State Of Unrest 2023 mit Kreator, Lamb Of God und Municipal Waste am 03.03.2023 in Leipzig

Triumphales Thrash Triple

Eventname: State Of Unrest 2023

Headliner: Kreator

Vorbands: Municipal Waste, Lamb Of God

Ort: Haus Auensee, Leipzig

Datum: 03.03.2023

Kosten: VVK 52,40 €

Genre: Thrash Metal, Metalcore, Groove Metal

Besucher: ca. 1000 Besucher

Link: https://haus-auensee-leipzig.de/de/kreator-und-lamb-of-god

Setlisten:

Lamb Of God:

  1. Memento Mori
  2. Ruin
  3. Walk With Me In Hell
  4. Resurrection Man
  5. Ditch
  6. Now You’ve Got Something To Die For
  7. Contractor
  8. Omerta
  9. Omens
  10. 11th Hour
  11. 512
  12. Vigil
  13. Laid To Rest
  14. Redneck

Kreator:

  1. Hate Über Alles
  2. Hail To The Hordes
  3. Awakening Of The Gods
  4. Enemy Of God
  5. Phobia
  6. Midnight Sun
  7. Satan Is Real
  8. Hordes Of Chaos (A Necrologue For The Elite)
  9. 666 – World Divided
  10. Phantom Antichrist
  11. Strongest Of The Strong
  12. Flag Of Hate
  13. Violent Revolution
  14. Pleasure To Kill

Halleluja! Kreator machen keine halben Sachen. Zu ihrer zweimal verschobenen, aber nun doch tatsächlich stattfindenden State Of Unrest-Tour haben sie sich mit Municipal Waste und Lamb Of God gleich zwei weitere Thrash-Metal-Koryphäen herangeholt. Das kann nur ein Fest werden. Ca. 1000 Fans sind da wohl der gleichen Meinung, denn das Haus Auensee, eine von Leipzigs größeren Spielstätten, ist wirklich gut gefüllt. Da geht kein Bierbecher mehr zwischen die dicht stehende Menge. State Of Unrest startete am 15. Februar in München und wird am 19. März in Berlin enden. Dazwischen gibt es Tourstationen in der Slowakei, in Polen, Lettland, Finnland, Schweden, Dänemark, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Spanien und der Schweiz, eine waschechte Europatour eben. Alle Bands haben im letzten Jahr neue Alben veröffentlicht und somit jede Menge neues Material, das dringend live gespielt werden muss. Wobei die Tour ja auch wieder eins dieser typischen Corona-Schicksale im Musikbereich erlitten hat. Ursprünglich von Kreator 2019 für März und April 2020 angekündigt, dann wegen des ersten Lockdowns auf Oktober 2021 verschoben. Und im Oktober 2021 auf Herbst 2022. Und selbst dann gab es erneut eine Verschiebung, diesmal auf Anfang 2023. Nun findet sie tatsächlich statt – man hat es nicht mehr für möglich gehalten.

Municipal Waste – Leipzig 2023 – By Stefan B.

Entsprechend groß auch der Zulauf. Soweit das Konzert in Leipzig repräsentativ ist, aber es ist wohl durchaus davon auszugehen, dass die geballte Thrash-Ladung überall in Europa viele Fans hat. Auf dem Kontinent – zumal in Deutschland – sind Kreator eine große Nummer und in UK werden die Amerikaner von Lamb Of God die Headliner-Position übernehmen. Während sich die Halle also langsam füllt und erste Schlangen an den Bierbars entstehen, beginnt das Konzert pünktlich mit Municipal Waste. Kreator-Frontmann Mille Petrozza meinte ja zur ursprünglichen Tourankündigung: „Zu lange waren der europäische und der amerikanische Metal getrennt und nun ist es Zeit für Vereinigung!“ Das mag vielleicht auch nur ein Marketingsatz zur Erklärung des Tour-Billings gewesen sein, aber es passt auch tatsächlich sehr gut.

