Das Interview mit Charles The Goat über das Debütalbum „Bergauf“

Die Geschichte, wie aus einem Studioprojekt eine Punkband wird

Artist: Charles The Goat

Herkunft: Kiel, Schleswig-Holstein, Deutschland

Genre: Punk

Label: Eigenproduktion

Link: https://www.facebook.com/charlesthegoatpunk/

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre – Lars Woldt
Gitarre – Milos Pumpalovic
Bass – Dennis Günzel
Schlagzeug – Rico Kobarg

Charles the Goat Bandfoto 2022; Foto Norbert Czybulka

Charles The Goat haben Mitte Dezember ihr Debütalbum veröffentlicht und diesbezüglich wurde ich von der Kieler Punkband in ihren Proberaum zu einem Kennenlerngespräch und einem Dosenbier eingeladen. Was es mit Charles The Goat auf sich hat, wie es zur Band und dem Album Bergauf gekommen ist, könnt ihr hier in dem Gesprächsprotokoll nachlesen!

Time For Metal / Norbert:
Moinsen! Erst einmal Danke für die Einladung in eure Heiligtümer. Euer Debütalbum Bergauf wird nun Mitte Dezember veröffentlicht. Erzählt doch mal, wer ihr seid und wie es zu Charles The Goat und dem Album gekommen ist.

Lars – Charles The Goat; Foto Norbert Czybulka

Charles The Goat / Lars:
Ich bin der Lars. Sänger und Gitarrist von Charles The Goat und habe vorher viel Studioarbeit gemacht. Charles The Goat war nur ein Soloprojekt von mir, in dem ich einfach mal abschalten konnte. Ich habe dort meine Ideen gesammelt und verwirklicht und alles als das Charles-Projekt abgespeichert.

Time For Metal / Norbert:
Von dir stammen also auch die ersten Songs, die vor zwei oder drei Jahren entstanden sind und im Bandcamp veröffentlicht wurden?

Charles The Goat / Lars:
Ja, teilweise auch schon vor 15 Jahren. Also, man hat ein bisschen was auf Halde. Es fing als Projekt an und dann, während einer Studio-Session mit einem anderen Musiker, kam Dennis als Bassist dazu. Die beiden kannten sich von ihrer alten Band und haben hier im Studio auch Aufnahmen gemacht. Dadurch haben wir uns nach fünf, sechs Jahren mal wieder gesehen und uns gefreut. Und so hat Dennis es dann halt mitbekommen, was ich hier als nebenbei Projekt mache, da wir nach den Aufnahmen hier zusammensaßen und uns lange über frühere Zeiten unterhalten haben. Es wurden mehrere Songs angespielt und das Material fand Dennis richtig gut. So ist es seine Schuld, dass die ganze Misere mit Charles The Goat jetzt losgeht.

Charles The Goat / Dennis:
Ja, ich bin Dennis, habe vorher bei El Gaborek, ’ner kleinen Band aus Kiel gespielt, danach noch in einer Metal Band und einer Band mit meinem Bruder zusammen. Dies war aber eher ein Projekt, denn wir hatten nie einen Auftritt. Dann kamen schon Lars, beziehungsweise damals der Totzer, der mich gefragt hat, ob ich für ihn einspielen würde. Ja, das habe ich dann gemacht und dann war dieses Projekt nach dem dritten Abend vorbei. Die anderen sind alle abgehauen und wir beide saßen hier noch. Ich habe ihn dann gefragt, dass er mal ein paar Dinger von sich angespielt. Und ja, da habe ich immer gesagt, so etwas gehört auf die Bühne. Lars meinte, dass es gar nicht so einfach wäre, einen passenden Bassisten, einen weiteren Gitarristen und einen Schlagzeuger zu finden. Das mit dem Bassisten, das hat er nicht ganz so schnell gecheckt.

Charles The Goat / Lars:
Nach einer Dreiviertelstunde kam ich dann irgendwann selber drauf. Ach so, ja. Ach Dennis

Dennis – Charles The Goat; Foto Norbert Czybulka

Charles The Goat / Dennis:
Dann haben wir einfach gesagt, lass uns mal starten. So hatten wir noch versucht, mit einem Kumpel von Lars eine andere Geschichte aufzubauen. Der hatte aber nie Zeit und dann hat mir Lars immer mehr von seinen Punksongs vorgespielt und da habe ich gesagt: Lass uns das doch machen.

