Time For Metal Zeitreise – Blind Guardian – Tales From The Twilight World (1990)

Klassiker von damals neu gehört - mit René W. und Andreas B. - mit Florian W. als Gastautor

In dieser Kolumne plaudern Redakteur Andreas B. und Chefredakteur René W. zweimal im Monat über einen Klassiker der Metal- und Hardrock-Geschichte. Der Fokus liegt dabei nicht auf Bands aus der zweiten Reihe oder auf vergessenen Underground-Perlen.

Die Time For Metal Zeitreise ist die Bühne für die einflussreichen und großen Bands unserer Szene. Hier wird über deren Alben gefachsimpelt, sich erinnert, diskutiert und manchmal auch gestritten. Von Fans für Fans.

Lehnt euch gemütlich zurück und erinnert euch mit uns an die alten Zeiten und die großen Momente, die uns alle so sehr geprägt haben.

Heute: Blind Guardian – Tales From The Twilight World aus dem Jahr 1990, mit unserem ersten Gast und Time For Metal Kollegen Florian W.

René W.:
Wir hauen in den letzten Zeitreisen einen Kracher aus meiner Jugend nach dem anderen heraus. Nach den Rockgrößen bin ich, wie schon öfter erwähnt, mit Iron Maiden, Hammerfall, Rage und eben Blind Guardian groß geworden. Bis A Twist In The Myth waren für mich alle Platten ein Segen und gehören immer noch in den epischen Power Metal Olymp. Ab besagter Scheibe haben sich die Deutschen verändert. Nicht, dass sie schlechter geworden sind, nur hat mich die Kunst nicht mehr ganz so geplättet wie die alten Dampfhämmer. Tales From The Twilight World ist noch heute für mich ein ganz besonderes Album. Wer kennt es nicht, wenn erstmals das selbst verdiente Taschengeld durch einen kleinen Minijob in einen glitzernden Silberling fließt? Bei mir war es genau dieser Longplayer, der danach rauf und runter gerockt wurde. Mit dem ewigen Pfeil im Herzen verfolgt mich Hansi Kürsch bis heute und wird dieses wohl auch bis zu meinem hoffentlich noch lange in der ferne liegenden Tod tun. Anekdoten und Geschichten gehen mir bei den Veteranen ebenfalls nicht aus. So saß ich völlig übermüdet nach einem von mir in Aachen organisierten Konzert mit dem Nailed To Obscurity-Schlagzeuger Jann Hillrichs in meinem alten Skoda auf der A31 und schlich die 220 km von Oberhausen Richtung Küste. Bis eben Tales From The Twilight World uns wieder die Augen öffnete und uns laut mitgrölend sicher bis nach Ostfriesland brachte. Andi, haben Blind Guardian bei dir auch schon als Koffein-Ersatz herhalten müssen?

Andreas B.:
Moin, mein lieber Nordseeküstennachbar. Hach, auf diese Zeitreise freue ich mich schon seit unserer Jahresplanung. Die Tales From The Twilight World gehört auch für mich zu den Grundpfeilern meiner Heavy Metal-Sozialisation. Dabei kam ich erst relativ spät zu Blind Guardian: Genauer gesagt erst 1995 mit der Veröffentlichung der Imaginations From The Other Side – die ich mit der Tales … auf das Siegertreppchen der gesamten Diskografie stellen würde.

Wieder einmal war es eine Titelstory im Rock Hard, die mich damals auf die 1995er-Scheibe aufmerksam gemacht hatte. Bis dato gab es in Sachen „deutscher Metal“ für mich nur Helloween (klar!), Running Wild (logo!), Victory (unbedingt die Temples Of Gold anchecken, ein Hammeralbum!), Chroming Rose (die ersten beiden Scheiben sollten jeden Helloween-Fan sehr, sehr glücklich machen), Kreator, Sodom und so weiter. Blind Guardian aus dem beschaulichen Krefeld waren mir zwar von vielen T-Shirt-Motiven bekannt, allerdings hatten mich diese irgendwie nie wirklich begeistern können. Das ist heute übrigens immer noch so, haha.

