Oomph! und Heldmaschine am 17.03.2019 in der La Laiterie in Straßburg

Braunschweiger bringen Industrial Rock in den Elsass!

Event: Ritual Tour 2019

Headliner: Oomph!

Vorgruppe: Heldmaschine

Ort: La Laiterie, 13 Rue du Hohwald, 67000 Strasbourg, Frankreich

Datum: 17.03.2019

Kosten: 27,00 €

Besucher: ca. 400

Genre: Industrial Rock, Industrial Metal, Neue Deutsche Härte, EBM

Veranstalter: La Laiterie & Seaside Touring https://www.artefact.org  https://www.seaside-touring.com

Link: https://www.facebook.com/events/2139192736097235/

Setlisten:

  1. Intro
  2. Luxus
  3. Kein Zurück
  4. Springt
  5. Radioaktiv
  6. Hertha
  7. R
  8. Ich
  9. Weiter!

  1. Intro
  2. TRRR – FCKN – HTLR
  3. Labyrinth
  4. Träumst Du
  5. Jetzt Oder Nie
  6. Neue Gott
  7. Mein Herz
  8. Das Weisse Licht
  9. Tausend Mann Und Ein Befehl
  10. Niemand
  11. Kein Liebeslied
  12. Auf Kurs
  13. Fieber
  14. Das Letzte Streichholz
  15. Gott Ist Ein Popstar
  16. Gekreuzigt
  17. Alles Aus Liebe
  18. Im Namen Des Vaters
  19. Jede Reise Hat Ein Ende
  20. Kleinstadtboy
  21. Sandmann
  22. Augen Auf!
  23. Mein Schatz (Zugabe)
  24. Als Wär`s Das Letzte Mal (Zugabe)

Wenn ich zu Konzerten nach Frankreich fahre, dann ja meist nach Colmar, doch nach Doro bin ich nun innerhalb einer Woche schon das zweite Mal nach Straßburg in die La Laiterie unterwegs. Die Laiterie ist ein kultureller Veranstaltungsort mit zwei Konzertsälen in einem ehemaligen Fabrikgelände im Straßburger Bahnhofsviertel, wo Artefact PRL als Veranstalter jährlich zwischen 450 und 650 Konzerte der unterschiedlichsten Genres organisiert und von Newcomer- und Regiobands, über Spartenmusiker bis hin zu bekannten internationalen Acts der Musikszene gleichermaßen in die französische Metropole holt. So ist die Location auch für Rock- und Metalfans immer mal wieder ein interessanter Anlaufpunkt. Für heute stehen die deutschen Industrial Rocker von Oomph! und Heldmaschine als Support auf dem Programm und locken wieder einige Hundert Besucher in die alten Fabrikhallen.

Bei meiner Ankunft gegen 18:45 Uhr ist das meiste schon passiert, zumindest was den Einlass angeht. Keine Schlange mehr vor der Tür und auch die Security ist wieder völlig human, sodass ich innerhalb von zwei Minuten im Inneren stehe. Nachdem es bei Doro keinen Fotograben gab, hatte ich ja gehofft, dass die Bedingungen heute etwas besser sind, doch Fehlanzeige. Es gibt wieder keinen Fotograben und in den ersten Reihen ist natürlich auch wieder kein Durchkommen. Hier wird das Fotografieren heute wieder einmal zu einer echten Herausforderung.