Time For Metal / Norbert:
Wie lange ist das her?

Charles The Goat / Lars:
Dezember letzten Jahres.

Charles The Goat / Dennis:
Zu dem Zeitpunkt habe ich bei dem Veranstalter von Haby Rockt! gearbeitet, der hat gerade ein Bauernhaus renoviert und er fragte mich nach meinem Musikprojekt. Ich habe spaßeshalber zu ihm gesagt, sie mögen uns doch auftreten lassen. Einen Abend später kam von ihnen Anruf “Ey Alter, wir sitzen hier gerade und planen das Festival. Wir hätten richtig Bock auf eure Mucke.” Da wir nur zu zweit waren, habe ich Lars angerufen und gefragt, was ich tun soll. Bis zum Festival sind es ja noch acht Monate. Ich war frohen Mutes und sagte ihm “Pass auf, wir sind im Moment nur zu zweit, aber wir sagen einfach mal zu. Das kriegen wir schon irgendwie hin.” So kam das Ganze ins Rollen.

Rico – Charles The Goat; Foto Norbert Czybulka

Charles The Goat / Rico:
Mal weiter in der Vorstellung. Ich bin Rico und spiele Schlagzeug und trommel son‘ bisschen. Lars kenne ich ja schon länger, da er hier im Bunker dieses wundervolle Studio hat und der Bierautomat im ersten Stock vor unserem Proberaum steht. Ich spielte zu dem Zeitpunkt noch bei den The Pinpricks und da ist man sich ab und zu über den Weg gelaufen. Seit 2009 bin ich schon hier im Bunker und da hat man dann auch mal bei einem Bierchen zusammen gesessen und geschnackt. Als dann die Band auszog, mit denen sich die Pinpricks den Proberaum geteilt hatten, zog Lars mit seinem Projekt ein. Nachdem er mir einige Stücke vorspielte, die mit einem Drumcomputer aufgenommen waren, bot ich mich an, die Parts einzuspielen. Egal, was aus dem Projekt wird, es sollte sich nach etwas Vernünftigem anhören. Schließlich hatte er hier ein Studio, ich ein Schlagzeug und eine Menge Lust auf das Material. Parallel dazu zogen auch die Pinpricks aus dem Probenraum aus und ich stieg aus der Band aus.

Charles The Goat / Lars:
So kamen wir natürlich auf die Idee, dass wir den Proberaum für uns komplett alleine nutzen. Analog dazu haben wir Rico gefragt, ob er uns auch live aushelfen würde, da wir eben Haby Rockt! zugesagt hatten. “Natürlich. Klar mach ich, gib mir die Songs und ich übe die”, sagte er ohne zu überlegen.

Charles The Goat / Rico:
Bei der ersten Probe, die wir dann zu dritt hatten, war Depressionen der erste Song, den wir angespielten und der lief von vorne bis hinten sofort durch. Da haben wir uns alle angeguckt und haben gedacht “So Alter. Krass, das funktioniert. Ist das wirklich wahr, dass wir gerade zum ersten Mal zusammen spielen?”

Time For Metal / Norbert:
Und das bei dem Song, denn Depression ist ja für einen Schlagzeuger kein einfacher Song.

Charles The Goat / Lars:
Findest du?

Time For Metal / Norbert:
Eigentlich schon, denn das Tempo in dem Song ist unglaublich fix. Das ist nichts für jemanden, der gerade erst angefangen hat.

Charles The Goat / Rico:
Das stimmt und ganz schlimm ist das halt, weil wir den als letzten Song im Live-Set spielen. Wenn da die Geschwindigkeit ein bisschen abfällt, dann merkt man das schon sofort.

