Time For Metal Zeitreise – Manowar – Kings Of Metal (1988)

Klassiker von damals neu gehört - mit René W. und Andreas B.

In dieser Kolumne plaudern Redakteur Andreas B. und Chefredakteur René W. zweimal im Monat über einen Klassiker der Metal- und Hardrock-Geschichte. Der Fokus liegt dabei nicht auf Bands aus der zweiten Reihe oder auf vergessenen Underground-Perlen.

Die Time For Metal Zeitreise ist die Bühne für die einflussreichen und großen Bands unserer Szene. Hier wird über deren Alben gefachsimpelt, sich erinnert, diskutiert und manchmal auch gestritten. Von Fans für Fans.

Lehnt euch gemütlich zurück und erinnert euch mit uns an die alten Zeiten und die großen Momente, die uns alle so sehr geprägt haben.

Heute: Manowar Kings Of Metal aus dem Jahr 1988.

Andreas B.:
So, mein lieber René. Jetzt wird es maskulin. Musik von echten Männern, für echte Männer. Unbeugsame Krieger, die Fellunterhosen tragen und ihre blutigen Schwerter zwischen schweißnassen Muskelbergen positionieren. Richtig potente Kerle, die von nackten und 24/7-willigen Frauen mit unfassbar großen Brüsten angebetet und devot verehrt werden. Männer, die ihre Vierzigstundenwoche nicht am Schreibtisch, sondern in epischen Schlachten verbringen. Verteidiger von Ehre, Stahl und Bruderschaft. Statt eines Passat Kombi stehen schwarze Pferde in Kampfmontur im Carport und der Wocheneinkauf wird nicht bei Aldi, sondern beim lokalen Waffenschmied getätigt. Zum Frühstück gibt es kein Bircher Müsli, sondern auf offener Flamme gegrilltes, blutiges Testosteron.

Wie du siehst: Keine andere Band ist so sehr auf uns zugeschnitten wie Manowar. Und kein Albumcover wurde so sehr nach unserem Ebenbild geschaffen wie das der Kings Of Metal aus dem Jahr 1988.

Das Album war auch gleich das erste, das ich von Manowar hörte. Frag mich bitte nicht, wann genau das war. Ich tippe auf 1990/91. Der Titeltrack Kings Of Metal war auf irgendeinem Metalsampler mit anderen Klassikern wie The Number Of The Beast, Ace Of Spades, Out In The Fields und I Wanna Be Somebody zu hören. Verglichen mit den genannten Übersongs verliert der Track von Manowar zwar deutlich – er ist für mich neben dem sexistischen Scheißsong Pleasure Slave der Belangloseste auf dem Album -, dennoch blieb er irgendwie im Kopf hängen.

Nun, wie es der Zufall wollte, hielt ich dann irgendwann das komplette Album in Form einer Audiokassette in der Hand.
Und ganz ehrlich… nach dem ersten Durchlauf saß ich sprachlos vor der heimischen Stereoanlage und musste das erst mal verdauen.
Der Grundstein für meine Vorliebe für diese spezielle Dramatik und Epik im Metal, die sich heutzutage immer noch in meiner akustischen Liebe zu Atlantean Kodex, :Nodfyr:, Falkenbach oder Ereb Altor äußert, wurde mit diesem Album gelegt.

Kurze Funstory zu Beginn: Mit der Band live verbinde ich Schmerzen, Blut und extreme Orientierungslosigkeit.

Mein erstes Mal Manowar war im Zuge der Popkomm in Köln. Die Popkomm war von 1990 bis 2003 eine jährliche Musikfachmesse mit angeschlossenem Festival.
2002 wohnte ich, damals süße fünfundzwanzig Jahre jung, wieder für ein knappes Jahr in meiner Jugendheimat Köln.
Als ich hörte, dass die Amis das Festival headlinen, gab es natürlich kein Halten für mich. Also natürlich so früh wie möglich hin zum Gelände an der Gladbacherstraße.
Auf der Bühne gaben sich ab dem Nachmittag so unfassbar tolle, nun, „Künstler“ wie Mola Adebisi, Natural (ja, diese Boyband mit Mark Terenzi. Alter Schwede) und was weiß ich, wer noch alles, die Klinke in die Hand. Ein Stelldichein dieser üblen Viva/MTV-Popscheiße.

