Artist: Monosphere
Herkunft: Mainz, Deutschland
Album: The Puppeteer
Spiellänge: 39:59 Minuten
Genre: Progressive Metal, Post-Metalcore, Post-Metal, Mathcore
Release: 26.11.2021
Label: Eigenproduktion
Link: https://www.facebook.com/monosphereband
Bandmitglieder:
Gesang – Kevin Ernst
Gitarre – Max Rossol
Gitarre – Valentin Noack
Bassgitarre – Marlon Palm
Schlagzeug – Rodney Fuchs
Tracklist:
- Sheer Strings
- The Puppeteer
- The Luminary
- The Disconnect (feat. Nils Wittrock)
- The Lover
- The Verdict
- The Marionette
- No Strings Attached
- I Am To Blame
- I Am In Control, Pt. I (feat. Nils Wittrock)
- I Am In Control, Pt. II
- I Am In Control, Pt. III
- I Am In Conflict, Pt. I
- I Am In Conflict, Pt. II
- I Am In Conflict, Pt. III
Alle Vorzeichen dieses Albums stehen auf selbstbewussten Schultern. Diese Schultern gehören den fünf Jungs der Mainzer Band Monosphere, die aus der Asche von Lost Without Direction hervorgingen. Das Debütalbum The Puppeteer ist bis auf Mix (Phil Kaase) und Mastering (Brad Boatright) in kompletter DIY-Manier entstanden. Das umfasst das Songwriting, für das Drummer Rodney verantwortlich ist (Witze über musikalische Fähigkeiten von Drummern bitte hier einfügen) und die Texte, die genau wie das schicke Artwork aus der Feder von Sänger Kevin stammen. Zudem handelt Drummer Rodney das Konzeptalbum aus musikwissenschaftlicher Sicht in einem Essay ab, das am Release-Tag erscheint. Als wäre das noch nicht genug, haben sich Monosphere für zwei Songs The Hirsch Effekt Frontmann Nils Wittrock eingeladen. Ich bin beeindruckt, ohne auch nur eine Note der Mainzer gehört zu haben. Doch diese Ambitionen bringen auch eine gewisse Fallhöhe mit sich. Erst recht, wenn im mitgelieferten Schreiben Namen wie Between The Buried And Me und Devin Townsend fallen. Hohe Ansprüche sind einem Progfan wie mir immer noch lieber als gar keine.
Wie so oft ist es auch bei diesem als Konzept zu verstehenden Album notwendig, mehrere Durchläufe zu starten. Genau meine Welt. Den Verlauf der Story möchte ich gar nicht zu sehr spoilern. Alle Wendungen werden sich mir ohnehin erst in den kommenden Wochen und Monaten erschließen. Nur so viel sei verraten: Der Protagonist der Geschichte gerät in die Fänge einer Organisation, die versucht, menschliches Verhalten zu kontrollieren. Ab dem Song No Strings Attached wechselt die Perspektive zur Ehefrau des Protagonisten. Die Spannung ist zu jeder Sekunde greifbar. Eigentlich würde ich an dieser Stelle anfangen, alle Songs einzeln zu besprechen. Doch dazu ist das Konzept zu engmaschig. Das darf jedoch positiv aufgefasst werden, denn The Puppeteer lässt sich ohne Längen am Stück genießen. Einige Momente und Details sollen trotzdem ins Rampenlicht rücken. Die Mühe ist es mir Wert.
Die oben aufgezählten Genres von Prog bis Mathcore decken gerade einmal die Hälfte des Monosphere-Universums ab. Das soll allerdings nicht heißen, dass die Mainzer mit aller Gewalt versuchen, jeden ihrer zahlreichen Einflüsse in das Werk zu pressen. Im Gegenteil, denn der Genremix wirkt auf The Puppeteer so homogen, dass ich meine helle Freude mit den 40 Minuten Spielzeit habe. Nachdem das beklemmende Gefühl des Intros Einzug hält, legt der Titelsong los, als gäbe es kein Morgen. In der Schnittmenge zwischen modernem Metalcore und Post-Hardcore habe ich stets eine Befürchtung: Kann der Sänger was? Wo die Instrumentalfraktion selten zu bemängeln ist, kommt der Gesang oft zu kurz. Sänger Kevin wirft direkt alle Bedenken über Bord. „White walls are surrounding meeeee“ – er spuckt mir diese Zeile regelrecht ins Gesicht. Zwischen Wut und Verzweiflung pendelt er im Verlauf des kurzen Stücks und kann auch noch clean singen. Was für ein Biest. Einer der besten Sänger/Shouter, die ich dieses Jahr durch meine Gehörgänge jagen durfte. The Puppeteer markiert direkt das erste Highlight.