Charles The Goat / Lars:
Diese Perspektive habe ich noch nie gesehen, weil ich weiß, was Rico kann und was wir an ihm haben. Ich kenne ihn ja schon lange von den Proben der Pinpricks. Wir beide waren ja total glücklich, einen Livedrummer gefunden zu haben. Als Rico dann vier Wochen später anrief, dass man auch so langsam anfangen sollte zu proben, überrollte mich das dann ein wenig.

Charles The Goat / Rico:
War ’ne ganz gute Idee, was?

Charles The Goat / Lars:
Ja. Vorher war es halt nur mein Ding, um Dampf abzulassen und so. Ich dachte auch immer, dass den Punk-Kram eh niemand hören will. Einfach ein paar Ideen entwickeln und produzieren, was ich hier in meinem Studioordner irgendwo ablegen kann. Und dann ging es hauptsächlich darum, diesen Auftritt irgendwie über die Bühne zu bringen.

Charles The Goat / Rico:
Die Proben liefen immer besser. Wir hatten so viel Spaß und Bock und das hat alles so wunderbar funktioniert. Nach dem Tod von Lars Vater begann er neue Songs zu schreiben. Da ist auch der Song Angst entstanden, den wir dann auch ganz schnell aufgenommen haben.

Charles The Goat / Lars:
Irgendwie war auch sofort klar, dazu muss ein Musikvideo kommen. Dann habe ich überlegt, wen kennst du denn, der irgendwie gut filmen kann oder das Equipment dazu hat. Dann fiel mir halt Milos ein, der es mir früher schon einmal angeboten hatte. Ich kenne ihn ja auch schon ewig von hier und dort. Nach dem zweiten Tag Videodreh saßen wir dann oben zusammen und es verhielt sich wie bei Dennis. Für die Bühne brauchten wir einen zweiten Gitarristen, denn auf den Projektaufnahmen waren ja teilweise schon drei, vier Gitarrenspuren übereinander. Dazu noch Singen, das ist für einen wie mich nicht schaffbar. So fiel dann auch irgendwann der Groschen, dass Milos ja auch Gitarre spielen kann.

Milos – Charles The Goat; Foto Norbert Czybulka

Charles The Goat / Milos:
Ja, ich bin Milo, ich spiele, wie eben bereits erwähnt, die Gitarre. Zwischen Rhythmus und Lead machen wir keinen Unterschied. Wir wechseln uns da mal so ein bisschen ab, je nachdem, wie komplex der jeweilige Song ist oder er bei aufwendigen Passagen auch noch singen muss. So gibt keine Hierarchie zwischen Lead- und Rhythmusgitarre.

Ich habe von 2011 bis 2018 bei der Band Hinterhof Supernova gespielt. Wir hießen von 2011 bis 2015 noch Blaue Jungs. Wir hatten mit Hinterhof Supernova 2018 unseren letzten Auftritt und danach sind halt viele Mitglieder abgesprungen. Ständig mussten wir neue suchen und das war dann nachher alles so ein bisschen nervig. Wir sind dann inaktiv geworden, haben aber trotzdem noch dieses Jahr unser Album rausgebracht. Danach hatte ich tatsächlich mit Rockmusik beziehungsweise mit Gitarrenmusik im Allgemeinen nicht mehr so viel zu tun. Und ja, hab mich halt mit anderen Hobbys beschäftigt. Rico kenne ich ja auch schon lange und habe tatsächlich auch schon mal mit ihm zusammen auf der Bühne gestanden. Als bei As Giants Fail der Gitarrist ausgefallen war, haben die mich dann gefragt, ob ich denn irgendwie bei einem Auftritt in der Hansa48 aushelfen kann. Später habe ich sogar zusammen mit Rico gewohnt und in der Ostseehalle gearbeitet. Rico erwähnte schon öfter, dass er neben den Pinpricks auch in einer zweiten Band spielt. Da bot ich es ihm auch an, dass, wenn ihr mal Bock habt, irgendwie ein Video zu drehen, solle er Bescheid sagen. Ich hätte das Equipment und die Lust darauf.

