Zeal & Ardor am 21.11.2022 in Die Kantine in Köln

Atmosphäre trifft auf symbiotische Gruppentherapie

Eventname: Zeal & Ardor

Vorband: Sooma

Ort: Kantine, Köln

Datum: 21.11.2022

Genre: Gospel, Black Metal, Avantgarde Metal, Okkult Metal

Besucher: ca. 600 Besucher

Link: https://www.zealandardor.com/

Setliste:

  1. Intro
  2. Church Burns
  3. Götterdämmerung
  4. Come On Down
  5. Row Row
  6. Blood In The River
  7. Gravedigger’s Chant
  8. Run
  9. We Can’t Be Found
  10. Tuskegee
  11. Feed The Machine
  12. Golden Liar
  13. Death To The Holy
  14. Trust No One
  15. Erase
  16. Don’t You Dare
  17. Devil Is Fine

Zugabe:

  1. J-M-B
  2. I Caught You
  3. Baphomet

Wenn eine Band in Die Kantine nach Köln einlädt, dann ist es ja quasi ein Pflichtprogramm, dahin zu fahren. Moment, sagte ich Die Kantine? Ja, Die Kantine … Warum kenne ich diesen Laden nicht, dachte ich, als ich mich für die Akkreditierung bemühte. In der Regel finden die Events in Köln in der Live Music Hall, der Essigfabrik, dem E-Werk oder dem Palladium statt. Doch heute soll es wohl mal in Die Kantine gehen. Auf der Webseite der Location wird mir schnell klar, warum ich hier noch nicht vor Ort gewesen bin. Die Kantine hat in der Regel kleinere Bands und Genres in petto, die ich nicht zwingend verfolge. Doch eigentlich ist das schade, denn die Lage ist für jemanden, der aus dem Norden nach Köln fährt, fast schon perfekt, quasi direkt an der A1 gelegen. Wir fahren relativ frühzeitig los, wir haben ja auch vor, der Vorband einen kleinen Besuch abzustatten. Auch hier präsentiert sich ein Name, den ich bisher noch nicht gehört habe: Sooma. Nicht gehört heißt ja nicht zwingend schlecht, also geht es in die doch schon recht gut gefüllte Halle und direkt vor die Bühne. Auch wenn Sooma „nur“ als Vorband da sind, haben sich einige im Publikum wohl gedacht, dass man das auch nutzen sollte, wenn man schon hier ist. Pünktlich startet das Trio aus Zürich seine Setliste. Ich bin ein wenig geflasht. Doch nicht, weil es mein Genre ist, sondern eher davon, wie roh, rotzig und zugleich absolut bodenständig. Das Konzept wirkt, als wäre ich in einem Delorian nach Köln gefahren, um dann in 1990ern zur absoluten Hochzeit des Grunge-Rock in Die Kantine einzukehren. So wirkt die Performance eher rebellisch bis unkonventionell. Doch das scheint die Gäste vor Ort nicht zu stören, denn auch wenn man nicht ganz nah am Zielpublikum des Headliners der Tour unterwegs ist, scheint es so, als wäre das Publikum auch durch eine Punk-/ Grunge-/ Stoner-Rock-Phase im Leben gegangen. Gefeiert wird hier sowohl der Song Pigs, 1141 als auch jeder andere Song, den die Herren durch die Boxen auf das Publikum loslassen.

Nach acht Tracks ist der punkige Anteil des Abends auch schon vorbei und die obligatorische Umbaupause sorgt für ein wenig Bewegung in der Halle. Da, wo die einen an den Merchandising-Stand gehen, um sich mit Shirts und Co. (zu normalen Preisen) einzudecken, gehen die anderen an die Bar oder an die frische Luft. Doch spätestens als ein sehr tiefer Bass durch die Subwoofer der Bühne wabert und das Licht in der Halle auf „Event“ umgestellt wird, ist der Anwesende gespannt auf das, was kommen wird. Anders als gewöhnlich stehen nicht sechs Personen, sondern nur vier auf der Bühne. Der Umstand wird gleich nach dem Intro aufgeklärt, denn da die beiden Sänger Denis Wagner und  Marc Obrist wegen Krankheit ausfallen mussten, hatte man sich entschieden, dass man lieber nur mit Hauptsänger Manuel Gagneux am Mikrofon kommt, anstatt die ganze Tour gleich abzusagen. Auch wenn ich das erst als besonders mutig empfunden habe, geht das Konzept trotzdem voll auf. Mal übernehmen die Sampler die Backgrounds, mal darf das Publikum für die nötige gesangliche Atmosphäre sorgen. Gerade das Wort Atmosphäre ist das, was hier nicht ganz unberechtigt in der Subheadline über der Veranstaltung steht. Da die Gäste des heutigen Abends größtenteils textsicher zu sein scheinen, bekomme ich am laufenden Band Gänsehaut. Gerade Tracks wie Come On Down, The Devil Is Fine und Don`t You Dare können besonders gut überzeugen. Doch als in der Zugabe darum gebeten wird, okkultistische Zeichen und Gesang mitzumachen, zeigt sich die ganze Stärke des Genremixes. Als „(…) I drew a circle to call him – Another man down – Big man B got horns to show – Wings so black I don’t see ‚em anymore (…)” im Chor gesungen wird, wird das Konzert zu einer Séance. Gerade der Punkt, dass das Publikum so stark (in erster Linie) gesanglich eingebunden ist, sorgt für eine wunderbare Symbiose. Stell dir vor, die Band singt „Burn the young boy, burn him good” und das Publikum antwortet im Gospelstil mit dem gleichen Satz. So entsteht ein Miteinander, was fast schon meditativ wäre, wenn die Lautstärke nicht bei knapp über 100db liegen würde.

Zum Abschluss lässt sich sagen, dass erstens die Location absolut genial ist. Der Sound war perfekt, die Bässe satt und in keiner Sekunde hatte ich das Gefühl, dass man die Stimme nicht verstehen könnte. Die Preise sind in Ordnung gewesen und die Halle zu ca. 85 % gut gefüllt. So konnte man sich trotz der logistisch eher schlechten Lage der sanitären Anlagen (quasi direkt neben der Bühne) überall bewegen, ohne sich durch die Massen schieben zu müssen. Dass man mit weniger Gesang auskam, als eigentlich auf dem Plan stand, war für mich als jemand, der Zeal & Ardor zum ersten Mal bei einem Konzert erleben durfte, eigentlich nicht bemerkbar und hat eventuell sogar dafür gesorgt, dass Band und Zuschauer eine gewisse Symbiose eingehen konnten. Wir hatten mit den Schweizern wirklich jede Menge Spaß.

Ach ja, die Parkmöglichkeiten vor Ort waren etwas begrenzt, doch da das Wetter mitgespielt hat und ein weiterer Parkplatz keinen Kilometer weit entfernt war, war das absolut kein Problem. Wenn Zeal & Ardor noch mal in der Gegend sind, ist für mich klar, dass ich wieder hin muss.