Nun frage ich dich, René: Was macht man als langhaariger Kuttenträger, wenn noch keiner deiner Kumpels vor Ort ist und du dir das unglaublich beschissene Geträller und Rumgehüpfe dieser unsäglichen Popkasper geben musst.

Möglichkeit A: Einfach ignorieren, die Zeit wird vorbeigehen. Denn ich war schon immer tolerant und in mir ruhend.
Möglichkeit B: Weinen und nach Hause gehen. Vielleicht nebenbei noch ein paar Autos anzünden.
Möglichkeit C: A und B ignorieren und den nächsten Bierstand anpeilen, um sich ein Kölsch nach dem anderen hinter die Binde zu kippen.

Du kennst die Antwort….
Ich habe wirklich versucht, mir diese ganzen Hupfdohlen erträglich zu trinken. Innerlich war mir aber die ganze Zeit nach Fighting The World und Hail And Kill. Ich wollte das Blood Of My Enemies mit der Power Of Thy Sword in einem Holy War durch die Kölner Innenstadt verteilen. Violence And Bloodshed standen mir im Gesicht und das Sign Of The Hammer wollte ich auf der Domplatte in den Stein meißeln. Verdammte Popper.

Als dann endlich die ersten Leute meiner Crew ankamen, war ich schon völlig jenseits von Gut und Böse. Auch Die Happy, die direkt vor Manowar auf der Bühne waren und einen sympathischen Eindruck hinterließen, konnten mich nicht mehr retten.
Ich war völlig betrunken (ja, das klappt auch mit Kölsch!) und segelte wie ein Dreimaster in bedrohlicher Schieflage durch die Menge.
Ganz ehrlich… ich erinnere mich nur noch an Songfetzen… Bei Black Wind, Fire And Steel sorgte meine emotionale Gesangs- und Ausdruckstanzperformance für irritierte Gesichter; bei Holy War erinnere ich mich nur noch an ein piepsendes Krächzen aus meiner Kehle. Peinlich. Sehr peinlich und ganz schlimm.

Zum Schluss bin ich noch die Treppen zur U-Bahn runtergesegelt – auf allen Vieren – und in die falsche Bahn eingestiegen. Weiß der Henker, wie ich dann doch noch irgendwie nach Hause gekommen bin. Warum ich irgendwann in einer fremden Garage stand, weiß ich bis heute noch nicht.

Was lernen wir daraus? Absolut gar nichts, ich würde es heute noch genauso machen, haha.

Wie auch immer… René, du bist ja auch noch da. Wie war denn dein erstes Mal Manowar?

René W.:
Junge, Junge mein lieber Andi, da hast du ja wieder alles gegeben. Neben dem imposanten, durchtrainierten Krieger der Manowar-Crew gibt es eben auch Leute wie uns. Mit Bierbauch, die in ihrer Jugend sicher nichts ausgelassen haben.
Wie auch immer, zurück zu Kings Of Metal bzw. Manowar
Mein erster Stolperstein war, ganz klassisch für damals jüngere Headbanger, Warriors Of The World, das damals auch bei VIVA mit einem unglaublichen „wir haben die dicksten Eier der Welt“- Video lief. Das gleichnamige Album wurde im Mai 2002 veröffentlicht.
Da war ich 15 und alleine der Titeltrack hat einen mit geballten Fäusten durch die ostfriesische Höllenlandschaft schreiten lassen. Coole schwarze Sonnenbrille, die ersten drei Haare am Kinn, ausgewaschene Jeans am noch nicht so vom Bier geprägten Astralkörper und mit dem The Nummer Of The Beast-Shirt konnte einem in der Provinz gar nichts passieren. Warriors Of The World ist so unglaublich überzogen, dass fast zwei Jahrzehnte später die Gedanken ständig zwischen „saugeil“ und „absolut peinlich“ hin und her schwanken. Swords In The Wind oder Fight Until We Die liefen damals auch rauf und runter, mehr besaß ich auf der Sicherheitskopie von meinem Kollegen nicht von der Band, um die Gruppe dann erst mal wieder aus den Augen zu verlieren.