Daraufhin haben wir uns mal zusammengesetzt und haben das alles besprochen. Wir haben irgendwie auch langsam angefangen und dann kam irgendwann ein irgendwie leicht hysterischer Anruf von Rico. „Wir haben ja bald einen Auftritt, also in einem halben Jahr erst, und so wie wir jetzt gerade aufgestellt sind, können wir das auf jeden Fall nicht performen. Wir brauchen definitiv eine zweite Gitarre und wir wollten einfach mal fragen, ob du uns irgendwie aushelfen kannst.“ Da habe ich gar nicht lange überlegt. Ich meinte “Hey, lass uns ausprobieren.” Dann war ich tatsächlich bei den ersten Proben dabei, das lief auch alles ziemlich cool. Für mich waren die ersten Songs auf jeden Fall sehr einfach zu spielen, da ich sonst so Sixties, Pop und so ein bisschen auch Beatles-lastige Musik gespielt habe, die halt ein bisschen komplexer mit Picking und solchem Kram zu spielen sind. Ich hatte die ganze Zeit im Kopf, ich helfe den Jungs nur ein bisschen aus. Punkrock ist halt einfach nicht meine Mucke. Ich würde da jetzt nicht für sterben, sagen wir es mal so. Als wäre das schon von Anfang an geplant gewesen, sagte Lars dann irgendwann so nach der vierten Probe “Aus der Nummer kommst du jetzt nicht mehr raus. Wir suchen uns jetzt keinen anderen Gitarristen mehr.” Da auch noch Lars und ich eine kleine Verbundenheit zu Serbien haben, er ist mit einer Serbin verheiratet, ich bin zwar hier geboren, habe aber ursprünglich serbische Wurzeln, habe ich natürlich gesagt, dass ich meinen serbischen Bruder hier nicht alleine lassen kann.

Charles The Goat / Lars:
Für mich war eigentlich entscheidend, warum ich Milo nicht mehr aus der Nummer raus lassen wollte, dass es schon nach der ersten Probe passte. Unter Gitarristen ist das ja immer schwierig, denn da treffen zwei Egos normalerweise aufeinander. Jeder spielt besser, schneller, härter als andere.

Milo sagt von sich, dass er sich nicht unbedingt lauter dreht. Ich bin auch nicht der Mensch, der sagt, ich bin der mega Gitarrist und muss das jetzt alles nach vorne spielen. Für mich war es immer gleichwertig und dementsprechend war für mich das Gefühl, so nach dem ersten Mal zusammenspielen mit Milos in der ersten Probe. Das fühlte sich an, als hätten wir schon lange zusammen irgendwie Musik gemacht.

Charles The Goat / Milos:
So hat sich das für mich aber auch tatsächlich angefühlt.

Charles The Goat / Lars:
Das war halt für mich so ein Punkt, wo ich sage “Finde mal so einen zusammengewürfelten Haufen, der aus welchen Gründen auch immer, wie Arsch auf Eimer passt.“ Wir haben uns nicht gesucht, aber wir haben uns gefunden. Dazu kommt ja auch noch untereinander die Sympathie den anderen gegenüber. Das ist nicht selbstverständlich. Ich kenne das von anderen Projekten, wo es immer irgendwelche Punkte gab, wo man aneinandergeriet und irgendwann keinen Bock mehr drauf hatte.

Time For Metal / Norbert:
Charles The Coat
steht jetzt aber auch unter deutlich anderen Vorzeichen, da die Songs im Gegensatz zu einer normalen Band ja schon standen. Hier kommt das Personal zu den Songs, die live performt werden sollen im Gegensatz zu einer Band, die erst die Songs schreiben muss und damit etwas erreichen möchte. Ich denke, da gibt es auch eine ganz andere Motivation.

Charles The Goat / Lars:
Das heißt ja aber nicht, dass wir keine neuen Songs schreiben. Allerdings ist der Kern der Fundus an Aufnahmen, die wir schon haben. Diese liegen hier schon zum Teil seit 15 Jahren. Für das Haby Rockt! Konzert saßen Dennis und ich hier und haben die Songauswahl aus dem Fundus getroffen. Und bei wie viel sind wir gelandet? Nachher insgesamt?

Charles The Goat / Dennis:
42.