Pünktlich um 19:00 Uhr geht es dann auch schon los und die Laiterie verdunkelt sich. Ungewöhnlich früh für einen Konzertabend, aber da morgen sicher viele wieder arbeiten müssen, hat man es wohl extra so abgestimmt. Die Supportbands wechseln auf dieser Tour übrigens, bei den Deutschlandterminen dürfen die NDH-Rocker von Nervenbeisser eröffnen und bei den Auslandgigs Heldmaschine. Die Koblenzer Band betritt nicht nur im Dunklen die Bühne, sondern es bleibt zunächst auch zappenduster, während nur die Kostüme der Musiker mit ein paar blauen LEDs beleuchtet sind. Selbst die Spitzen von Dirk Oechsles Drumsticks sind mit LEDs bestückt. Der Einstieg gelingt mit Luxus perfekt und der Song funktioniert hier genauso gut, wie auf den deutschen Club-Industrialpartys. Für mich hält sich der Luxus aber arg in Grenzen, kein Fotograben und kein Licht, da kann der Abend ja nur noch besser werden. Nach dem ersten Song hat sich sicherlich schon der eine oder andere verausgabt und könnte eine Pause brauchen, doch Kein Zurück lässt keine Zeit zum Durchatmen. Sänger Rene Anlauff lässt ein breites Grinsen erkennen und erklärt, dass sie froh sind, heute zum ersten Mal im Elsass spielen zu dürfen. Die fünf Musiker haben gerade erst vor ein paar Tagen ihre Im Fadenkreuz Tour abgeschlossen, sind jetzt schon wieder als Support für Oomph! unterwegs und machen die Bühnen unsicher. Für einen Opening Act ist das Infield gut gefüllt und die überwiegend deutschen und französischen Gäste scheinen gut drauf und in Feierlaune zu sein. Das wird natürlich ausgenutzt und tatsächlich gibt das Publikum bei dem bitterbösen Springt alles. Man kann eine beachtliche Altersspanne ausmachen, Altrocker im AC/DC Shirt sind ebenso auszumachen wie Teenies im Heldmaschine oder Oomph! Leibchen. Mit großen Ohrenschützern ausgestattet stehen sogar ein paar Kinder im Vorschulalter in der ersten Reihe und schauen erwartungsvoll zur Bühne hinauf. Die Neue Deutsche Härte Band um den charismatischen Frontmann Renè Anlauff gibt es nun schon seit acht Jahren und hat vier Alben veröffentlicht. Das letzte Werk Himmelskörper stammt nun auch schon aus 2016, doch die Setlist besteht aus einer bunten Mixtur der Bandgeschichte. Ich muss gestehen, ich sehe die Band heute zum ersten Mal live und auch die Songs sind mir nicht wirklich geläufig, da ich nicht der ganz große NDH-Fanatiker bin. Damit stehe ich heute Abend aber offenbar alleine da, denn das Publikum feiert die Jungs und erweist sich auch als relativ textsicher. Ein Brett folgt auf das andere und die Stimmung ist hier immer noch steigerungsfähig, wie Radioaktiv klarmacht. Die Band bedient sich diverser Kostüme und auch technischen Spielereien, um den harten deutschen Industrial Rock entsprechend zu untermalen. So schwingt sich Sänger Anlauff einen gewaltigen Cyberrucksack auf den Rücken und minutenlang durchdringen nur grüne Laserstrahlen die Finsternis in Richtung Publikum. Es ist immer wieder phänomenal: Spricht man Franzosen im Elsass an, verstehen sie meist kein Wort, auf Konzerten grölen sie deutsche Songs, wie eben jetzt Radioaktiv, aber lauthals mit und verstehen auch nahezu jedes Wort. Das Licht bleibt leider weitestgehend so bescheiden, was der Stimmung aber natürlich nichts anhaben kann. Einzig Hertha nutzt man offenbar zum Luftholen, aber direkt im Anschluss ist bei R wieder die Hölle los. Die Heldmaschine funktioniert einwandfrei und die Musiker sprühen nur so vor Spielfreude. Zwischendurch surft der Sänger auch einmal durchs Publikum und lässt sich feiern. Unter den Fans ist kollektives Ausrasten angesagt, jeder will mal ein Händchen riskieren. Da die Bar außerhalb des Konzertsaales liegt, geht der Surfausflug nur einmal ans Mischpult und zurück zur Bühne. Mit Ich und dem finalen Weiter! wird noch einmal zum Rundumschlag ausgeholt, doch jede Party geht einmal zu Ende und da macht auch dieser gute Auftritt keine Ausnahme. Nach gut 40 Minuten Abriss ist Schluss und eine bestens gelaunte Band verlässt die Bühne und wünscht weiterhin viel Spaß mit Oomph!.

