet, kommen leise rüber und bleiben den Menschen in den ersten Reihen vorbehalten.

Bandleader Mustaine, mittlerweile auch schon 56 Lenzen alt und leicht ergraut, zockt seine Riffs aber sauber runter. Man beschränkt sich auf das Wesentliche und zockt mit einer tollen und vor allem schnellen Version von Rattlehead und The Threat Is Real das Set herunter. Auch wenn nur auf einem abgeteilten kleineren Teil der Bühne gespielt wird, so würde ich mir doch etwas mehr Bewegung wünschen. Beim grandiosen Tornado Of Souls ist es wieder der Brasilianer, der auf der ganzen Linie überzeugt, indem er das halsbrecherische Solo so perfekt spielt, das selbst Marty Friedman stolz auf ihn sein würde. Mit Kiko an der Gitarre hat Mr. Mustaine einen echten Hauptgewinn an Land gezogen. Aber auch David Ellefson am Bass und Dirk Verbeuren an den Drums machen Spaß. Die großen Klassiker hat man sich für den zweiten Teil der Setlist aufgespart, Dystopia, Symphony Of Destruction, Peace Sells … Gerade bei den alten Songs aber bin ich mir nicht ganz sicher, ob hier wirklich alles, was ich höre, echt ist. Die Vocals von Dave sind trotz all der Jahre teilweise schon etwas zu nah am Original, was Zweifel aufkommen lässt, ob nicht vielleicht doch einige Gesangsspuren vom Band kommen. Auch stelle ich fest, als ich mich in den hinteren Teil der Halle begebe, das hier der Sound etwas matschig und leise rüber kommt. Die Stimmung in der Messehalle ist trotzdem gut, und die Thrash Titanen werden gefeiert. Als auch noch als einziges optisches Highlight das Band Maskottchen Vic Rattlehead die Bühne betritt, ist der Gig in trockenen Tüchern. Mit der Zugabe Holy Wars … geht nach einer Stunde ein guter, wenn auch nicht spektakulärer Auftritt zu Ende. Als Wermutstropfen bleibt das Fehlen von A Toute Le Monde auf der Setlist.

Die 30minütige Umbaupause wird für ein Bier und ein paar Fotos mit Schmier von Destruction genutzt, bevor es pünktlich um 21:30 Uhr mit den Briten von Judas Priest weitergeht. Haben sich während des Megadeth-Auftritts noch viele draußen im Raucherbereich oder an der Theke aufgehalten, ist die Halle nun plötzlich rappelvoll. Die wenigen Fans, die jetzt noch draußen geblieben sind, nutzen die Gelegenheit, den langen Warteschlangen an den Getränkeständen oder an den Toiletten aus dem Weg zu gehen. Die Band kommt zu War Pigs (Black Sabbath) vom Band auf die große Messebühne. Rob Halford, stilecht in goldener Firepower Fransenlederjacke, sieht man seine 66 Jahre mittlerweile echt an, aber stimmlich gehört er immer noch zu den ganz Großen, wie er mit Firepower, dem Titeltrack des aktuellen Albums, sodann unter Beweis stellt. Wer bei dem eher leisen Sound von Megadeth zuvor noch der Meinung war, er könne den Abend ohne Gehörschutz problemlos überstehen, der wird nun eines besseren belehrt. Schon bei den ersten Screams von Rob fassen viele Zuschauer in die Hosentaschen und ziehen ihre Ohrenstöpsel hervor. Auch zeigt sich heute, dass das Publikum mit den Heroen altert, man sieht eher wenig junge Leute, aber zahlreiche Rocker im gesetzten Alter. Die Band ist gut drauf und geht gleich auf Tuchfühlung mit den Fans, besonders Gitarrist Richie Faulkner, der seit 2011 beim Metal God spielt, post auf Teufel komm raus. Auch die ersten Plektren fliegen gleich nach wenigen Minuten zu den dankbaren Fans in den ersten Reihen. Rob Halford hält sich etwas zurück, bewegt sich relativ wenig und ist, ebenso wie zuvor schon Dave Mustaine, etwas wortkarg unterwegs. Vor 30 Jahren sah das alles etwas anders aus, aber wir werden ja schließlich alle nicht jünger.