Charles The Goat / Lars:
Wir hatten uns ja gesagt, wir proben jetzt nur für diesen einen Auftritt beim Haby Rockt! Open Air, damit wir den richtig gut über die Bühne bringen. Danach können wir uns entspannt im Proberaum setzen, ein bisschen Songwriting machen oder generell mal gucken, was so geht. Womit keiner gerechnet hätte oder hat, ist, dass danach sofort noch zwei Konzerte hinzukamen. Einfach so. Wir haben noch bei dem Veranstalter Rollo vom Festival auf seinem Geburtstag bei einer Scheunenfete gespielt. An dieser Stelle sei Roland auch gegrüßt.

Charles The Goat / Dennis:
Genau ja. Der hat uns echt gut gepusht, das ist auch schon krass. Ich meine, wir waren dann plötzlich eine Band. Wir haben uns dieses Jahr im Januar offiziell gegründet, also ich nehme immer das Datum, an dem Milo mit dazugekommen ist. Das ist der 14.01.

Charles The Goat / Rico:
Dann als neue Band direkt auf so eine Open Air Bühne. Jeder von uns hat seine Bühnenerfahrung, aber Lars hatte 16 Jahre lang nicht auf einer Bühne gestanden. Wir wussten ja alle nicht, ob das überhaupt ankommt, ob die Leute nicht sagen „So ein Punkrock auf dem Metal Festival ist doch voll Mist.“  Doch die Leute haben das richtig abgefeiert.

Charles The Goat / Lars:
Es war unsere Feuertaufe als Band und für mich generell auch. Ich habe 16 Jahre lang nicht mehr auf der Bühne gestanden und meine Entjungferung als Frontmann war es auch. Damals spielte ich in einer Gothic-Metalband und war mit ihr sogar in Osteuropa auf Tour. Ich war nur, in Anführungsstrichen, Gitarrist, und habe meine Show gemacht mit meinen Bühnenklamotten und dem Kunstblut. Es war auf jeden Fall eine klasse Erfahrung. Dann hab ich mich aus der Band zurückgezogen und mich um das Studio kümmert und dann kam halt wieder so meine alte Leidenschaft, der Punk dazu. So ist es, dass ich stilistisch, glaube ich, recht flexibel bin.

Charles The Goat / Milos:
Ja, es sind schon viele Einflüsse auf jeden Fall da.

Charles The Goat / Rico:
Was uns natürlich auch noch übelst geholfen hat, ist das Studio hier. Wenn irgendetwas ist, schleppst du die Instrumente einfach hier runter, nimmst es auf und dann machst du das selber. Du musst nicht irgendwo hinfahren und du hast jemanden, der sich damit auskennt.

Charles The Goat / Lars:
Ja, das mit dem Studio ist ja über die Jahre gewachsen. Mit der Gothic Metal Band fing es an. Da hieß es, wir müssen eine CD aufnehmen für das Plattenlabel. Songs waren noch keine da, die schreiben wir jetzt. Da habe ich einen Kredit aufgenommen, Studio-Equipment gekauft, dass man das aufnehmen kann und damit dann angefangen. Nachher stand ich mehr hinter dem Regler als davor. Ich habe halt mit dem anderen Gitarristen von damals die komplette Platte einfach mal eben so aus dem Ärmel geschüttelt. Wir hatten nur drei Monate Zeit, sie rauszubringen. Dann kam die Trennung, weil jemand aus der Band sagte, ich solle mich mal ein bisschen mehr in die Band einbringen. So kam das mit der Studiotechnik. Dann wurde das halt immer größer und die Pulte wurden immer größer und ich habe mich halt lange, lange Zeit damit befasst. Wenn man selber Musiker ist und Songs schreibt und dann wieder zurück zu seinen Wurzeln aus der Jugendzeit möchte, dann spielt man halt und nimmt das einfach auf.

