Foto: A Dying Planet

Interview mit Jasun Tipton von A Dying Planet und Zero Hour

Der Gitarrist und Songwriter spricht über seine talentierten Bandmitglieder, einen bekannten Gastmusiker und die Geschichten hinter „When The Skies Are Grey“

Artist: A Dying Planet

Herkunft: San Francisco, Kalifornien, USA

Genre: Progressive Metal

Label: Lifeforce Records

Link: https://www.facebook.com/adyingplanet

Bandmitglieder:

Gesang – Paul Adrian Villarreal
Gitarre – Jasun Tipton
Bassgitarre – Brian Hart
Schlagzeug – Marco Bicca

HIER geht’s zur englischen Originalversion des Interviews.

Jasun und Troy Tipton sind für viele geniale Bands verantwortlich: u. a. gründeten die Zwillingsbrüder Zero Hour, Cynthesis und Abnormal Thought Patterns. Jetzt steht mit der aktuellen Band A Dying Planet das zweite Studioalbum When The Skies Are Grey (VÖ: 17.09.2021) auf dem Plan. Gibt es für Fans des US-Prog gleich mehrere Gründe zum Feiern? Lest selbst, was der sympathische Gitarrist zu erzählen hatte …

Time For Metal / Florian W.:
Hallo Jasun,

zunächst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Ich bin ein großer Fan eurer Werke seit den frühen Zero Hour-Platten. Das letzte Album Dark Deceiver wurde bereits 2008 veröffentlicht. Bevor wir über A Dying Planet sprechen, möchte ich wissen, wie die aktuelle Situation bei Zero Hour ist? Wie sieht das Line-Up aus, und wann können die Fans mit neuem Material rechnen?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Florian, ich danke dir für deine sehr netten Worte. Zero Hour sind gerade dabei, die kommende Veröffentlichung für 2022 zu mixen. Ja, wir sind wieder da! Ankündigungen werden bald folgen. (Anm. d. Verf.: Tolle Neuigkeiten!)

Time For Metal / Florian W.:
Kommen wir direkt zu A Dying Planet: Du hast die Band vor ein paar Jahren mit deinem Bruder Troy gegründet, der auch die meisten Songs eures Debüts Facing The Incurable (2018) eingesungen hat. Wie einige vielleicht wissen, hat Troy vor Jahren eine Armverletzung erlitten und kann nicht mehr Bass spielen. Wie geht es ihm? War er in den Songwriting-Prozess eures kommenden Albums When The Skies Are Grey involviert?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Ich kann dir mit Freude erzählen, dass es Troy gut geht. Er und seine Frau haben einen hübschen kleinen Jungen namens Jasun und ein wunderschönes kleines Mädchen. Troy hat seit über sechs Jahren keinen Bass mehr gespielt und hatte einige wiederkehrende Verletzungen, als er zu singen begann. Troy macht also keine Musik mehr. Ich habe die gesamte Musik, die Melodien und die Texte für When The Skies Are Grey geschrieben. Allerdings habe ich die Texte an Troy geschickt, er hat sie durchgelesen und einige tolle Vorschläge gemacht.

Time For Metal / Florian W.:
Neben deinem unverkennbaren Gitarrenspiel gibt es drei „Geheimwaffen“ in eurem Sound: Die erste ist der fabelhafte Paul Adrian Villarreal am Gesang, den einige vielleicht von Sun Caged kennen. Er hat bereits auf dem Song Resist vom Debüt gesungen. Die andere ist Drummer Marco Bicca, der auf When The Skies Are Grey einen herausragenden Job gemacht hat. Zu guter Letzt das aufregende Bassspiel von Brian Hart – hört euch die Basslinien im Titeltrack an. Wo hast du die Jungs kennengelernt und beschlossen, eine Band zu gründen?

Foto: A Dying Planet (von links nach rechts): Jasun Tipton, Paul Adrian Villarreal, Brian Hart, Marco Bicca

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Paul war in der Band Sun Caged, und wir haben einige Shows zusammen (mit Zero Hour) in Europa gespielt und (beide Bands) haben Liquid Tension Experiment beim BarFest in San Francisco supportet. Paul hat eine fantastische Stimme, und es ist großartig, mit ihm zu arbeiten. Ich schickte ihm alle Aufnahmen, Texte und Melodien, und er sendete sie mir zurück, besser als ich es mir vorstellen konnte. Er hat ein erstaunliches Gehör, denn ich musste nicht eine einzige Sache ändern, die er gemacht hat.

