KMFDM – Kunst

“Ein philosophisches Essay“

Artist: KMFDM

Herkunft: Multinational

Album: Kunst

Spiellänge: 48:40 Minuten

Genre: Industrial Rock

Release: 26.02.2013

Label: Metropolis Records

Link: www.kmfdm.net

Bandmitglieder:

Gesang – Lucia Cifarelli
Gitarre – Jules Hodgson
Gitarre – Steve White
Gesang, M16-Bass, analoge Synthesizer, Gitarre, Keyboards, Programmierung – Sascha Konietzko
Schlagzeug – Andy Selway

Tracklist:

  1. Kunst
  2. Ave Maria
  3. Quake
  4. Hello
  5. Next Big Thing
  6. Pussy Riot
  7. Pseudocide
  8. Animal Out
  9. The Mess You Made
  10. I (Heart) Not

KMFDM - Kunst

Das Karma ist wie ein Bumerang: Habe ich mich heute noch über Kais Glück amüsiert, K.I.T. bewerten zu dürfen, landet bei mir KMFDM auf dem Tisch, weil es (böse Zungen würden behaupten, verständlicherweise/glücklicherweise) keinen bei uns gibt, dem Kunst von KFDM zusagen könnte. Ich weiß von keinem der Schreiber, dass er ein sogenannter „Musiknazi“ sein könnte, wir sind alle „liberal“ genug, auch andere Genres zu schätzen und zu hören. Wie jeder Mensch individuell und vielschichtig ist, so steht es auch biertrinkenden Metalfans frei, Ausflüge in Techno, Hip-Hop, Jazz oder gar Gabba (ja, ich meine mich damit, zwei Mal im Jahr) zu unternehmen. Warum sollte man sich auch künstlich beschränken? Um irgendwelchen zweistelligen IQ-Leuten zu gefallen?

Trotzdem ist man in erster Linie Metaller und schreibt in erster Linie für ein Metalmagazin, weil man gitarrenlastige Musik mag und eventuell selber Musiker ist. Kaum ein Metaller spielt nicht in seiner eigenen kleinen Band. Das liegt vor allem an der von der Gesellschaft gerne verwehrten Komplexität der Musik. Ja, auch mir fallen, ohne groß nachzudenken, 1.000 Bands ein, die vom musikalischen Niveau nicht über Popmusik hinauskommen. Dafür fallen mir aber auch direkt genügend Bands ein, die richtig was auf dem Kasten haben. Sogar so viel, dass man es erst versteht, wenn man sich in die Materie reinarbeitet. Dafür ist das Hörerlebnis auch um ein Vielfaches intensiver als das der „Ich höre eigentlich alles“-Fraktion, die sich ausschließlich über 1Live über den neusten Stand der Dinge informiert.

Am Metal gefällt mir persönlich die Tatsache, dass der Sänger in der Regel das schwächste Glied ist, am besten. Versteht mich nicht falsch, es gibt auch in diesem Genre viele gute Sänger. Aber hört euch als absolutes Paradebeispiel von Psyopus Medusa oder The Burning Halo an (auch wenn einige Puristen der Band den Status einer Metalband absprechen werden). Der Gesang ist absolute Nebensache, aber was der Rest der Gruppe spielt, ist PERVERS. Schlagzeug und Bass sind so unendlich gut gespielt, aber im direkten Vergleich zur Gitarre ein paar Klassen schlechter.

Das Schlagzeug ist im Großen und Ganzen auch der Grund, warum ich zu 99 % Metal höre: Ich hasse Beats. Damit meine ich nicht die Möglichkeit, dass ein Schlagzeuger einen oder mehrere Takte ein paar Mal wiederholt, sondern das, was man z.B. im Hip-Hop unter Beats versteht. „Ey, hör dir mal den Track an, der Beat ist voll cool“. Ja, ich gebe zu, es gibt interessante Beats. Auch sinnvolle Texte in dem Genre. Aber das ist nichts, das meine Aufmerksamkeit über Tage, Wochen oder gar Monate fesseln könnte, weil es unheimlich repetitiv ist.

Womit ich den Bogen zu KMFDM endlich schlagen kann. KMFDM nutzt den Trend des Beats unerträglich aus. Das Schlagzeug ist nahezu immer langweilig, da es noch nicht einmal interessante Beats spielt. Bei Hello und Pseudocide kommen manchmal Ansätze eines interessanteren Aufbaus durch und diese beiden Lieder dürften auch der Grund sein, warum die Scheibe an Metalseiten verschickt wurde, da sie noch am ehesten diesem Genre zuzuschreiben sind. Mir gefallen sie trotzdem nicht. Das restliche Material ist durchzogen von Elektronik – dass hier wirklich zwei Gitarren am Werk sein sollen, höre ich zu keinem Moment raus. Die Platte ist eh sehr gitarristenfreundlich: Die Gitarristen können während eines Liveauftritts immer mal wieder Kaffeepausen machen.