Wie auch immer, nachdem mich die Imaginations … ziemlich umgehauen hatte, war es klar, dass die vorherigen Scheiben auch schnell den Weg in meine Sammlung finden mussten.

Vor allem nach meinem ersten BG-Konzert 1995 in der Unterfrankenhalle in Aschaffenburg war es klar, dass ich Nachholbedarf hatte. Das ging dann schnell, sodass ich im Folgejahr beim Lieder Wie Orkane-Open Air im hessischen Dietzenbach mit den Onkelz, Motörhead, Merauder, Pro-Pain und eben Blind Guardian schon deutlich text- und songsicherer war. HansisWir sind die Kuschelrocker vom Niederrhein„-Begrüßung werde ich nie vergessen, haha.

Übrigens endet meine Leidenschaft für die Jungs bereits mit dem Nightfall In Middle-Earth-Album aus dem Jahr 1998, sprich dem Imaginations …-Nachfolger.
Schon auf diesem Album wurde mir die ganze Sache zu verkopft und „progressiv“. Zu wenig Speed/Power Metal, zu viel Gedöns.
Mal sehen, was Kollege Flo dazu sagt. Aufmerksame Leser wissen spätestens seit unserer Doppelrezension zum aktuellen Witherfall-Album, dass wir beim Thema „Komplexität“ in zwei verschiedenen Welten leben 😉

Florian W.:
Da ich trotz meiner Wahlheimat im schönen Harz immer ein Herz für die norddeutschen Regionen hatte, von mir ein herzliches „Moin“, meine lieben Kollegen. Ähnlich wie Andi freue ich mich auch schon seit Beginn eurer Kolumne darauf, endlich mit in eurer Zeitmaschine spielen zu dürfen. Aber als mittleres Kind steht man ja bekanntlich immer irgendwie hinten an. Mittleres Kind? Ja, ich bin etwas älter als René, und Andi ist fast auf den Tag so alt wie mein großer Bruder. Die Tatsache hat uns schon häufiger über ähnliche Lieblingsbands philosophieren lassen. Dass es jetzt die „Blinden Gardinen“ sind, macht die Sache umso schöner. Im Gegensatz zu dir Andi, hatte ich wohl als Jugendlicher mehr BG-Shirts als alles andere im Schrank. Plus Flaggen, Poster und womit man sich sonst noch die Bude verschönern konnte. Die Cover-Artworks feiere ich bis heute.

Die Krefelder sind so etwas wie meine Band der ersten Male (nicht, was ihr jetzt wieder denkt, die ManowarKolumne hat euch völlig versaut ?). Mein erstes Metalkonzert war auf der A Night At The Opera-Tour 2002 mit BG und Freedom Call als Support. Mein Kumpel und ich haben uns damals von seinem Papa zur Halle 39 in Hildesheim kutschieren lassen und waren acht (!) Stunden zu früh da. Wir kleinen Noobs dachten, dass man das halt so macht, hehe. Na ja, wir haben coole Leute kennengelernt und noch eine Freedom Call-Promo abgestaubt. Und das Konzert war eh unvergesslich. Seitdem war ich auf nahezu jeder Tour meiner Helden.

Mein erstes Festival war 2003 das legendäre Blind Guardian Open Air in Coburg: Zwei Tage, zweimal Blind Guardian mit unterschiedlichen Sets, Freibier von der Band ausgeschenkt bei 40 Grad im Schatten, Autogramme und dazu noch andere geniale Bands wie Freedom Call, Brainstorm und Grave Digger – Kinners war dat schöööön! Als wäre das nicht schon toll genug, steht die DVD des Festivals namens Imaginations Through The Looking Glass in meinem Regal.