Charles The Goat / Milos:
Was ich vielleicht auch noch nebenbei sagen wollte, ist, als ich dann die ersten paar Male mit den Jungs geprobt habe, hatte ich natürlich immer das Zwischenmenschliche im Blick. Das war mir wichtig. Das merkte ich schon direkt nach der ersten, zweiten Probe, als man danach noch etwas rumgesessen hat. Es fühlte sich an, als kennt man sich schon jahrelang, irgendwie. Und jetzt muss ich ganz ehrlich sagen, ich habe meine Jungs ganz lieb, ja. Das fing mit Rico ja schon an. Da kennt man sich gute zehn Jahre, wohnt und arbeitet zusammen. Aber das Hauptding, zusammen mal Musik machen, das fand bis auf den einen Gig nie statt, obwohl man sogar Probenraumnachbar war. Da braucht es erst so einen Zufall, um auch musikalisch zueinanderzufinden.

Time For Metal / Norbert:
Rico
, wie hast du das empfunden?

Charles The Goat / Rico:
Ich hab ja Charles The Goat gleichzeitig mit den Pinpricks gehabt. Wir sind hier ja im gleichen Probenraum zu Hause. Nach meinem Ausstieg aus der Band war ich natürlich noch froh, ein weiteres Musikprojekt zu haben. Ich bin fast jeden Tag hier, denn Schlagzeug zu spielen und Musik zu machen ist mein Leben, ohne drehe ich durch. Mittlerweile kann ich auch ein bisschen Gitarre. Dazu reizte mich auch der Punkrock, den ich vorher noch nie so gemacht habe. Ich hatte maximal „Hau drauf Metal“ oder ein bisschen Hardrock.

Charles The Goat / Lars:
Ich muss aber sagen, dass du durch deinen Spielstil des „Hau drauf Metal“ die gesamten Songs eigentlich um hundert Prozent gesteigert hast. Das ist mein Empfinden, weil das, was du spielst, das kann ich nicht programmieren. Auf solche Ideen wäre ich nie gekommen. Aber das macht die Band dann ja auch aus. Jeder bringt eine andere Erfahrung und andere Eigenschaften mit in das Projekt und ergänzt sich hervorragend.

Charles The Goat / Milos:
Frag mal. Nach der dritten Probe oder so, da musste ich so lachen, weil Lars mal wieder spontan seinen Text geändert hat und ich meinen Part vergeigt hatte. Es ist halt eben so extrem witzig. Rico ist auf jeden Fall das Fundament der Songs. Nachher kommen die Verfeinerungsarbeiten. Die kommen von Lars und dann von mir. Zwei Wochen vor dem Auftritt, wo die Aufregung sowieso schon stieg, kam die Frage von Lars nach dem Entertainment. Ich sagte ihm nur, er soll den gleichen witzigen Blödsinn wie hier reden, das wollen die Leute hören. Sei einfach du selbst und denk einfach nicht nach. Wir haben Narrenfreiheit, wir können durchdrehen, wir können Scheiße sein. Habe ihm gesagt, hau einfach raus, was du raushauen möchtest. Die Show kam dann ja auch bombig an.

Charles The Goat / Dennis:
Ich hab das auch noch nie erlebt, dass ich auf der Bühne so viel Spaß hatte. Teilweise musste ich mich kaputt lachen. Wo erlebt man so was?

Charles The Goat / Milos:
Wir erleben halt einfach gerade so eine super spannende Zeit, mit der wir so nicht gerechnet hatten.

Charles The Goat / Rico:
Alles kann, nix muss. Mal sehen, was weiter passiert. Direkt beim dritten Auftritt in der Schaubude konnten die Leute in der 1. Reihe sogar schon die Texte mitsingen. Das Album ist noch nicht mal draußen, woher wisst ihr, wie der Text geht? Das waren alles Leute, die uns auf dem Festival gesehen haben und extra dafür nach Kiel gekommen sind, um uns zu sehen.

Time For Metal / Norbert:
Ich war ja in Haby leider nicht dabei. Wie lange habt ihr dort gespielt? Wie viele Songs waren auf der Setliste?

Charles The Goat / Rico:
Schluss war da nach 12 Songs. 45 Minuten etwa. Bei Rollos Geburtstag waren es schon 14 Songs. Von manchen Liedern gibt es denn auch mal eine Extended Version.

