Oomph! am 23.11.2023 im Hyde Park Osnabrück

Rot-blauer Abend mit neuem Sänger

Event: European Tour 2023

Band: Oomph!

Vorband: Böse Fuchs

Ort: Hyde Park Osnabrück

Datum: 23.11.2023

Zuschauer: ca. 430

Genre: Neue Deutsche Härte

Link: www.oomph.de

Der Hyde Park in Osnabrück ist eine Location, in der ich in meinem bisherigen Leben maximal eine Handvoll Veranstaltungen besucht habe. Und eigentlich weiß ich gar nicht, warum das so ist. Das letzte Mal war vermutlich so Ende der 90er, als die legendären Bates dort spielten. Und heute kehre ich zurück, um mir Oomph! anzusehen. Nachdem ich sie in alter Besetzung auf Wacken gesehen habe, bin ich jetzt nach dem Review (hier) zum neuen Album Richter Und Henker mehr als gespannt, wie sich der neue Sänger Der Schulz beim Live-Auftritt gibt. Wir kommen gegen 19:30 Uhr in Osnabrück an und ergattern einen der letzten Parkplätze direkt auf dem Gelände. Die Warteschlange ist schnell abgearbeitet und schon steh ich mitten in meiner Jugend. Wie herrlich, dass es Dinge gibt, die einfach Beständigkeit bieten. Auf den ersten Blick sehe ich nichts, was sich verändert hat. Es ist alles immer noch so wundervoll ranzig wie beim letzten Mal, die Toiletten vollgekritzelt, alles so richtig schön Punkrock und mal ganz ehrlich: Wo gibt es heute noch Pizza im Club? Ich fühl mich grad irgendwie zurückgeschleudert und dabei so grundzufrieden. Und nehme mir fest vor, dass der Hyde Park und seine Veranstaltungen ab jetzt unter Beobachtung stehen. Denn schon jetzt ist abzusehen, dass der Laden heute Abend nicht überlaufen wird. Wie immer an dieser Stelle daher der Aufruf: Geht mehr auf Konzerte und unterstützt die Clubs in eurer Stadt!

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Punkt 20 Uhr beginnt Böse Fuchs. Ich kenne bislang nur zwei der Bandmitglieder von Erdling und mag sie dort sehr gerne. Umso gespannter bin ich, was sie in diesem Zweitprojekt bieten. So ganz durchschaue ich ehrlich gesagt die Konstellation auf der Bühne nicht. Namengebend ist die Sängerin, Keyboarderin und Gitarristin Valeria Ereth alias Böse Fuchs. Zudem gibt es da eine Sängerin namens Kate sowie Max an der Gitarre und die Schlagzeugerin Raja. Ob sie immer als Böse Fuchs so auftreten oder das alles irgendwie variabel ist und nur Valeria fester Bestandteil ist? Ich finde es auch beim Googeln nicht abschließend heraus. Der Start ist etwas seltsam, nur Kates Gesang und das Schlagzeug sind zu hören und es ist ungewohnt und schlecht einzuordnen. Ich stelle mich ein wenig mehr in die Mitte des Saals und hier wirkt das Ganze dann auch gleich sehr viel besser. Allerdings eskaliert der Lichtmensch etwas und ich muss zu Boden schauen, weil das unfassbar flackernde Licht eigentlich eine Epilepsie-Warnung verdient. Im Laufe des Konzertes zeigt Kate dann ihre stimmliche Bandbreite und das ist schon sehr beeindruckend. Sowohl kraftvolle als auch leise Töne sitzen und oft geht es sehr in die Höhe. Ich gestehe, dass ich solchen Gesang nie freiwillig höre. Mir ist das zu viel im hohen Bereich und zu viel AAAAHHHAHAHHHAHAHHHA. Aber hier stehe ich heute fast andächtig und schaue es mir an und höre zu und habe nicht nur einmal das Gefühl, dass Kate uns eine Geschichte erzählt. Nicht mit dem Text, sondern vielmehr mit der Melodie. Also für Fans dieses Stils sicherlich gut und für mich heute einfach künstlerisch wertvoll. Und es gibt noch zwei Punkte, die ich wirklich super finde: Man merkt der Band an, wie viel Spaß sie an dem hat, was sie da tut. Und sie performen wirklich mega abwechslungsreich, mal Klargesang, dann wieder Growling, langsam, schnell und noch ein paar Kirchenglocken mit rein. Max und Böse Fuchs sind von der Gestik und der Mimik einfach klasse. Nach knapp 45 Minuten ist das Spektakel vorbei und sie werden verdient vom gut eingeheizten Publikum gefeiert.