Wie ich es schon gewohnt bin, lieferst du mir wieder eine Steilvorlage, mein lieber Andi. Verkopft und progressiv, da fange ich an zu sabbern. Passenderweise war mein erster Berührungspunkt die Nightfall In Middle-Earth im Alter von 14. Blind Guardian waren so etwas wie meine „Wiedereinstiegsdroge“. Obwohl ich als kleiner Knirps durch meinen älteren Bruder schon Bands wie Helloween, Tankard und Metallica hörte, war einige Jahre Sendepause, was Metal betraf. Stattdessen verschwendete ich meine Zeit mit deutschem Hip-Hop und Techno. Zum Glück führte mich die Mix-CD eines Klassenkameraden wieder auf den Pfad der Tugend zurück. Als Fan von Tolkien kamen mir die Geschichten des Silmarillion gepaart mit epischem und progressivem Metal gerade recht. Daraufhin arbeitete ich mich rückwärts durch die Diskografie und landete bei Tales From The Twilight World. Das Album traf wiederum meinen Nerv, da es in meinen Ohren wie eine Mischung aus alten Helloween-Speedsongs und einer Prise Thrash Metal klang. Dann gab es da noch eine Ballade namens Lord Of The Rings und mein Fantasy-Herz tanzte vor Freude.

Meine besten Kumpels und ich gründeten damals eine Band namens Wizard’s Crown, benannt nach dem gleichnamigen Song des Guardian-Debüts Battalions Of Fear. Tales From The Twilight World lief bei uns rauf und runter, wobei es von uns den Namen „Tales From The Twight Gelost“ verpasst bekam, da wir stets den Albumtitel mit dem Song Lost In The Twilight Hall verwechselten. ? In unserem Repertoire befand sich u. a. die schneller gespielte Liveversion von Run For The Night, die als Bonustrack auf dem Album zu hören ist.

Jungs, bei dem Thema müsst ihr mich bremsen, sonst wird’s verdammt lang. Bevor ich noch mehr schreibe, übergebe ich ganz im Sinne der passionierten Gamer und BG-Gitarristen André und Marcus den Controller zurück an René. Was sagst du zu den Songs, hast du deine Favoriten?

René W.:
Erst mal lieber Florian, bin ich auf dich und alle anderen, die 2003 das legendäre Blind Guardian Open Air in Coburg miterlebt haben, absolut neidisch, da ich es verpasst habe und mir bis heute dafür in den Arsch beißen könnte.
Bei uns im Norden sagt man, wenn nicht wieder aufgehört wird zu sprechen, dass man Sabbelwasser getrunken hat. Ich befürchte, genau dieses wurde uns drei bei Tales From The Twilight World zusätzlich in den Gerstensaft geschüttet.

Bevor aus mir der nächste Schwall Anekdoten heraussprudelt, komme ich auch mal fix zum Album zurück. Da Tales From The Twilight World kein One-Hit-Wonder ist, gibt es viele heiße Stücke, bei denen wir beide nicht weit auseinanderliegen. Mit dem Blick auf die Tracklist findet man einfach keine Schwachstelle auf diesem teuflisch guten Power Metal Album. Als Stephen King-Fan liegt bei mir sogar Tommyknockers sehr hoch im Kurs und bildet einen meiner Höhepunkte der Scheibe. Die Story hat eine ganz spezielle Magie, die im Buch noch mehr rüberkommt. Der Opener Traveler In Time hat mich ewig lange begleitet und in diesem Jahr, durch eben unsere neue Zeitreise-Kolumne wieder eingeholt. Als mir das Album in die Hände fiel, rebellierte die Pubertät in mir – da kam Traveler In Time gerade recht. Hier eine Top drei auf der Platte fällen zu müssen, ist kein Geschenk, aber euch dürfte es wahrscheinlich genau wie mir mit der Qual der Wahl gehen. Goodbye My Friend würde es auf jedem anderen Album alleine schon wegen dieser Zeilen schaffen:

Who can tell me who I am
Who I am my friend
I’m an Alien so they say
A risk to everyone