Ich habe Marco bei einem seiner Auftritte kennengelernt, und er ist natürlich ein sehr talentierter Progressive-Metal-Drummer. Er ist nicht nur ein fantastischer Schlagzeuger, sondern auch ein toller Typ. Sehr, sehr entspannt. Er erzählte mir, dass er ein Fan von Zero Hour ist und dass ich mich an ihn wenden soll, wenn ich jemals Material aufnehmen möchte. Er hat bei dieser Platte einen tollen Job gemacht und der Musik seinen eigenen Stil und Stempel aufgedrückt.

Ich habe Brian in einem der Musikgeschäfte getroffen, in denen ich Unterricht gebe. Er ist super talentiert und er repariert beruflich Instrumente. Ich liebe sein Spiel auf dieser Veröffentlichung. Sein Bassspiel bringt so viel Farbe in unsere Musik. Außerdem bringt er mich immer wieder zum Lachen.

Time For Metal / Florian W.:
Du hast meine Rezension bereits gelesen. Euer neues Album hat 8,8 von 10 Punkten erhalten – Glückwunsch! Eure Markenzeichen sind unverkennbar, aber A Dying Planet ist keine 2.0-Version eurer früheren Bands. Es gibt sehr viel mehr melancholische oder atmosphärische Parts darin. Wie viel Einfluss haben die anderen Bandmitglieder?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Paul, Marco und Brian sind fantastische Musiker, und ich bin so begeistert, mit diesen Jungs Musik machen zu können. Wir kommen sehr gut miteinander aus, und sie hauchen A Dying Planet Leben ein. Der Prozess beginnt damit, dass ich die Gitarren, Keyboards und Click-Tracks aufnehme. Von dort aus übergebe ich an Marco, der seine Drums ausarbeitet. Brian fügt dann seine Spuren hinzu. Danach fange ich an, die Texte zu schreiben und die Melodielinien auszuarbeiten. Paul ist ein fantastischer Texter, aber er ist sehr beschäftigt mit der Schule und seiner Familie. Das ist der Grund, warum ich die Aufgabe übernommen habe, die Melodien und Texte für When The Skies Are Grey zu schreiben.

Time For Metal / Florian W.:
Vor ein paar Tagen hast du mir schon erzählt, dass das verrückte Keyboard-Solo am Ende von Embrace von Derek Sherinian (Sons Of Apollo, ex-Dream Theater) stammt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Ein Freund von mir teilte auf Facebook einen Beitrag, der darauf hinwies, dass Derek einen Wettbewerb veranstaltete. Dieser bestand darin, dass eine Band oder ein Künstler einen Track einsenden sollte, und das Stück, das ihm am besten gefällt, würde einen kostenlosen Gastauftritt von Derek bekommen. Wie sich herausstellte, war dieser Wettbewerb bereits drei Wochen vorher vorbei. Glücklicherweise hörte er sich Embrace an und sagte: „Hey Mann, das ist ein toller Song, und ich habe beschlossen, ein Solo beizusteuern.“ Was er gemacht hat, war unglaublich und passte perfekt! Wir haben uns unterhalten und etwas ausgearbeitet, sodass sein Solo auf Embrace zu hören ist.

Time For Metal / Florian W.:
Gibt es einen roten Faden auf dem neuen Album oder welche Themen behandelst du in deinen persönlichen Texten?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Ich werde mein Bestes tun, um dir eine Kurzfassung zu vermitteln: In When The Skies Are Grey geht es um die Probleme von Obdachlosen auf der ganzen Welt. In Honoring Your Name geht es darum, wie ein geliebter Mensch die Familie für eine unbestimmte Zeit verlässt und wie die Familien versuchen, mit seiner Abwesenheit fertig zu werden. Sie ehren sie jeden Tag in der Hoffnung auf eine Wiedervereinigung. Hope For Tomorrow handelt davon, die schwierigen Momente durchzustehen und das Licht des Glücks zu erleben. In Embrace geht es darum, dem Völkermord zu entkommen. Auf der Suche nach neuem Land, um einen Neuanfang zu wagen. Far From Home ist ein bisschen Science-Fiction. Ein Planet wird überfallen und nur einer entkommt, um in einer völlig anderen Welt aufzuwachen. Wird er es riskieren, gesehen zu werden, in der Hoffnung auf Akzeptanz? A Father’s Love ist speziell für meinen Bruder und seinen kleinen Sohn Jasun geschrieben.

