Hell Boulevard – Inferno

“Goth’n’Roll kommt aus der Schweiz!“

Artist: Hell Boulevard

Herkunft: Zürich, Schweiz

Album: Inferno

Spiellänge: 58:06 Minuten

Genre: Goth’n’Roll

Release: 28.09.2016

Label: Broken Silence, Thexoomo

Link: https://www.facebook.com/hellboulevard/

Bandmitglieder:

Gesang, Keyboards und Gitarre – vDiva (Matteo Fabbiani)
Gitarre – Von Marengo
Bassgitarre und Gitarre – Dee Dammers
Schlagzeug – A.Vee (Avinash Moser)

Tracklist:

  1. Love Is Dead
  2. A Lesson In Pain
  3. On The Other Side Of Life
  4. A Beautiful Ending
  5. All I’ve Lost
  6. Living Dead Lover
  7. Inferno
  8. This Is Me
  9. Freak Parade, feat. Chris Harms
  10. Wo Love To Hate
  11. Bad Boys Like Me
  12. Is It The End?
  13. Yet I’m Here Without You
  14. Nothing From You
  15. Hangover From Hell 2016

Diese Band habe ich eher zufällig entdeckt. Sie spielte als Support von Unzucht in Kiel. Dabei machte sie ihre Sache so gut, dass ich mir deren Debüt Inferno noch vor Ort zulegte. Da die Musik mir schon live zugesagt hat, bespreche ich mal deren CD. So bekannt sind die Vier noch nicht und somit gibt es im Netz auch noch nicht so viele Infos. Aber der Frontmann Matteo Fabbiani, Künstlername vDiva, ist kein unbekannter. Er war bis 2013 Frontmann von Lost Area und hat mit Hell Boulevard ein neues Projekt aus der Taufe gehoben, in dem das kreative Multitalent sich nun verwirklichen möchte.

Da ich die Band beim Konzert das erste Mal gehört hatte, war ich gänzlich unvoreingenommen. Die Musik sprach mich aber sofort an. Sänger vDiva, lieferte eine gute Show und konnte auch gesanglich überzeugen. Im Laufe des Gigs kamen bei mir Assoziationen zu etwas Bekanntem auf. Mit wem verbinde ich da etwas? Klar, Chris Harms von Lord Of The Lost. Genau daran erinnert mich das Eine oder Andere, ohne jedoch als Plagiat zu gelten. Die Eigenständigkeit bleibt bei Hell Boulevard immer erhalten. So war ich auch nur mäßig überrascht, als bei meinen Recherchen Chris Harms und Benjamin Lawrenz beim Mastering auftauchten.

Die vorliegende CD hat sage und schreiben 15 Songs zu bieten und das ist für ein Debüt schon ´ne Hausnummer. Nach vDivas Aussage war keiner dabei, der es nicht auf die Platte verdient hätte. Alle Tracks hat Matteo Fabbiani geschrieben und arrangiert. Seine Begleitmusiker wurden zwar involviert aber es ist Matteos Material. Schon beim Opener Love Is Dead zeigt sich die Stärke. Geiler Gesang, gute Melodie, Klänge, die an ein Orchester erinnern, das sind eindeutige Ohrwurmqualitäten. Überzeugend auch Schlagzeuger A.Vee mit einem kräftigen Wumms im Arm. In A Lessson In Pain kommt bereits das Harmsche Mastering zum Tragen. Wenn ich die ersten Takte höre, sehe ich LOTL vor mir. Aber es ist so viel Eigenständigkeit in dem Track, dass es nicht abgekupfert wirkt. Große Melodie, rauchige Stimme, dazu leichte klassische Einlagen. Einer meiner Favoriten. Weiter geht es mit On The Other Side Of Life, einem schnelleren Stück. Auch hier wieder der orchestral klingende, sinnvolle Einsatz des Synthies, der auch mal mit Elektroklängen aufwartet. Nach A Beautiful Ending kommt der mit 5:34 Minuten längste Song. Fast schon einer Goth Oper gleich, schleicht sich All I’ve Lost in die Gehörgänge. vDivas Stimme klingt tief, dunkel, geheimnisvoll, und harmoniert gekonnt mit den Gitarrenklängen von Dee Dammers. So passt das Stück wie Faust aufs Auge zu Trennungsschmerz und Leid einer zerbrochenen Beziehung.