Charles The Goat / Milos:
Einfach Spaß haben bei den einzelnen Songs. Trotzdem nicht unvorbereitet, sonst gehören sie für mich nicht in das Set. Es war eine Geburtstagsparty, es war witzig, wie jeder Auftritt, den wir bis jetzt hatten. Wir hatten immer eine Menge Spaß und es fühlt sich auf jeden Fall einfach danach an, dass das alles nur noch Tendenz steigend, immer lustiger und lustiger und lustiger wird.

Charles The Goat / Lars:
Der kommende Auftritt in der Kieler Medusa wird auch per Livestream auf YouTube übertragen. Schon im Lockdown wurden diese Livestreams angeboten und durch Fördermittel finanziert. Das Video bleibt auch bis auf Weiteres auf YouTube abrufbar. Für die, die es interessiert.

Charles The Goat / Milos:
Dafür, dass wir einfach nur ein bisschen Musik machen wollten, haben wir auf einmal schon eine Menge erreicht. Als wir anfingen, wussten wir nicht, wie sich das entwickeln wird, ob es den Leuten überhaupt gefällt. Nun plötzlich wurden wir im Radio gespielt, haben Festival- und Livegigs. Sie haben gemerkt, das ist nicht stumpfer Punk oder so.

Time For Metal / Norbert:
Punk ist ja nicht gleich Punk. Da sind schon riesige musikalische Unterschiede vorhanden.

Charles The Goat / Milos:
Aber die Leute, die haben dann auch immer ein gewisses Bild davon. Vergleichen wahrscheinlich die Sex Pistols oder vielleicht Die Ärzte oder die Ramones mit uns. Weil sie auch gar nichts anderes kennen. Aber wir hatten halt trotzdem im Nachgang echt niemals erwartet, dass die Leute die Mucke so hart abfeiern. Ich meine, wir bieten auch Show ganz schön zum Tanzen. Wir heizen schon echt ordentlich auf, finde ich. Wir wollen einfach feiern und das Publikum einfach damit anstecken. Das hat bisher echt gut funktioniert und deswegen sollten wir da auch großartig gar nicht nachdenken, etwas anderes zu tun. In der Schaubude kam so ein breitschultriger volltätowierter Metaltyp auf mich zu und sagte „Ich steh ja nicht auf Punk, aber das, was ihr macht, ist geil“.

Charles The Goat / Lars:
Wir sind nicht die Onkelz, wir sind auch nicht Die Ärzte oder Die Toten Hosen. Ich glaube, wir haben irgendwo eine Nische getroffen. Für mich bedeutet Punk zu spielen, das zu machen, worauf man Bock hat. Dann klingt ein Song halt mal nicht nur nach drei Akkorde, sondern nach Angst oder Mein Name, Dein Fleisch. Dazu kommt dann immer noch Rico als Maschine.

Time For Metal / Norbert:
Rico
ist aber auch ein Wahnsinniger an den Drums. Ich kann mich an das CrowWood Bash in Felde erinnern, wo er bei den Pinpricks schon 250 bpm hingelegt hat. Wenn du Lust drauf hast, dann haust du auch gerne mal ein wenig mehr drauf.

Charles The Goat / Milos:
Unter 200 bpm geht scheinbar bei ihm nichts.

Charles The Goat / Rico:
Ich meine, Bierdosenliebe ist im Studio auf 250 bpm eingespielt.

Charles The Goat / Lars:
Was bpm angeht, bin ich Speedfreak. Da kommen dann stilistisch ganz andere Richtungen zustande. Dann kommt halt auch mal Metal dabei heraus. Textlich werden die Themen einfach so genommen, wie sie sind. Ohne darüber nachzudenken. Bei mir ist das allerdings etwas speziell, denn ich habe immer erst die Musik, und dann kommt der Text dazu.

Charles The Goat / Rico:
Auch wenn es dann, wie du geschrieben hast, manchmal widersprüchlich wird. Auf Deutsch kann man dann die Texte „Frei Schnauze“ darauflegen. Das geht zum Beispiel im Englischen nicht. Auf Englisch kannst du immer mystisch umschreiben oder so, aber auf Deutsch, da musst du dir halt schon Gedanken machen, was du da für ein Wort willst.

