The O’Reillys And The Paddyhats auf „Wake The Rebels“-Tour am 27.10.2023 in der Kieler Pumpe

Ein langer irischer Abend im norddeutschen Nieselregen

Der Nieselregen kriecht auf dem Weg zur Kieler Die Pumpe, einem Kulturverein mitten in der Innenstadt, unter die Kleidung. Pünktlich eine Stunde vor Konzertbeginn öffnen sich die Türen zum Großen Saal. Etwa 400 der 700 Karten gingen im Vorverkauf weg. Ich bin heute der einzige akkreditierte Fotograf und habe so in dem schmalen Fotograben meine Ruhe. Das hatte ich in der Pumpe bisher ganz selten. Beide Bands kenne ich bisher nur von Festivalauftritten hier bei uns in Schleswig-Holstein. Zeit also für einen Clubgig, der mit 29,95 Euro überraschend günstig ausfällt. Es ist bereits das vorletzte Konzert der Tour, morgen steht nur noch Coesfeld auf dem Tourplan.

Sir Reg 2023 in Kiel; Foto: Norbert Czybulka

Auf die Minute pünktlich kommen die Schweden von Sir Reg auf die Bühne. Die Band aus Köping spielt einen Stil, den man wohl am besten mit Celtic Folk Punk beschreibt. Gegründet 2009 besteht die Band heute aus dem irischen Sänger und (Akustik-)Gitarristen Brendan Sheehy und den sechs schwedischen Musikern Karin Ullvin (Geige), Chris Inoue (E-Gitarre), Johan Sand (E-Gitarre), Daniel Petri (Schlagzeug), Filip Burgman (Mandoline) und Olle Karlsson (Bass). Ihr letztes Album Kings Of Sweet Feck All stammt aus dem vergangenen Jahr und bildet den Kern ihres heutigen 45 Minuten dauernden Gigs. Ihre Texte drehen sich um Irland, dessen Politiker und dem Celtic Tiger. Man merkt den Schweden an, dass sie sich in der Umgebung wohlfühlen. Schließlich ist der Fähranleger nur ein paar Gehminuten entfernt. Die Band passt hervorragend zum bevorstehenden Gig der Paddyhats. Deshalb wundert es nicht, dass nahezu alle Karteninhaber auch schon vor Ort sind, um dieses Doppelpack zu genießen. Auf die einzelnen Songs gehe ich jetzt nicht ein, die Setliste steht oben.

The O´Reillys & The Paddyhats 2023 in Kiel; Foto: Norbert Czybulka

Der Umbau dauert länger als geplant. Um 21:15 Uhr ist es dann so weit. Das Licht geht aus, die Paddys betreten die Bühne. Der erste Song ist der Titeltrack des neuen Albums Wake The Rebels, das am 22. September erschienen ist. Auch die Paddys spielen einen traditionsreichen Folk, den sie mit einer Prise Punk gemischt und dem sie einen modernen Anstrich verpasst haben. 2011 gegründet, kommen sie offiziell aus Gevelsberg im südlichen Ruhrgebiet. Sie treten heute in folgender Besetzung an: Paddy Maguire (Patrick Hagedorn) an Gesang und Gitarre, Dwight O’Reilly (Tim Herbrig) an Gesang, Gitarre, Banjo, Mandoline und Akkordeon, Mia Callaghan (Jessica Kohlmetz) an der Geige, Connor O’Sullivan (Jan Philipp Nau) an der E-Gitarre, Tom O’Shaughnessy (Thomas Klur) am Bass, Jones Murphy (Jonas Heinrich) am Schlagzeug sowie den Showmaker Ian McFlannigan (Benny Lunau) mit Backing Vocal, Blues Harp und laut Wikipedia Waschbrett. Meine zehn Minuten im Fotograben vergehen wie im Fluge, in meinem Rücken beginnt das Volk mit der exzessiven Party. Da es nicht zu voll ist, bleibt zum ausgelassenen Tanzen genug Platz. Neunundzwanzig (!) Songs stehen auf der Setliste. Auf einen meiner High Favorite Songs muss ich nicht lange warten. Rockstar steht auf Platz sieben. Auch der Anti-Kriegssong Kingdom Of Silence folgt in einem kurzen Abstand. Zur Halbzeit wird es dann mal etwas ruhiger. Die Songs Celtic Symphony sowie Back Home In Derry kommen in einer Akustikversion daher. Die Pause kommt bei den von der Bühne gehenden Bandmitgliedern gut an, sind doch alle schon schweißnass. Die an der Treppe bereitgestellten Getränke finden reißenden Absatz. Danach wird das Tempo gefühlt noch einmal angezogen. Die Titel Dance For Me und das Traditional The Wild Rover bilden für viele den Höhepunkt und gehen danach in den hinteren Bereich der Pumpe. Das Simon & Garfunkel-Cover The Boxer bildet dann den Schlusspunkt des offiziellen Teils der Show. Punkt 23 Uhr ist Schluss. Geht normalerweise jetzt das Licht an (Die Pumpe liegt in einem Wohngebiet und hat Auflagen einzuhalten), kommen die Paddys für ihre Zugaben noch einmal auf die Bühne. Nach Yesterday’s Rebel von 2018 kommt Bareknuckle vom aktuellen Album. Ein absoluter Partykracher. Die unvermeidlichen Songs Irish Summer Nights und der „Überhit“ Barrels Of Whiskey bilden dann den Abschluss 20 Minuten nach Ultimo.

The O´Reillys & The Paddyhats 2023 in Kiel; Foto: Norbert Czybulka

Dass bei überschwänglich tanzender Meute auch mal was passieren kann, ist logisch. Als sich jemand auf die Nase legt, wurde mit der Musik sofort aufgehört, bis das OK-Zeichen kam. Vorbildlich. Ebenso, dass bereits wenige Minuten nach Konzertende die ersten Bandmitglieder am Merch-Stand erschienen, um für Gespräche, Autogramme oder Fotos zur Verfügung zu stehen. Für die Paddys selbstverständlich, in der Konzertszene doch eher die Ausnahme. Bereits 20 Minuten später waren alle vor Ort, alle Tonträger signiert und die Pfandbecher-Abgabeschlangen am Tresen abgearbeitet. Für mich heißt es dann auch wieder hinaus in das norddeutsche Schmuddelwetter und die Heimreise antreten. Ein gelungener Abend mit nahe drei Stunden Musik und zwei Bands in Höchstform. Während ich den Bericht tippe, läuft die (signierte) Vinyl. Nur mit dem (schwarzen) Bier habe ich ein Problem. Nachher geht es leider wieder auf die Autobahn ….

Fazit: Die bisherigen Festivalauftritte waren nur zum Anfüttern, jetzt bei einem Clubkonzert zeigen die Paddys, was sie wirklich draufhaben. Die Partynacht wird noch lange in Erinnerung bleiben.