Fazit Gordon: Da ich also immer noch mit dem Unvermögen behaftet bin, Musik zu bewerten, die „tanzbar“ und zu 80 % elektronisch ist, möchte ich abschließend an dieses kleine Essay ein wenig auf das Image der Band eingehen. Das Album wurde passenderweise Kunst getauft, jedenfalls wenn man es auf den Gründungsort bezieht (1984 in Paris auf einer Ausstellung). Solche Namen wie WTF?! (2011) oder Hau Ruck (2005) wirken da eher nach dem verzweifelten Versuch, sich einem Blindkäufer unterzujubeln. Im Pressetext wurde nach viel Blabla die Frage gestellt „Ist das Kunst? Entscheidet selbst!“, worauf ich mit meiner Neurose, mich zu Dingen zu äußern, die mich ärgern, auch wenn ich einfach die Klappe halten könnte, leider reagieren muss. Ich HASSE die Diskussion über die Frage, ob etwas Kunst ist oder nicht, WIE DIE PEST. Wenn ich in die Ecke kacke und eine Sonnenblume 2 cm vom Mittelpunkt des Kackhaufens entfernt stelle und ihr vorher 2 1/2 Blätter abreiße, kann ich das in irgendsoeiner pseudointellektuellen Ausstellung als Kunst vermarkten. Und warum? Weil ich mir Gedanken gemacht habe, etwas Neues zu kreieren und wenn ich besonders intelligent bin, sogar eine Aussage darin verstecke, vielleicht eine Huldigung des Dadaismus. Es ist wie mit der Religion: Man kann mir das nicht beweisen, aber auch nicht wiederlegen. NATÜRLICH ist dieser asymmetrische Scheißhaufen mit verkrüppelter Sonnenblume Kunst. Wer hat denn das Recht, diesem Machwerk der Natur den Rang der Kunst abzusprechen? NIEMAND. JEDES Lied, das JEMALS geschrieben wurde, ist Kunst. Es gibt auch keine „guten“ und „schlechten“ Filme, Computerspiele, Bücher oder gar Lieder. Es kann auf der handwerklichen Ebene mangeln, ja, aber das ist keine Bewertungsbasis für das Kunstprodukt AN SICH. Deshalb ist auch die Bewertung des Albums durchnässt von einer subjektiven Ansicht und, wie immer, eine bloße Feststellung, wie die CD MIR gefallen hat. Für die Band bedauerlicherweise nicht gut. Anspieltipps: Hello, Pseudocide Fazit Cyras: Als kleines Dankeschön dafür, dass Gordon so nett war, ein zweites Fazit zu dem genialen Review zu K.I.T. (Link: Hier) beizusteuern, habe ich mir gedacht, dass ich hier ebenfalls ein wenig seelische Unterstützung beisteuern kann. Da ich selbst früher ab und an mal mit Metalfans zu tun hatte, die neben unserem geliebten Genre sehr viel mit Industrial/EBM am Hut hatten, kann ich der Band KMFDM ein wenig mehr abgewinnen als unser lieber Kollege. Kunst nennt sich also das diesjährige Release der multinationalen Band/Truppe. Musikalisch kommen KMFDM an einige Songs von Welle:Erdball oder an einen Remix von [:SIDT:] heran, wobei die Saiteninstrumente in den Songs Ave Maria, Next Big Thing oder Pussy Riot einen leichten Hauch von Marilyn Manson besitzen. Wie bereits erwähnt, sind die Songs allesamt tanzbar und wie es sich für Industrial gehört, sind die Texte eher gesprochen als gesungen. Ob KMFDM jetzt gut ist, mag ich auch nicht wirklich bewerten, da ich mit meinen Vergleichen einfach nicht tief genug in dem Genre stecke. Doch würde ich in einer Disko sicher nicht nein sagen, wenn Pseudocide oder Animal Out laufen würde. Somit bleibe ich ehrlich und gebe der Band genau das, was sie in meinen Augen verdient: Drei Punkte für die Produktion, die auf jeden Fall mit anderen Bands des Genres (die mir bekannt waren) mithalten kann; zwei Punkte für die Vergleichbarkeit mit Manson und 1,5 Punkte dafür, dass die Musik nicht nervt und tanzbar ist!
Gordon E.
3
Kai R.
6.5
4.8