Time For Metal / Norbert:
Besonders ausdrucksstark ist da natürlich auch der Song Angst. Angst ist ja ein Schlagwort zurzeit und die Rechtsextremen bauen gerade auf der Angst auf.

Time For Metal / Norbert:
Ich hatte vorher noch nie eine Platte rezensiert, auf der sich die Band im ersten Song selbst vorstellt, das fand ich richtig gut. Das hat Spaß gemacht.

Charles The Goat / Lars:
Ja, der Song Charles The Goat ist eigentlich auch so ein Fun Ding. Genau wie Dosenbierliebe. Das kommt doch richtig richtig gut, das macht nicht jeder. Ähnliches haben wir auf dem Geburtstag über den Festivalauftritt gehört. Die Leute hatten zwischen dem Metal und der Rammstein-Coverband keine Punktruppe erwartet und waren sofort angefixt. Roland sagte uns dann auch, wir waren die Überraschung des Abends. Dazu gehörte natürlich auch das für diesen Auftritt extra angefertigte Dosenbier mit unserem Logo. Es war eigentlich unser einziger Merch, wir haben drei Paletten davon an die Menge verteilt. Die haben sich aufgeführt wie Piranhas, die waren in gefühlten zwei Minuten vergriffen.

Charles The Goat / Lars:
Wobei dieser Text eigentlich nichts damit zu tun hat. Dieser Text ist aus zwei Sichten geschrieben. Die erste Strophe ist aus meiner Sicht die Sterbebegleitung meines Vaters und die zweite Strophe ist aus der Sicht meines Vaters. Aber du hörst ja erst mal nur den Titel Angst, wirst sofort kanalisiert und dann kommt der Song und der ist ganz anders.

Charles The Goat / Rico:
Mit Ich Werde Mich Ändern haben wir ja auch einen Coversong auf dem Album. Die Originalband ist die ehemalige Düsseldorfer Band 4 Promille.

Charles The Goat / Lars:
Ja, den hatte ich auch mal in einem eigenen Stil mit Drumcomputer gemacht. Als wir hier saßen, hatten wir darauf auch richtig Bock und haben die Band angeschrieben, wer Rechteinhaber ist, da wir den in das Set und mit auf das Album aufnehmen möchten. Die schrieben nur zurück, „Alles kein Problem, lasst mal hören, wie ihr den gemacht habt!“ Das war wohl scheinbar nicht ganz so schlecht, denn wir bekamen die Freigabe und dürfen den nun offiziell spielen.

Time For Metal / Norbert:
Ich hatte schon gefragt, wie es mit physikalischen Datenträgern aussieht. Ich vermutete, dass es ein finanzielles Problem ist.

Charles The Goat / Rico:
So ist es. Alles, was in der Bandkasse ist, ist das Leergut aus dem Probenraum. Zwei der bisherigen Gagen haben wir für wohltätige Zwecke gespendet. Grob geschätzt 600 Euro müssten wir schon in Vorleistung bringen, um die CD in kleiner Stückzahl in einem einfachen Digipack ohne Booklet herstellen zu lassen. Ich möchte das Ding schon gerne physikalisch im Regal stehen haben.

Time For Metal / Norbert:
Schon einmal über Crowdfunding nachgedacht? Da gibt es ja diverse Möglichkeiten und Plattformen.

Charles The Goat / Dennis:
Bisher noch nicht. Das könnte eine Lösung sein. Da müssen wir mal in Ruhe drüber nachdenken.

Time For Metal / Norbert:
Milo, wie weit ist denn jetzt eigentlich das Video zu Angst, weswegen du eigentlich hierhergekommen bist?

Charles The Goat / Milos:
Da die Auftritte und die Proben Vorrang hatten, ist die Bearbeitung etwas ins Stocken geraten. Ich bin derzeit beim Final Cut. Einen Zeitplan zur Veröffentlichung haben wir aber derzeit noch nicht.

Time For Metal / Norbert:
Dann bedanke ich mich jetzt für die Zeit und die Infos, die ich von euch bekommen habe und sehe euch dann demnächst live auf irgendeiner Bühne!