Rammstein am 15.07.2023 im Olympiastadion in Berlin

60.000 beim ersten von drei Konzerten im Olympiastadion Berlin

Event: Rammstein Live Stadiontour 2023

Bands: Rammstein, Abélard

Ort: Olympiastadion, Berlin

Datum: 15.07.2023

Kosten: VVK 132 € – 449 € – Sold Out

Zuschauer: ca. 60.000

Genre: Neue Deutsche Härte, Industrial Metal

Link: https://www.rammstein.de

Setlisten:

Abélard

  1. Rammlied (Rammstein Cover)
  2. Mein Herz Brennt (Rammstein Cover)
  3. Mutter (Rammstein Cover)
  4. Engel (Rammstein Cover)
  5. Du Riechst So Gut (Rammstein Cover)
  6. Zeit (Rammstein Cover)
  7. Frühling In Paris (Rammstein Cover)
  8. Sonne (Rammstein Cover)
  9. Deutschland (Rammstein Cover)
  10. Du Hast (Rammstein Cover)

Rammstein

  1. Rammlied
  2. Links 2-3-4
  3. Bestrafe Mich
  4. Giftig
  5. Sehnsucht
  6. Mein Herz Brennt
  7. Puppe
  8. Angst
  9. Zeit
  10. Deutschland (Remix By Richard Z. Kruspe)
  11. Deutschland
  12. Radio
  13. Mein Teil
  14. Du Hast
  15. Sonne

Zugabe 1

  1. Engel (Piano Version mit Abélard)
  2. Ausländer
  3. Du Riechst So Gut
  4. Ohne Dich

Zugabe 2

  1. Rammstein
  2. Ich Will
  3. Adieu

Nun komme ich dieses Jahr doch noch zu einem Rammstein Konzert. Nachdem ich das Erlebnis in Odense absagen musste, bekomme ich über eine Akkreditierungsanfrage doch noch einen Zugang inklusive Fotoerlaubnis – wenn das mal nichts ist. Allerdings ereilt mich die Zusage am Freitag spät nachmittags und Samstag findet das Konzert in Berlin statt. Also flugs am Samstagmorgen die Hühner gesattelt und nach Berlin gekachelt. Unterkünfte sind in der Hauptstadt Mangelware bzw. nicht bezahlbar, und so stehen nächtliche Rückfahrt oder im Auto nächtigen auf der Optionsliste. Aber erst mal nach Berlin kommen. Auf der A 24 gibt es eine Vollsperrung und der Umweg kostet bereits eine gute Dreiviertelstunde. Dann geht’s aber wider Erwarten zügig durch Berlin und bereits kurz nach 12:00 Uhr bin ich beim Olympiastadion. Viele, nein, alle der kostenfreien Parkplätze sind bereits mit Wohnmobilen und sonstigen Autos voll und an vielen Stellen scheint es eher wie ein Camping zu sein. Diverse Grills stehen herum und überall sitzen leicht bekleidete Menschen, da es 35 Grad im Schatten sind. Der erste sichtbare Parkplatz am Straßenrand erscheint mit gut, aber ein Blick auf das Schild zeigt absolutes Halteverbot und abgeschleppt werden will ich nicht riskieren. Also einen der kostenpflichtigen Parkplätze gesucht, und sogar in der Nähe des Eingangs, an dem ich später in das Stadion geführt werden soll. Dann ist noch Zeit, da der Beginn auf 19:30 Uhr festgelegt ist. Ich habe einen Tribünenplatz und kann somit später rein. Jetzt plagt mich stechender Durst. Also ein schattiges Plätzchen gesucht und tatsächlich gibt’s da auch ein Pils. Nun bleibt Zeit, nach einer Unterkunft zu suchen und über Airbnb werde ich tatsächlich noch fündig, auch wenn die Vermieterin erst gegen sechs da sein kann. Es sind ein paar Stationen mit der S-Bahn und ich mache mich langsam auf den Weg. Die Bahnen, die ankommen, spucken Hunderte von schwarz angezogenen Gestalten aus, die entweder schon mit einem Bier, aber doch auch sehr viel Wasser ausgerüstet sind. Das Ganze hat hier eher etwas Volksfestcharakter und auch einige Marktschreier im Sinne von Protestanten gegen das Konzert sind zu sehen. Der Protest verläuft friedlich und nicht selten gibt es Diskussionen, aber alles im Rahmen. Die meisten ignorieren die mit Plakaten ausgerüsteten Konzertgegner und feiern vor. Das Event ist ausverkauft und so sind es ja jetzt gute 60.000, die sich das nicht entgehen lassen wollen.

