Reliquiae & North Alone am 23.03.2024 in der Lagerhalle Osnabrück

Krankheitsbedingter Ausfall von Harpyie

Event: Doppelkonzert mit Reliquiae & Harpyie (eigentlich)

Band: Reliquiae

Vorbands: Party From Afar & North Alone

Ort: Lagerhalle Osnabrück

Datum: 23.03.2024

Zuschauer: ca. 120

Genre: Mittelalterrock

Link: www.reliquiae.de

Heute fahren wir in die Lagerhalle Osnabrück zu Harpyie und Reliquiae. Eigentlich. Denn vor zwei Tagen kam die Meldung, dass Harpyie krankheitsbedingt ausfallen. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat Sänger Andre sich Pfeiffersches Drüsenfieber eingefangen. Die Kusskrankheit. Hoffen wir, dass er wenigstens ordentlich geknutscht und nicht nur das Fieber mitgenommen hat. Gute Besserung an dieser Stelle. Für uns ist klar, dass wir trotzdem losfahren. Auch Reliquiae sollen schließlich ihre Chance bekommen. Wir kommen gegen 19 Uhr an und sind leider nicht akkreditiert. Verdammt, wir waren bei Harpyie angemeldet. Nach kurzer Rücksprache mit dem Basser von Reliquiae werden wir aber sehr freundlich durchgewunken und dürfen auch fotografieren „so viel wir wollen“ 🙂

Durch diese kurze Verzögerung haben wir leider fast den kompletten Opener Party From Afar verpasst. Die gefühlvolle Sängerin lässt uns noch die letzten Takte ihres Auftrittes hören, dann ist es auch schon vorbei.

North Alone 23.03.2024 Lagerhalle Osnabrück

Während wir uns noch sortieren, fällt mein Blick auf den Merchstand und ich bin kurz irritiert. Denn neben den diversen Artikeln von Reliquiae entdecke ich North-Alone-CDs. Wie bitte? Ist das etwa der Ersatz für Harpyie? Mein Abend ist an dieser Stelle absolut gerettet! Nach zwei Auftritten im Bastard Club und dem Review zum letzten Album hat sich dieser Sänger in mein Herz gespielt und ich bin grad einfach nur happy und bekomme das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Und tatsächlich: Um 19:45 Uhr kommen Manuel North und So-Kummeth Sim auf die Bühne und mit Akustikgitarre und Geige geht es direkt los. Ich mag die Stimme und den ganz eigenen Stil irgendwo zwischen Punkrock und Liedermacher, dazu die Geige kombiniert und es ist alles so wunderbar handgemacht: geil! Dazu gibt es zu einigen Stücken nette Geschichten und es ist irgendwie gemütlich und tanzbar und macht einfach Spaß. Wie gewohnt kommt bei Application die Bitte des Sängers, den Song zu filmen und Fat Mike von NOFX zu markieren, damit ihm irgendwann all diese Videos so auf den Sack gehen, dass er die Jungs unter Vertrag nimmt … Als Ohne Jacke Raus beginnt, bin ich in meiner Konzertblase angekommen. Ich liebe diesen Song und fühl mich einfach nur glücklich und in die Musik eingehüllt. Auch For Milo und Dinosaurier & Monstertrucks dürfen natürlich nicht fehlen. Es folgt Song auf Song und das Publikum macht ordentlich mit, auch wenn sie eigentlich für eine andere Band hier stehen wollten. Der starke Auftritt endet gegen halb neun. Das Fangirl ergattert die Setlist und als Krönung gibt es noch Autogramme und einen kurzen Small-Talk. North Alone sind immer einen Besuch wert. Wer handgemachten Folk-Punk mag, hat die Gelegenheit, am 18.04.24 ins Osnabrücker Trash zu kommen, dort gibt es ein Hut-Konzert und das gehört unterstützt!