Deswegen nun also Municipal Waste aus Richmond, Virgina. Die Band, 2000 gegründet, spielt Thrash-Metal mit Crossover- und Hardcore-Elementen. Im Grunde typisch für die neuere amerikanische Thrash-Metal-Szene, in der viele Bands den Stil mit weiteren Einflüssen mixen. Ihr letztes Album ist noch recht neu, 2022 kam Electrified Brain heraus. Der Stil ist für Kenner der Band keine Überraschung, sondern reiht sich recht nahtlos in ihr bisheriges Schaffen ein. Das kann man auch gleich am Eröffnungstrack Demoralizer hören. Die Musik, thrashig, mit leichtem Heavy-Einschlag bei den neueren Songs, wird mit der üblichen, leicht punkigen Attitüde unters Volk gebracht: Schnell gespielt, ohne Schnörkel, alle Songs kurz, schnell und direkt, der Unterschied dürfte wohl oft vor allem in der Länge der Gitarrensoli liegen. Die Band hat Spaß auf der Bühne und reißt ihr Programm mit Verve herunter, für die Fans im Saal ist es eine gute Gelegenheit, sich für den Abend ordentlich aufzuheizen. Doch allzu schnell ist der Gig vorbei, schließlich wartet schon Band Nummer zwei.

Lamb Of God – Leipzig 2023 – By Stefan B.

Auch Lamb Of God sind Vertreter des amerikanischen Thrash Metal und kommen wie Municipal Waste aus Richmond, Virginia. Die 200.000-Einwohnerstadt im Osten der USA scheint eine lebendige Metalszene zu haben, denn mit Iron Reagan ist eine dritte Combo von ebendort auch recht bekannt und hin und wieder auf Europas Bühnen unterwegs. Lamb Of God jedenfalls sind echte Veteranen. Seit 1990 sind sie schon unterwegs. Also in Zeiten, als die Grunge-Welle noch Zukunft war und der amerikanische Glam- und Radiorock die Billboard-Charts bestimmte, entschieden sich Lamb Of God – oder Burn The Priest – wie sie in den ersten zehn Jahren hießen, dem roheren Thrash Metal zu. Oder dem Metalcore? Die Einordnung der Band wechselt je nach Sichtweise. Nachdem nach fünf Jahren das erste Demo fertig war, kam 1999 das erste, selbst betitelte Album auf den Markt.

Das Set auf diesem Konzert ist ein Tauchgang in wirklich alte Sachen. Vom aktuellen Album Omens, das im Oktober letzten Jahres erschien, wird neben dem Titelsong nur noch Ditch gespielt. Auch von den ganzen Vorgängeralben (insgesamt bringen es Lamb Of God derzeit auf zehn Studioalben, zahlreiche Singles, Split-EP und Compilations) schaffen es jeweils nur wenige Songs in die aktuelle Setlist. Vom uralten As The Palace Burn aus dem Jahr 2003 werden dann gleich drei Songs performt. Randy Blythe growlt und schreit seine Lyrics mit der gewohnten Inbrunst ins Mikro, während Weißhaar John Campbell als Basser die Ruhe in Person darstellt, fast schon stoisch die Saiten schwingen lässt und nur ab und an mal die Position auf der Bühne wechselt. Mehr Action ist da natürlich bei den beiden Gitarristen angesagt. Die Bandzusammensetzung von Lamb Of God war übrigens extrem lange Zeit stabil. Erst nach fast zwanzig Jahren war der Wechsel des Drummers von Chris Adler zu Art Cruz die erste Veränderung. Nach einer guten Stunde ist aber auch die gewohnt eruptive Performance der Metalcore/Trasher vorbei und die Bühne versinkt abermals für den Bandumbau in Stille.

Kreator – Leipzig 2023 – By Stefan B.

Nun der Headliner des Abends, auf den hier sicher die meisten gewartet haben. Das schwarze Bühnenbanner mit dem weißen Kreator-Schriftzug, das die Bühne verdeckt hat, fällt und dahinter wird die deutsche Thrash-Legende Kreator sichtbar. Bandleader Mille Petrozza macht auch gar nicht viele Worte, sondern es wird direkt mit dem ersten Song gestartet. Nach der Einstimmmusik vom Band, Sergio Corbucci Is Dead ist das natürlich der Titelsong des letzten, im Juni 2022 erschienenen, Albums Hate Über alles – einer Abrechnung mit dem oft beklagten Kommunikationsniveau im Social-Media-Bereich voller Hass, Drohungen und enthemmten Vernichtungsfantasien. Damit sind auch die ersten beiden Tracks des aktuellen Albums gespielt.