Bevor es jetzt ein Hin und Her gibt: Traveler In Time, Lost In The Twillight Hall und die Liveversion Run For The Night bilden den Platz an der Sonne. Verachten möchte man keinen einzigen Track dieses tonnenschweren Schlachtschiffes. Um die von euch angesprochenen Artworks noch mal aufzugreifen: Blind Guardian haben ein Händchen für epische Designs, da blutet direkt das Herr Der Ringe-Herz. Fuck, da fällt mir ein, Lord Of The Rings müsste eigentlich auch in meine Top drei. Darf ich vier wählen? =) Bei mir im Zimmer hing über Jahre die Flagge von The Forgotten Tales, die nach dem Umzug jetzt irgendwo versauert und unbedingt einen Platz in meiner Bar verdient hat – danke Jungs für diese Erinnerung. Bevor ihr weiter nach den sieben Ringen (Anm. Flo: Eigentlich gab es insgesamt 20) in Mordor sucht: Wie sieht euer Treppchen aus und habt ihr eine Schwachstelle auf dem Silberling ausgemacht, die mir verborgen geblieben ist?

Andreas B.:
Hach, endlich mal mit Profis arbeiten, ein Traum. 😉
Schon erstaunlich, dass wir drei Pappnasen – so unterschiedlich unsere metallischen Vorlieben auch sein mögen – bei Blind Guardian in Frieden und Harmonie zusammenkommen.
Zumindest bei dieser Scheibe.

Im chronologischen Kontext ist die Tales From The Twilight Hall für mich das erste Album, das die rohe Power des frühen Speed Metals mit der für die Band typischen Dramatik und Epik kombiniert. Das Debüt Battalions Of Fear aus dem Jahr 1988 mit seinen Granaten Run For The Night und Majesty könnte auch als kleiner Bruder von unser aller Helloween und deren Platte Walls Of Jericho durchgehen.

Nicht ganz ohne Grund trifft ja auch Kai Hansen auf dem Nachfolger Follow The Blind ein, um Valhalla – für mich einer der besten Metalsongs überhaupt – mit seinem rauen Organ zu veredeln. Auch Banish From Sanctuary, Hall Of The King und das geniale Demon-Cover Don’t Break The Circle (für mich noch mal stärker als das Original) zeigen schon die krasse Entwicklung auf. Nicht nur, dass die Platte deutlich besser produziert wurde – auch die Songs emanzipierten sich damals schon deutlicher vom „geklauten“ Sound des Vorgängers. Immer noch Speed Metal, allerdings mit eigenständigeren Melodien und einem mutigeren Hansi Kürsch.

Bevor wir zum eigentlichen Thema dieser Zeitreise kommen: Lasst uns kurz Valhalla live genießen. Für den lieben Flo auch direkt mit der Version von seinem ersten BG-Konzert. Übrigens echt eine saugute DVD!

Kennt ihr eigentlich die ultrageile Version von Heaven Shall Burn, auf Platte sogar zusammen mit Hansi? Na komm, einer geht noch:

Also, zurück zum Thema:
Schon der Opener der Tales …, Traveller In Time, katapultiert den geneigten Hörer in völlig neue Dimensionen.

The Morning Sun of Dune

Wow! Diese Chöre. Was ist denn hier los? Ich weiß nicht, was damals nach der Follow The Blind passiert ist; einen ähnlich großen Sprung gab es meiner Meinung nach nur noch von der Imaginations From The Other Side zur Nightfall In Middle-Earth. Danach wurde der Prog-Faktor immer größer, während der Rock ’n‘ Roll zurückgefahren wurde.