In The Disconnect bekommt er Verstärkung am Mikro in Form von Nils Wittrock (The Hirsch Effekt). Liest sich für ein Feature ganz gut, ist bei so einem Fronter wie Kevin aber gar nicht notwendig. Im Gesamtsound wird Nils jedoch perfekt integriert. Etwas mehr aus der Kiste mit der Aufschrift Mathcore mischt hier ebenfalls mit. Jedoch nur so viel, dass ich nicht den Taschenrechner zücken muss. Endgültig in ihre dunklen Tiefen ziehen mich Monosphere mit The Lover. Die Band streut immer wieder ruhige, aber zutiefst emotionale Momente ein und diese sorgen dafür, dass das Geballer nicht zur Eintönigkeit verkommt. The Lover fließt zäh wie Lava aus den Boxen und dringt fast schon in Doom-Gefilde vor. Zunächst verfliegen die Vocals wie ein Flüstern im Wind, nur um dann wieder alle Gedankenkonstrukte zu zertrümmern. „The only one I loved was you. How am I going to pull through.“ Ich fühle den Schmerz und diese unsagbar schwere Passage schreit nach mehr – Gänsehaut. Der vermehrte Keyboard-Einsatz gegen Ende ist ein weiteres hervorstechendes Merkmal, welches die Experimentierfreude von Monosphere unterstreicht. Das getragene und verstörende The Marionette besiegelt sozusagen die erste Hälfte der Storyline und hat dazu auch noch ein paar geile Gitarrenläufe am Start.
Obwohl der erste Part nur 20 Minuten Musik enthält, können Monosphere den Hörer ins Boot holen. So schreibt man eine fesselnde Geschichte. Tief durchatmen für den zweiten Akt. Dieser beginnt ruhig mit dem Intro No Strings Attached und bleibt auch zunächst bei I Am To Blame dabei, ehe Sänger Kevin Ernst macht. Sorry, auf den Gag warte ich schon die ganze Zeit. 😀 Mit dem ersten Teil von I Am In Control kehrt Nils Wittrock zurück und es wird musikalisch richtig heftig. Abgründe aus Post-Black-Metal eröffnen und swingen dann in bester BTBAM-Manier weiter zum zweiten Teil. Auf die Querverweise zu den amerikanischen Vorreitern warte ich schon die ganze Zeit. Da hüpft mein Herz vergnügt im 7/8-Takt. Scheint so, als ob sich Monosphere fürs Finale noch was Besonderes aufgespart haben.
Im anderthalbminütigen I Am In Conflict, Pt. I gibt es dann richtig auf die Fresse, sodass selbst Tech-Death-Freunde auf ihre Kosten kommen. Kevin greift wieder einmal tief in die Trickkiste und zaubert schwarze Magie hervor. Jetzt habe ich den Frontmann so oft gelobt, da wird es Zeit für die anderen Bandmitglieder. Hätte ich keinerlei Informationen zu den Mainzern, würde ich im Leben nicht auf ein Debütalbum tippen. Sie sind entweder außergewöhnlich talentiert oder arbeiten seit Jahren an ihren Skills. Jeder beherrscht sein Instrument und weiß es gekonnt einzusetzen. Für den letzten und längsten Song holen die Jungs noch einmal zum Rundumschlag aus. Mathcore, progressive Elemente von klassisch bis brutal und wieder diese kleine, aber feine Hommage an Between The Buried And Me. Von BTBAM mal abgesehen, wünsche ich mir von etablierten Bands diesen Mut beim Songwriting. Entschuldigt mich jetzt, ich habe bereits auf Repeat gedrückt.