Ab jetzt taucht die Band bis tief in Zeiten, als die meisten der heute hier versammelten Fans noch nicht geboren waren. Denn es folgt nach einem Pyro-Knalleffekt Awakening Of The Gods, ein Song aus der Flag Of Hate-EP, die 1986 erschienen ist. Damals gab es noch nicht mal die heute auch schon wieder veraltete CD, sondern alles wurde noch brav auf Vinyl gepresst. Mit Enemy Of God und Phobia folgen weitere Songs, die fast 20 beziehungsweise über 25 Jahre alt sind. Und sie funktionieren. Gitarrist Sami Yli-Sirniö, seit über 20 Jahren dabei, hat selbstverständlich alles auf der Pfanne. Und auch der letzte Neuzugang, Bassist Frédéric Leclercq, früher mal bei der schnellsten Band der Welt, DragonForce, ist mittlerweile auch schon das fünfte Jahr dabei und kann kaum noch als neu in der Band bezeichnet werden. Schlagzeuger Jürgen Reil ist sowieso Gründungsmitglied und somit zeitlos. Und Kreator haben heute noch jede Menge mehr zeitloses Material im Gepäck, nämlich ihre Songs! Sowieso können sie auf dieser Tour nur ganz ausgewähltes Material aus ihrer sehr langen und an Veröffentlichungen reichen Karriere spielen. Hate Über Alles ist ihr 15. Studioalbum! An diesem Abend wird sehr wenig aus den experimentierfreudigen 90er-Jahren gespielt.

Kreator – Leipzig 2023 – By Stefan B.

Die Band weiß, was die Fans mögen: Kostproben der Alben aus den 2000ern und des letzten Jahrzehnts. Und eben die absoluten Klassiker aus den 80ern, als Kreator zusammen mit Sodom und Destruction die drei Speerspitzen des deutschen Thrash Metal bildeten. Und man muss sagen, von allen Dreien sind Kreator heute noch am relevantesten, obwohl natürlich auch jeder Auftritt der Band um Tom Angelripper oder von Schmiers Mannen ein großartiges Erlebnis ist. Aber Kreator haben es auf besondere Weise immer wieder geschafft, sich weiterzuentwickeln, sind nicht im Thrash der 80er-Jahre stehen geblieben, immer modern geblieben und sind trotzdem noch immer absolut wiedererkennbar. Ein Beispiel für neue Wege, die trotzdem nicht zu weit von dem abweichen, was typisch Kreator ist, ist gleich der sechste Song. Denn mit Midnight Sun folgt nun wieder ein Song vom aktuellen Album. Das Besondere ist die Gastsängerin Sofia Portanet. Sie singt nicht nur auf dem Album, sie tritt auch im Video zum Song auf und auch heute Abend hat sie es sich nicht nehmen lassen, „ihren“ Song zusammen mit der Band zu performen. Dabei ist Sofia keine Metalsängerin, sondern sonst eher im Bereich New Wave, Indy-Pop, klassische Lyrik unterwegs. Aber eben auch nicht an bestimmte Genres gebunden.

Doch schon die nächsten vier Songs sind wieder Material aus den letzten 15 Jahren. Man will den Fans schließlich auch bekannte Tracks bieten, bei denen sie sofort mitgehen können. Dass die Stimmung während des gesamten Konzerts über großartig ist, muss hier nicht betont werden. Wann bekommt man schon einmal solch ein Line-Up zu sehen und zu hören? Höchstens vielleicht bei einem teuren Open-Air-Festival. Mit Strongest Of The Strong wird heute der letzte Titel vom aktuellen Album gespielt, danach gibt es einen ganz tiefen Griff ins Klassikerregal. Flag Of Hate vom 85er-Debütalbum Endless Pain und als letzter Song des Abends dann Pleasure To Kill, den Titeltrack des ein Jahr später veröffentlichten Nachfolgers. Das sind die Alltime-Klassiker, das ist schon historische Musik. Die Tour dürfte schon allein wegen der Bedeutung der Band für die Entwicklung des europäischen Thrash Metals als Genre für viele Metalfans ein Höhepunkt des Konzertjahres sein. Und so muss man auch die Stimmung am heutigen Abend einschätzen. Anfangs gespannt und mit freudiger Erwartung und am Ende ein rauschendes Metalfest!