Gut drei Jahre später, mit 18/19 fing die Zeit an, in der wir jedes Wochenende irgendwo zwischen Hamburg, Hannover, Osnabrück, Dortmund oder Oberhausen auf einem Konzert herumlungerten. Neben CDs konnte der Wagen von meinem Kumpel damals auch Tapes abspielen. Eine Kassette war mit Rage und Nightwish bespielt und eine zweite mit Manowar. Nach den paar Monaten ging es dann auf jeder Rückfahrt back to the roots zu den amerikanischen Epic Metallern. Die geschundenen Ohren wurden mit bombastischen Riffs massiert und bitte frag mich nicht, warum wir nach wirklich jedem Gig diese beschissene, selbst erstellte Best-of Kassette eingelegt haben… es war einfach Tradition. Aber nun wollen wir endlich auf Kings Of Metal zusteuern. Einige Titel des Tapes stammten damals von diesem Album und wurden im Nachgang von mir verschlungen.

Wie ich finde, ist Kings Of Metal eine der besten Platten der Amerikaner, die in ihrer Karriere viele Schlagzeilen geschrieben haben, mir allerdings bis dato live immer verwehrt wurden. Nur weil Manowar auf einem Line-Up stehen, heißt es bekanntlich nicht, dass sie auch wirklich eine Festivalshow spielen und selbst die Treue zur eigenen Tour ist in den letzten Jahren doch eher dünn. Meine Hoffnung auf ein Manowar-Konzert, was sogar angemessen dargeboten wird, bleibt jedoch bestehen.

Die Maschinen heulen auf; Wheels Of Fire schreit aus den Boxen und Eric Adams bringt sein einmaliges Geschütz in Stellung. Damit ist nicht das Geschlechtsorgan gemeint, sondern seine Vocals, die beim ersten Erklingen für immer im Kopf bleiben. Die treibenden Riffs blasen nach wenigen Sekunden alle Hemmungen von Bord. Arschvoll irgendwo in einer Kneipe auf den Tisch zu springen und den Refrain mitzugrölen, während alle applaudieren, dürfte keine Seltenheit sein. Das Phantom, welches keiner offiziell mag, schlägt besonders gern zur späten Stunde zu. Hast du mal eine Metal Night erlebt, auf der die Kuttenträger nicht alle die Texte mitsingen konnten? Wäre man frech, könnte man unverblümt behaupten, dass Manowar die Modern Talking des Heavy Metal sind. Dann im Anschluss der Titeltrack, Junge, das geht doch nicht, oder doch?

„Other Bands Play Manowar Kill“

Haben die New Yorker Lack gesoffen? Diese Frage kann man wohl am besten mit „ja“ beantworten. Wenn eine Formation Eier hat, die über den Boden schleifen, dann unsere heutigen Protagonisten, die beim Start von Kings Of Metal abermals alle Hüllen fallen lassen und im Leoparden-Tanga über die Bühne hopsen.

Andreas B.:
Oh Mann, ich habe so viele Bilder im Kopf. Ich seh schon, wir ticken bei Manowar gleich. Irgendwie schon cool, vor allem die alten Klassiker, aber eben auch völlig bekloppt und peinlich. Und ja, es ist so ein Phänomen mit der Band. ALLE finden sie scheiße und peinlich, aber WEHE, es laufen irgendwo die ersten Takte von Hail And Kill, Carry On oder Battle Hymn.. dann ist kein Halten mehr und, wie durch pure Magie, kennt auf einmal jeder die kompletten Texte, haha. Und ja, bei mir ist es genauso. Wobei ich den Manowar-Patch auf meiner Kutte sehr gerne trage.

Wheels Of Fire, der Opener auf Kings Of Metal, ist schon echt ein Brett. Schnell, leicht thrashig und ein Eric Adams, wie man ihn eben kennt. Generell halte ich ihn für einen der besten Metalsänger aller Zeiten. Auch auf den ziemlich schwachen letzten Alben ist er immer der Fixstern und der Grund, wieso Manowar nie ganz untergehen werden.

Den Titeltrack hatte ich schon kurz angerissen. Nicht der größte Hit, aber eben markant und tja, jeder kennt das Ding.