Reliquiae 23.03.2024 Lagerhalle Osnabrück

Deutlich lauter wird es, als um 21 Uhr Reliquiae auf die Bühne kommen. Ungefähr 120 Gäste tummeln sich nun im Saal. Allein die Aufmachung der Band ist schon einen Blick wert. Da hätten wir einen Keyboarder im Goldglitzer-Jackett, einen Sackpfeifenspieler, den netten Basser von vorhin, der da oben riesengroß wirkt. Eine Drehleierspielerin im Minikleid, dazu Schlagzeuger, Gitarrist und schlussendlich Bastus der Graf am Mikrofon. Sie eröffnen mit Die Motte und ich muss mich erst mal in den Stil der Band reinfinden. Es ist alles sehr pompös und die Bühne durch die vielen Musiker fast übervoll. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich muss öfter die Position wechseln, mal von der linken, mal von der rechten Seite schauen und zwischendurch immer wieder nach hinten laufen, um alles zu erfassen. Es folgen Hölle und Paranoia. Die Texte sind sehr düster, der Sänger wirkt mir fast ein bisschen zu nett und irgendwie spießig dafür. Später erst erfahre ich, dass er einen Grafen verkörpert, und das erklärt es dann wieder. Von den ersten Takten an hat er das Publikum voll im Griff, animiert seine Gäste zum Mitmachen und sorgt für eine gute Stimmung im Saal. Wenn man eine Band das erste Mal sieht, ist es immer schwierig, die Setlist zusammenzubekommen. Ich notiere mir einzelne Textzeilen und ergoogle mir hinterher die Songs dazu. Das ist sehr aufwendig, lässt einen aber gut Revue passieren und man beschäftigt sich noch mal mit der Aussage der einzelnen Songs. Heute entdecke ich immer wieder, wie tiefgründig die Stücke dieser Band sind. Jedes erzählt eine Geschichte und ich mag, wie sie verpackt sind. „Tust du stets das, was sie wollen, dass sie dich akzeptieren sollen, gewinnst du Menschen, doch du spürst, dass du dich bald selbst verlierst“.

Reliquiae 23.03.2024 Lagerhalle Osnabrück

Bei Feuer entfachen sie in all der Enge auf der Bühne auch noch zwei Feuerschalen. Die Silhouette der Geigerin im Feuerschein sieht toll aus. Auch wenn diese Band vielleicht noch nicht die meisten Follower hat, so bieten sie dem Publikum hier heute Abend eine tolle Performance mit viel Abwechslung und Liebe zur Bühnenshow. Auch die wechselnden Instrumente sind interessant zu sehen. Ich erfahre heute, dass es nicht alles Dudelsäcke sind, nur weil eine Pfeife an einem Stoffbeutel hängt und sehe zum ersten Mal eine Nyckelharpa (eine Schlüsselfidel mit Tasten). Wieder was gelernt.

Bei Bergmann kommt Sänger Bastus im Arbeiterhemd mit Helm und Hammer auf die Bühne und bietet uns einen netten Pyroeffekt. Ich stelle fest, dass die Musik zwar okay ist, wenn man hinten steht und zuhört, aber richtig abholen kann sie mich nur vorne vor der Bühne. Hier ist alles viel intensiver und die feiernden Menschen ziehen mich mit. Manchmal denke ich, dass der Sound einfach nicht optimal rüberkommt. Mal kommt der Gesang kaum gegen die Instrumente an, dann ist er wieder ganz klar zu hören. Dafür ist die Lautstärke insgesamt super angenehm. Es ist nicht so brachialer Krach, sondern laut genug, aber ohne hinterher noch stundenlanges Ohrensausen zu verursachen. Es folgen Winter, Pandora, Sisyphos, Deine Flamme und einige mehr. Die Band hat eine ordentliche Auswahl an Songs im Gepäck. Nach Prinz Von Babylon folgt ein Drumsolo und dieser Schlagzeuger wirkt dabei so glücklich, dass es förmlich auf uns überspringt. Genau so muss das sein – so muss Musik wirken. Nach Enigma kommt mit Feuertanz die erste Zugabe und dieser Song gefällt mir einfach nur richtig gut. Gegen 22:15 Uhr endet mit Ohne Dich das Konzert im Schein einer grünen Laterne. Hinterher ist die komplette Band für Autogramme und kurze Gespräche am Merchstand. Ich mag es, wenn Künstler sich diese Zeit noch nehmen und die Nähe zu den Fans pflegen. Für mich war es gelungener Abend, unverhofft durfte ich North Alone abfeiern und mit Reliquiae habe ich eine Osnabrücker Band gesehen, die ich mir sonst vielleicht nicht angeschaut hätte. Dafür, dass ich in diesem etwas düsterer angehauchten Genre sonst nicht so zu Hause bin, hat es mir sehr gut gefallen und die Lagerhalle Osnabrück werde ich jetzt auch etwas genauer beobachten, denn als Location ist es hier wirklich schön.