Interview mit Alex von Betrayal zum neuen Album „Disorder Remains“

Hinter dieser Maske ist einfach Leere

Artist: Betrayal

Herkunft: Aschaffenburg, Deutschland

Genre: Blackened Tech Death, Death Metal

Label: Rising Nemesis Records

Link: www.betrayal.eu

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – Alex
Lead Gitarre – Basti
Bassgitarre – Phil
Schlagzeug – Manuel

Betrayal, eine Aschaffenburger Death Metal Band, veröffentlicht am 16. April 2021 ihr zweites Album Disorder Remains (Review hier). Die neue Scheibe leitet eine neue Ära ein, denn der Stil von der letzten zu der neuen Platte hat sich gewaltig geändert und uns erwartet nun ein grandioses Blackened Tech Death Metal Album vom Feinsten. Was uns genau erwartet, wollte ich in Erfahrung bringen und hatte hierbei die Gelegenheit, mit Sänger und Gitarrist Alex zu sprechen.

Time For Metal / Paul M.:
Hallo Alex, es ist sehr schön, dass du dir die Zeit nimmst, mir ein paar Fragen zu beantworten zu eurem neuen Album Disorder Remains, welches uns am 16. April dieses Jahrs erwartet. Ich für meinen Teil freue mich sehr auf die Platte und kann es kaum noch erwarten, umso mehr freue ich mich jetzt aber auch, ein paar Informationen von dir zu erhalten, was euer neues Werk angeht.

© Betrayal

Betrayal / Alex:
Hi Paul, ja, ich freu mich auch hier zu sein, vielen Dank für die Einladung und ich hoffe, ich kann dir alle deine Fragen beantworten, wenn du so weit bist, ich wäre bereit.

Time For Metal / Paul M.:
Ja, das bin ich auf jeden Fall und werfe dir auch mal gleich die erste Frage hin, welche vielleicht auch eine kleine Aufgabe für dich darstellen kann. Ich würde als Erstes gerne mal von dir eine kurze Beschreibung der neuen Platte in Erfahrung bringen.

Betrayal / Alex:
Das ist echt schwer zu sagen, ich versuche das Ganze einfach mal in einigen Worten zu beschreiben. Disorder Remains ist auf jeden Fall ein Neuanfang und eine Veränderung. Ein Album, in welchem viele Emotionen stecken und ein großer Arbeitsaufwand hinter war. Ein Werk, welches als Team entstanden ist und nicht nach dem Motto „ich habe jetzt eine Idee und genau so muss es werden“.

Time For Metal / Paul M.:
Das sind doch aussagekräftige Worte für das Album und da steigen wir gleich etwas tiefer ein– die nächste Frage: Wie kam es zu den Texten, welche Inspirationen gab es und welche Sinneseindrücke haben besonders bei der Inspiration geholfen?

Betrayal / Alex:
Naja, über die Texte und deren Geschichte speziell rede ich eigentlich nur sehr ungern. Damit würde ich jeglichen Interpretationsspielraum nehmen, den ich gerne erhalten möchte, denn jeder kann etwas anderes aus Texten herauslesen und das soll auch so bleiben. Prinzipiell spielen bei den Texten Emotionen eine große Rolle. Im Grunde sind es häufig Momentaufnahmen besonderer Situationen, in denen ich mich befand oder die mich inspirierten. Diese werden wiederum in den Lyrics verarbeitet. Ich war Anfang 2018 viel beruflich unterwegs und hatte eine Menge Zeit, mich mit der Schreiberei auseinanderzusetzen. Diese zwei Aspekte, Zeit und Einsamkeit, sind für mich wahrscheinlich die größten Inspirationsquellen.

Time For Metal / Paul M.:
Das merkt man dem Album auf jeden Fall an. Was bestimmt auch emotional war, war der Austritt von Kilian, welcher für das Songwriting des letzten Albums verantwortlich war. Als Ersatz ist Basti nachgerückt und übernimmt nun die verbleibenden klirrenden Saiten. Interessant ist ja nun die Frage, wer sich jetzt bei diesem Album um das Songwriting kümmert hat.