We don’t attract wimps ‚cause we’re too loud
Just true metal people that’s Manowar’s crowd

Ja.. genau.

True metal people want to rock not pose„.. kennst du eigentlich eine Metalband, die noch größere Poser sind als Manowar? 😀

Anyway, reden wir über ernste Themen. Reden wir über Krieger. Einsame Krieger. Alleine. Alleine gegen den Rest der Welt und das ganze Universum. Geboren, um zu sterben. Ok, das sind wir ja irgendwie alle. Aber nicht so wie die Helden in den manowarschen Epen. Die sind noch ein bisschen mehr dazu geboren.
René, in uns fließt nur rotes Wasser und unsere Körper bestehen aus Knochen und Matsch.
Nicht so bei Manowar. Nicht so bei Heart Of Steel.
Weißt du was? Dieser Song sorgt auch heute noch für eine meterdicke Gänsehaut, ein erhabenes Schweigen und feuchte Augen. Verdammt noch mal, ich LIEBE dieses Lied. Ganz sicher ein Song für die Ewigkeit. Und für diese einsame Insel, auf die man immer nur eine Handvoll Songs mitnehmen kann.
Sogar die Neuauflage von 2014 kann mich restlos überzeugen:

Auch wenn ich bis heute noch nicht herausgefunden habe, wie man auf einem Kometen reiten soll.
Laut Google liegt die Temperatur auf der Oberfläche eines solchen Gesteinsbrockens zwischen -93 und -43 Grad Celsius.
Um nochmals auf die von dir erwähnten Leoparden-Tangas zurückzukommen… jetzt ergibt das mit den Fellunterhosen auf einmal Sinn. Eine sehr pragmatische Band!

Sting Of The Bumblebee ist so nen typisches Joey DeMaio-Griffbrettgewichse. Herrgott, der Typ spielt einen Bass mit einem Hals, der nicht viel dicker als ein Besenstil ist. Wenn die Schwerter der Manowar-Muskel-Matrosen auch nur so dünne Klingen haben, dann gute Nacht, Johanna. Dann wird das nix mit der Weltherrschaft.

The Crown And The Ring (Lament Of The Kings) ist ein wunderbar episches, ruhiges Kirchenlied. Textlich stirbt mal wieder einer, freut sich, Odin zu treffen und lacht noch kurz über die niedergemetzelten Feinde. Jaja, ich weiß, kitschig – aber geil.
Mit so was kriegst du mich ja meistens irgendwie. Und die Textzeile „High and mighty, alone we are kings“ berührt mich.
Ja, irgendwie sind wir alle Könige. Da muss ich gleich an I Believe In Miracles von den Ramones denken.

I used to be on an endless run
Believed in miracles ‚cause I’m one

Kleine Wunder sind wir nämlich auch alle. Und es ergibt auch total Sinn, dass der Ramones-Patch ebenfalls auf meiner Kutte zu Hause ist.
Die waren übrigens keine Poser… aber ich schweife ab, haha.

Wie findest du eigentlich Kingdome Come?
Für mich ist das auch einer der großen Hits der Scheibe. Schon die ersten Zeilen „See the white light, the light within. Be your own disciple, fan the sparks of will

Wat hab ich das immer mitgebrüllt. Ein totaler Wohlfühlsong. Episch, melodisch, total der Ohrwurm.
Das Solo ist so ultraharmonisch zum Rest des Songs, und wenn Eric danach zu seinem markerschütternden „Whaaaaaa…Kingdome Coming“ ansetzt.. meine Güte, ist das intensiv. Und groß, einfach nur groß. Genau wie seine hohen Schreie zum Ende des Songs hin. Wie gut dieser Mann doch singt.

Pleasure Slave, ich wiederhole mich, ist sexistische Kackscheiße, für die ich der Band kollektiv eine reinhauen möchte. Genug gesagt.

