Enslaved – E

“Ein Weg in die progressiven Tiefen ohne kompletten Gesichtsverlust!“

Artist: Enslaved

Herkunft: Norwegen

Album: E

Spiellänge: 49:51 Minuten

Genre: Extreme Metal, Progressive Viking Metal

Release: 13.10.2017

Label: Nuclear Blast

Link: http://enslaved.no/

Bandmitglieder:

Gesang, Bass – Grutle Kjellson
Gitarre, Keyboard – Ivar Bjørnson
Gitarre – Arve Isdal
Schlagzeug – Cato Bekkevold

Tracklist:

  1. Storm Son
  2. The River’s Mouth
  3. Sacred Horse
  4. Axis Of The Worlds
  5. Feathers Of Eolh
  6. Hiindsiight

E – was so simpel klingt, ist in der Umsetzung der Norweger Enslaved. Das komplexeste Werk ihrer Karriere und das bei Studioalbum Nummer vierzehn. Der Weg von In Times aus dem Jahre 2015 wird noch zügiger fortgesetzt. Das Black Metal-Gerüst muss weiter den progressiven Atmosphären weichen, ohne ganz aus dem Konzept der Skandinavier zu verschwinden. Keyboarder und Clean-Sänger Herbrand Larsen gerät viel zu schnell in Vergessenheit. Die Gruppe hat schnell weiter umstrukturiert und vielleicht auch gerade deshalb den neuen Weg genommen ohne zurückzublicken. In fünfzig Minuten unberechenbar irgendwo zwischen Extreme Metal und Progressive Viking Metal hängen geblieben, kreieren Grutle Kjellson und seine Männer einen markanten Sound, der warm und schroff zugleich ins Ohr geht.

Das über Nuclear Blast ins Rennen geschickte düstere Werk beginnt mit einem Intro, welches gar keins ist. Zwar wird der Hörer langsam in E eingeführt, dennoch steht an Position eins kein Intro, sondern eine Komposition, die über zehn Minuten andauert und wie die raue See ganz schnell ihr Gesicht ändern kann. Synthesizer-Passagen erinnern an Space Rock Formationen wie AtomA, auf der anderen Seite warten Legenden wie Bathory, die bei Enslaved noch nie zu kurz gekommen sind. Die harten Growls machen E zu einem bombastischen Album mit einer großen Vielfalt, wo es immer wieder was Neues zu entdecken gilt. Musikalisch darf man Satyricon und eben Enslaved nicht vergleichen, aber der Weg ist fast derselbe. In der Vergangenheit stehen Black Metal Kracher, wo heute ganz andere Strukturen künstlerischen Ausdruck verleihen. Wo damals platt drauflos gehauen wurde, arbeiten hier beide Gruppen mit viel Spielwitz und Intelligenz. Ist der gute alte Black Metal zu anspruchslos? Das dürfte die einzige Frage im Raum bleiben, die E wohl nicht klären kann. Ganz so hart darf man es nicht sehen – schließlich zementieren Belphegor, Watain oder Marduk weiterhin wie ein Uhrwerk ihre satanischen Riffs. Um nicht weiter vom Thema abzukommen, zurück zum Opener Storm Son, der das aufzeigt, wofür die Norweger im Jahr 2017 stehen. Geschickt werden viele verchiedene Passagen verbunden. Eine kleine Geschichte verschmilzt, ohne krampfhaft zu versuchen, genau das Ergebnis zu erhalten, was wir jedoch ungezwungen erleben dürfen. Das Zauberwort lautet treiben lassen. Und so wie nie zuvor lässt das Quartett die Gedanken laufen. Da kann man nur hoffen, dass für Storm Son live auch mal Platz ist. Für Festivals jedenfalls völlig untauglich, wenn man nicht gleich extrem viel Spielzeit mit einer Hymne besetzen möchte. Roher The River´s Mouth aber kommt trotzdem nicht an Building With Fire oder Rain heran von In Times. Die oft verfluchten Clean Parts werden eben gerade durch die gekeiften Lyrics vergoldet. Wie mein Kollege gerne sagt: Qualität setzt sich nun mal durch. Das ist ein Argument für E, das nur so von der angesprochenen Qualität strotzt. Dass Fans der ersten Stunde das anders sehen werden, beweist nur, dass sie eben nicht die Entwicklung genommen haben wie Grutle Kjellson, Ivar Bjørnson, Arve Isdal und Cato Bekkevold – ohne auch nur einer Seite Vorwürfe zu machen. Bands, die grundsätzlich versuchen den Anhängern alles recht zu machen, landen nicht selten in einer kreativen Sackgasse und erzeugen zwar den Sound, den man haben möchte, bleiben jedoch auf einem schmalen Grad gefesselt. Das kann hier nicht passieren. Bereits die einzelnen Stücke weisen größere Unterschiede zueinander auf, als es alle Sodom Alben im Vergleich tun würden (nichts gegen Sodom). Sacred Horse trabt mit gesenktem Kopf über die nordischen kargen Weiden, verbreitet progressive Emotionen, lässt düstere Gedanken zu, um wilde Keyboardaktionen zu zelebrieren. Gesanglich bärenstark, emotional geladen kann man die Augen schließen und wird von Enslaved durch die kalte Herbstlandschaft Norwegens geführt. Der Morgentau liegt schwer auf der Fauna, bis schwere Stiefel unsanft Abdrücke in den Untergrund drücken. Weniger schwermütig mit mehr Power versehen, kann man hier ungezwungen das Haupthaar in Stellung bringen und im Takt von Cato Bekkevold fliegen lassen. Vor zwei Jahren von In Times total begeistert, erfüllen die beiden letzten Stücke Feathers Of Eolh und Hiindsiight, wie vorher schon die anderen vier Titel, die hohen Erwartungen ohne Probleme. Ich bin gespannt was als nächstes aus dem Hause Enslaved auf uns zukommt!

 

Fazit: Viel sagen brauche ich eigentlich nicht mehr. Ein verdammt cooles, vielschichtiges Album, welches von Enslaved mit dem Titel E viel zu schlicht bzw. unscheinbar gestaltet wurde. Viele Musikfreunde dürften die sechs Hymnen in Handumdrehen sehr glücklich machen. Hört also selber rein und lasst euch begeistern.

Anspieltipps: Storm Son, The River's Mouth und Axis Of The Worlds
Rene W.
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