Time For Metal / Florian W.:
Du hast dieses Jahr bereits ein Soloalbum mit dem Titel The Dream To Fly veröffentlicht, das übrigens mein bevorzugter „Homeoffice-Soundtrack“ ist. War der Lockdown ein kreativer Schub für dich, um neue Musik zu schreiben?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Nach Night’s Pulse (veröffentlicht 2000) wurde ich von vielen Leuten gefragt, ob ich noch eine Solo-Instrumental-CD machen würde. Ich hatte darüber nachgedacht, aber die Bands hatten für mich immer Vorrang. Die Pandemie war in vollem Gange und ich hatte meine Parts für A Dying Planet und Zero Hour fertig aufgenommen. Um mich während der Pandemie bei Verstand zu halten, beschloss ich, mit dem Schreiben von The Dream To Fly zu beginnen. Bis heute habe ich aufgrund dieser Pandemie Material im Umfang von fünf Alben geschrieben. Ich schätze, ich bin ein bisschen verrückt.

Foto: Jasun Tipton

Time For Metal / Florian W.:
Ein Virus, Menschen, die sich nicht umeinander kümmern, Kriege überall auf der Welt – stirbt dieser Planet schon?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Es ist so traurig, was in der Welt vor sich geht, und ich hasse es, auf das Offensichtliche hinzuweisen. Ich spreche nur über ein Thema und wie es sich ausweitet. In Kalifornien gab es in den letzten fünf Jahren überall im Staat schreckliche Buschbrände. Das ist leider zur neuen Norm geworden. Unsere Wasserressourcen sind auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten. Der Wasserstand des Lake Mead und des Colorado River verdunstet schnell. Man plant bereits, unseren Farmern die Wasserressourcen wegzunehmen. Wir brauchen unsere Landwirte, denn sie sind lebenswichtig. Sie werden die Farmen schließen und Häuser auf dem Land bauen, was unsere Wasserressourcen weiter aufbrauchen wird. Es geht nur um Geld, um Gier … und was ist mit der Zukunft?

Time For Metal / Florian W.:
Lass uns zu angenehmeren Themen zurückkehren: Eine mögliche Tournee in Europa: Wo und wann darf ich dabei sein? ?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Wir sind dabei, denn wir würden das Material gerne live präsentieren. So gerne wir das jetzt auch tun würden, wegen des Virus müssen wir die Zeit abwarten.

Time For Metal / Florian W.:
Kürzlich hatten wir eine Kolumne über die „besten Alben aller Zeiten“. Welche drei Platten würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Oh mein Gott, das ist eine schwierige Frage, die sich für mich wahrscheinlich jeden Tag ändern würde. Es gibt so viele tolle Metal-Veröffentlichungen, wo soll man da anfangen? Nun, für Jazz und etwas Progressives wäre Pat Methenys Travels eine Wahl. So viele gute Metal-Veröffentlichungen, ich glaube nicht, dass ich das schaffen kann. Pink Floyd, Journey, Gary Moore, Blue Murder, Meshuggah, Dream Theater, Killswitch Engage, Tesseract, Iron Maiden, Tool … ich kann es nicht eingrenzen.

Time For Metal / Florian W.:
Jasun, es war ein Vergnügen, dich als Gast bei Time For Metal zu haben. Die letzten Worte gehören dir, und du kannst sie an unsere Leser und deine Fans richten.

A Dying Planet / Jasun Tipton:
Danke, Florian, dass du die Botschaft unserer Band verbreitest! Wir sind so stolz auf das, was wir mit A Dying PlanetWhen The Skies Are Grey geschaffen haben. Ihr könnt die CD und das limitierte Vinyl bei Lifeforce Records BandcampA Dying Planet vorbestellen. Unser neues Video Hope For Tomorrow wird im Laufe dieser Woche veröffentlicht.

Hier geht’s zum Review von When The Skies Are Grey:

A Dying Planet – When The Skies Are Grey