Nach nicht einmal dreißig Minuten Umbaupause ist es angerichtet für den Headliner des Abends. Die 1989 gegründeten Oomph! sind wohl unbestreitbar eine der Bands, die die Neue Deutsche Härte, oder den deutschsprachigen Industrial Rock, maßgeblich geprägt haben. Die Jungs können auf eine sehr beachtliche Bandgeschichte zurückblicken und erst im Januar haben sie mit Ritual dem Genre einen neuen Anstrich verpasst. Während das Licht gedämpft wird und das Intro aus den Boxen schallt, betreten die Musiker die Bühne und schnell kommen auch die letzten Gäste von draußen herein. Noch vor dem ersten Song kocht die Stimmung hoch und die Fans jubeln der Band lautstark zu. Musikalisch gibt es zu Beginn kalkulierte Provokation vom Ritual Album auf die Ohren und textlich geht es bei TRRR – FCKN – HTLR ziemlich befremdlich zu. Mitsingen funktioniert hier verständlicherweise natürlich gar nicht, aber zum Mitklatschen muss man gar nicht erst auffordern. Schon mit dem zweiten Song des Abends hat man das Publikum fest im Griff, welches beim Monster Song Labyrinth gleich mal seine Textsicherheit unter Beweis stellen kann. Auch hier glänzt das französische Publikum wieder, wie zuvor bei Heldmaschine auch schon. Die Laiterie grölt lautstark den Refrain des Songs und Sänger Dero steht auf der Bühne und streckt allen seinen Waschlappen entgegen. Der Frontmann ist gut drauf, legt ein ordentliches Laufpensum an den Tag und interagiert viel mit dem Publikum. In den letzten 30 Jahren ist die Band offenbar kein bisschen müde geworden. Die kurze Pause nach Labyrinth wird dann zur Begrüßung genutzt und der sympathische Frontmann fragt, ob man gemeinsam etwas Spaß haben will. Welch eine Frage…, das JAAAA lässt das alte Fabrikgebäude fast erzittern. Spaß heißt dann in dem Fall Träumst Du, welches direkt angestimmt wird. Auch Jetzt Oder Nie ist Spaß pur, das ist den Fans in den ersten Reihen anzusehen. Die Show der Braunschweiger ist jedoch eher unspektakulär, fast schon minimalistisch zu nennen, doch dafür gibt es für die anwesenden Fotografen nun ein ordentliches Licht. Ich für meinen Teil freue mich besonders über die ganz alten Songs wie Der Neue Gott und Mein Herz vom 1992er Oomph! Album, die wesentlich deutlicher vom 80er Jahre EBM geprägt sind. Doch gerade hier wird es nun einen Tick ruhiger im Publikum, was sicherlich daran liegt, dass ein Großteil des Publikums damals noch gar nicht geboren war. Die Nummern kommen ohne Gitarren aus, dafür schnappt sich Dero seine Drumsticks und gibt auf den am Bühnenrand bereitstehenden Toms den Takt vor. Auch Das Weisse Licht kann begeistern und mit Tausend Mann Und Ein Befehl folgt ein weiterer aktueller Track. Die Band zeigt sich mit dem Antikriegsbrett bissig und angriffslustig und es geht eben wieder wesentlich rockiger zur Sache. Mehrfach fordert Dero auf: „Nie wieder Krieg…, stellt euch quer!“, was laut bejubelt wird. Oomph! waren schon immer eine Band mit eigener Meinung und hatten von jeher Botschaften zu transferieren. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nun geht es in einen Wechsel aus alt und neu. Niemand aus 2001 und das aktuelle Kein Liebeslied. Obwohl die Braunschweiger nie mit den Berlinern verglichen werden wollten, so klingen sie gerade bei der bissigen ersten Single aus dem Ritual Album nach Rammstein. Den Fans gefallen die Parallelen offenbar, denn die Stimmung erreicht nun einen neuen Höhepunkt. Die Band ist ganz klar Auf Kurs, wobei ich sagen muss, ich habe die Jungs schon wesentlich dynamischer erlebt. Irgendwie erlebe ich die Show heute ziemlich auf Sparflamme, wobei ich nicht behaupten will, man wäre unmotiviert und satt. Mit dem Akustikset Fieber und Das Letzte Streichholz gibt es für die Fans einige Minuten zum Durchatmen, bevor bei Gott Ist Ein Popstar und natürlich Gekreuzigt die Stimmung wieder von vierzig auf hundert Prozent hochschnellt. Die ganze Show ist ein Auf und ein Ab, denn auf Alles Aus Liebe und Im Namen Des Vaters folgen wieder ruhige Momente in Form von Jede Reise Hat Ein Ende. Kündigt sich da etwa schon das nahende Ende des Gigs an? Tatsächlich folgt mit dem Triple Kleinstadtboy, Sandmann und der Mega-Hit-Single Augen Auf! nach gut 75 Minuten das vorläufige Ende des regulären Sets. Augen Auf! ist natürlich der Song, auf den das Elsass den ganzen Abend gewartet hat und dementsprechend ist nun die Hölle los. Frankreich steht also auch auf deutsche Kinderreime, aber immerhin war das Elsass ja mal deutsch. Mit Mein Schatz und Als Wär`s Das Letzte Mal folgen noch zwei Zugaben, doch wie zu erwarten hatte man mit Augen Auf! das Pulver verschossen. Die Zugaben sind nicht besonders gut gewählt und einige verlassen schon die Location, doch das ist halt eben immer Geschmackssache. Oomph! kann man nicht vorwerfen, eine schlechte Show gespielt zu haben, aber es war auch nicht die beste ihrer Karriere.