Man höre sich nur einmal Welcome To Dying an. Etwas geschliffener als bisher, trotzdem immer noch brachial speedig und, Leute, was für ein Refrain! Ich liebe diesen Song.
Ich erinnere mich noch an ein Konzert in der Düsseldorfer Philipshalle, irgendwann zu Beginn der 2000er-Jahre.
Genau bei diesem Song sind ’se wieder mit mir durchgegangen und ich versuchte in Bauer’schem Übermut, einen Pit zu eröffnen. Ich mein … Leute, wer bei diesem Song stillsteht oder nur mit dem Kopf nickt, hat irgendwas nicht verstanden. Auf jeden Fall wurde ich relativ deutlich darauf hingewiesen, dass „das hier kein Hardcore-Konzert“ sei und ich mit diesem „Punkscheiß“ aufhören soll.
Ich glaube, zu der Zeit kam auch der Begriff der „Hobbit-Metalfans“ auf. So ganz freisprechen kann ich mich davon auch nicht. Metal hat für mich immer was mit „durchdrehen“ und „ausrasten“ zu tun. Auf einem Doom-Konzert evtl. unangebracht, nicht aber bei dem einstigen Flaggschiff des deutschen Speed Metals. Übrigens habe ich in Düsseldorf trotzdem gepogt, zusammen mit dem Drummer meiner damaligen Kölner Thrash-Band. Hallo Martin. 🙂

Einen mach ich noch: Lord Of The Rings. René hat das irgendwo weiter oben schon mal angesprochen.
Uff.
Ähnlich wie Flo (oder war es René? Ich verliere den Überblick) bin ich ein großer Tolkien-Fan (auch wenn ich beim Silmarillion Pickel auffe Augen bekomme, so nervig finde ich die lyrische Form) und ich liebe dieses Lied.
Die Forgotten Tales-Version sowieso noch mal mehr als die ursprüngliche Version der, äh, normalen Tales.
Hier noch mal die magische Darbietung aus Coburg.

Florian W.:
„Das war Weltspitzenklasse, Friesland“ (ist doch eure Gegend, oder?), um mal eine Standardansage des guten Hansi zu zitieren. René, du darfst zu Recht neidisch sein, denn das Festival war unvergesslich. Du kannst gerne Lord Of The Rings mit dazunehmen, denn Run For The Night aus deinen Top drei ist ja eigentlich von der Battallions Of Fear. Die hier dargebotene Version wurde 1989 live in Braunschweig (also bei mir umme Ecke) aufgezeichnet. Andi, ich mache es dir einfach: Wie ich gerade festgestellt habe, sind wir alle drei große Tolkien-Fans. Beim Silmarillion gebe ich dir recht, das ist wirklich anstrengend zu lesen. Übrigens, die HSB-Version von Valhalla durfte ich auch schon live abfeiern. Original wie gecovert, es geht doch nichts über zehn Minuten:

Valhalla – Deliverance
Why’ve you ever forgotten me

Tales ist ein unfassbar starkes Album, bei dem ich mal wieder festgestellt habe, dass ich ALLE Songtexte auswendig kann. Was bei mir allerdings von der Battalions bis zur grandiosen A Night At The Opera gilt, danach ist meine Liebe zur Band etwas abgeflacht. Das Orchesteralbum habe ich bis heute nicht gehört. Was gibt es zu den Songs zu sagen? Eine Schwachstelle habe ich tatsächlich ausgemacht. Heute wie damals gefällt mir Altair 4 überhaupt nicht. Ansonsten schließe ich mich voll und ganz euren Jubelarien an. Wenn man das Booklet der CD mal wieder zur Hand nimmt (was man heutzutage viel zu selten macht) fällt mir auf, dass auch abgedruckt ist, wer welches Solo spielt. In Goodbye My Friend steht selbst „2nd Scream by Kainiedergeschrieben. ?

Richtig, Andi, diese Chöre! Was die Band plus Piet Sielck (Iron Savior), Rolfi Köhler, Hacky Hackmann und Kalle Trapp hier rausgehauen hat, ist unfassbar brachial und episch. Dazu der nahezu perfekte, druckvolle Sound aus den Karo Studios. Meine Lieblingssongs sind vermutlich schnell erzählt: Zum einen wäre da natürlich Lost In The Twilight Hall mit dem kongenialen Hansi/Hansen (auf die Tonhöhe kommt Meister Hansen leider nicht mehr) Duett, diesen Riffs, diesen Soli, diesem Refrain und den eingestreuten Akustikgitarren – was für ein Song!

