Event: Deep Purple, Unleashed In Europe Tour 2023
Bands: Mother’s Cake, Deep Purple
Ort: Hamburger Stadtpark Open Air
Datum: 19.07.2023
Kosten: 81,40 € VVK – 85 € AK
Zuschauer: ca. 4000, ausverkauft
Genre: Hard Rock, Classic Rock
Link: https://deeppurple.com/
Setlisten:
Mother’s Cake
- The Beetle
- Crystals In The Sky
- I’m Your President
- The Sun
- The Operator
- Lonely Rider
- Runaway
- Toxic Brother
Deep Purple
- Highway Star
- Pictures Of Home
- No Need To Shout
- Into The Fire
- Guitar Solo
- Uncommon Man
- Lazy
- When A Blind Man Cries
- Anya
- Key Solo
- Perfect Strangers
- Space Truckin‘
- Smoke On The Water
Zugabe:
- Hush (Joe South Cover)
- Bass Solo
- Black Night
Nachdem Deep Purple bereits letztes Jahr auf ihrer The Long Goodbye Tour hier in Hamburg gastiert hatten, kommen sie nun noch mal. Letztes Jahr habe ich sie, zumindest im Stadtpark, verpasst, aber dieses Jahr darf ich sie noch mal sehen. Man muss das ja mitnehmen, denn mit ihren über siebzig Jahren ist ein Ende absehbar. Davon merkt man heute aber nichts. Bedingt durch den immensen Zulauf parken wir etwas weiter weg und auf dem Weg zum Einlass sehen wir viele Menschen, die es sich auf Decken, mit Tischen und Stühlen, Essen und Trinken vor dem Eingang bequem gemacht haben. Da das Konzert ausverkauft ist, kann hier zumindest der Musik gelauscht werden. In den Siebzigern hatten Deep Purple noch den Ruf, die lauteste Band der Welt zu sein, und das soll wohl gute 50 Jahre später getestet werden. Der Zugang erfolgt problemlos und ich bekomme meinen Fotopass. Der für 19:00 Uhr angekündigte Beginn der Vorband wurde vorverlegt und so erscheinen zunächst Mother’s Cake aus Österreich, die den Job als Opener bekommen haben. Progressive Rock steht auf dem Programm und die Herren geben sich auch ordentlich Mühe. Nicht immer ganz einfach, denn den meisten steht der Sinn nach Deep Purple. Demzufolge sind alle Essens- und Getränkestände sehr gut besucht und die Musik nimmt man so nebenbei zur Kenntnis. Ab und an vermutet man noch eine weibliche Stimme zu vernehmen, aber das ist Sänger Yves Krismmer, der mehrere Tonlagen abdeckt. Ansonsten sind die Jungs bemüht, Stimmung zu machen, was, wie gesagt, nicht immer leicht ist.
Deep Purple fangen dann um 20:00 Uhr an und gleich der Opener Highway Star wird bejubelt. Neuzugang Simon McBride bekommt Raum und spielt die schnellen Töne problemlos. Als Ian Gillan, immerhin schon 77, mit gelbem Hemd, blauer Hose und merklich ergraut, auf die Bühne kommt, brandet nochmals lauter Jubel aus. Seine Stimme, noch immer markant und mit Wiedererkennungswert, vor allem für die überwiegend Älteren, beherrscht den Track souverän. Nicht mehr ganz so agil wie vor einigen Jahren, merkt man ihm aber den Spaß am Singen an. Glover gewohnt lässig mit Bandana am pumpenden Bass und Ian Paice, einer der versiertesten Drummer überhaupt, liefern den treibenden Rhythmus. Hinter seiner Hammondorgel steht Don Airey und steuert den notwendigen typischen Orgelsound bei. Das alles zusammen macht eben diese Deep Purple aus, die sich seit über 50 Jahren treu geblieben sind. Kein Line-Up-Wechsel hat die Band zerstört. Sie ist in den Jahren zwar anders geworden, aber die Zutaten sind noch die gleichen wie von vor einem halben Jahrhundert. Ebenfalls typisch sind die sich in den Lautsprechertürmen drehenden Ventilatorenschaufeln, die ebenfalls noch typische Soundmerkmale dazusteuern. Das Wetter spielt mit und so folgt nach dem schnellen ersten Song mit Pictrures Of Home eines meiner Lieblingsstücke der Band. Das ist ein Auftakt nach Maß und so darf es weitergehen. No Need To Shout ist ein neueres Stück vom 2020er-Album Whoosh!, dem bereits 21. Output der Briten. Es passt zwar zum Set, sticht aber durch die moderne Spielweise von den eher raueren 70er-Jahre-Stücken heraus. Es sind auch eben die älteren Stücke, die hier gehört werden wollen. Die Masse der Zuschauer ist in einem ähnlichen Alter wie die Musiker, aber auch einige Jüngere