Weckörhead am 06.01.2024 im Rosenhof Osnabrück

Start ins Konzertjahr 2024

Event: Tribut an Lemmy

Band: Weckörhead

Vorband: keine, diverse Gastmusiker

Ort: Rosenhof Osnabrück

Datum: 06.01.2024

Zuschauer: ca. 400

Genre: Motörhead-Rock ’n‘ Roll auf Deutsch

Link: www.weckoerhead.de

Als wir im letzten Jahr auf dem Hütte Rockt Open Air am Freitagabend noch kurz im Zelt vorbeischauten, bevor wir den Heimweg antraten, stand dort eine Band auf der Bühne, von der ich noch nichts gehört hatte. Heute weiß ich, dass ein dickes „LEIDER“ in diesen Satz gehört. Die drei, vier Songs, die wir dort sahen, waren so eindrucksvoll, dass für uns absolut klar war, dass wir diese Band noch mal genauer unter die Lupe nehmen wollen. Was für ein verrückter Scheiß, Motörhead auf Deutsch zu covern!

Heute fahren wir in den Rosenhof Osnabrück und starten unser Musikjahr 2024 tatsächlich mit Weckörhead. Ich bin aufgeregt und so unfassbar neugierig, ob das, was ich da letztes Jahr auf dem Festival für gut befunden habe, mich auch heute Abend im Club überzeugt. Vor dem Eingang tummeln sich schon einige Metalheads und wir stehen einen Moment im Nieselschnee an. Und wie wir da so warten, klettert Sänger Wecker im Tourbus herum und sieht irgendwie so unscheinbar aus, mit Zopf, Brille und Mütze, dass man kaum glauben mag, dass das hier der sehr fokussierende Frontmann ist, der mich so beeindruckt hatte.

Weckörhead-06.01.2024-Rosenhof-Osnabrueck

Um kurz nach neun kommt die Band auf die Bühne und mit lautem Getöse legen sie los. Uns knallen in einem Affenzahn die Songs um die Ohren. Wir Sind Weckörhead, Westernfilme, Bin So’n Arsch, Super Gau, Taub Für Immer – allein die Titel lassen mich beim Schreiben schon wieder grinsen. Was für eine bekloppte Idee ist das bloß? Und soll ich euch was sagen? Die Idee ist geil. Die Musik holt mich vom ersten Takt an völlig ab. Ich habe keine Chance dagegen, meine Füße wollen tanzen. Die Texte sind frei ins Deutsche übersetzt und nach Lust und Laune zurechtgeschoben, aber nicht albern. Man merkt der Band an, dass sie einfach Motörhead feiern, aber kein billiger Abklatsch sind. Frontmann Wecker ist voll in seinem Element. Die langen Haare wehen und die Mimik strahlt eine solche Freude aus, so viel Bock auf diesen Abend, dass man einfach mitziehen muss. Im Publikum sehe ich viele Fanshirts und auch die begeistern mich. Jeder Metalfan kennt wohl die Shirts mit dem Aufdruck Everything Louder Then Everyone Else von Motörhead zum gleichnamigen Album. Hier wurde kurzerhand übersetzt mit „Alles überhaupt lauter als alles andere sowieso“ und ich finde es einfach genial. Nach ungefähr einer halben Stunde kommt mit Ralli von Xaja beim Song Lieb Mich Wie Ein Reptil der erste Gastmusiker auf die Bühne und begeistert uns mit seiner dröhnenden Stimme. Auch im Publikum werden immer wieder alte Weggefährten begrüßt und man hat ein bisschen das Gefühl, man ist auf einer Familienfeier. Ich stehe direkt vor Rico, der uns eine Showeinlage nach der anderen bietet, springt, tanzt, reckt die Gitarre gen Clubdecke und ist dabei so in seinem Element, von seiner Gesichtsakrobatik ganz zu schweigen. Auf der anderen Seite ist Gitarrist Mitch am Rocken. Auch sein Elan scheint schier unbegrenzt. Er wirbelt von einer Bühnenseite auf die andere. Irgendwie sind hier alle permanent in Bewegung und es ist ein tolles Miteinander. Mir tut es ein bisschen um den Drummer leid. Ich will ihm wirklich zusehen. Echt! Aber der ganze Trubel lenkt mich immer wieder von ihm ab. Ich schaffe es einfach nicht, längere Zeit fokussiert auf einem einzelnen zu bleiben. Drei Songs später kommt bei Berühr Mich Nicht und Kein Stil mit Julia die nächste Gastsängerin auf die Bühne. Von welcher Band sie stammt, finde ich leider nicht heraus, aber ihr Gesang ergänzt die Songs ganz hervorragend.