Living Dead Lover geht da wieder härter zur Sache.Im Hintergrund ist Claudio Ravinale von Disarmonia Mundi zu hören. Fast könnte man meinen, der Schlagzeuger hat bei diesem Stück frei. Inferno schließt sich an. Das der Platte den Namen gebende Stück hat alles, was einen guten Song ausmacht. Dynamik, metallische Klänge, Abwechslung, Melodie, und etwas Infernalisches sind die Inhaltsstoffe für diesen Klangcocktail. Weiter geht’s mit einer Ballade. Matteos Stimme klingt bei This Is Me wie das Leid Christi. Leichte Streicher, verhaltene Drums. Das Stück ist nur auf den Gesang fokussiert. Sehr schön gefühlvoll. So bleibt es aber nicht – schon beim nächsten Track wird’s durch die treibenden Gitarrenklänge und den Synthieeinsatz härter. Allerdings ist das Stück nicht ganz überzeugend, aber einen Ausreißer darf es geben. Bei Freak Parade kommt dann auch Chris Harms stimmlich zum Einsatz. Der Track lädt direkt zum Headbangen ein. Auch textlich hier etwas Anderes. Es geht mal nicht um die verzwickten Dinge rund um die Liebe. Wer sich davon überzeugen möchte, findet alle Songtexte im Booklet. Bad Boys Like Me, der nächste Kracher, hat schon live durch sein Mitsingpotenzial voll überzeugt. Is This The End ist nicht Programm, also nicht das Ende der Scheibe. Er beginnt mit einem gruseligen Orgelintro, entwickelt sich aber zu einem guten Rocksong. Schnelle Drums und Gitarren geben dem Lied viel Dynamik. Es wird wieder ruhiger. Yet I’m Here Without You erzählt von verlorener Liebe, Trennung und Schmerz. Es ist schön traurig und herzerweichend, hervorgerufen durch den packenden Gesang und das überzeugende Solo von Dee Dammers, die Hamburger können eben Gitarre spielen.

Nothing From You ist das vorletzte Stück. Etwas alternativ angehaucht, ist es wieder ein Beweis für den vorherrschenden Goth’n’Roll und vDivas gute Stimme. Nun ist er da, der letzte Track. Mit Hangover From Hell ist das Ende des Silberlings erreicht. Da ein Hangover auch ein Kater sein kann, könnte es als Metapher für genug von Hell (Boulevard) gelten. Dem ist aber nicht so, es könnten gerne weitere Stücke folgen. Aber das rockige Outro ist ein guter und würdiger Abschluss. Für Neugierige gibt’s schon mal was zum Antesten.

Fazit: Eine durchweg gute Scheibe, die hier abgeliefert wird. Ruhige balladeske Tracks mischen sich mit rockig, gothisch angehauchtem Liedgut. Diese Mischung macht auch den Reiz der vorliegenden Platte aus. Dazu gesellen sich eine gute Instrumentalisierung, eine klasse Stimme und gut gemachte Songs. Da darf man sehr gespannt auf nachfolgende Veröffentlichungen sein. Hier ist kaum etwas auszusetzen. Der Harmsche Einfluss tut gut, lässt aber die Eigenständigkeit zu. Zum Glück durfte ich die Band kennenlernen und bin dadurch an dieses Werk gekommen. Durchweg empfehlenswert und für Fans von Goth’n’Roll ein Muss.

Anspieltipps: Love Is Dead, All I’ve Lost, Freak Parade
kay l.
9.5
9.5