Stallion – Slaves Of Time

Zeit ist relativ

Artist: Stallion

Herkunft: Weingarten, Deutschland

Album: Slaves Of Time

Spiellänge: 42:56 Minuten

Genre: Heavy/Speed Metal

Release: 28.02.2020

Label: High Roller Records / Soulfood

Links: https://www.facebook.com/heavymetalstallion
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https://stallion2013.bandcamp.com/
https://www.instagram.com/heavymetalstallion/

Produktion: Aufgenommen und produziert von Stallion, Mix von Marco Brinkmann (Hellforge Studio)

Bandmitglieder:

Gesang – Pauly
Gitarre – Äxxl
Gitarre – Clode Savage
Bassgitarre – Christian Stämpfe
Schlagzeug – Aaron

Tracklist:

  1. Waking The Demons
  2. No Mercy
  3. Time To Reload
  4. All In
  5. Brain Dead
  6. Die With Me
  7. Merchants Of Fear
  8. Dynamiter
  9. Kill The Beast
  10. Meltdown

Sicher werden viele Anhänger von Stallion mit großen Erwartungen dem neuesten Werk Slaves Of Time entgegensehen. Die süddeutschen Schwermetaller aus Weingarten haben sich in den vergangenen Jahren seit der Gründung im Jahr 2013 zu Recht einige Lorbeeren und Lobeshymnen erarbeitet und gleichermaßen verdient. Vor allem die Liveperformance von Stallion sucht ihresgleichen. Als kompromisslos „old school“ wird Slaves Of Time beschrieben. Dieser Begriff wird offenbar mehr und mehr zum Qualitätsmerkmal. Beständig mehr Bands, zunehmend auch Neugründungen, fühlen sich zu dieser Richtung hingezogen. Fernab modernerer Ausprägungen des Heavy Metal scheinen sich auch Stallion hier am wohlsten zu fühlen. Die Songauswahl auf Slaves Of Time bietet traditionellen Heavy Metal, zügigen Speed Metal als auch rockige Hard Rock Nummern auf. Ungeachtet dessen stehen den Herren die Experimentierfreudigkeit und die pure Lust am Musizieren sehr gut zu Gesicht. Sie lassen sich mit jeder Faser treiben und folgen letztendlich nur dem old school Flair.

Der Albumtitel Slaves Of Time lässt nach meinem Dafürhalten auch nur eine Interpretation zu: Sich als Sklaven der Zeit zu sehen ist weniger eine Bürde, vielmehr eine willkommene Herausforderung und diese meistern Stallion in der Tat auf hohem Niveau. Sicher werden auf diesem Album altbewährte Klischees bedient, nur steht dies keinesfalls im Widerspruch zur Qualität des Outputs, denn es soll ja auch genau so klingen. Das war der Band auch sehr wichtig, was sich im Soundgefüge insgesamt deutlich zeigt bzw. zu hören ist. Der überzeichnete Hall auf den Vocals zum Beispiel wurde in den glorreichen 1980er Jahren zum stilistischen Merkmal auserkoren. Pauly, der seine Stärken überwiegend in den hohen Tonlagen entfaltet, lässt ein ums andere Mal die alten Zeiten hochleben. Er ist eingängigen Melodien sehr zugetan, welche sich bereits im Opener Waking The Demons auf den groovigen Rhythmen nachhaltig präsentieren. Man lausche ganz nebenbei den Gitarrensoli und den teils verspielten Riffs, die ebenfalls zum Blick in vorangegangene Tage verlocken. No Mercy hingegen kommt beinahe thrashig durch die Boxen und ich erinnere mich in einigen Sequenzen an ältere Destruction Auskopplungen. Die gegenläufig wirkenden Riffparts geben No Mercy den gewollten old school Charakter. Die Nummer hat enorm Dampf und dürfte Live zum Mitreißer mutieren.

An dieser Stelle unerwartet wird einem dann Time To Reload in rockigem Gewand entgegengezimmert. Die Vocals von Pauly sind geradezu prädestiniert, um diesem Song eine dezente AC/DC Attitüde unterzujubeln. Nichtsdestotrotz oder gerade deshalb ist die Musik von Stallion als facetten- und abwechslungsreich zu bezeichnen.