Betrayal / Alex:
Ja, Kilian ist im Herbst 2018 aus der Band ausgetreten, kurz bevor wir mit den finalen Arbeiten am Album beginnen wollten. Diese Arbeit haben wir also zu dritt fortgesetzt. Im Grunde bestand der Songwriting-Prozess aus einer Weiterentwicklung von Ideen, die ich mit in den Proberaum gebracht habe. Auf diesem Wege hatten wir uns mehrere Tracks erarbeitet und sind mit diesen Rohfassungen zum Pre-Recording ins Studio gegangen. Ab hier kam Basti mit ins Spiel und konnte sich hervorragend einbringen. In meinen Augen hat er ein unglaubliches Talent, das uns in vielerlei Hinsicht voranbringt. Er hatte uns bereits auf der Tournee durch Tschechien im Jahr zuvor unterstützt. Deshalb fiel uns die Entscheidung nach einem neuen Gitarristen auch nicht schwer.

Time For Metal / Paul M.:
Wie war die Herangehensweise bei diesem Album? Hat sich irgendwas verändert oder war die Vorgehensweise gleich?

© Betrayal

Betrayal / Alex:
Ja, es hat sich definitiv etwas verändert. Zum einen existierten die Texte diesmal vor der Musik. Das war bei unserem letzten Album genau umgedreht. Die Herangehensweise bei dem Songwriting lief, wie schon gesagt, als Teamarbeit ab. Ich hatte mir im Vorfeld eine grobe Songstruktur überlegt und zusammen als Band haben wir diese ausgearbeitet und während des Pre-Recordings festgehalten. An dieser Stelle ein dickes Danke an Matze von Unleash The Sound Studios, der uns in der Entwicklung der Songs sehr unterstützt hat. Im Endeffekt wurden so aus mehreren Grundideen acht oder neun Tracks. Spannend ist, dass das Album zu Beginn der Studioaufnahmen definitiv nicht fertig war. Vor Ort haben die Songs ihren Feinschliff bekommen und wurden auch teilweise erst während der Aufnahmen vollendet.

Time For Metal / Paul M.:
Das ist natürlich sehr interessant, was würdest du jetzt sagen, was grundlegend anders ist im Vergleich zu Infinite Circles, was vielleicht den Stil angeht?

Betrayal / Alex:
Naja, am ausschlaggebendsten ist vermutlich Kilis Austritt, denn er hat einfach einen extremen eigenen Stil. Meiner ist vermutlich etwas roher und thrashiger. Das ist dann auch das Einzige, was mir dazu einfällt. Wir fahren ansonsten unsere Schiene und machen das, auf was wir Bock haben. Wir differenzieren nicht zwischen alt und neu, denn ist es und bleibt der Stil der einzelnen Mitglieder, jeder bringt etwas ein und spielt prinzipiell erst mal das, was gut klingt und dann schauen wir weiter – es muss einfach Spaß machen und gefallen, ansonsten läuft es nicht.

Time For Metal / Paul M.:
Ok, ja, da stimme ich dir absolut zu, wenn man keinen Spaß hat, die Songs zu performen, ist am Ende doch alles für die Katz! Die ganze Atmosphäre des Albums ist wesentlich aggressiver und ist zu vergleichen mit einem Rottweiler, der sein Herrchen hinter sich her schleift, bei dem kleinsten Fressnapf zum Kuschelmonster wird. Wie kam es zu den teilweise extremen Kombinationen und der enormen Power? Hat sich das im Studio einfach so entwickelt oder wolltet ihr generell eine etwas härtere Schiene fahren?

Betrayal / Alex:
Nein, es war absolut nicht so gewollt, es ist einfach so geworden. Das, was du als progressiv oder auch aggressiv beschreibst, ist dann wohl ein Teil meines Stils, da ich diese Art von Musik viel höre und auch live verkörpern möchte. Wenn ich beispielsweise auf der Bühne stehe, kommen diese Emotionen wieder und ich kann ungeschönt mal alles herauslassen, was ich ansonsten verdränge. Das hat sich jetzt vermutlich in dem Album und dem Stil widergespiegelt.