Dann wäre da noch The Last Candle: „Guardian, Guardian, Guardian of the Blind“. Den Song liebe ich fast noch mehr. Der Text und die Melodien packen mich jedes Mal aufs Neue. Beim Rock Hard Festival 2016 habe ich mir mal schön die Stimmbänder zerschossen im großen Finale: „Somebodies out there, I feel there’s somebody, Somebodies out there, I feel there’s somebody.“

Der dritte Song variiert vermutlich je nach Tagesform, da so viele Perlen auf dem Album sind. Aktuell würde ich mich wohl für „Welcome to the show and Welcome To Dying entscheiden. Ihr habt es erkannt, wieder so eine Hansi Spezialansage. Auch wenn ich gestehen muss, dass mir der Song manchmal auf Konzerten auf die Eier geht, weil er genau wie Mirror Mirror, Valhalla usw. immer dabei sein muss. Das von René angesprochene Tommyknockers ist auch echt ein Brett. Klingt für mich am ehesten noch nach Material von Follow The Blind. Sträflich unterbewertet und selten live gespielt. Obwohl in Coburg damals so seltene Dinger gespielt wurden, war er nicht dabei. Lord Of The Rings finde ich in der Akustikversion deutlich stärker als auf der Forgotten Tales und in der Regel auch live nachzuhören.

René W.:
Eine richtige Schwachstelle auf dem Album auszumachen ist aber schon Kunst, Florian! Wollen wir doch mal direkt über Altair 4 diskutieren, bevor wir die finale Runde in unserer ersten Dreierkonstellation starten und dich hoffentlich bald wieder als Gast zu Blind Guardian oder, ein Vogel hat mir gezwitschert, zu einer alten Avantasia-Scheibe begrüßen dürfen. Im Gegensatz zu dir klopft Altair 4 bei mir am Treppchen und wenn ich die Liveversion von Run For The Night, die ich sehr gelungen finde, streichen muss, hätte die Dampfwalze echt eine Chance!

Monster Anne is cryin‘ out
„Feel my pain I can’t escape“
Bad chances for me

Altair 4
Altair 4
Altair 4
Chosen by their whispering words

Für Stephen King-Fans, wie schon beim wirklich göttlichen Tommyknockers, bleibt auch der Hit ein Muss. Altair 4 ist eben dieser kosmische verschworene Ort im Buch The Tommyknockers und die beiden Songs gehören für mich einfach dazu, auch wenn sie sonst etwas aus dem Konzept herausstechen. Das Buch habe ich mit ca. 16 Jahren gelesen, als auch mein Interesse am Heavy Metal gewachsen ist. Blind Guardian haben damit meinen Schulterschluss gefunden. Falls ihr den Schinken noch nicht gelesen habt, holt dieses, wenn ihr irgendwann Zeit habt, ruhig mal nach!

Andreas B.:
Hach, da ist sie wieder, die obligatorische Treppchen-Frage unseres munteren Chefredakteurs.
Der, lieber Flo, wohnt übrigens wirklich in Friesland. Meine Wenigkeit wohnt in einer kreisfreien Stadt, und wahrscheinlich – ich bin ja kein gebürtiger Wilhelmshavener, daher weiß ich es nicht – riskiert man ein blaues Auge, wenn man hier die Friesenflagge schwenkt. Ihr wisst schon, weißer Adler auf weißem Grund. Aber ich schweife mal wieder ab.

Lost In The Twilight Hall ist für mich ebenfalls DER Song des Albums. Knapp vor Welcome To Dying. Dann wird es eng:
Lord Of The Rings, The Last Candle oder Traveler In Time?
Wäre hier die Forgotten Tales-Version vom kleinen Lord auf der Scheibe, dann wäre die Antwort klar.
Isse aber nicht, also wird es Traveler In Time. Herzlichen Glückwunsch!