Es folgen mit Grinder, Sinner und The Ripper einige ganz frühe Songs, bevor es mit Lightning Strike wieder zurück in die Firepower Gegenwart geht. Immer wieder verschwindet Frontmann Rob Halford hinter einem schwarzen Vorhang von der Bühne, um kurz danach in einer anderen Jacke wiederzukommen. So etwas kennt man sonst eher von weiblichen Künstlern, aber auch der Metal God ist halt nur eine Diva. Weiter geht es mit einigen alten Songs, und mit Turbo Lover taucht der erste ganz große Klassiker auf der Setlist auf. Ich hatte von Beginn an mit einer Best-of-Show, gemischt mit einigen neuen Songs, gerechnet, bin jetzt aber doch überrascht, dass so viel altes Material gespielt wird und so wenige Firepower-Songs den Weg auf die Bühne geschafft haben. Im Laufe des Abends zeigt sich immer mehr, dass Rob auch mit Mitte 60 keinesfalls müde ist und auch das Hin und Her, von links nach rechts, auf der Bühne stellt für ihn kein Problem dar. Auf der großen Leinwand im Hintergrund werden ständig Bilder und Filme eingespielt, die aber nur von mäßiger Qualität sind. Einige davon sehen aus, als wären sie aus billigen Computerspielen herauskopiert, doch das fällt heute Abend nicht wirklich ins Gewicht. Rob ist stimmlich brillant, zeigt einmal mehr, dass seine Stimme tatsächlich 4 1/2 Oktaven umfasst. Gänsehaut garantiert! Auch die Band ist sehr gut drauf und unterstützt den Altmeister. Schade ist, das Glenn Tipton nicht mehr dabei ist. Der langjährige Priest-Gitarrist gab im Februar dieses Jahres bekannt, dass er aufgrund seiner bereits 10jährigen Parkinson-Erkrankung nicht mehr an der Tour teilnehmen kann. Er wurde durch Andy Sneap (Firepower Produzent) ersetzt. Auch wenn der Sabbath-Gitarrist hier und heute einen guten Job macht, Glenn Tipton war eine Macht, die nur schwer zu ersetzen ist. Mit an Bord ist jedoch noch Alt-Bassist Ian Hill, der auch schon seit Anfang der 70`er Jahre dabei ist. Hill hält sich heute etwas im Hintergrund und überlässt das Laufpensum den Herren Sneap und Faulkner. Schlagwerker Scott Travis ist in der Band mittlerweile eh etabliert und macht auch heute einen klasse Job und prügelt auf die Felle ein, als gäbe es kein morgen.

Im zweiten Teil der Setlist überschlagen sich dann die unsterblichen Priest-Klassiker, Freewheel Burning, You`ve Got Another Thing Comin`, Hell Bent For Leather …, ein Klassiker jagt den nächsten. Auch die Harley kommt natürlich wieder zum Einsatz. Die Stimmung im Publikum ist auf dem Höhepunkt angekommen. Es ist einfach nur ansteckend, man kann sich dem Sog einiger der größten Metal-Hymnen aller Zeiten einfach nicht entziehen. Mit Painkiller, dem Nackenbrecher von 1990, wird das offizielle Set beendet. Der Zugabenteil wird dann wieder mit einem neuen Song eingeleitet, Rising From Ruins, bevor mit den Krachern  Metal Gods, Breaking The Law und Living After Midnight die Halle endgültig gesprengt wird. Natürlich fehlten heute auf der Setlist einige Klassiker, die ich gerne mal wieder live gehört hätte, wie z.B. Screaming For Vengeance, Hellion, Electric Eye oder Desert Plains, aber der Fundus der Band ist eben unermesslich und viel zu groß, um an einem Abend erschöpfend abgehandelt zu werden. 1 1/2 Stunden Spielzeit reichen da eben bei weiten nicht aus. Für jeden Klassiker, der gespielt wurde, vermisste wahrscheinlich jeder im Publikum zwei andere, die es nicht auf die Setlist geschafft hatten. Fakt ist, so wählt keine Band auf Abschiedstour ihre Setlist aus, und ich bin sicher, Judas Priest werden uns noch erhalten bleiben.