Time For Metal / Paul M.:
Bevor wir dann gleich zu den Fragen kommen, welche nicht direkt etwas mit dem Album zu tun haben, möchte ich mit euch gerne ein/zwei Songs genauer unter die Lupe nehmen und dazu gerne noch was wissen – Disorder Remains. Der namengebende Track des Albums. Wieso diesen Namen?

Betrayal / Alex:
Disorder Remains war der erste abgeschlossene Song der neuen Platte. Um was geht’s: Schreibblockaden und den Versuch, diese zu lösen. Außerdem um Persönlichkeitsstörungen und Gefühle, die eher negativ belastet sind. Diese Gefühlswelt ist zentrales Thema des Albums und wurde deshalb in den Mittelpunkt gestellt. Als repräsentatives Lied hierfür hat sich Disorder Remains dann einfach ergeben und somit auch der Albumname. Das war primär nicht so geplant, aber in der Entwicklung des Albums ergab es sich einfach, da der Track die zentralen Themen am besten ausdrückt – egal, ob im Namen, der musikalischen Gestaltung oder im Text.

Time For Metal / Paul M.:
Insanity – ein für mich nahezu perfekter Song. Wie viele Versuche habt ihr gebraucht, dieses Lied fertigzustellen? Und dabei wäre es ebenfalls noch interessant zu erfahren, wie lange ihr im Studio gearbeitet habt.

© Betrayal

Betrayal / Alex:
Also wir waren knapp acht Monate im Studio, dazu muss man aber auch sagen, dass wir meistens nur am Wochenende vor Ort waren. Zusätzlich hatten wir auch mal ein paar Wochen Pause zwischendurch, weshalb sich die Produktion des Albums über mehrere Monate hinweggezogen hat. Viel mehr möchte ich dazu noch nicht verraten, da zu diesem Thema viele Fragen in unserer kommenden Studio-Dokumentation beantwortet werden.

Time For Metal / Paul M.:
Darauf bin ich auf jeden Fall sehr gespannt und kann die Veröffentlichung kaum noch erwarten. Dann aber vielleicht eine andere Frage, die etwas einfacher zu beantworten ist, ohne viel vorwegzunehmen. Wie kam es dazu, dass ihr euch entschieden habt, Freunde ins Studio einzuladen, die dich, Alex, gesanglich unterstützten? War das mal eine Schnapsidee oder kam die Idee von Matze?

Betrayal / Alex:
Das ist vermutlich auf meinem Mist gewachsen. Unsere Single War hat einen etwas militanten Stil und dabei kam mir die Idee, Groupshouts beziehungsweise Kampfschreie einzusetzen. Daraufhin sind wir die Platte durchgegangen und haben überlegt, wo wir weitere Shouts ausprobieren könnten. Schlussendlich haben wir das Element noch für Rise und mein persönliches Highlight Insanity verwendet. Grundsätzlich spiegelt das aber unsere Herangehensweise beim Recording wider: Alles ist jederzeit erlaubt. Hauptsache geil!

Time For Metal / Paul M.:
Matze hat bei eurem Album auch ein gewisses Mitspracherecht gehabt. Wie kam es dazu und wie ist generell die Arbeit mit Matze bei Unleash The Sound abgelaufen?

Betrayal / Alex:
Matze ist einfach Hammer! Wir kennen und verstehen uns mit ihm seit Jahren wirklich sehr gut. Wenn man bei ihm irgendwas aufnimmt, dann braucht man keine weiteren Fragen stellen. Er ist stetig bemüht, alles was geht aus einem herauszuholen. Er gibt bei jeder Produktion von EPs, LPs oder Singles mehr als 100 %, um etwas wirklich Einmaliges zu schaffen. Das beschreibt Phil in der Dokumentation unglaublich gut und bringt das wesentlich besser auf den Punkt. Matze hat sich mit seinem Studio Unleash The Sound etwas Fantastisches aufgebaut und ist unglaublich kreativ und motiviert. Man merkt ihm den Spaß an seiner Arbeit einfach an. Das motiviert ungemein.

Time For Metal / Paul M.:
So jetzt haben wir viel über das geredet, was ich wissen wollte und jetzt weiß. 😉 Jetzt interessiert mich aber noch, ob es eine spezielle Sequenz oder einen speziellen Song gibt, der euch besonders ans Herz gewachsen ist – welcher ist es und warum?

