Incertain – Rats In Palaces

„Starke Platte der Ratten Jäger“

Artist: Incertain

Herkunft: Andernach, Deutschland

Album: Rats In Palaces

Genre: Thrash Metal, Death Metal

Spiellänge: 46:37 Minuten

Release: 22.09.2017

Label: Pride & Joy Music

Link: https://www.facebook.com/Incertain

Bandmitglieder:

Gesang – Liane Walter
Gitarre – Sven Müller
Gitarre – Phil Unger
Bassgitarre – Janis Wilkes
Schlagzeug – Luis Strietholt

Tracklist:

  1. Bring Back The Anarchy
  2. Mankind’s Grave
  3. Amok
  4. Rats In Palaces
  5. Crusader
  6. Rage & Greed
  7. Immortality
  8. Social Lies
  9. Mask
  10. Pain Diet

Da kommt ein neuer Death / Thrash Metal Klon vehement auf uns zu. Incertain aus Andernach haben mit ihrem Album Rats In Palaces alles in die Waagschale gelegt. Incertain ist eine junge sympathische Female fronted Thrash Death Metal Band, die sich anschickt, einen würdigen Platz im Genre zu finden. Alte Platzhirsche in der Szene sollten sich warm anziehen, denn Incertain beweisen mit ihrem ersten Album schon jetzt, dass sie mehr als ernst zu nehmendes Jungwild sind.
Die Wurzeln der Band finden sich im Speed und Thrash Metal (Overkill, Exodus, Testament), sie sehen sich aber auch von wichtigen Vertretern des Death Metal (Vader) oder moderneren Acts, wie Lamb Of God beeinflusst. Gerade in Liane Walter’s Growling zeigt sich der Einfluss des Death Metal. Ich konnte die Band bereits bei einigen Livekonzerten erleben, unter anderem als Vorband des Thrash Metal Urgesteins Tankard im JUZ Andernach, wo sie mich mächtig beeindruckt haben. Vor Kurzem durfte ich mit der Band ein Interview anlässlich des Release des Albums führen, bis dahin war erst der Song Amok vom Album über YouTube als Video veröffentlicht.
Jetzt habe ich das komplette Album in der Hand und bin mächtig begeistert. Hatte ich vorher im Gespräch mit der Band noch Befürchtungen geäußert, dass das Album vielleicht im Gegensatz zu den Liveauftritten weichgespült sein könnte, so muss ich jetzt nach mehrmaligem Anhören sagen: Das Album klingt ungestüm, roh und brutal. Also alles richtig gemacht. So will ich Incertain hören. Für das tolle Cover des Albums konnte die Band Costin Chioreanu (Twilight Media) gewinnen. Dieser zeichnete sich bereits mit Artworks für Arch Enemy, Grave, Vader, Entombed und andere aus. Das Cover ist ein echter Hingucker.
Rats In Palaces wurde in fast einjähriger Arbeit bei Michael „Freio“ Haas (Sober Truth, Sic Zone, Erzfeind …) im Big Easy Studio in Hennef aufgenommen und gemischt. Das Mastering erfolgte von Aljoscha Sieg (Eskimo Callboy, August Burns Red, Vitja) in den Pitchblack Studios. Zehn heiße Songratten haben es auf das Album geschafft. Die Songs beinhalten sozial- und gesellschaftskritische Themen. Aber auch zwischenmenschliche und psychische Themenstellungen. Mit dem Opener Bring Me Back The Anarchy gibt es direkt einen auf die Nuss. Maschinengewehrgitarren und der brachiale deathlastige Gesang von Liane hauen einem Anarchy brutal um die Ohren. Beim zweiten Song Mankind‘s Grave schaufeln schnelle thrashtypische Gitarrenläufe das Grab, veredelt mit tollen Soli und eben auch wieder den Growls von Liane. Das Schlagzeug von Luis gibt sein übriges dazu. Absolut geiler Song. Der Track Amok beginnt mit einem Intro, welches leicht schmeichelt und sehr harmonisch klingt. Diese Harmonie wird aber gleich mit harten