Weckörhead-06.01.2024-Rosenhof-Osnabrueck

Nach Tanz Auf Deinem Grab und Rosalie ist bei Eisenfaust auch Ralli wieder mit am Start. Man hat das Gefühl, die scharren hinter der Bühne alle permanent mit den Hufen, eigentlich könnten sie auch gleich dableiben, hier gibt es eh keine Regeln, nur Party! In den Ansagen von Wecker wird eins immer wieder deutlich: Seine Verbundenheit zur Rock- und Metalszene in Osnabrück! Voller Freude berichtet er aus alten Zeiten im Subway, von Konzerten in der Stadthalle oder der Halle Gartlage. Und automatisch schwelgt man selbst in Erinnerungen und freut sich gleichzeitig, dass man diesen grandiosen Abend nun auch dort abspeichern darf. Es ist inzwischen 22:15 Uhr und ein junger Mann klettert auf die Bühne und baut sein Piano auf. Es ist Joel, Sohn des Frontsängers, der die Band nun unterstützt und Papa berichtet voller Stolz von den musikalischen Fähigkeiten seines Sprösslings. Allerdings geht sein Kleidungsstil irgendwie in Richtung Popper der Neunziger und passt so gar nicht zwischen die Rocker. Der Sound, den er fabriziert, passt aber sehr wohl und auch der Rest der Familie ist am Merch und im Publikum unterwegs. Toll, wenn bei so einem Hobby die Familie mitzieht. Und als wäre das hier heute Abend nicht schon alles genug Abwechslung, kommen dazu auch noch die Steifenhorns auf die Bühne. Dieter an der Posaune, Jürgen und Tommy am Saxofon und Jens an der Trompete geben bei Altenessen und Pik As Vollgas und irgendwie tummeln sich immer mehr Musiker dort oben. Es hält keinen mehr im Backstage. Zwischendurch laufe ich nach hinten zum Merch. Ich brauche einen Patch. Jetzt. Bevor es vielleicht keine mehr gibt. Das hier ist so geil, das muss man in die Welt tragen. Es laufen Orgasmatron, Ramones und Der Stier durch und dann ist Joel wieder da, holt die dritte Gitarre auf die Bühne und es wird so laut, dass ich mich weiter in die Mitte stellen muss, damit mir die Ohren nicht wegfliegen. Helden wird grandios umgesetzt und bei Feuerwehr kommen Dicks’N’Dynamite, die teilweise vorher schon im Background mitgeträllert haben, auf die Bühne und feiern noch ne Runde mit. Diese durchgeknallten Jungs kennen wir schon vom Rock Bei Kurt und freuen uns, sie wiederzusehen. Und wie sollte man es anders erwarten, knappe Hotpants, Feuerwehrjacken und Helme dürfen bei den verrückten Typen natürlich nicht fehlen. Und unterm Mantel kommt dann auch noch eine Art Alarmglocke zum Vorschein. Was soll ich sagen … durchgeknallt und Spaß dabei! Dass sich Weckörhead aber neben all der guten Laune, die uns hier heute geboten wird, auch durchaus ihrer Verantwortung als Sprachrohr bewusst sind, kommt immer wieder in den Ansagen von Wecker zum Ausdruck. Besonders hängen geblieben ist mir der Satz „Wenn ihr weniger Scheiße in der Welt wollt, seid selber weniger scheiße“. Und damit hat er verdammt Recht. Allerdings muss ich wirklich sagen, so ein entspanntes und harmonisches Publikum habe ich im Rosenhof lange nicht gehabt. Es sind vielleicht 400 Leute heute Abend hier und natürlich stehen wir nicht so gepresst wie bei den letzten ausverkauften Veranstaltungen mit über 800. Aber die Grundstimmung ist heute Abend auch so schön. Jeder sieht zufrieden aus, alle sind so eins. Rico entert noch kurzerhand mit der Gitarre die Theke, dann endet gegen 23:30 Uhr dieser Wahnsinn mit Overkill, alle Gastmusiker und auch etliche Gäste stürmen die Bühne und das Konzert schließt so ab, wie eigentlich der ganze Abend war: als eine einzige große Party. Ich habe von der ersten bis zur letzten Minute durchgetanzt, mein Körper wird mich morgen hassen, aber das war es wert. Wir taumeln glücklich zum Merchstand, schnappen uns noch zwei T-Shirts, gehen Richtung Ausgang und machen dann kehrt und kaufen spontan noch sämtliche CDs im Bundle. Warum? Weil sie es verdient haben! Uns bleibt nur zu sagen: Weckörhead – scheiße, seid ihr geil!