Nach dem Bezug meines Domizils fahre ich zurück zum Stadion, nachdem ich noch der Speisenaufnahme gefrönt habe. Ins Stadion geht s zügig, da die Masse bereits drin ist. Um das Stadion selbst gibt es diverse Stände mit Getränken (Pils 0,5 Liter 6,50 plus 3 € Becherpfand), Essensstände (Wurst 6 Euro) und natürlich Merch. Die sind dermaßen dicht umlagert, dass ich die ignoriere. Den Sitzplatz zu finden, erweist sich als nicht so ganz einfach, da die Kontrolleure auch nicht so recht wissen, in welche Richtung sie mich schicken sollen. Noch immer ist es brütend heiß, als ich endlich in den Bereich komme, der mir als Redakteur zum Verweilen zugewiesen wurde. Da mir das viel zu eng und voll ist, bleibe ich am Rand, an dem noch einige Plätze frei sind. Immerhin bleiben mir vom Konzert nur knapp 45 Minuten, dann muss ich zum Treffpunkt, bei dem sich die Fotografen vorab einfinden sollen. Das ist wieder vorm Stadion und vorher muss ich auch noch die Kamera holen.

Rammstein, Olympiastadion Berlin, 15.07.2023,Pic By Kay L.

Jetzt erst mal zur Musik. Ich bekomme noch die letzten Titel des Duos Abérlard mit, die sich als Vorband einige der Rammstein Songs herausgesucht haben und diese nur am Piano zum Besten geben. Sonne, Deutschland und Du Hast bekomme ich noch mit und dann werden die beiden Damen mit Beifall verabschiedet. Die Stimmung ist gut und es dauert nicht lange, bis hier Zigtausende La-Ola-Wellen initiieren. Pünktlich um 20:30 Uhr kommen die Herren um den derzeit im Fokus stehenden Frontmann Till Lindemann auf die Bühne. Unter tosendem Jubel steht das Stadion hinter der Band und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass hier den ganzen Anschuldigungen kein Glauben geschenkt wird. Diverse Schilder mit „wir stehen zu euch“ werden in die Luft gehalten. Mit einem Megaknall und einer etwas neueren Version des Rammliedes geht es los. Es ist noch hell, sodass an Pyros noch nicht zu denken ist. Einzig die im Stadion stehenden riesigen Gerüste spucken schwarzen Rauch und auch die imposante Bühne, ein futuristisches Gebilde aus Stahl in Schwarz, lässt Rauch aufsteigen. Links 2-3-4 und Bestrafe Mich folgen und fast schon eine Rede von Till Lindemann ist zu hören, „Berlin“ schreit er ins Mikro und das war es. Früher gab es gar kein Wort, außer am Ende ein sparsames „Vielen Dank“ und den Stadtnamen, in der sie aufgetreten sind. Spätestens beim letzten Song hat dich die Band gefesselt, wuchtige Bässe, ein klarer Sound, selbst am Rand und eine professionelle Show runden das Gesamtbild ab. Nichts scheint auf die im Raum stehenden Gerüchte über Missbrauch und Übergriffe hinzudeuten. Das Kunstwerk „Rammstein“ funktioniert einfach und so ist es kein Wunder, dass hier einfach kollektiv die Band abgefeiert wird. Flake unermüdlich auf seinem Laufband, Kruspe und Landers an der Bühnenvorderseite und im Hintergrund liefern Riedel und Schneider die fetten Beats und tief in den Magen hämmernden Töne. Giftig, So giftig  und Sehnsucht machen weiter. Till in typischer Pose, nach unten gebeugt, mit der Faust auf das Knie hämmernd, geht er den brachialen Rhythmus bei Sehnsucht mit. Die ersten Ansätze von Feuer und Rauch sind auszumachen und man kann nur erahnen, was da noch kommen wird. Zum ersten Mal emotional, mit Gänsehautmoment, wird es bei Mein Herz Brennt. Das Publikum singt dermaßen laut mit, dass es einem fast den Atem verschlägt. Leider ist jetzt erst mal Schluss für mich, da ich mich auf den Weg zum Treffpunkt machen muss. Somit entfallen für mich alle Songs zumindest optisch von Puppe über Angst, Zeit, Deutschland, Radio, Mein Teil inklusive gegrilltem Flake, Du Hast und Sonne. Erst im Nachgang erfahre ich, dass Till Lindemann die Kritik an seiner Person und die Anschuldigungen, die im Raum stehen, im Song Angst zumindest etwas verarbeitet. Eher selbstironisch heißt es im Text „Die Rücken Nass, die Hände Klamm – Alle Haben Angst Vorm Schwarzen Mann. Er macht daraus: „…Wer hat Angst Vor Lindemann“. Das führt zu riesigen Beifallsstürmen. Auch eine Art der Solidarität.