René W.:
Bei mir hat die Band in einigen Belangen ihren ganz großen Glanz verspielt. Preisvorgaben, individuelle menschliche Verfehlungen und die Tatsache, dass sie nicht nur die Kings Of Metal sein wollen, sondern dieses auch mit einer ganz offenen Geldbörse einfordern, ist echt bitter. Auf der anderen Seite stehen eben geniale Songs, die man nicht nur auf Kings Of Metal findet. Dann tauche ich auch mal wieder mehr in das Wichtigste hinab; in die Stücke, die dieses Poseralbum prägen. Heart Of Steel ist eine zeitlose Nummer zum Runterkommen. Klingt zwar irgendwie komisch, aber die Komposition entschleunigt mich, wenn alles andere im Stress versinkt. Quasi ein Steckerzieher, um mal in Ruhe für fünf Minuten in die eigenen Gedanken abzutauchen und mit mehr Kraft erneut ans Werk zu gehen. Das Instrumental Sting Of The Bumblebee kann man ohne Probleme dahinschieben und stört mich persönlich kein Stück. Nach den ruhigen Momenten kommt eine Aufbruchstimmung auf, bei der die Männer spürbar die Ärmel hochkrempeln, um noch mal ganz kräftig nach dem Motto Hail And Kill nachzulegen. Daher finde ich danach The Crown And The Ring (Lament Of The Kings) fehlplatziert. Klar gehört es aufs Album, ich hätte es aber nicht auf diesen Slot in die Tracklist gepackt. Der epische Tiefschlag sitzt; für mich geht es dann aber erst richtig bei Kingdom Come weiter. Wie du schon sagst, eine der frechsten Nummern überhaupt, der Manowar Krieger. Von vielen Seiten gar nicht in diesem Licht betrachtet, stehe ich dir voll bei. Der Refrain ist göttlich, die lang gezogenen Vocals in der Kombi mit den drückenden Gitarren bringt noch jede Faust so weit in den Himmel, dass Thor nur noch den Blitz in diese hineinfahren lassen muss. Andi, kennst du das, wenn man ganz verrückte Bilder im Kopf hat? Bei mir sitzt bei diesem Hit Eric Adams mit einem Zepter auf einem Thron, bewegt sich wie ein schwerer Koloss heraus und tritt mit dem Refrain wie ein Herrscher vor die Massen, die ihm selbst weiter bei Pleasure Slave huldigen. Deine Meinung bei der Umsetzung kann man mit tragen, wobei Sex, Musik und deren Umsetzung auch eine Art von Kunst ist, solange sie eben keinen Menschen in der Würde verletzt. Das haben die Amerikaner bei dem Titel wohl hoffentlich nicht vor. Nach dem Anfang in Kombination mit dem Macht-demonstrierenden Ende von Kingdom Come wird mir die Nummer einfach viel zu platt. Nichts gegen Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll, aber Pleasure Slave ist eigentlich die langweiligste Auskopplung auf der ganzen Platte.

Im Schreibfluss aufhören wäre jetzt fatal, daher geht es jetzt ins Finale des Silberlings, bis du dein Schlusswort halten darfst. Bei Hail And Kill kommt genau dieser spezielle Faktor wieder zum Vorschein, den nur die Truppe aus New York in der Form heraushängen lassen kann, wie sie es tut. Hose auf, Eier raus und ab auf die schwarze Maschine, die seit Stunden in der Mittagssonne brutzelt. Anstatt mit verbrühtem Geschlechtsteil über die Piste zu kriechen, rocken sie den Asphalt und die Karosserie bekommt im Umkehrschluss Brandlöcher durch die immer noch prall gefüllten Säcklein (bitte WAS? ?? – Anmerkung des Co-Autors). Wie geht es dir mit The Warriors Prayer? Findest du die Sequenz gelungen, oder ist es einfach nur ein eiskalter Filler and no Killer? Mir tut er nicht weh, das kann hier und heute verraten werden. Blood Of The Kings agiert als würdiger Abschluss und hinterlässt für mich ein Album, das ich immer mal wieder gerne auflege, um die letzten sieben Minuten noch mal abzufeiern. Schaut man über die zwei, drei unnötigen Abwege hinweg, wäre es für die Allzeitwertung ein Album mit voller Punktzahl geworden. Last but not least; die kauzigen Musiker schulden mir noch ein fettes Konzert, da sie, egal wann und wo immer sie spielen sollten, abgesagt haben. Hoffen wir, dass nach der Pandemie der Traum von vollgeschwitzten Leo-Tangas an alten Männern auf einer großen Bühne mit krachenden Harley Davidson-Maschinen noch in Erfüllung geht.