Gitarren und Schlagzeuggeknüppel weggefegt. Der Hit wurde vorab bereits als Video auf YouTube veröffentlicht. Hier geht es um eine Tragödie / Kollaps einer Person aus dem Umfeld der Band. Seht euch das Video auf YouTube an. Dies ist selbsterklärend und voller Metaphern. Der Titelsong Rats In Places kritisiert die Industrielenker in weißen Hemden in den Geschäftsetagen. Diese werden in den Gitarrensoli regelrecht an die Wand gespielt. Den Rest erhalten sie praktisch mit der Stimme der Frontfrau, die sie regelrecht zerquetscht. In Crusader bekommen es die Kreuzritter und andere Glaubenskrieger mit Incertain zu tun und müssen sich einem wilden Thrashgeballer stellen. Rage & Greed ist eine Art düstere Parabel, ähnlich dem „Erlkönig“. Sie handelt von einer Person, die hilflos einem bestialischen, verwahrlosten Mann ausgeliefert ist: „This one man is a beast, with endless rage and greed“. Ein langes Intro zu einer Thrashballade, bei der Stimme sträuben sich einem die Nackenhaare, frei nach dem Erlkönig „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“ Ein schönes Gitarrensolo lässt uns den Ritt erahnen. Aber keine Chance, die Sängerin holt mit ihren Growls den Reiter ein. Immortility würde ich fast als Thrashhymne bezeichnen. Der Song beginnt schon mit dem epischen Lauf einer Gitarre, der sich dann im Song nochmals wiederfindet. Wie heißt es so schön in der Komposition „Live now, die later“. Bei Social Lies wird hinterfragt, ob der Mensch sich in der Zivilisation immer zivilisiert benimmt. Ich denke mal, dass die Band der Meinung ist, dass es nicht so ist. Die Band lässt hier ihrer Abneigung gegenüber solchen Leuten freien Lauf. Die Sängerin grunzt und stampft, der Drummer verfeuert seine letzten Patronen, die Gitarren zerfetzen mit fetten Riffs und der Bassist darf auch mit einem Sololauf ran. Great! Das Werk Mask ist einer der düstersten Songs des Albums. Er erzählt von einem psychopathischen Vater, der seinen Verfolgungswahn gebieterisch der eigenen Tochter aufzwingt. Das Soundgefüge ist schwer und erdrückend. Zwänge prasseln praktisch in allen Soundstafetten auf einen nieder. Dazu gibt es noch einen genialen Mittelteil mit Cleanvocals. Der Abschluss des Albums bildet Pain Diet. Er basiert auf den Folterszenen aus George Orwell’s 1984. Als hätte die Band nicht schon vorher mit neun Songs ihrer Interpretation von modernem Thrash Metal mit Deatheinflüssen erfreut, so muss die Band uns noch der süßen Qual des letzten Songs mit brachialer Stärke aussetzen. Zum letzten Mal geniale Gitarrenläufe und die Growls von Liane, wie Nadelstiche hin geschmettert.

 

 

Fazit: Incertains Album Rats In Palaces kommt dem Thrash Metal mit Einflüssen des Death Metal sehr verbunden daher. In sich sehr abwechslungsreich und eigenständig mit Härte und Groove. Das Album ist technisch sehr gut umgesetzt. Fast ein Jahr an dem Album zu arbeiten, hat sich gelohnt. Bei aller technischen Raffinesse wurde nichts weichgespült. Die Authentizität und die Spielfreude der Band, die sie bei Liveauftritten auszeichnet, bleibt bewahrt. Ich empfehle der Band einen Gig auf der 70000 Tons of Metal. Hier würde Incertain beim Cripper Award (benannt nach der ebenfalls deutschen Trash Metal Band Cripper) zu den Favoriten zählen.

Anspieltipps: Mankind’s Grave, Amok und Rage & Greet
Jürgen S.
9
Leser Bewertung11 Bewertungen
8.1
9