© Betrayal

Betrayal / Alex:
Insanity, weil das Riff der Strophe für mich einfach genial ist und mich beim Schreiben sofort überzeugt hat. Technisch unkompliziert, aber mit viel Power. Die Drums verleihen dem Ganzen dann noch den nötigen Druck. Das entwickelt sich im Endeffekt zu einem progressiven Song, der mir selbst sehr viel Spaß beim Hören und natürlich auch Spielen bereitet.

Time For Metal / Paul M.:
Wie kam es zu dem Cover, welche Geschichte erzählt es?

Betrayal / Alex:
Das gesamte Artwork stammt aus der Feder von Basti. Er hat sich eine Menge Gedanken zu den Texten gemacht und daraus eine Geschichte gezaubert, die er im Artbook zur Platte erzählen wird. Grundsätzlich wird man auf dem Cover verschiedene Symbole entdecken, die im Zusammenhang mit den Liedern stehen. Zentrales Thema ist wie in den Lyrics der Mensch und dessen Gefühlswelt, was in unserem gesichtslosen Protagonisten wiedergegeben wird. Ich sehe das Artwork als eigenes Kunstwerk, welches ganz individuelle Interpretationen zulässt. Ich kann deshalb nur dazu einladen, sich das Artbook beim Hören der Platte anzuschauen und in unsere Welt abzutauchen.

Time For Metal / Paul M.:
Mit dem neuen Album sehen wir auch ein neues Betrayal-Logo. Musste es einen Tapetenwechsel geben oder hat es sich nach dieser größeren Pause einfach angeboten, mit einem neuen Album – teilweise neuem Stil – auch das Logo zu erneuern?

Betrayal / Alex:
Das hatten wir schon lange vor. Die Überlegungen zu einem neuen Logo gab es schon zu Infinite Circles Zeiten. Die Band wurde bereits 2004-2005 gegründet, aber die erste Platte erst im Jahr 2015 veröffentlicht. In der Zwischenzeit ist natürlich einiges passiert und das alte Logo einfach nicht mehr repräsentativ. Bastis Eintritt als neuer Gitarrist war schlussendlich der Trigger dazu, die Arbeit an einem neuen Logo in die Tat umzusetzen. Es passte einfach, da wir uns in Sachen Stil und Technik gewaltig verändert haben.

Time For Metal / Paul M.:
Euer neuer Shop ist unglaublich aufgebaut. Die Bundles, die man erwerben kann, finde ich schön gestaltet – eine Sache catched mich dennoch total, wie kam es dazu, dass Betrayal zu ihrem „eigenen“ Gin kommen?

Betrayal / Alex:
Naja, um diese Frage erst mal einfach zu beantworten – wir trinken gerne Gin. Außerdem gab es in der Nachbarschaft die Landbrennerei Maidhof, die ausgezeichnete Schnäpse sowie Gins produziert. Wir sind mit unseren Gedanken einfach an die Brennerei herangetreten, da uns ähnliche Produkte anderer Bands sehr gut gefallen. Seitens der Brennerei kamen sofort super Ideen und eine unglaubliche Bereitschaft, das Projekt mit uns umzusetzen. Das hat uns letztendlich überzeugt, das Produkt im Shop aufzunehmen. Wer weiß, vielleicht kommt in der Richtung noch mehr, wenn der Gin gut läuft.

Time For Metal / Paul M.:
So, Alex, du hast es überstanden, ich bedanke mich herzlichst für das Interview, es hat mir eine Menge Spaß bereitet, mit dir über die kommende LP zu quatschen. Ich wünsche euch das beste und viel Glück bei der Veröffentlichung von Disorder Remains und dass ihr das Ganze bald auf großen Bühnen performen könnt.

Betrayal / Alex:
Ja, noch mal vielen Dank für die Einladung. Ich hoffe, ich konnte dir jetzt auch wirklich alle Fragen beantworten und wir sehen uns bestimmt irgendwann vor Bühnen wieder, davon bin ich fest überzeugt. Mach’s gut!