Marianas Rest – Fata Morgana

Die Melancholie der Finnen

Artist: Marianas Rest

Herkunft: Kotka, Finnland

Album: Fata Morgana

Spiellänge: 53:56 Minuten

Genre: Melodic Death Metal, Doom Metal

Release: 12.03.2021

Label: Napalm Records

Link: https://www.facebook.com/marianasrestofficial/

Bandmitglieder:

Gesang – Jaakko Mäntymaa
Gitarre – Nico Mänttäri
Gitarre – Harri Sunila
Bassgitarre – Niko Lindman
Keyboard – Aapo Koivisto
Schlagzeug – Nico Heininen

Tracklist:

  1. Sacrificial
  2. Glow From The Edge
  3. Pointless Tale
  4. The Weight
  5. Horrokseen
  6. Fata Morgana
  7. Advent Of Nihilism
  8. South Of Vostok

Fast könnte man meinen, die finnische Band Marianas Rest hat es mit Drei-Jahres-Rhythmen. Nach der Gründung im Jahr 2013 veröffentlichten sie drei Jahre später ihr Debütalbum Horror Vacui, drei Jahre später erschien der Nachfolger Ruins. Mit ihrem dritten Album – hier haben wir tatsächlich noch eine 3 – kommen sie aber schon nach zwei Jahren um die Ecke. Fata Morgana heißt es und wird am 12.03. über Napalm Records veröffentlicht. Wieder einmal darf man sich auf Songs einstellen, die wie Wolken in einer ruhigen Nacht langsam und majestätisch über weite Landschaften ziehen und dabei den Mond nur spärlich zum Vorschein kommen lassen. Dabei hat sich das Sextett auch Verstärkung geholt, und konnte sowohl Timo Virkkala mit seinem Cello als auch Lindsay Matheson (Schoolcraft) (ex-Cradle Of Filth) mit ihrem Gesang für Gastauftritte gewinnen.

Wenn man bei acht Songs eine Spielzeit von knapp 54 Minuten liest, kann man sich schon ungefähr denken, dass Marianas Rest den Songs Zeit lassen, sich zu entfalten. Das ist irgendwie so ähnlich, wie man manchen Wein vor dem Trinken in einen Dekanter füllt, damit er genug Zeit hat zu atmen. So kommt auch schon der erste Song Sacrificial knapp an die Acht-Minuten-Marke heran, er ist der zweitlängste Song auf dem Album. Die schöne Keyboard-Melodie, mit der der Song startet, wird von der Gitarre übernommen, aber die Harmonie, in der Keyboard und Gitarre einander umgarnen, wird durch einen markerschütternden Schrei von Jaakko jäh unterbrochen. Der zeigt dann auch gleich bei diesem Song, wie virtuos er mit seiner Stimme umgeht. Von tiefen Growls über Shouts bis hin zu hohen Screams wandelt er auf der Tonleiter rauf und runter, lässt dabei aber der Instrumentenfraktion genug Luft, um dem doomgetränkten Melodic Death Metal sein Gesicht zu geben. Insbesondere wenn Jaakko in die tiefen Töne geht, muss ich des Öfteren an Niilo Sevänen denken, dessen Band Insomnium sicherlich nicht von ungefähr auch vom Label genannt wird. Wer Insomniums Werke mag, sollte auch Marianas Rest gegenüber positiv eingestellt sein.

So, wie auch Insomnium ab und zu mal ein wenig Tempo vorlegen, startet auch Pointless Tale etwas forscher, aber bevor ich groß ins Headbanging einsteigen kann, verliert sich die Spur und Marianas Rest zelebrieren die von ihnen präferierte Auslegung des Melodic Death Metal. Erstaunlich – für mich zumindest, da ich von Marianas Rest vorher noch nie etwas gehört hatte – ist die Dynamik, die jedem Song innewohnt. Am Tempo ändert sich tatsächlich eher weniger, aber die Klanglandschaften, die die sechs entstehen lassen, würden sicherlich auch instrumental gut funktionieren und dann fast schon als Post Rock/Post Metal durchgehen können. Das zeigen Marianas Rest mit dem kürzesten Song des Albums, dem knapp über drei Minuten langen Horroksen, der wohl eher als so etwas wie ein Interlude gelten könnte und, abgesehen von einigen Spoken Words, rein instrumental gehalten ist. Vorher gibt es mit The Weight den längsten Song des Albums. Knapp zehn Minuten lang darf man dieses Mal dem großartigen Gitarrenspiel lauschen, während sich Jaakko hier überwiegend im höheren Gesangsbereich aufhält. Da muss ich dann mal wieder an J.J. denken, der mit seinen markanten Schreien den Songs seiner Bands Harakiri For The Sky und Karg ihren hohen Wiedererkennungswert verpasst. Wie auch schon bei Glow From The Edge ist auch hier in The Weight der Gesang von Lindsay zu hören.

Wurde man bislang mit einigen instrumentalen Klängen in die Songs eingeführt, startet der Titeltrack Fata Morgana direkt mit einem markerschütternden Schrei von Jaakko. Für mich einer der massivsten Songs auf dem Album, und die Walls of Sound, die Marianas Rest hier errichten, sind zum Niederknien. Und trotzdem kann man hier auch dem schönen Spiel von Timo Virkkala mit seinem Cello lauschen. Das haben wir sicherlich auch der großartigen Arbeit von Teemu Aalto, in dessen Teemu Aalto Music Productions-Studio die Songs aufgenommen und gemischt wurden, und Svante Forsbäck/Chartmakers, der die Songs gemastert hat, zu verdanken.

Auch Advent Of Nihilism kommt im Breitwandformat aus den Boxen, nimmt streckenweise sogar ein wenig mehr Tempo auf und kann wieder einmal sowohl mit schönem, vom Keyboard begleiteten, Twin Guitar-Spiel als auch einem großartigen Solo auftrumpfen. Massiv und fast schon grollend dazu der Gesang von Jaakko, der über allem zu schweben scheint.

Marianas Rest – Fata Morgana
Fazit
Wenngleich Insomnium bei mir im Melodic Death Metal einen sehr hohen Platz in den Favoriten einnehmen, mag ich doch eher die Ausrichtung von Wolfheart oder Mors Principium Est. So war es für mich schon fast eine Herausforderung, mich in mehreren Hördurchläufen jeweils eine knappe Stunde lang voll auf die Werke von Marianas Rest zu konzentrieren. Aber die Finnen können in mehreren Bereichen punkten: Zum einen ist da der sehr variable Gesang von Jaakko, zum anderen die wunderbaren Gitarrenparts und last but not least die bereits erwähnte Dynamik, von der die Songs leben. Auf Dauer ist es eher nicht meins, aber wer Insomnium oder auch My Dying Bride mag, der ist auch bei Marianas Rest sehr gut aufgehoben.

Anspieltipps: Pointless Tale, Fata Morgana und Advent Of Nihilism
Heike L.
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