All In geht auf Augenhöhe mit den frühen Glam Rock Songs à la Mötley Crüe einher. Schöner Sleaze Rock verfeinert mit der Triebhaftigkeit von Motörhead. Und zu guter Letzt blitzt selbst noch ein wenig King Diamond in den Melodien hindurch.

Brain Dead stellt eine Abkehr zu den beiden direkten Vorgängern her. Hier geht man wieder räudiger, rudimentärer und direkter zu Werke. Härte und Geschwindigkeit stehen im Zentrum des Geschehenes. Der Track wirkt manches Mal etwas abstrakt, dennoch kann man den roten Faden bei mehrmaligem Hören aufgreifen. Pauly greift tief in die Trickkiste, Overkills Bobby „Blitz“ Ellsworth hätte sicher seine helle Freude an dieser Nummer.

Mit Die With Me kredenzen uns Stallion eine lupenreine Metalballade, zu der es eigentlich kaum mehr etwas zu sagen gibt. Sie beinhaltet alle Merkmale, die eine Ballade braucht, sie ist kräftig, stampfend und hat Ausdruck. Nochmals läuft Pauly hier auf Hochtouren und gibt der getragenen Komposition den finalen Schuss. Die Harmonien der Gitarrenarbeit müssen unbedingt Erwähnung finden, denn diese bilden einen wesentlichen Grundstock für diesen Song.

Genug der sanften Töne. Merchants Of Fear lässt den Tacho wieder in die Höhe schnellen. Die Vocals sind rauer, aggressiver moduliert und insgesamt ist hier mehr Härte und Bestimmtheit drin. Die knapp über drei Minuten sind komplett auf Kurzweile getrimmt. Hatte ich vorher schon mal Motörhead in den Mund genommen, so dürfte der Dynamiter, freilich anders intoniert, stark in diese Kurve einbiegen. Ohne Ecken und Kanten geht dieser Song auch im Stile alter Judas Priest Klassiker vollkommen geradeaus und lebt abermals von den Vocals. Kill The Beast müsste quasi im gleichen Atemzug wie der Dynamiter entstanden sein, denn auch hier kommen dieselben vielsagenden Attribute zur Geltung.

Zum Abschluss kommt erneut ein illustrer Auszug alter Tage zum Tragen. Irgendwo zwischen Judas Priest, Iron Maiden und Accept sehe ich Meltdown verortet. Pauly scheint hier gesanglich auszubrechen und geht bis an das Limit seiner Range. So, und nur so muss das klingen. Super tough eingespielt und voller Dynamik lässt Meltdown ein würdiges Nachfolgealbum zu From The Dead aus 2017 ausklingen.

Slaves Of Time kann als CD oder auch auf Vinyl hier erworben werden.

Stallion – Slaves Of Time
Fazit
Stallion drängen sich mit Slaves Of Time regelrecht auf. Das Album ist reich an vielen unterschiedlichen musikalischen Ideen, die technisch versiert dargeboten werden. Die Vocals machen meines Erachtens, neben den ansprechenden Songstrukturen und der Instrumentalisierung selbst, den Unterschied im Vergleich zu Outputs anderer Bands. Eine erwachsene und durchdachte Sache, der die Spielfreude gegenüber der Ernsthaftigkeit nicht weichen musste. Am Ende dürfen sich Stallion ob ihrer Eigenständigkeit glücklich schätzen, die trotz des selbst auferlegten old school Charmes mehrfach zu einem Wiedererkennungsmerkmal führt. Hier wird nicht blind kopiert oder versucht nachzuahmen, vielmehr werden Stallion mit ihrer Art Musik zu machen, künftig sicher noch weitere Hörer in ihren Bann ziehen. Denn das Album bringt wirklich Spaß!

Anspieltipps: Waking The Demons, All In, Brain Dead und Die With Me
Peter H.
8.7
Leser Bewertung3 Bewertungen
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8.7
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