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Der Hyde Park ist noch immer viel zu leer, als um 21 Uhr Oomph! Pelzmantel-fronted die Bühne entern. Im Ernst mal: Ist das eine gute Idee? Es sieht zwar witzig aus, aber man muss doch schwitzen wie ein Spanferkel überm Lagerfeuer! Ich scheine da richtigzuliegen, denn schon nach kurzer Zeit wird das Outfit gegen ein Show-Sakko getauscht. Sie starten mit Soll Das Liebe Sein?, Träumst Du und Richter Und Henker. Und vom ersten Moment fällt mir auf, dass das Publikum voll dabei ist. Die Fotografen tun mir etwas leid. Der Lichtmensch hat wohl eine Rot-Blau-Phase und belichtet fast ausschließlich in den zwei Farben. Was zwischendurch vielleicht etwas dämonisch wirkt, wird mir irgendwann tatsächlich langweilig. Auch beim Sichten der Fotos springt diese Eintönigkeit sehr ins Auge. Vielleicht ist es von der Band so vorgegeben, aber das kann man sicher noch mal diskutieren. Zwischendurch wird es außerdem immer wieder recht hell im Publikum, was ich so nicht kenne und auch nicht stimmungsfördernd finde. Aber immerhin entdecke ich dadurch ein 2-Euro-Stück auf dem erhellten Hallenboden und hab die Hälfte des nächsten Drinks wieder raus. Die Getränke liegen alle so um 4 Euro und das finde ich absolut okay.

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Ob Labyrinth, Mein Herz, Nichts Wird Mehr Gut oder Jede Reise Hat Ein Ende, Der Schulz führt souverän durch den Abend. Mir gefällt sehr gut, dass er nicht versucht, seinen Vorgänger zu imitieren, sondern sein eigenes Ding draus macht. Und das, was vielleicht an Wahnsinn fehlen mag, macht er mit Gesichtsakrobatik wett. Brennende Liebe performt er dann solo nur mit Gitarre und ist dabei so sympathisch, dass er wohl auch die letzten überzeugt. Der Song ist schön, aber bremst an dieser Stelle irgendwie die aufgeheizte Stimmung aus. Wettgemacht wird das spätestens, als das Publikum aus voller Seele den Chorus singt und die Gänsehaut wohl nicht nur bei mir zum Vorschein kommt. Mit Wem Die Stunde Schlägt geht es weiter und  jetzt auch wieder etwas mehr nach vorn. Songs wie Schrei Nur Schrei, Der Neue Gott und schließlich das bekannte Augen Auf! lassen das Publikum noch mal voll abgehen. Nach ungefähr zwei Stunden hat das Ganze dann ein Ende und ich kann nur sagen, dass sich dieser Abend mal wieder wirklich gelohnt hat. Hier wurde nicht die Attitüde des alten Sängers abgekupfert, sondern quasi das Vermächtnis weiter zelebriert. Und was sich komplett durchzog, war der Einfluss von Der Schulz auf das Publikum. Es mögen zwar nur etwas über 400 Leute heute hier gewesen sein, aber die hat er fast ohne Ausnahme mitgezogen. Er musste nur andeuten, was er sehen wollte, und die Leute klatschten, winkten, leuchteten mit den Handys oder sprangen im Takt. Respekt an die Band und in diesem Fall auch an ein wirklich sympathisches und rockbares Publikum. Und natürlich ein Dank an den Hyde Park, dafür, dass er immer noch genauso ist, wie er ist.