Bright & Black – The Album

So viel mehr als nur Metal meets Klassik

Artist: Bright & Black

Herkunft: Tallinn, Finnland

Album: The Album

Spiellänge: 60:05 Minuten

Genre: Metal Orchester Symphonic

Release: 26.01.2024

Label: Bright & Black Music/ Versity Rights

Link: https://brightandblack.com

Bandmitglieder:

Dirigent – Kristjan Järvi
Solist – Eicca Toppinen
Orchester – Baltic Sea Philharonic

Tracklist:

1. Nidhugg
2. Bloodgrinde
3. Can’t Explain This
4. Collateral Damage
5. The Secret
6. Mounts Of Misfortune
7. Armies Of The Preposterous
8. A World Of Strange
9. From Dust And Mud
10. And Flesh And Blood
11. Midnite Son
12. End Of All

Klassische Musik findet man in der Metalwelt schon lange, ob nun Satyricon gemeinsam mit einem Chor in einer norwegischen Oper auftreten, ein ganzes Genre sich dem Symphonic Metal verschrieben hat oder drei Finnen Metalsongs mit ihren Cellos umsetzen. Hier und da hat jeder Metalhead schon einmal Berührungspunkte mit Streichern, Bläsern oder Percussionisten gemacht. Was das Musikprojekt Bright & Black nun in langer Zusammenarbeit auf die Beine gestellt hat, betrachtet die Symbiose aus den beiden im Grunde sehr unterschiedlichen Musikrichtungen noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive. Hier ist Metal meets Klassik sprichwörtlich Programm.

Bei Bright & Black treffen gestandenen Metalmacher auf ein ganzes Symphonieorchester und lassen typische Instrumente wie E-Gitarren oder Drums ganz außen vor. Die Fragestellung ist: Was kommt dabei raus, wenn Metalmacher Musik für ein Orchester komponieren?  Bei der Beantwortung dieser interessanten Frage helfen Szenegrößen wie Eicca Toppinen (Apocalyptica), Eric Danielsson (Waitan), Nico Elgstrand (Entombed Ad), Fredrik Akesson (Opeth), Thomas Haake und Dic Lövgren (Meshuggha). Produzent Jacob Hellner und Dirigent Kristjan Järvi unterstützen fleißig und raus kommen zwölf beeindruckende Werke, die mich sprachlos zurücklassen.

Das Baltic Sea Philharmonie Orchester unter der Leitung von Kristjan Järvi leistet hierbei ganze Arbeit und belebt die wilden Metal-Gedanken mit ganz neuen Klängen und Melodien. Beim ersten Reinhören fällt mir sofort auf, wie komplex manche Stücke sind. Durch die mehrstimmigen Instrumente bauen sich ganze Klangbilder und Dimensionen auf, die sicher auch den Horizont der Metal-Legenden um einige erweitert haben. Töne und Instrumente, die man aus diversen klassischen Werken kennt, werden Metal-tauglich verzerrt. Jeder Titel ist eine eigene kleine Welt und doch reihen sie sich wie eine Perlenkette aneinander. Ich empfehle unbedingt die Reihenfolge beim ersten Hören einzuhalten.

Wir beginnen mit dem Opener Nidhugg. Nidhugg bezeichnet in der nordischen Mythologie einen schlangenartigen Drachen, der am Weltenbaum Yggdrasil lebt. Eine treffliche Betitelung des Werkes, denn schon in den ersten Sekunden baut sich der Drache bedrohlich vor uns auf und lockt uns hypnotisierend in seine dunkle Welt. Mit dem zweiten Stück Bloodgrind finden wir uns in den Tiefen der norwegischen Wälder wieder und erkennen ganz klare Black-Metal-Rhythmen wieder. Es macht sogar den Eindruck, als höre man gesungene Growls und Screams. Am Mikrofon steht hier aber niemand. Bloodgrind muss den Orchestermusikern einiges abverlangen, denn an Wucht, Tempo und Energie fehlt es hier nicht. Ab der Mitte wird es dann doch etwas langsamer, jedoch ohne ruhig zu sein. Eicca Toppinen lässt sein Cello ertönen und man kommt nicht darüber hinaus, die Handschrift des Apocalyptica-Masterminds sofort zu erkennen.