haben den Weg hergefunden. Eindeutig eine Bereicherung stellt Simon McBride dar. Steve Morse ist ohne Zweifel ein guter Gitarrist, aber McBride ist noch einen Tick besser. Das wirkt sich auf die Musik aus, sie ist etwas rockiger. Into The Fire von In Rock inklusive Gitarrensolo, schließt sich an. Und das Solo hat es schon in sich. Die Zeit, in der Simon auf seiner Klampfe kniedelt nutzt Ian Gillan, um hinter der Bühne zu verschwinden. Ab und an steht er zwischen Paice und Airey und lässt die vorne mal machen. Schade, dass es so voll ist, man kommt kaum in den Innenbereich, um die Musiker zu sehen. Trotzdem ist die Musik immer wieder ein Genuss. Nun bin ich auch schon über 20 Mal bei einem Purple Konzert gewesen und weiß so in etwa, was kommt. Zunächst Uncommon Man und direkt im Anschluss folgen dann die ersten Takte von Lazy, die auch stürmisch beklatscht werden. Und mal wieder verschwindet Gillan im Hintergrund und überlässt die Bühne den Instrumentalisten, diesmal Don Airey. Ich schieb das einfach mal aufs Alter. Was auffällt, ist die Freude, wenn Ian Gillan ins Publikum blick und er bedankt sich auch oftmals für das Hiersein in gutem Deutsch. Nach Lazy kommt When A Blind Man Cries. Dieser Song hatte es nicht auf die Machine Head Platte geschafft. Er wurde damals nur auf einer B-Seite einer Single veröffentlicht. Erst mit der Deluxe Version wurde er dann dazugepackt. Diese Ballade kommt gut an und auch stimmlich ist alles wunderbar. Auffällig ist, dass die meisten hier der Musik lauschen und nur wenige Handys zu sehen sind. Das erlebt man auf anderen Konzerten ganz anders. Dann kommt Don Aireys große Stunde. In einem Medley wird Hamburg mit Auf Der Reeperbahn Nachts Um Halb Eins (von Hans Albers) geehrt, auch die Nationalhymne und der Flohwalzer kommen dran. Daraus entwickelt sich das Intro zu Perfect Strangers und auch hier wird lautstark geklatscht.
Von Machine Head stammt dann auch noch Space Truckin‘, der ja in den Siebzigern gern für ausufernde Improvisationen genutzt wurde. Heute ist das nicht mehr so modern. Trotzdem büßt der Track nichts von seiner Intensität ein. Dann gibt’s eine Ansage zum zunächst letzten und wohl bekanntesten Song von Deep Purple. Die dazugehörige Geschichte wird mit angerissen und dann geht es los.“We All Came Down To Montreux On The Lake Geneva Shoreline To Make Recors With A Mobile…“ Geschichte. Smoke On The Water wird angespielt und mit dem ach so bekanntem Riff startet tosender Applaus und begleitet die markanten Töne, die jeder Gitarrenschüler als Erstes lernt. Da kann jeder mitsingen und so klingt das Smoke On The Water durch den Stadtpark, während Hunderte von Luftgitarren im Einsatz sind und die vorhandenen und nicht vorhandenen Haare geschüttelt werden. „I Can’t Hear You“ wird vom inzwischen sonnenbebrillten Ian Gillan gerufen und das Publikum legt noch ’ne Schippe darauf. Dann verabschieden sich die Fünf nach gut 70 Minuten Spielzeit. Noch länger halten es die gut 4000 aus, die noch immer Smoke On The Water singen.
Die Band lässt sich nicht lange bitten und natürlich gibt’s noch eine Zugabe. Wie immer eigentlich darf der Joe South Klassiker Hush nicht fehlen. Das ist der einzige Song, der aus der Mark I Ära noch gespielt wird, und immer gut ankommt. Auch hier darf das Publikum den Refrain ordentlich mitsingen. Roger Glover zeigt vor Black Night, dem endgültig letzten Song, was er am Bass kann und dann ist das heute schon wieder Geschichte. Schön war es und ein wenig Wehmut ist schon dabei. So langsam denke ich, das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Aber wer weiß, noch sind sie unterwegs. Auf dem Rückweg kommen wir noch bei einem Straßenmusiker vorbei, der alte Songs der Eagles und sonstiger siebziger Jahre Bands mit Gitarre und Stimme performt. Um ihn hat sich ein großer Kreis von Menschen gebildet, die ihm lauschen, beklatschen und die auf einer kleinen Leinwand eingeblendeten Texte mitsingen. Nett. Dann geht’s in Richtung Heimat.