Ich habe derweil meine Ausrüstung geholt, den Fotovertrag unterschrieben und warte mit sechs Kollegen, überörtliche und örtliche Presse, die hier ihre Arbeit machen und dafür Geld bekommen, auf den Eintritt in das Innere des Stadions. Wir sollen von der B-Stage, also der Bühne, auf der Rammstein mit dem Duo noch Engel in einer akustischen Version als Zugabe aufführen werden, fotografieren. Abgeschirmt wie Stars oder Gefangene werden wir fast im Gänsemarsch durch den Innenraum und die Zuschauer geführt, die ehrfürchtig oder aus Respekt vor den breiten Securitys, bereitwillig eine Gasse bereiten. Da fühlt man sich wie die Band, die ja auch zur kleinen Bühne durch die Zuschauer geführt wurde. Die letzten Töne vom Engel sind noch zu hören, als es wie aus Kübeln anfängt zu regnen. Da es keinerlei Unterstand gibt, müssen wir im Regen stehen, bis uns der Aufgang auf die Bühne erlaubt wird. Im ersten Zugabenblock folgen noch Ausländer, Du Riechst So Gut und Ohne Dich, bevor wir dann auf die kleine Bühne dürfen. Der Blick ist genial und auch wenn die Entfernung schon groß ist, gelingt es, gute Bilder zu machen. Zunächst bin ich etwas ehrfürchtig, denn ich stehe auf einem geheiligten Ort, denn hier haben gerade eben noch die Protagonisten performt. Fast küsse ich den Boden, aber eher, weil es so glatt ist und ich ausrutsche. 😀 Schnell gefangen und meine Kamera in Position gebracht. Die ist zum Glück, Olympus sei dank, wasserdicht und kann auch einen Wolkenbruch gut ab. Die Linse ist geschützt und erst mit dem ersten Ton von Rammstein, dem ersten Titel des zweiten Zugabenblocks, dürfen wir anfangen. Kein Handybild, keine Sekunde vorher, es wird genau aufgepasst, was wir machen. Die erhöhte Position erlaubt einen freien Blick auf die Hauptbühne und alle Musiker und die megageile Feuershow. Ein etwas längeres Tele wäre schön, aber es geht auch so. Davon kann man sich in der Galerie ein Bild machen. Nach Ich Will kommt als allerletzter Song noch Adieu, bei dem wird dann die Fotomeute, noch vor dem letzten Ton wieder nach draußen geführt. Drinnen wird es nochmals emotional, als die gesamte Band sich hinkniet und Till Lindemann im Konfettiregen sich nochmals an die Zuschauer wendet und mit den Worten „Wir sind hier zu Hause, danke, Berlin.“ verabschiedet. Dann werden die Sechs an dem großen Turm der Bühne nach oben gefahren und verschwinden zu dem vom Band kommenden Song Sonne in der Dunkelheit. Mega.

Rammstein, Olympiastadion Berlin, 15.07.2023,Pic By Kay L.

Tja, das war es dann auch schon. Kameraausrüstung ins Auto und dann den Weg mit der S-Bahn gen Unterkunft angetreten. Da aber knapp 50.000 das auch wollen, dauert es und so bleibt Zeit für ein Bier und ’ne Bratwurst. Die Züge sind auch gut eine Stunde nach Konzertende noch brechend voll, und so kommt man im Gedränge schnell in Kontakt und ins Gespräch. Zwei Stationen später erweist sich der Umstieg als problemlos, aber dann ist in Spandau erst mal Schluss. Der Anschlusszug hat irgendwie Verspätung. Somit komme ich erst weit nach Mitternacht zu meinem Domizil, bei dem die Vermieterin und ihr gefühlt zwei Meter großer und fast ebenso breiter Freund noch wach sind. Kurzer Small-Talk und dann reicht es mir auch. Ich bin müde. Anspannung und Hitze machen einem zu schaffen, auch wenn der Wolkenbruch und die Nacht für etwas Abkühlung gesorgt haben.

Der Morgen hat noch eine kleine Überraschung in petto. Hinfahrt zum Stadion, bis auf die nur selten fahrenden Bahnen problemlos, aber dann. Die Schranken zum Parkplatz sind unten und lassen sich, da abgeschlossen, auch nicht nach oben bewegen. So soll wohl verhindert werden, dass bereits frühzeitige Gäste den Parkplatz aufsuchen und somit dem Betreiber Gelder flöten gehen. Tja, und wie komme ich nun runter? Außer meinem Auto steht noch ein weiteres einsames Fahrzeug herum. Dreimal den Parkplatz umrundet, keine Rufnummer, auch kein nutzbares Handy, da ich das Ladekabel zu Hause vergessen hab. Keine Lücke in der Hecke und die Fußgängerzuwege mit Pollern verbaut. Dann entdecke ich einen Bauzaun, der an einem Ende nicht fest verankert ist. Daneben stehen ein kleiner Busch und ein Container. Den Bauzaun bekomme ich aus seinem Gummifuß gehoben und kann ihn zur Seite schieben. Die Lücke ist dadurch so, dass ich über die Rabatte fahren kann. Geschafft, ansonsten hätte ich wohl bis mittags warten müssen, bis jemand kommt. Der Rest der Fahrt ist dann easy.