Sowohl Altair 4 als auch Tommyknockers fallen für mich etwas ab. Zumindest gehören die beiden Songs zu den am wenigsten gehörten Liedern des Albums.

Übrigens habe ich gerade irgendwo das Wort Avantasia gelesen. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, dass der alte Bauer die Twilight Hall verlässt, um den beiden Grünschnäbeln hier das Feld zu überlassen, haha 😉

Hat wie immer Spaß gemacht und ich sage mal „Tschüss“ und bis bald!

Florian W.:
Noch einen Schluck aus der Gamma Ray-Tasse, bevor es wieder zurück in die Twilight Hall geht. Ich finde es umso schöner, René, dass du ein Herz für „Exoten“ wie Altair 4 hast. Von Stephen King habe ich bisher nur Es gelesen. Vielleicht sollte ich Tommyknockers mal nachholen. Den Film fand ich, wie die meisten King-Verfilmungen, zum Abgewöhnen. Meine „Hidden Treasures“ finden sich auf anderen Scheiben der Gardinen-Diskografie: Wizard’s Crown – selbstverständlich, Hall Of The King, The Quest For Tanelorn – wieder mit Hansen Kai, Black Chamber, When Sorrow Sang, Battlefield (richtig erkannt, Jungs von BG, das ist eure nächste Setlist ?).

Ich möchte an dieser Stelle noch eine Lanze für das Instrumental Weird Dreams brechen. Das Stück ist dem Proll-Metaller Bauer bestimmt wieder zu progressiv. BG hatten auf den ersten Alben ja durchaus ein Faible für instrumentale Songs wie By The Gates Of Moria, Gandalf’s Rebirth, Beyond The Ice oder eben Weird Dreams. Die Stücke haben immer etwas Experimentelles und Schräges an sich und vor allem André durfte sich an den sechs Saiten und am Wah-Wah austoben. Neben Kirk Hammett und Brian May wohl der König des Wah-Pedals. Zu guter Letzt möchte ich noch Thomen “The Omen” Stauch erwähnt haben, den für mich einzig wahren BG-Drummer – sorry, Frederik. Was er in dem erwähnten Song und auf dem gesamten Album rausholzt, ist unfassbar geil.

Ich hoffe, Andi, dass du damit nicht deine Abneigung gegenüber Tobi Sammets liebstem Kind andeuten möchtest? Denn Avantasia stehen für mich auf einer Stufe mit … ach, das erzähle ich euch beim nächsten Mal. Es war mir eine Ehre, Jungs.

René W.:
Dann komme ich bei dem ganzen Gesabbel auch mal zum Ende. Zwar könnte man noch viel über Blind Guardian sprechen, aber wir haben sicherlich auch noch mal wieder Platz für einen zweiten Kracher der Kombo um Hansi Kürsch. Vielen Dank Flo! Es war mir eine Freude, mit dir als ersten Gast durch Tales From The Twilight World zu schreiten, gleiches gilt natürlich für meinen Dauerpartner Andi. Spätestens Anfang 2022 geht es dann in diesem Dreiergespann an eine Avantasia Scheibe. In der nächsten Ausgabe wird es dann wieder härter und wir begrüßen eine Dampfwalze, die in keiner guten Zeitreise fehlen darf.

Euch gefällt unsere Time For Metal Zeitreise? Dann schaut euch auch gerne die anderen Folgen an.

Time For Metal Zeitreise – Iron Maiden – Killers (1981)

Time For Metal Zeitreise – Metallica – Metallica (1991)

Time For Metal Zeitreise – Helloween – Keeper Of The Seven Keys Part I (1987)

Time For Metal Zeitreise – Helloween – Keeper Of The Seven Keys Part II (1988)

Time For Metal Zeitreise – Grave Digger – Tunes Of War (1996)

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Time For Metal Zeitreise – Manowar – Kings Of Metal (1988)

Time For Metal Zeitreise – Slayer – Reign In Blood (1986)

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