Andreas B.:
Junge Junge, jetzt hast du aber mal ein paar Kracher rausgelassen, Respekt, Herr Wolters, hahaha.
Ich habe ja extra versucht, nicht auf die bekloppten Aktionen der letzten Jahre einzugehen. Sei es der oberpeinliche Joey DeMaio im „Würdest du für den Metal sterben?“-Interview mit dem damaligen Rockhard– und jetzt Deaf Forever-Kollegen Götz Kühnemund, die bekloppten Begründungen für Konzertabsagen oder ausufernde Ticketpreise oder die Abschiedstour nach der Abschiedstour, die ja dann doch eigentlich keine Abschiedstour einer Abschiedstour sein sollte.
Dazu die wirklich nicht guten Outputs der letzten Jahre, und schon wackelt der Kultstatus der Band enorm.

Der Text von Pleasure Slave ist eine einzige Herabwürdigung von Frauen, daher kann ich mich einfach nur wiederholen. Das ist keine Ironie oder eine beißende Satire, sondern knallharter Bullshit.

Hail And Kill… natürlich. Auch hier mit der obligatorischen Kackzeile „Rape their women as they cry„. Allerdings ist der Song ansonsten ein absolutes Brett. Viel mehr „true poser metal“ geht nicht. Alle Musiker in Hochform, ein textlich relativ simpler Refrain 😉 und eben eine gnadenlose Hymne.

Hail, hail, hail and kill
Hail and kill
Hail, hail, hail and kill
Hail and kill

Kann man auch noch mit drei Promille fehlerfrei artikulieren. Und nüchtern macht das Lied auf der linken Spur mit Vollgas richtig Spaß.

https://youtu.be/4ZWJtVZIhgQ

The Warriors Prayer? Hahaha, darüber habe ich schon immer sehr gelacht. Was ein Murks.
Fängt an wie ein John Sinclair-Hörspiel und endet mit diesem Knüller-Dialog zwischen Opa Helmut und Enkel Kevin:

„Grandfather?“
„Yes?“
„Who were those four men?“
„Who were they? They were the METAL KINGS“

Brüller! Ganz großes Kino! Es ist so schlecht, dass es schon wieder gut ist.
Die Gods Of War aus dem Jahr 2007 treibt diesen Hörspielquatsch dann ja komplett auf die Spitze. Mehr Gesabbel als echte Songs, von denen zudem so gut wie keiner – eigentlich gar keiner – überzeugen kann. Selten so ein schlechtes Album gehört.

Zurück zur Kings Of Metal. Meine Meinung zu The Warriors Prayer kennst du, allerdings entschädigt das finale Blood Of The Kings für diesen Mist vorher. Ganz nettes Ding, das Spaß macht.

Nun, im Nachhinein betrachtet liefert die Platte viel Licht und auch etwas Schatten.
Textlich – wie immer – zwischen coolem Kriegerpathos und oberpeinlichem Scheiß, musikalisch zwischen gottgleich und „naja“.
Vielleicht liegt es an meinem Alter, dass ich das Album vor zwanzig Jahren etwas essenzieller fand als heute, auch wenn ich Heart Of Steel, Kingdome Come, The Crown And The Ring sowie Hail And Kill extrem gut finde.

Die Band hat insgesamt viele unsterbliche Klassiker hervorgebracht und – „Dank“ der letzten Platten – mittlerweile mindestens genauso viele Rohrkrepierer. Das Image ist ziemlich im Eimer und man darf im Grunde kein Interview von denen lesen. Letztendlich polarisieren die alten Herren enorm und das dürfte auch Teil ihres Erfolges sein.

Ich bin froh, dass wir diese Zeitreise unbeschadet und ohne viel Blutvergießen hinter uns gebracht haben. Allerdings müssen wir uns noch mal über deine Fantasien unterhalten, diese Bilder im Kopf lassen mich nicht mehr los, haha.

Bis bald, mein Bester, wir sehen uns zur nächsten Zeitreise.

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