Sólstafir – Endless Twilight Of Codependent Love

Grau und trist wie ihre Heimat brechen melancholische Wasserfälle über uns nieder

Artist: Sólstafir

Herkunft: Reykjavík, Island

Album: Endless Twilight Of Codependent Love

Spiellänge: 77:49 Minuten

Genre: Atmospheric Icelandic Rock and Roll, Psychedelic Rock, Alternative Rock

Release: 06.11.2020

Label: Season Of Mist / Soulfood Music

Link: https://www.solstafir.net/

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre – Aðalbjörn Tryggvason
Gitarre – Sæþór Maríus Sæþórsson
Bassgitarre – Svavar Austman Traustason
Schlagzeug – Hallgrímur Jón „Grimsi“ Hallgrímsson

Tracklist:

  1. Akkeri
  2. Drýsill
  3. Rökkur
  4. Her Fall From Grace
  5. Dionysus
  6. Til Moldar
  7. Alda Syndanna
  8. Or
  9. Úlfur
  10. Hrollkalda Þoka Einmanaleikans (Bonus Track)
  11. Hann For Sjalfur (Bonus Track)

Als die Isländer Sólstafir ihr drittes Langeisen Köld im Erscheinungsjahr auf dem Party.San in der grellen Sommersonne am Nachmittag anstimmten, war es um mich geschehen. Die Performance mit Sonnenbrillen, Cowboyhüten und dem brachialen wie eigenständigen Psychedelic Rock hat trotz der falschen Tageszeit Spuren hinterlassen. Seitdem wurde jedes Album im Player versenkt und die Jungs so oft wie möglich live konsumiert. In diesem November gibt es mit Endless Twilight Of Codependent Love den siebten Longplayer, der an dem letzten Werk Berdreyminn anknüpfen soll, ohne auf dem gleichen Weg zu wandeln. Trotz der Gangart vom letzten verbliebenen Gründer Aðalbjörn Tryggvason gehört die Fanbase der Gruppe eher dem Extreme Metal als dem Rock Lager an. Doomige Riffs, tiefe Melodien, explosive Atmosphären zeichnen das Quartett aus. Ihrem Label Season Of Mist bleiben die Nordeuropäer treu, wohin die neue Reise von Endless Twilight Of Codependent Love geht, wollen wir jetzt einmal heraushören.

Nach Köld hat es kein Album mehr geschafft, mich auf Anhieb wegzublasen. Sólstafir muss man leben, fühlen und lieben lernen. Dafür braucht man Zeit und die Lust, in die sehr komplexen und sperrigen Stücke abtauchen zu wollen. Berdreyminn musste ich mehr als ein Dutzend Mal laufen lassen, bis der Suchtfaktor eingesetzt hatte. Wie geschnitten Brot kann man Endless Twilight Of Codependent Love nach dem ersten Durchlauf ebenfalls nicht anpreisen. Unglaublich dicht, teilweise sehr erdrückend und auf den müden Punkt zugeschnitten, kann man schnell von den vier Musikern überfordert werden. Die eigentliche Schönheit der Kompositionen offenbart die Neugierde mit jeder neuen Runde. Die Entwicklung geht weiter in gesetzte, melancholische Klangfolgen. Ganz auf explosive Stimmungswechsel wollen sie dennoch nicht verzichten. Mit dem Fuß auf dem Bremspedal dreht ihr selbst ernannter Atmospheric Icelandic Rock and Roll wie bei Til Moldar gerne ganz kleine Kreise. Jeder von euch hat schon mal einen kleinen Stein in einen See, Bachlauf oder Teich geworfen. Die feinen Wellen, die beim Aufprall entstehen, spiegeln perfekt Endless Twilight Of Codependent Love wider. Kleine Aufschläge hinterlassen kreisförmige Spuren auf der Oberfläche, die langsam verblassen. Taucht man mit Gitarrist Sæþór Maríus Sæþórsson und Bassist Svavar Austman Traustason in die untiefen Gefilde, bleiben stets Fragen offen. Traurig, hoffnungslos, gar am Leben ersoffen, bleibt ein kleiner Fleck Hoffnung, auf den man geschickt den Fokus legen möchte, ohne ein Happy End zu garantieren. Die Traurigkeit dominiert viele Facetten, kleine Sonnenstrahlen durchbrechen diesen Nebel und immer wieder steht am Ende des Tunnels Aðalbjörn Tryggvason mit seinen einmaligen Vocals.

Sólstafir – Endless Twilight Of Codependent Love
Fazit
René W.:
Diverse Kritiker dürften mit dieser Entwicklung nicht nur zufriedene Worte finden. Verstehen kann man sie ohne Frage, die Entwicklung von Sólstafir darf aber genau eine solche Scheibe ausspucken, die mit zwei Bonus Tracks auf fast 80 Minuten kommt. Fans, die mit Endless Twilight Of Codependent Love nichts anfangen können, sollten der Scheibe Zeit geben und nach wenigen Wochen noch mal zum Drehen bringen. Werke wie Rökkur oder Or haben es mehr als verdient. Das Grundniveau bleibt hoch, die einzelnen Sequenzen bilden eine Einheit und die Gruppe zieht gemeinsam diesen steinigen Weg durch. Über die weiten Einöden ihrer Heimat ziehen sie, ohne eine Sekunde an die blutenden Füße zu denken, die durch den kantigen Untergrund aufgeschlitzt werden. Für einen Platz in meinen persönlichen Top drei reicht es noch nicht - fragt mich jedoch ruhig in ein paar Monaten noch mal, vielleicht sieht es dann bereits anders aus. 

Anspieltipps: Rökkur oder Or

Martha K.:
Solstafir hauen mit Endless Twilight Of Codependent Love mal wieder ordentlich auf die Melancholie-Pauke. Der charakteristische Stil der Isländer beschert ein angenehm schweres Gefühl in der Herzgegend. Metalheads, die mit heiterer Fröhlichkeit nicht viel anfangen können, wird diese Platte gut gefallen. Die neuen Songs hören sich leicht nebenher und bleiben dennoch komplex. Auch wenn das Album an vorherige Werke nicht anknüpfen kann, kann ich es guten Gewissens weiterempfehlen.

Anspieltipps:  Akkeri und Drysill
René W.
8
Martha K.
8.5
Leser Bewertung4 Bewertungen
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8.3
Punkte