Im Gegensatz dazu beginnt Can’t Explain This mit bedrohlich dramatischen Streichern. In Filmen würde an dieser Stelle gleich etwas Bedeutendes passieren. Zunehmend ändert sich dieser Eindruck allerdings und weicht einer rauen Sanftheit, die nach dem harten Bloodgrind für Entspannung sorgt. Klare und weiche Cellopassagen ändern die Atmosphäre und laden zum Träumen ein. Viel Zeit bleibt dem Hörer allerdings nicht, denn das gewaltige Collateral Damage steht schon in den Startlöchern. Ganze neun Minuten ist diese Komposition, für die wieder Eicca Toppingen federführend ist, lang. Und als eine Symphonie kann man diesen Teil definitiv bezeichnen. Tempowechsel, wiedererkennbare Themen, die immer neu bearbeitet werden, und eine spannungsgeladene klangliche Geschichte finden sich hier wieder. Collateral Damage ist ein Highlight des Albums und zeigt das außergewöhnliche Können der gesamten Produktion.

The Secret ist mit sieben Minuten Spielzeit auch nicht von schlechten Eltern und erschafft mithilfe von schussartig gespielten Percussions eine kämpferische Atmosphäre. Auch hier kommen alle Orchesterinstrumente hervorragend zur Geltung. Komplexe Klangräumen bauen sich auf. Der metallische Einfluss schwebt in jeder Passage mit – mal im Hintergrund, mal ganz präsent. Das gilt im Übrigen für jedes der zwölf Stücke. Mounts Of Misfortune beginnt mit zarten Harfen und Bläsertönen. Es hat etwas Mystisches, fast schon Fantastisches. Im weiteren Verlauf lässt das Stück den Hörer an eine epische Geschichte aus der nordischen Mythologie denken. Feine, sanfte und ruhigere Melodien wechseln sich mit epischen, gewaltigen Themen ab. Definitiv hat Mount Of Misfortune Filmmusikcharakter. Es folgt ein vibrierendes Armies Of The Preposterous, das den Abenteurer in uns weckt und sich in einem grandiosen Finale auspegelt. Mit A World Of Strange finden wir in unserer Abenteuerreise in einer neuen Welt wieder, die wir begleitet von Cello und Streichern vorsichtig erkunden. Bei From Dust To Mud ist uns dann auch schon klar, dass diese neue Welt nichts Gutes verheißen kann, denn das Orchester warnt uns in knapp anderthalb Minuten mit aufbauenden Streichern und bedrohlichen Trommelschlägen vor den nächsten Schritten. Mit And Flesh And Blood befinden wir uns dann wie angekündigt in einer brenzlicheren Situation. Energisch, temporeich und bedrohlich scheint es, als verfolgen uns dunkle (Metal) Schatten.

Das nächste Highlight auf Bright & Black steht uns anschließend bevor. Midnite Son ist mein persönliches Lieblingsstück. Nicht nur, weil es ein einprägsames Thema immer wieder aufgreift, sondern es ganz einfach wunderschön und klanggewaltig zugleich ist. Die Baltic Sea Philharmonics, Dirigent Kristjan Järvi und Solist Eicca zeigen hier noch einmal, was dieses Album / dieses Projekt so besonders macht. Man vergisst fast schon, dass hier zwei gegensätzliche Musikgenres ein Experiment gewagt haben. Die Symbiose aus Klassik und Metal greift hier ganz harmonisch ineinander, als hätten sie schon immer zusammengehört. Es wird klar, dass sich diese zwei Sparten gar nicht so unähnlich sind. Denn was bei den einen als elitär und bei den anderen als rebellisch gesehen wird, verbindet eine große Gemeinsamkeit. Die Liebe zur Musik und das Erschaffen von Atmosphäre, Bildern und Emotionen mithilfe perfekt abgestimmter und gespielter Instrumente, ob nun Violine, Oboe, Schlagzeug oder E-Gitarre.

The Album vom Ausnahmeprojekt Bright & Black endet mit dem Titel End Of All und begleitet den Hörer vorsichtig und sanft von der Drachenhölle raus, zurück in die eigene Welt. Eine Welt, die sich vielleicht bei dem einen oder anderen Metalhead oder Klassikenthusiasten ein gewaltiges Stück geöffnet hat. Ich bin gespannt, wie bunt das Publikum am 11. März in der Berliner Philharmonie sein wird, wenn Orchester, Dirigent und Solist ihr gelungenes Experiment live darbieten.

Bright & Black – The Album
Fazit
Bright & Black überraschen und beeindrucken mich zutiefst. Die Symbiose aus Metal und Klassik greift hier so gelungen ineinander, dass es schwer wird, ab jetzt beide getrennt voneinander zu hören. Für mich jetzt schon ein Meisterwerk.

Anspieltipps: Bloodgrind, Collateral Damage und Midnite Son
Martha K.
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